Urteil vom Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 11 KR 1499/13

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14.02.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Kostenerstattung in Höhe von 7.513,18 Euro für eine Strahlenbehandlung mit dem sog Cyberknife.
Die Klägerin ist 1963 geboren und bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Bei ihr wurde im Februar 2010 ein hochparietales Falxmeningeom rechts (Hirntumor) festgestellt. Dieses wurde der Klägerin am 23.02.2010 in der O.-Klinik R. teilweise entfernt (Bl. 55/57 Verwaltungsakte). Ein Resttumor in Sinusnähe blieb zurück, welcher aufgrund der Nähe zum Sinus sagittalis superior (venöser Blutleiter im Gehirn) nicht entfernt werden konnte. In der Zeit vom 16.03.2010 bis 20.04.2010 fand eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in den Kliniken S. in G. statt (Bl. 14 Verwaltungsakte). Im Entlassungsbericht vom 22.04.2010 sind mnestisch kognitive Defizite in Form von Aufmerksamkeitsstörungen, Beeinträchtigungen im Bereich der visuell-konstruktiven Funktionen und ein Taubheitsgefühl der linken Ferse beschrieben. Die zuvor eingeschränkte Gehfähigkeit habe sich verbessert.
Nach Abschluss der stationären Maßnahme stellte sich die Klägerin am 22.04.2010 im Europäischen Cyberknife Zentrum M.-G. bei Prof. Dr. W. und PD Dr. M. vor. An diesem Tag willigte die Klägerin in die Bestrahlung mit dem Cyberknife ein. Auf einem Informationsschreiben zur Cyberknife-Behandlung und der Einwilligungserklärung (Bl. 1/2 Verwaltungsakte) war ua angegeben, dass diese Behandlungsmethode wegen ihrer Neuheit und Einzigartigkeit den ärztlichen Leistungsverzeichnissen nicht enthalten und die Kostenübernahme vom Patienten bei seiner Krankenkasse beantragt werden müsse und dass als Behandlungsalternativen auch andere Formen der Strahlenbehandlung bzw Chemotherapie in Betracht kommen würden.
Ende April 2010 beantragte die Klägerin die Übernahme der Kosten für die noch durchzuführende Behandlung mit dem Cyberknife iHv 7.513,18 EUR bei der Beklagten, die den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) um eine Einschätzung bat. Im Sozialmedizinischen Gutachten vom 21.05.2010 (Bl. 25 Verwaltungsakte) beschrieb Dr. H. ein inkomplett entferntes Falxmeningeom. Die medizinischen Voraussetzungen für die beantragte Leistung seien nicht erfüllt. Meningeome könnten grundsätzlichen neuro- oder radiochirurgisch behandelt werden. Für die Radiochirurgie stünden verschiedene Geräte zur Verfügung. Für einzeitige Behandlungen seien dies das Gammaknife und das Cyberknife, für einzeitige oder fraktionierte Therapien konventionelle Linearbeschleuniger, die für Hochpräzisionsbestrahlungen eingerichtet worden sei. Letztere seien in vielen Strahlentherapieabteilungen vorhanden. Grundsätzlich gebe es keine spezifische Indikation nur für die Cyberknife-Behandlung. Ein Meningeom könne ebenso gut stereotaktisch mit dem Linearbeschleuniger behandelt werden. Das Cyberknife sei weder technisch überlegen, noch sei es weniger invasiv. Auch beim Linearbeschleuniger erfolge die Fixierung nicht mehr mit einem am Schädel verschraubten Rahmen, sondern mit individuell angefertigten Kunststoffsmasken. Die Cyberknife-Behandlung sei allerdings wesentlich teurer als die Behandlung mit dem Linearbeschleuniger. Daher sei bei medizinischer Gleichwertigkeit nach dem Gebot der Wirtschaftlichkeit der Behandlung mit dem Linearbeschleuniger der Vorzug zu geben.
