Urteil vom Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 12 AS 5623/08

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Oktober 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass von den für Juli und August 2008 noch zu erbringenden Leistungen die bereits für diesen Zeitraum gewährten Leistungen in Abzug zu bringen sind.

2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), insbesondere die Frage der Anrechnung von Einkommen.
Dem 1977 geborenen Kläger wurden bei seiner Haftentlassung am 3. Juni 2008 1.366,13 EUR ausgezahlt, davon 1.075,27 EUR Überbrückungsgeld nach § 51 des Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung (Strafvollzugsgesetz - StVollzG). Vom 3. Juni bis 22. September 2008 führte der Kläger eine stationäre Behandlung wegen einer Suchterkrankung im Therapiezentrum M. durch, bei welcher er voll verpflegt wurde.
Am 5. Juni 2008 beantragte der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Beklagte, welche mit dem Landkreis K. keine Arbeitsgemeinschaft gegründet hat, bewilligte ihm mit Bescheid vom 20. Juni 2008 vorläufig für die Zeit vom 5. bis 30. Juni 2008 30,17 EUR und für Juli bis September 2008 monatlich jeweils 37,41 EUR. Hierbei ging die Beklagte von der Regelleistung von 347,00 EUR bzw. ab Juli von 351,00 EUR aus und bewertete das Überbrückungsgeld als anrechenbares Einkommen, welches sie auf fünf Monate verteilte und daraus unter Abzug der Versicherungspauschale von 30,00 EUR im Juni anteilig 173,33 EUR und in den Folgemonaten jeweils 170,00 EUR anrechnete. Weiter rechnete sie die Naturalverpflegung im Therapiezentrum als Einkommen an in Höhe von monatlich 121,45 EUR. Zusätzlich rechnete sie Einkommen von weiteren 20,47 EUR an, weil auch Strom und Warmwasser, welches der Kläger während der Therapie in natura erhalte, Einkommen sei. Die Vorläufigkeit der Bewilligung begründete die Beklagte damit, dass der genaue Termin für die Entlassung aus der Therapie noch nicht feststehe.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass er am 24. Juni 2008 1.000,00 EUR zur Schuldentilgung verwendet habe und legte hierzu einen Überweisungsbeleg vor. Ferner wandte er sich gegen die Anrechnung der Naturalverpflegung und der Versorgung mit Strom und Wasser während der Therapie als Einkommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das Überbrückungsgeld sei als einmalige Einnahme im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 2 Abs. 4 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) auf einen angemessenen Zeitraum verteilt ab dem Zuflussmonat Juni 2008 anzurechnen. Die Verteilung auf einen Zeitraum von fünf Monaten und sich daraus ergebende Anrechnung von monatlich 200,00 EUR (im Juni 2008 anteilig 173,33 EUR) sei nicht zu beanstanden. Ob der Kläger die erhaltene Summe zur Tilgung von Verbindlichkeiten verwendet habe, sei für die Anrechnung irrelevant. Es sei nicht Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die privaten Verbindlichkeiten der Leistungsempfänger zu tilgen. Schulden seien bei der Berechnung des anzurechnenden Einkommens grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Weiter sei, da der Kläger stationär im Therapiezentrum M. untergebracht sei, Einkommen in Höhe von insgesamt 143,59 EUR monatlich für ersparte Aufwendungen für Verpflegung, Warmwasser und Haushaltsstrom anzurechnen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 21. Oktober 2008 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage. Er verweist darauf, dass das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 18. Juni 2008 (- B 14 AS 22/07 R -) die Rechtswidrigkeit des Abzugs der sogenannten Ernährungspauschale festgestellt und erhebliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Änderungen der Alg II-V geäußert habe. Nach dem Ende der stationären Therapie sei er am 22. September 2008 zu seiner Frau nach B. zurückgekehrt.
Die Beklagte hat mit Änderungsbescheid vom 22. September 2008 dem Kläger und seiner Ehefrau als Bedarfsgemeinschaft für September und Oktober 2008 Leistungen in Höhe von insgesamt 437,23 EUR und für November 2008 in Höhe von 632,00 EUR bewilligt.
