Beschluss vom Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 11 KR 2753/10

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. März 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

 
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Kostenerstattung einer am 17. September 2008 privatärztlich durchgeführten autologen Knorpelzelltransplantation in Höhe von insgesamt 4.624,76 EUR streitig.
Der am … Dezember 1972 geborene Kläger, der Mitglied der Beklagten ist, litt an einer Knorpelflakefraktur Grad IV in der Hauptbelastungszone des medialen Femurkondylus links. Am 17. September 2008 begab er sich deswegen in die Gemeinschaftspraxis Dres B., S. und W., Gelenk-Klinik. Der Kläger ließ die autologe Knorpelzelltransplantation im Anschluss an eine Arthroskopie am gleichen Tag durchführen, wofür insgesamt 4624,76 EUR in Rechnung gestellt wurden (Bl 32 ff SG-Akte).
Am 26. September 2008 reichte er bei der Beklagten einen von der Gelenk-Klinik vorbereiteten Antrag auf Kostenübernahme für die autologe Knorpelzelltransplantation unter Beifügung des Operationsberichts sowie der Patienteninformation und Einverständniserklärung sowie des Herstellungsauftrags und Selbstzahlervertrages, beide am 18. September 2008 unterzeichnet, ein. Die Gelenk-Klinik führte mit Schreiben vom 18. September 2008 aus, dass eine operative Behandlung notwendig sei. Zur Sanierung des Defekts gebe es viele operative Möglichkeiten, jedoch nur eine, die den körpereigenen hyalinen Knorpel wiederherstelle. Ein gleichwertiges Verfahren sei nicht bekannt.
Die Beklagte veranlasste eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK). Dr. N. führte aus, dass sich die Methode der autologen Chondro-zytentransplantation unverändert im Stadium der wissenschaftlichen Erforschung befände und weiterhin als nicht etabliert anzusehen sei. Sie sei deswegen durch Beschluss des BUB-Ausschusses vom 10. April 2000 ebenso wie vorbereitende Maßnahmen im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung ausgenommen worden. Darauf legte der Kläger weitere Äußerungen der Gelenk-Klinik vor. Dr. P. vom MDK führte dazu aus, dass unbestritten sei, dass die autologe Chondrozytentransplantation bei korrekter Indikationsstellung, technischer Durchführung und Nachbehandlung vielversprechende Ergebnisse zeige, so dass das Verfahren im stationären Bereich zunehmend Verbreitung fände. Abzugrenzen sei die Anwendung im ambulanten Bereich, wo ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt bestehe. Aus den zugesandten Unterlagen ergebe sich insofern nichts Neues.
Mit Bescheid vom 27. Oktober 2008 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag mit der Begründung ab, eine Kostenübernahme könne nur im stationären Bereich befürwortet werden, nicht jedoch bei der vom Kläger durchgeführten ambulanten Behandlung.
Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, er sei auch nach Auskunft seines Arztes stationär operiert worden. Dr. P. vom MDK verwies insoweit auf sein bereits erstattetes Gutachten und verblieb dabei, dass im stationären Bereich ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt nicht bestehe. Hierauf teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine Kostenerstattung von Behandlungskosten in einer Privatklinik nicht übernommen werden könnten. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 2009 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Kostenerstattung scheitere bereits aus formalen Gründen. Denn der Kläger habe die Behandlung vor Antragstellung in Anspruch genommen, ohne sich vorher mit der Krankenkasse ins Benehmen zu setzen. Die Leistung sei auch nicht zu Unrecht abgelehnt worden, denn sie sei in einer nicht zugelassenen Klink durchgeführt worden. Unabhängig von der Art der Einrichtung sei die gewählte Behandlungsmethode zu beachten. Vorliegend sei die autologe Chondrozytentransplantation eine Methode, deren therapeutischer Nutzen bisher nicht ausreichend gesichert sei und die somit in der ambulanten kassen- und vertragsärztlichen Versicherung nicht