Mit Schreiben vom 28.05.2010 (Bl. 27 Verwaltungsakte) teilte die Beklagte der Klägerin das Ergebnis des MDK-Gutachtens mit. Es stünden kostengünstigere geeignete Behandlungsalternativen zur Verfügung, etwa mit einem Linearbeschleuniger.
Mit Schreiben vom 28.06.2010 teilte die Klägerin mit, hiermit nicht einverstanden zu sein. Nach ihrer schweren Operation habe sie die Hoffnung, dass durch die einmalige Behandlung in M. ihre Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt werden könne.
Mit Bescheid vom 01.07.2010 (Bl. 33 Verwaltungakte) lehnte die Beklagte gegenüber der Klägerin die Kostenübernahme für die Cyberknife-Behandlung ab. Die beantragte Leistung sei im Vergleich zu anderen Behandlungsalternativen weniger wirtschaftlich. Deshalb könne sich die Beklagte an den Kosten für die Behandlung in M. nicht beteiligen.
Hiergegen legte die Klägerin am 07.07.2010 Widerspruch ein. Eine lebensbedrohliche Erkrankung könne nicht ausgeschlossen werden. Die Gehfähigkeit sei krankheitsbedingt eingeschränkt. Der Resttumor sei mit den Blutleitern verbunden, weshalb die Cyberknife-Behandlung die am besten geeignetste Behandlungsmethode sei. Sie legte ein Attest der Neurologin R. vom 15.09.2010 vor, in welchem mitgeteilt wird, dass es infolge der Operation zu einer spastischen Beinparese links gekommen sei und eine Cyberknife-Behandlung empfohlen werde (Bl. 43 Verwaltungsakte).
Die Klägerin hatte bereits am 01.09.2010 die Bestrahlung mit dem Cyberknife in M. durchführen lassen (Bl. 61 Verwaltungsakte) und am 06.10.2010 die Rechnung über 7.513,18 Euro beglichen.
10 
Vom 18.10.2010 bis zum 22.10.2010 befand sich die Klägerin stationär im H. Spital Ü. wegen eines erstmaligen generalisierten Krampfanfalls und aufgetretenem Zucken vom linken Kopf bis zum linken Fuß (Bl. 69 Verwaltungsakte). Es wurde ein CT des Schädels durchgeführt.
11 
In einem weiteren sozialmedizinischen Gutachten des MDK kam Dr. F. am 06.12.2010 zu dem Ergebnis, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Leistung nicht erfüllt seien (Bl. 74 Verwaltungsakte). Eine medizinische Notwendigkeit einer Cyberknife-Behandlung bestehe nicht. Die Cyberknife-Behandlung sei bisher vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht bewertet worden; die Methode sei nicht im EBM enthalten. Beim Cyberknife handele es sich um einen Linearbeschleuniger, der auf einem herkömmlichen Industrieroboter montiert sei. Die Anlage ermittle mit zwei Röntgenanlagen und einem Bildverarbeitungsrechner ständig die Position des Zielgebietes und führe während der Therapie den Roboterarm ständig nach. Damit komme der Apparat ohne stereotaktische Fixierung aus. Auch mit einem normalen Linearbeschleuniger könne das Bestrahlungsfeld in gleicher Weise extrem genau eingegrenzt werden. Es genüge die Verwendung einer individuell angepassten Gesichtsmaske. Die Klägerin hätte mit einer ambulant durchzuführenden fraktionierten Hochpräzisionsbestrahlung mittels Linearbeschleuniger eine indizierte Vertragsbehandlung erhalten können. Diese werde von allen größeren Strahlenkliniken angeboten.
12 
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.02.2011 (Bl. 80 Verwaltungsakte) wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Ein Anspruch auf Kostenerstattung für die Cyberknife-Behandlung am 01.09.2010 bestehe nicht Es handle sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, die nur dann zu Lasten der Krankenkassen abgerechnet werden könne, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss eine Empfehlung über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens abgegeben habe. Dies sei vorliegend noch nicht geschehen. Außerdem hätten der Klägerin geeignete Behandlungsalternativen zur Verfügung gestanden.