Mit Urteil vom 21. Oktober 2008 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 20. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2008 dazu verurteilt, dem Kläger für Juli bis September 2008 die Regelleistung nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen aus Überbrückungsgeld und Naturalverpflegung zu gewähren und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es darauf verwiesen, dass es über die Leistungsansprüche des Klägers für den Zeitraum 5. Juni bis 30. September 2008 endgültig entscheiden könne, auch wenn die Beklagte bislang nur vorläufig bewilligt habe, da der Zeitraum abgelaufen sei und der angegebene Grund für die Vorläufigkeit nicht mehr bestehe, da der stationäre Aufenthalt des Klägers am 22. September 2008 geendet habe. Das Überbrückungsgeld des Klägers habe die Beklagte nur im Juni, nicht aber in den folgenden Monaten als Einkommen anrechnen dürfen. Zum einen sei das Überbrückungsgeld ab Juli nicht mehr vorhanden gewesen, da es der Kläger fast vollständig am 24. Juni 2008 zur Schuldentilgung verwendet habe. Zum anderen sei die Beklagte nicht befugt gewesen, diese Einnahme nach § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V auf einen längeren Zeitraum zu verteilen. Zwar sei das Überbrückungsgeld nach der Strafhaft grundsätzlich anrechenbares Einkommen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Den Zweck zur Sicherung des Lebensunterhalts habe das Überbrückungsgeld jedoch nach § 51 Abs. 1 StVollzG nur für die ersten vier Wochen nach der Entlassung aus der Strafhaft. Dies führe dazu, dass noch vorhandenes Überbrückungsgeld - das es beim Kläger nicht gegeben habe - ab der fünften Woche als zweckbestimmte Einnahme oder als Vermögen nach § 12 Abs. 1 SGB II eingestuft werden müsse, jedenfalls nicht mehr angerechnet werden könne. § 51 Abs. 1 StVollzG sei spezieller als § 11 Abs. 1 und 3 SGB II, weil es die sozialrechtliche Bedeutung einer bestimmten Einkommensart regele. Der Vorrang des spezielleren Gesetzes gehe dem Vorrang des jüngeren vor. Zumindest bis zum 7. Juli 2008 sei die Beklagte selbst der Auffassung gewesen, Überbrückungsgeld nach § 51 Abs. 1 StVollzG könne nur für vier Wochen als Einkommen angesetzt werden, wenn auch der entsprechende Eintrag in der Wissensdatenbank der Beklagten nicht mehr vorhanden sei. Die Beklagte habe auch die Naturalverpflegung aus der stationären Therapie vom 5. Juni bis 22. September 2008 nicht als Einkommen anrechnen dürfen. Das SG halte die seit dem 1. Januar 2008 geltende Neuregelung in § 2 Abs. 5 Satz 1 Alg II-V für unwirksam und lasse sie daher außer Anwendung. Naturalverpflegung sei kein Einkommen und der Wortlaut der Ermächtigungsgrundlage in § 13 Nr. 1 SGB II lasse es nicht zu, dass der Verordnungsgeber Zuflüsse, die nach der Auslegung des formell gesetzlichen Begriffs in § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II kein Einkommen seien, hierzu deklariere. Für den Abzug weiterer 20,74 EUR als Strom- und Warmwasserzubereitungspauschale gebe es nicht einmal eine eindeutige Rechtsgrundlage; es handele sich nicht um Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Für Juli bis September sei keinerlei anrechenbares Einkommen mehr vorhanden, so dass Anspruch auf die volle Regelleistung bestehe.