angewendet werden dürfe. Für die Behandlung unter stationären Bedingungen sei eine Behandlung dann ausgeschlossen, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) eine negative Entscheidung getroffen habe. Bislang sei die größte Zahl der identifizierten Studien dem Bereich der Fallserien mit begrenzter Aussagekraft zuzuordnen, so dass der GBA keine abschließende Aussage über den Stellenwert der autologen Chondrozytentransplantation habe vornehmen können. Deswegen sei die weitere Prüfung der Methode bis zum 30. Juni 2014 ausgesetzt worden, um weitere Erkenntnisse zu erlangen (Beschlüsse vom 19. Dezember 2006 und 10. Mai 2007; veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr 113, S. 6295 vom 22. Juni 2007). Ferner richte sich die Erforderlichkeit der Behandlung in einem Krankenhaus generell allein nach medizinischen Erfordernissen. Die Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit werde nach der Rechtsprechung nicht bereits dadurch begründet, dass eine bestimmte Leistung zwar ambulant erbracht werden könne, aber nicht zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung vertragsärztlich erbracht werden dürfe. Dies sei bei der autologen Chondrozytentransplantation der Fall, die grundsätzlich ambulant erbracht werden könne. Hinsichtlich der Selbstzahlervereinbarung mit der Co.don AG werde auf die Entscheidungen des LSG Nordrhein-Westfalen vom 19. Juli 2004 (L 5 KR 63/05) und vom 25. Januar 2006 (L 11 (16) KR 5/04) hingewiesen, wonach dem Versicherten grundsätzlich keine Kosten von Dritten, zB von Lieferanten oder Herstellern, berechnet werden dürften. Eine Kostenerstattung sei daher insgesamt ausgeschlossen.
Zur Begründung seiner dagegen am 11. März 2009 beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, er habe die Behandlung vor Beantragung der Kostenübernahme begonnen und es habe sich wohl auch nicht um eine Notfallbehandlung gehandelt. Trotzdem sei es ihm nicht zumutbar gewesen, die Leistungen der Gesetzlichen Krankenkasse in Anspruch zu nehmen. Bei der durchgeführten Behandlung habe es sich um eine allen anderen Behandlungsverfahren überlegene Therapie gehandelt. Die Wirksamkeit der Knorpelzellentransplantation sei wissenschaftlich ausreichend erwiesen. Mit ihr seien auch erhebliche Folgekosten vermieden worden. Eine vorherige Befassung der Beklagten mit dem Leistungsbegehren sei deshalb nicht möglich gewesen, weil ihm erst während der arthoskopischen Untersuchung und der daraufhin gestellten Diagnose habe dargelegt werden können, dass er unter einem erheblichen Knorpelschaden leide. Die danach entnommenen Knorpelzellen hätten binnen 24 Stunden verwendet werden müssen.
Mit Urteil vom 18. März 2010 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, vom Vorliegen einer unaufschiebbaren, von der Beklagten nicht rechtzeitig erbringbaren Leistung könne nicht ausgegangen werden. Dies sei schon deswegen nicht der Fall, weil die Leistung im Rahmen des gesetzlichen Versorgungssystems der vertragsärztlichen Versorgung nicht angeboten werde. Nur dann, wenn es den Versicherten unmöglich sei, vor der Selbstbeschaffung der Leistung die Krankenkasse einzuschalten, könne von einer unaufschiebbaren, nicht rechtzeitig erbringbaren Leistung ausgegangen werden. Der Versicherte müsse aber auch dann grundsätzlich vor Verschaffung der Leistung die Krankenkasse einschalten und dieser Gelegenheit für eine vorherige Prüfung zu geben. Die Unmöglichkeit einer vorherigen Beantragung der Leistung bei der Beklagten stehe nicht fest. Wenn die bei der Arthroskopie entnommenen Knorpelzellen hätten binnen 24 Stunden verwendet werden müssen, so begründe dies nicht die Unmöglichkeit einer vorherigen Antragstellung. Diese hätte bereits vor Durchführung der Arthroskopie erfolgen können und müssen. Die Leistungsablehnung sei auch nicht kausal gewesen. Die streitige Leistung sei vor Ablehnung durch die Beklagte erfolgt. Außerdem sei die Ablehnung der Beklagten nicht rechtswidrig gewesen, da es sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode gehandelt habe.