13 
Hiergegen hat die Klägerin am 14.03.2011 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben und zur Begründung ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft. Die Kosten für die Cyberknife-Behandlung hätten zumindest als Ausnahmefall von der Beklagten übernommen werden müssen. Eine Strahlentherapie sei notwendig gewesen. Da es infolge der Operation bereits zu einer spastischen Beinparese links gekommen sei, wäre bei einem weiteren therapeutischen Eingriff ein möglichst schonendes Vorgehen notwendig gewesen. Hierzu sei die Cyberknife-Bestrahlung bestens geeignet gewesen, da eine höhere Präzision möglich sei, um gesundes Hirngewebe in der Nähe des Tumors zu schonen. Ein weiterer Vorteil sei die rasche Rückkehr in den Alltag und damit die Verkürzung der Arbeitsunfähigkeit. Die Klägerin legte die von ihr beglichene Rechnung des Cyberknife Zentrums M. vom 20.09.2010 über 7.513,18 Euro vor (Bl. 47 SG-Akte). Sie legte weitere Arztberichte vor, ua wird unter dem 26.11.2012 von der O.-Klinik mitgeteilt, dass die durchgeführte Behandlung das Tumorwachstum nicht habe unterbinden können und eine OP-Indikation bestehe; eine erneute Bestrahlung habe das Cyberknife Zentrum abgelehnt (Bl. 57 SG-Akte).
14 
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide Bezug genommen. Eine Kostenübernahme scheide schon deshalb aus, da es sich bei der Cyberknife-Behandlung um eine neue Behandlungsmethode handle. Ein Votum des Gemeinsamen Bundesausschusses liege jedoch bisher nicht vor. Auch eine Kostenbeteiligung komme deshalb nicht in Betracht.
15 
Das SG hat Beweis erhoben durch die Einholung einer sachverständigen Zeugenauskunft von Prof. Dr. W. vom Cyberknife Zentrum M.-G.. Dieser hat mit Schreiben vom 01.07.2011 (Bl. 39 SG-Akte) ausgeführt, dass die Strahlenbelastung bei der Cyberknife-Behandlung geringer sei als bei einer mehrwöchigen Strahlentherapie, bei mindestens gleicher Wirksamkeit.
16 
Am 12.02.2013 ist in der O.-Klinik eine Meningeomexstirpation durchgeführt worden (Bl. 33 Senatsakte; stationäre AHB in den S.-Kliniken vom 02.04. bis 25.04.2013, Bl. 17 Senatsakte).
17 
Mit Urteil vom 14.02.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig. Ein Anspruch auf Kostenerstattung bestehe nicht. Die Cyberknife-Bestrahlung sei eine neue Untersuchungsmethode, für die keine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses vorliege. Eine ausnahmsweise Kostenübernahme nach den Grundsätzen des Nikolaus-Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) komme nicht in Betracht. Ein entsprechender Ausnahmefall liege bei der Klägerin nicht vor. Es könne offen bleiben, ob die Klägerin im Zeitpunkt der Bestrahlung an einer derart gravierenden Erkrankung gelitten habe, wie sie das BVerfG in seinem Beschluss vom 06.12.2005 gefordert habe, zumal die Ärzte des Cyberknife-Zentrums in M. der Klägerin noch zu einem Wechsel der Krankenkasse geraten hätten, welcher im günstigsten Fall etwas über 2 Monate Zeit benötige. Jedenfalls hätten der Klägerin mehrere Behandlungsalternativen zur Verfügung gestanden, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen würden. Die Klägerin hätte radiochirurgisch mit dem Gamma-Knife und einem konventionellen Linearbeschleuniger, der für Hochpräzisionsbestrahlungen eingerichtet ist, behandelt werden können. Diese Behandlungen hätten als Sachleistung durch die Beklagte erbracht werden können.