Gegen das ihr am 10. November 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 3. Dezember 2008 eingelegte Berufung der Beklagten. Sie vertritt die Auffassung, dass das Überbrückungsgeld als Einkommen zu berücksichtigen sei. Ob und in welchem Umfang Einkommen anzurechnen sei, bestimme sich allein nach den Regelungen im SGB II bzw. in der Alg II-V und nicht nach dem StVollzG. § 51 StVollzG und § 11 Abs. 1 und 3 SGB II hätten gänzlich unterschiedliche Regelungsinhalte, so dass § 51 StVollzG keineswegs als speziellere und damit vorrangige Vorschrift anzusehen sei. Bei der Ausnahmeregelung in § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V, wonach im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt sein könne, handele es sich um keine Öffnungsklausel für die abweichende Beurteilung bestimmter Einkommensarten. Diese Regelung ermögliche vielmehr, in begründeten Einzelfällen von der Einkommensaufteilung abzusehen, wenn diese eine besondere Härte für den Hilfebedürftigen bedeuten würde. Eine generelle Herausnahme des Überbrückungsgeldes aus dem Anwendungsbereich des § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V könne hieraus keinesfalls abgeleitet werden. Die im Urteil zitierte Rechtsauffassung in einem gelöschten Eintrag in der Wissensdatenbank werde von der Beklagten nicht mehr vertreten. Nicht mehr strittig sei die Anrechnung von Verpflegungsleistungen während des stationären Aufenthalts im Hinblick auf die zwischenzeitliche Änderung der Alg II-V. Die Beklagte habe insoweit den Änderungsbescheid vom 26. Januar 2009 erlassen. Hiermit habe die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 5. bis 30. Juni 135,43 EUR und für Juli und August 2008 jeweils 160,26 EUR bewilligt. Weiter werde auf den Änderungsbescheid vom 22. September 2008 verwiesen, dort sei eine Anrechnung der bereitgestellten Verpflegung nicht erfolgt. Soweit weiterhin die Warmwasser- und Strompauschale in Abzug gebracht worden sei, werde dies nicht für zulässig gehalten. Die Beklagte gebe deshalb ein Teilanerkenntnis dahingehend ab, dass sich der Leistungsanspruch des Klägers in den Monaten Juli und August 2008 um jeweils 20,74 EUR erhöhe.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Oktober 2008 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen, hilfsweise
12 
die Revision zuzulassen.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er das Teilanerkenntnis der Beklagten vom 11. März 2009 angenommen.
16 
Zudem haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung einen Verfahrensvergleich dahingehend abgeschlossen, dass die Beklagte über die Anrechnung des Überbrückungsgeldes ab September 2008 nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens neu entscheidet und insoweit allein noch bezüglich des Zeitraums Juli und August 2008 streitig entschieden wird.
17 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
19 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist nur noch der Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Kosten der Unterkunft und Heizung für Juli und August 2008. Für Juni 2008 hat das SG die Klage abgewiesen, dies ist mit der Berufung nicht angegriffen worden. Für September 2008 haben die Verfahrensbeteiligten einen Verfahrensvergleich geschlossen, so dass dieser Zeitraum ebenfalls nicht mehr im Berufungsverfahren zu beurteilen ist.
20 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz ) ist zulässig, sie ist insbesondere statthaft (§ 143 SGG), da der Beschwerdewert von 750,00 EUR überschritten wird (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist indes nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, dem Kläger für Juli und August 2008 die Regelleistung nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen aus Überbrückungsgeld zu gewähren.
21 
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die (1.) das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, (2.) erwerbsfähig sind, (3.) hilfebedürftig sind (4.) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Der im Streitzeitraum 31-jährige, erwerbsfähige Kläger deutscher Staatsangehörigkeit hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und ist auch hilfebedürftig. Damit gehört er zum leistungsberechtigten Personenkreis. Auch der stationäre Aufenthalt des Klägers im Therapiezentrum M., einem Fachkrankenhaus für suchtkranke Männer, steht dem Anspruch nicht entgegen, denn die Dauer der Unterbringung in dem Krankenhaus war von Anfang an für weniger als sechs Monate vorgesehen (vgl. § 7 Abs. 4 Satz 1 und Satz 3 Nr. 1 SGB II).
22 
Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht (1.) durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, (2.) aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Der im streitigen Zeitraum alleinstehende Kläger verfügte im Juli und August 2008 weder über Einkommen noch über Vermögen. Das ihm bei Haftentlassung ausbezahlte Überbrückungsgeld in Höhe von 1.075,27 EUR ist auf den hier streitigen Hilfebedarf nicht anzurechnen.