Gegen das am 02. Juni 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10. Juni 2010 Berufung eingelegt, zu deren Begründung er ergänzend vorträgt, es könne zwar keine Notfallbehandlung angenommen werden. Es sei ihm aber nicht zuzumuten gewesen, die Leistungen der Gesetzlichen Krankenkasse in Anspruch zu nehmen. Denn die von ihm durchgeführte Behandlung sei nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft ausreichend und die Regeneration schneller und sicherer gewesen. Dadurch seien erhebliche Folgekosten erspart worden. Es habe ein Systemversagen bestanden, so dass eine vorherige Befassung mit dem Leistungsbegehren reiner Formalismus gewesen wäre.
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Der Kläger beantragt (teilweise sinngemäß),
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das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. März 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Kosten von insgesamt 4624,76 EUR anlässlich der am 17. September 2008 durchgeführten autologen Knorpelzelltransplantation zu erstatten.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
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Die Beteiligten sind darauf hingewiesen worden, dass der Senat nach § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
II.
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Der Senat kann die Berufung gemäß § 153 Abs 4 SGG auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss entscheiden, weil die Berufsrichter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet erachten, eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten und die Beteiligten gehört worden sind.
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Die nach den §§ 143, 151 Abs 1, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die am 17. September 2008 durchgeführte autologe Knorpelzelltransplantation.
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Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach § 13 Abs 1 SGB V darf die Krankenkasse anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs 2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit es das SGB V oder das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) - im vorliegenden Fall nicht einschlägig, weil keine Leistungen zur Teilhabe streitig sind - vorsieht.
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Da der Kläger nicht nach § 13 Abs 2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt hat, kommt als Anspruchsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch nur § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V gilt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.
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Dass keine unaufschiebbare Leistung im Sinne des § 13 Abs 3 Satz 1 SGB X vorlag, hat auch der Kläger eingeräumt. Eine solche scheidet auch zur Überzeugung des Senats denknotwendig aus. Denn eine Leistung ist nur dann unaufschiebbar, wenn eine Leistungserbringung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs bis zu einer Entscheidung der Krankenkasse mehr besteht (vgl BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 22). Selbst wenn die schwere Knorpelschädigung erst anlässlich der diagnostischen Arthroskopie des linken Knies diagnostiziert worden wäre, so wird allein durch den Umstand, dass anlässlich dieser Diagnostik auch die Knorpelentnahme erfolgt ist, eine solche Behandlungsdringlichkeit nicht begründet, auch wenn das Knorpelmaterial innerhalb von 24 Stunden zu verwenden gewesen wäre. Zum einen hätte der Kläger binnen 24 Stunden durchaus eine - zumindest mündliche - Eilentscheidung der Beklagten einholen können, zum anderen ist die Gelenk-Klinik selbst nicht davon ausgegangen, dass bei dem Kläger eine Notfallbehandlung durchgeführt wurde. Dagegen spricht bereits der vorgelegte Operationsbericht, der nur von der Notwendigkeit einer Operation berichtet, aber auch auf andere Behandlungsoptionen verweist. Dies belegt zur Überzeugung des erkennenden Senats hinlänglich, dass bereits die Knorpelentnahme, die dann erst zu der autologen Knorpelzelltransplantation geführt hat, nicht medizinisch sofort erforderlich war, sondern sich der Kläger bewusst für diese Behandlungsmöglichkeit entschieden hat. In der Notfallbehandlung wird darüber hinaus auch der Nichtvertragsarzt ausnahmsweise im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nach § 76 Abs 1 Satz 2 SGB V tätig, erbringt also eine Sachleistung. Davon hat die Gelenk-Klinik aber ausdrücklich Abstand genommen, sondern mit dem Kläger, allerdings erst nach Abschluss der Behandlung, einen Herstellungsauftrag und Selbstzahlervertrag abgeschlossen.
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Auch die Voraussetzungen des § 13 Abs 3 Satz 1 2. Alternative SGB V sind nicht erfüllt. Nach ständiger Rechtsprechung reicht der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 2. Alternative SGB V nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl BSGE 79, 125 = SozR 3-2500 § 13 Nr 11; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12; BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12). Ist das Tatbestandsmerkmal der rechtswidrigen Ablehnung der begehrten Leistung zu verneinen, bedarf es keiner Entscheidung, ob der Ausschluss der Leistung aus materiellen Gründen rechtswidrig oder auch verfassungswidrig ist.