23 
Grundsätzlich stellt das Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II dar, denn es handelt sich um eine Einnahme in Geld. Zwar wird das Überbrückungsgeld aus Teilen der Bezüge, insbesondere des Arbeitsentgelts (§ 43 StVollzG) des Gefangenen gebildet, seiner Verfügung entzogen und einem für ihn geführten Konto gut geschrieben. Gleichwohl gehören die so zwangsweise angesparten Beträge nicht zum Vermögen des Gefangenen, denn nach der Rechtsprechung des BSG ist Einkommen alles, was der Hilfebedürftige während eines Zahlungszeitraums wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was er bei Beginn eines Zahlungszeitraums bereits hat (Zuflusstheorie, vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R - zu nachträglich gezahltem Lohn und Urteil vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R - zu Steuererstattung ). Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat in einer Entscheidung zum Sozialhilferecht vom 21. Juni 1990 (- 5 C 64/86 - FEVS 41, 1) zwar noch offen gelassen, ob es sich bei dem Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG um Einkommen oder Vermögen handelt; das BVerwG hat sich in der Folgezeit jedoch in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung (vgl. zur sogenannten Identitätstheorie BVerwGE 29, 295 ff.) mit Urteilen vom 18. Februar 1999 der Zuflusstheorie zugewandt (vgl. BVerwGE 108, 296 ff.; so bereits zuvor zum Arbeitslosenhilferecht BSGE 41, 187, 188 = SozR 4100 § 137 Nr. 1). Auch aus der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zur vergleichbaren Problematik im Sozialhilferecht lassen sich somit keine Gesichtspunkte entnehmen, die gegen die Behandlung des Überbrückungsgeldes als Einkommen sprechen.
24 
Das Überbrückungsgeld ist auch nicht von der Berücksichtigung ausgenommen nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II, denn es handelt sich nicht um eine zweckbestimmte Einnahme, die einem anderen Zweck als die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II dient und die Leistung des Empfängers nicht so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. § 51 Abs. 1 StVollzG enthält eine ausdrückliche Zweckbestimmung. Dort ist ausgeführt, dass ein Überbrückungsgeld zu bilden ist, das den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern soll. Damit steht fest, dass Zweck des Überbrückungsgeldes gerade die Sicherung des Lebensunterhalts ist und somit Zweckidentität mit den Leistungen nach dem SGB II besteht.
25 
Nicht beantwortet ist damit indes die Frage, auf welche Weise das als Einkommen zu berücksichtigende Überbrückungsgeld anzurechnen ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt hier eine Aufteilung auf fünf Monate und Anrechnung in jedem Monat nicht in Betracht. Zur Frage, wie einmalige Einnahmen wie das Überbrückungsgeld im Einzelnen anzurechnen sind, enthält die auf § 13 SGB II beruhende Alg II-V nähere Regelungen. Nach § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V sind einmalige Einnahmen, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen. Sinn dieses Anrechnungsverfahrens ist, dass das vorübergehende vollständige Entfallen des Leistungsanspruchs und damit des Krankenversicherungsschutzes vermieden wird (vgl. Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 11 Rdnr. 66). Vorliegend ist indes nicht eine Aufteilung auf einen angemessenen Zeitraum, sondern eine andere Regelung, wie sie § 2 Abs. 3 Satz 3 Alg II-V durchaus ermöglicht, angezeigt. Insoweit hält der Senat die Vorschrift des § 51 Abs. 1 StVollzG für die speziellere Regelung, welche bei der Auslegung des allgemeinen Gesetzes zu berücksichtigen ist. Nach § 51 Abs. 1 StVollzG soll das Überbrückungsgeld den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern. Dieser soll seinen Lebensunterhalt nach der Entlassung mit eigenen Mitteln bestreiten können und nicht auf Sozialhilfe oder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II angewiesen sein, die dem Mittellosen sonst den notwendigen Lebensunterhalt sichern. Durch die gesetzlich vorgesehene Unterhaltssicherungsfunktion für die Dauer von vier Wochen ist es geboten, die Einnahme auch im Rahmen der Prüfung einer Leistungsberechtigung nach dem SGB II entsprechend zu berücksichtigen und nicht als Einkommen auf einen längeren Zeitraum aufzuteilen. Ansonsten hätte dies zur Folge, dass der Gesetzeszweck verfehlt würde, denn bei Anrechnung des Überbrückungsgeldes auf einen längeren Zeitraum wäre der Strafgefangene nach Entlassung aus der Haft entgegen dem Gesetzeszweck von § 51 Abs. 1 StVollzG auch in den ersten vier Wochen nach der Entlassung auf Sozialhilfe bzw. Leistungen nach dem SGB II angewiesen.
26 
Dem steht nicht entgegen, dass die hier vertretene Auffassung zur Folge hat, dass durch die Anrechnung des Überbrückungsgeldes allein auf einen Monat in der Regel die Hilfebedürftigkeit in diesem Monat ganz entfällt und folglich kein Krankenversicherungsschutz über den Bezug der SGB II-Leistungen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) besteht. Während der Strafhaft besteht Anspruch auf Gesundheitsfürsorge nach §§ 56 ff. StVollzG; dieser Anspruch endet mit der Entlassung. Anschließend besteht indes, sofern der Betreffende vor der Haft gesetzlich krankenversichert war, Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. Februar 2009 - L 11 KR 497/09 ER-B - m.w.N.), so dass nicht zu befürchten steht, dass überhaupt kein Krankenversicherungsschutz vorliegt. Im konkreten Fall war der Kläger ohnehin seit Juni 2008 versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB II, da die Beklagte aufgrund der von ihr vorgenommenen Aufteilung des Überbrückungsgeldes auch im Juni 2008 Leistungen gewährt hat.
27 
Entgegen der Befürchtung der Beklagten besteht auch nicht die Gefahr, dass bei längerer Haft Überbrückungsgeld in erheblicher Höhe angespart wird. Nach der Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums Baden-Württemberg über die Behandlung und Verwendung der Gelder der Gefangenen (VwV-Gelder der Gefangenen, 4523/0348 vom 29. Dezember 2005, Die Justiz 2006 S. 122 in der Fassung vom 21. Dezember 2006, Die Justiz 2007 S. 136) wird unter Ziff. 1.2.2 die angemessene Höhe des Überbrückungsgeldes auf den 150-fachen Tagessatz der Eckvergütung (§ 43 Abs 2 StVollzG) festgesetzt. Die Eckvergütung nach § 43 Abs. 2 StVollzG beläuft sich auf 9 v.H. der Bezugsgröße nach § 18 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV); ein Tagessatz ist der 250. Teil der Eckvergütung. Für das Jahr 2008 bedeutet dies, dass die angemessene Höhe des Überbrückungsgeldes bei maximal 1.611,00 EUR liegt (Bezugsgröße alte Bundesländer 2008: 29.820 EUR; davon 9 v.H.: 2.683,80 EUR ; Tagessatz 10,74 EUR; 150-facher Tagessatz 1.611 EUR). Damit hat der Gesetz- und Verordnungsgeber genau geregelt, bis zu welcher Höhe der Gefangene aus seinem Arbeitsentgelt Überbrückungsgeld ansparen muss, welches in den ersten vier Wochen nach der Haftentlassung für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehen soll. Diese speziellen Regelungen sind bei der Auslegung des § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V zu berücksichtigen und verbieten eine Aufteilung des Überbrückungsgeldes auf einen längeren Zeitraum. Dies hat zur Folge, dass das Überbrückungsgeld nur in den ersten vier Wochen nach Haftentlassung, hier also im Juni 2008 als Einkommen zu berücksichtigen ist und danach, soweit noch vorhanden, als Vermögen im Sinne von § 12 SGB II Berücksichtigung findet. Sofern der Strafgefangene bei längerer Haftdauer Eigengeld (§ 83 StVollzG) in größerem Umfang angesammelt hat, bestehen keine Bedenken, derartige Beträge bei Haftentlassung auf einen längeren Zeitraum aufzuteilen. Dies gilt indes wegen der gesetzgeberischen Zuordnung des Überbrückungsgeldes zum Bedarf für die ersten vier Wochen nach Haftentlassung für dieses nicht.