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Dem Leistungsanspruch des Klägers steht bereits entgegen, dass ihm wirksam Kosten nicht entstanden sind. Nach § 3 Abs 1 Satz 3 BMV-Ä können Leistungen, für die eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht besteht, nur im Rahmen einer Privatbehandlung erbracht werden, über die mit dem Versicherten vor Beginn der Behandlung ein schriftlicher Behandlungsvertrag abgeschlossen werden muss. Diese Voraussetzung wurde vorliegend aber nicht eingehalten. Der Kläger hat vielmehr die Vereinbarung erst am 18. September 2008, dh nach Abschluss der Behandlung, unterzeichnet. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 18. Juli 2006 - B 1 KR 24/05 R - SozR 4-2500 § 13 Nr 9 und B 1 KR 9/05 R, juris) sind Vereinbarungen, die vom Prinzip der kostenfreien Dienst- und Sachleistung außerhalb des Kostenerstattungsverfahrens nach § 13 Abs 2 oder 4 SGB V abweichen, regelmäßig nach § 32 SGB I nichtig. Es widerspricht dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Ausgestaltung des Naturalleistungsprinzips, das dahingeht, den Versicherten grundsätzlich kostenfreie Leistungen zu verschaffen, wenn diese hier abweichende Honorarvereinbarungen treffen könnten (so auch LSG Berlin Brandenburg, Urteil vom 09. Januar 2009 - L 1 KR 475/07). Nach dieser Rechtsprechung, welcher der Senat aus eigener Überzeugung zustimmt, ist an eine Ausnahme hiervon - also eine wirksame privatrechtliche Honorarvereinbarung - allenfalls zu denken, wenn ein Versicherter vollständig über die Risiken aufgeklärt wurde und in dem Bewusstsein den Vertrag eingeht, dass er hier eine entsprechende Leistung gleicher Qualität auch ohne eigene Kosten bei einem zugelassenen behandelnden Vertragsarzt in Anspruch nehmen könnte (BSG, Urteil vom 18. Juli 2006 - B 1 KR 24/05 R). Davon kann angesichts des Vorbringens des Klägers und der vorgelegten Unterlagen nicht ausgegangen werden. Denn der Kläger wurde auch erst nach Durchführung der Operation am 18. September 2009 überhaupt aufgeklärt. Dies entnimmt der Senat der vorgelegten Patienteninformation und der Einverständniserklärung vom 18. September 2009. Er wurde des Weiteren nicht darauf hingewiesen, welche vertragsärztlichen Leistungen er erhalten kann oder welche Alternativbehandlungsmöglichkeiten es gibt, sondern ihm wurde mitgeteilt, dass es sich bereits bei der am 17. September 2008 durchgeführten Operation um eine stationäre Behandlung handelt, was ebenfalls nicht zutrifft (hierzu sogleich).
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Die zur Krankenbehandlung gehörende Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V) wird gemäß § 39 Abs 1 Satz 1 SGB V) vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht. Der Anspruch ist gerichtet auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 Abs 1 Satz 2 SGB V). Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht (vgl BSGE 92, 300, 305 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSGE 94, 161 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4, jeweils RdNr 13) . Als besonderes Mittel des Krankenhauses hat die Rechtsprechung des BSG eine apparative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und einen jederzeit präsenten oder rufbereiten Arzt herausgestellt (BSGE 59, 116, 117 = SozR 2200 § 184 Nr 27; BSG SozR 2200 § 184 Nr 28; BSGE 83, 254, 259 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1; BSG SozR 3-2500 § 109 Nr 9). Dabei fordert sie für die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung weder den Einsatz aller dieser Mittel noch sieht sie ihn stets als ausreichend an. Es ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den vorhandenen Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommen. Davon kann im Falle des Klägers nicht ausgegangen werden, bei dem lediglich eine ambulante Untersuchung, nämlich die Arthroskopie, durchgeführt werden musste. Folgerichtig hat die Gelenk-Klinik auch nur die ambulante Untersuchung und Behandlung abgerechnet.