28 
Hinsichtlich der Anrechnung weiteren Einkommens aufgrund der während der stationären Behandlung erhaltenen Vollverpflegung sowie der dortigen Versorgung mit Strom und Warmwasser besteht zwischen den Beteiligten kein Streit mehr, die Beklagte hat insoweit mit Bescheid vom 26. Januar 2009 bereits für Juli und August 2008 Leistungen ohne Anrechnung der Verpflegung bewilligt und zudem mit Teilanerkenntnis vom 11. März 2009 für Juli und August 2008 um 20,74 EUR höhere Leistungen (Strom- und Warmwasserpauschale) angeboten. Dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 24. April 2009 angenommen.
29 
Vermögen, welches die Freigrenzen des § 12 Abs. 2 SGB II übersteigt, war im streitigen Zeitraum nicht vorhanden, zumal der Kläger Ende Juni 2008 1.000,00 EUR zur Tilgung von Schulden aufgewendet hat.
30 
Nur zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass die Beklagte die bereits gewährten Leistungen in Anrechnung bringen darf.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
32 
Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.

Gründe

 
18 
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
19 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist nur noch der Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Kosten der Unterkunft und Heizung für Juli und August 2008. Für Juni 2008 hat das SG die Klage abgewiesen, dies ist mit der Berufung nicht angegriffen worden. Für September 2008 haben die Verfahrensbeteiligten einen Verfahrensvergleich geschlossen, so dass dieser Zeitraum ebenfalls nicht mehr im Berufungsverfahren zu beurteilen ist.
20 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz ) ist zulässig, sie ist insbesondere statthaft (§ 143 SGG), da der Beschwerdewert von 750,00 EUR überschritten wird (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist indes nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, dem Kläger für Juli und August 2008 die Regelleistung nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen aus Überbrückungsgeld zu gewähren.
21 
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die (1.) das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, (2.) erwerbsfähig sind, (3.) hilfebedürftig sind (4.) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Der im Streitzeitraum 31-jährige, erwerbsfähige Kläger deutscher Staatsangehörigkeit hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und ist auch hilfebedürftig. Damit gehört er zum leistungsberechtigten Personenkreis. Auch der stationäre Aufenthalt des Klägers im Therapiezentrum M., einem Fachkrankenhaus für suchtkranke Männer, steht dem Anspruch nicht entgegen, denn die Dauer der Unterbringung in dem Krankenhaus war von Anfang an für weniger als sechs Monate vorgesehen (vgl. § 7 Abs. 4 Satz 1 und Satz 3 Nr. 1 SGB II).
22 
Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht (1.) durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, (2.) aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Der im streitigen Zeitraum alleinstehende Kläger verfügte im Juli und August 2008 weder über Einkommen noch über Vermögen. Das ihm bei Haftentlassung ausbezahlte Überbrückungsgeld in Höhe von 1.075,27 EUR ist auf den hier streitigen Hilfebedarf nicht anzurechnen.
23 
Grundsätzlich stellt das Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II dar, denn es handelt sich um eine Einnahme in Geld. Zwar wird das Überbrückungsgeld aus Teilen der Bezüge, insbesondere des Arbeitsentgelts (§ 43 StVollzG) des Gefangenen gebildet, seiner Verfügung entzogen und einem für ihn geführten Konto gut geschrieben. Gleichwohl gehören die so zwangsweise angesparten Beträge nicht zum Vermögen des Gefangenen, denn nach der Rechtsprechung des BSG ist Einkommen alles, was der Hilfebedürftige während eines Zahlungszeitraums wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was er bei Beginn eines Zahlungszeitraums bereits hat (Zuflusstheorie, vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R - zu nachträglich gezahltem Lohn und Urteil vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R - zu Steuererstattung ). Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat in einer Entscheidung zum Sozialhilferecht vom 21. Juni 1990 (- 5 C 64/86 - FEVS 41, 1) zwar noch offen gelassen, ob es sich bei dem Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG um Einkommen oder Vermögen handelt; das BVerwG hat sich in der Folgezeit jedoch in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung (vgl. zur sogenannten Identitätstheorie BVerwGE 29, 295 ff.) mit Urteilen vom 18. Februar 1999 der Zuflusstheorie zugewandt (vgl. BVerwGE 108, 296 ff.; so bereits zuvor zum Arbeitslosenhilferecht BSGE 41, 187, 188 = SozR 4100 § 137 Nr. 1). Auch aus der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zur vergleichbaren Problematik im Sozialhilferecht lassen sich somit keine Gesichtspunkte entnehmen, die gegen die Behandlung des Überbrückungsgeldes als Einkommen sprechen.
24 
Das Überbrückungsgeld ist auch nicht von der Berücksichtigung ausgenommen nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II, denn es handelt sich nicht um eine zweckbestimmte Einnahme, die einem anderen Zweck als die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II dient und die Leistung des Empfängers nicht so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. § 51 Abs. 1 StVollzG enthält eine ausdrückliche Zweckbestimmung. Dort ist ausgeführt, dass ein Überbrückungsgeld zu bilden ist, das den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern soll. Damit steht fest, dass Zweck des Überbrückungsgeldes gerade die Sicherung des Lebensunterhalts ist und somit Zweckidentität mit den Leistungen nach dem SGB II besteht.
25 
Nicht beantwortet ist damit indes die Frage, auf welche Weise das als Einkommen zu berücksichtigende Überbrückungsgeld anzurechnen ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt hier eine Aufteilung auf fünf Monate und Anrechnung in jedem Monat nicht in Betracht. Zur Frage, wie einmalige Einnahmen wie das Überbrückungsgeld im Einzelnen anzurechnen sind, enthält die auf § 13 SGB II beruhende Alg II-V nähere Regelungen. Nach § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V sind einmalige Einnahmen, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen. Sinn dieses Anrechnungsverfahrens ist, dass das vorübergehende vollständige Entfallen des Leistungsanspruchs und damit des Krankenversicherungsschutzes vermieden wird (vgl. Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 11 Rdnr. 66). Vorliegend ist indes nicht eine Aufteilung auf einen angemessenen Zeitraum, sondern eine andere Regelung, wie sie § 2 Abs. 3 Satz 3 Alg II-V durchaus ermöglicht, angezeigt. Insoweit hält der Senat die Vorschrift des § 51 Abs. 1 StVollzG für die speziellere Regelung, welche bei der Auslegung des allgemeinen Gesetzes zu berücksichtigen ist. Nach § 51 Abs. 1 StVollzG soll das Überbrückungsgeld den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern. Dieser soll seinen Lebensunterhalt nach der Entlassung mit eigenen Mitteln bestreiten können und nicht auf Sozialhilfe oder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II angewiesen sein, die dem Mittellosen sonst den notwendigen Lebensunterhalt sichern. Durch die gesetzlich vorgesehene Unterhaltssicherungsfunktion für die Dauer von vier Wochen ist es geboten, die Einnahme auch im Rahmen der Prüfung einer Leistungsberechtigung nach dem SGB II entsprechend zu berücksichtigen und nicht als Einkommen auf einen längeren Zeitraum aufzuteilen. Ansonsten hätte dies zur Folge, dass der Gesetzeszweck verfehlt würde, denn bei Anrechnung des Überbrückungsgeldes auf einen längeren Zeitraum wäre der Strafgefangene nach Entlassung aus der Haft entgegen dem Gesetzeszweck von § 51 Abs. 1 StVollzG auch in den ersten vier Wochen nach der Entlassung auf Sozialhilfe bzw. Leistungen nach dem SGB II angewiesen.