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Dessen ungeachtet scheidet ein auf die Verweigerung der Sachleistung gestützter Erstattungsanspruch nach ständiger Rechtsprechung aus, wenn sich der Versicherte die Leistung besorgt hat, ohne die Krankenkasse einzuschalten und deren Entscheidung abzuwarten. § 13 Abs 3 SGB V soll einen Erstattungsanspruch für den Ausnahmefall gewähren, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem der Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden kann. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl SozR 3-2500 § 13 Nr 15; BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8; BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12). Dieses Verfahren ist entgegen früherer Andeutung (vgl BSG SozR 3-2500 § 34 Nr 2) auch zu fordern in Fällen, in denen von vornherein feststand, dass eine durch Gesetz oder Verordnung von der Versorgung ausgeschlossene Sachleistung verweigert werden würde und sich der Versicherte dadurch gezwungen gesehen hat, die Leistung selbst zu beschaffen (vgl jetzt eingehend BSGE 98, 26 unter Hinweis auf die - hier nicht einschlägige - Besonderheit der Verschreibung nicht zum Leistungskatalog gehörender Arzneimittelverordnungen auf Privatrezept). Nur bei einer Vorabprüfung können die Krankenkassen ihre - Gesundheitsgefahren und wirtschaftlichen Risiken vorbeugenden - Beratungsaufgaben erfüllen, die Versicherten vor dem Risiko der Beschaffung nicht zum Leistungskatalog gehörender Leistungen zu schützen, um gegebenenfalls aufzuzeigen, welche Leistungen anstelle der begehrten in Betracht kommen.
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An diesem ursächlichen Zusammenhang fehlt es, weil sich der Kläger erst nach Abschluss der Behandlung, wie bereits die Beklagte zutreffend festgestellt hat, an die Beklagte mit seinem Kostenerstattungsbegehren gewandt hat. Die Ablehnung war daher nicht kausal für die ihm in Rechnung gestellten Kosten.
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Schließlich hatte der Kläger keinen Sachleistungsanspruch auf die autologe Knorpelzelltransplantation.
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Denn es fehlt an der erforderlichen Empfehlung des GBA nach § 135 SGB V. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er erfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung nach § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nämlich nach der ständigen Rechtsprechung nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (vgl BSG SozR 4 - 2500 § 27 Nr 12). Ärztliche „Behandlungsmethode“ im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (BSG SozR 3 - 2500 § 31 Nr 5).
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Das Verfahren ist gegenwärtig, auch wenn es nach Einschätzung des MDK durchaus gewisse Erfolgschancen hat, aber nicht zugelassen. Denn der GBA hat die weitere Prüfung der Methode bis zum 30. Juni 2014 ausgesetzt um weitere Erkenntnisse zu gewinnen (Beschlüsse vom 19. Dezember 2006 und 10. Mai 2007; veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr 113, S. 6295 vom 22. Juni 2007).
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Ein Ausnahmefall, in dem es keiner Empfehlung des GBA bedarf, besteht im Falle des Klägers ebenfalls nicht, insbesondere liegen keine Anhaltspunkte für eine gebotene grundrechtsorientierte Auslegung vor (BVerfG SozR 4 - 2500 § 27 Nr 5; BSG SozR 4 - 2500 § 27 Nr 12). Eine solche erfordert das Vorliegen einer lebensbedrohlichen Krankheit, das Fehlen einer anwendbaren Standardtherapie und das Bestehen von mehr als bloß ganz entfernt liegenden Aussichten auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf durch die streitige Therapie.
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Ein Kostenerstattungsanspruch besteht schließlich auch nicht deshalb, weil die Beklagte dadurch, dass der Kläger Leistungen außerhalb des Leistungssystems der GKV in Anspruch genommen hat, vermeintlich Aufwendungen anderer Art erspart hat. Denn sonst könnte die krankenversicherungsrechtliche Beschränkung auf bestimmte Formen der Leistungserbringung letztlich durch den Anspruch auf Kostenerstattung ohne Weiteres durchbrochen werden (BSG, Beschluss vom 26. Juli 2004 - B 1 KR 30/04 B = veröffentlicht in juris).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

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