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Dem steht nicht entgegen, dass die hier vertretene Auffassung zur Folge hat, dass durch die Anrechnung des Überbrückungsgeldes allein auf einen Monat in der Regel die Hilfebedürftigkeit in diesem Monat ganz entfällt und folglich kein Krankenversicherungsschutz über den Bezug der SGB II-Leistungen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) besteht. Während der Strafhaft besteht Anspruch auf Gesundheitsfürsorge nach §§ 56 ff. StVollzG; dieser Anspruch endet mit der Entlassung. Anschließend besteht indes, sofern der Betreffende vor der Haft gesetzlich krankenversichert war, Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. Februar 2009 - L 11 KR 497/09 ER-B - m.w.N.), so dass nicht zu befürchten steht, dass überhaupt kein Krankenversicherungsschutz vorliegt. Im konkreten Fall war der Kläger ohnehin seit Juni 2008 versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB II, da die Beklagte aufgrund der von ihr vorgenommenen Aufteilung des Überbrückungsgeldes auch im Juni 2008 Leistungen gewährt hat.
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Entgegen der Befürchtung der Beklagten besteht auch nicht die Gefahr, dass bei längerer Haft Überbrückungsgeld in erheblicher Höhe angespart wird. Nach der Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums Baden-Württemberg über die Behandlung und Verwendung der Gelder der Gefangenen (VwV-Gelder der Gefangenen, 4523/0348 vom 29. Dezember 2005, Die Justiz 2006 S. 122 in der Fassung vom 21. Dezember 2006, Die Justiz 2007 S. 136) wird unter Ziff. 1.2.2 die angemessene Höhe des Überbrückungsgeldes auf den 150-fachen Tagessatz der Eckvergütung (§ 43 Abs 2 StVollzG) festgesetzt. Die Eckvergütung nach § 43 Abs. 2 StVollzG beläuft sich auf 9 v.H. der Bezugsgröße nach § 18 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV); ein Tagessatz ist der 250. Teil der Eckvergütung. Für das Jahr 2008 bedeutet dies, dass die angemessene Höhe des Überbrückungsgeldes bei maximal 1.611,00 EUR liegt (Bezugsgröße alte Bundesländer 2008: 29.820 EUR; davon 9 v.H.: 2.683,80 EUR ; Tagessatz 10,74 EUR; 150-facher Tagessatz 1.611 EUR). Damit hat der Gesetz- und Verordnungsgeber genau geregelt, bis zu welcher Höhe der Gefangene aus seinem Arbeitsentgelt Überbrückungsgeld ansparen muss, welches in den ersten vier Wochen nach der Haftentlassung für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehen soll. Diese speziellen Regelungen sind bei der Auslegung des § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V zu berücksichtigen und verbieten eine Aufteilung des Überbrückungsgeldes auf einen längeren Zeitraum. Dies hat zur Folge, dass das Überbrückungsgeld nur in den ersten vier Wochen nach Haftentlassung, hier also im Juni 2008 als Einkommen zu berücksichtigen ist und danach, soweit noch vorhanden, als Vermögen im Sinne von § 12 SGB II Berücksichtigung findet. Sofern der Strafgefangene bei längerer Haftdauer Eigengeld (§ 83 StVollzG) in größerem Umfang angesammelt hat, bestehen keine Bedenken, derartige Beträge bei Haftentlassung auf einen längeren Zeitraum aufzuteilen. Dies gilt indes wegen der gesetzgeberischen Zuordnung des Überbrückungsgeldes zum Bedarf für die ersten vier Wochen nach Haftentlassung für dieses nicht.
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Hinsichtlich der Anrechnung weiteren Einkommens aufgrund der während der stationären Behandlung erhaltenen Vollverpflegung sowie der dortigen Versorgung mit Strom und Warmwasser besteht zwischen den Beteiligten kein Streit mehr, die Beklagte hat insoweit mit Bescheid vom 26. Januar 2009 bereits für Juli und August 2008 Leistungen ohne Anrechnung der Verpflegung bewilligt und zudem mit Teilanerkenntnis vom 11. März 2009 für Juli und August 2008 um 20,74 EUR höhere Leistungen (Strom- und Warmwasserpauschale) angeboten. Dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 24. April 2009 angenommen.
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Vermögen, welches die Freigrenzen des § 12 Abs. 2 SGB II übersteigt, war im streitigen Zeitraum nicht vorhanden, zumal der Kläger Ende Juni 2008 1.000,00 EUR zur Tilgung von Schulden aufgewendet hat.
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Nur zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass die Beklagte die bereits gewährten Leistungen in Anrechnung bringen darf.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.

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