18 
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 26.02.2013 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 26.03.2013 beim SG Berufung eingelegt, welche beim Landesozialgericht Baden-Württemberg am 04.04.2013 eingegangen ist. Zur Begründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen vertieft. Die vom SG aufgezeigten Behandlungsalternativen seien nicht gleich geeignet gewesen.
19 
Die Klägerin beantragt,
20 
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14.02.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 01.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.02.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten für die Cyberknife-Behandlung am 01.09.2010 iHv 7.513,18 Euro zu erstatten.
21 
Die Beklagte beantragt,
22 
die Berufung zurückzuweisen.
23 
Sie nimmt auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide und die Ausführungen des SG Bezug.
24 
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung schriftlicher Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte. Die S.-Kliniken, der Internist L.-S. und die Neurologin R. erklärten, keine spezifischen Angaben zur Cyberknife-Behandlung machen zu können. Prof. Dr. W. (Cyberknife Zentrum M.) teilte mit Schreiben vom 19.07.2013 mit, als Behandlungsmaßnahmen seien eine Operation und/oder verschiedene Formen der Strahlenbehandlung in Betracht gekommen, wobei die Cyberknife-Behandlung eine geringere Belastung darstellen würde (Bl. 63 Senatsakte). Der Neurochirurg Dr. S. (O.-Klinik R.) teilte mit Schreiben vom 25.10.2013 mit, als alternative Behandlungsmethoden hätten eine Behandlung mit einem konventionellen Linearbeschleuniger bzw die Gamma-Knife-Behandlung erfolgen können (Bl. 103 Senatsakte).
25 
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
26 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
27 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung.
28 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, zulässig aber unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die begehrte Erstattung der Kosten für die Behandlung mit dem Cyberknife am 01.09.2010.
29 
Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs kommt allein § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V hat die Krankenkasse dem Versicherten Kosten einer selbstbeschafften Leistung zu erstatten, die dadurch entstanden sind, dass sie eine unaufschiebbare Leistung entweder nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alt) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war (2. Alt). Mit dieser Regelung wird der Grundsatz des Sach- und Dienstleistungsanspruchs nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V für die Fälle ergänzt, in denen die Krankenkasse eine geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann (Bundessozialgericht 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Der Naturalleistungsanspruch des Versicherten wandelt sich um in einen Kostenerstattungsanspruch bzw soweit die Kosten tatsächlich noch nicht beglichen sind, in einen Anspruch des Versicherten auf Freistellung von den Kosten. Vorliegend hat die Klägerin im Oktober 2010 die Rechnung beglichen, so dass ein Kostenerstattungsanspruch im Raum steht.
30 
Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8; BSG 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris). Die streitgegenständliche Cyberknife-Bestrahlung gehört indes nicht zu denen von der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringenden Leistungen.
31 
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung unterliegt nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er erfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung nach § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V (ambulante Versorgung) nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nämlich nach der ständigen Rechtsprechung nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zulasten der Krankenkasse erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistung verbindlich festgelegt (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12).
32 
Die Behandlung mit dem Cyberknife stellt eine solche neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode dar (Bayerisches LSG 28.01.2010, L 4 KR 18/08; 28.05.2009, L 4 KR 297/07; 14.11.2007, L 5 KR 24/07). Ärztliche bzw ärztlich verordnete Behandlungsmethoden iS der gesetzlichen Krankenversicherung sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. „Neu“ ist eine Methode, wenn sie zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im EBM-Ä enthalten ist (BSG 27.09.2005, B 1 KR 28/03 R, juris). So liegt der Fall hier. Eine Empfehlung des GBA zur Cyberknife-Bestrahlung liegt nicht vor, es wurde bislang auch kein entsprechender Antrag zur Bewertung dieser Behandlungsmethode gestellt (www.g-ba.de).
33 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der verfassungsrechtlichen Auslegung der Leistungsansprüche nach § 2 Abs 1 SGB V (vgl. seit 01.01.2012: § 2 Abs 1a SGB V), § 12 Abs 1 SGB V im Hinblick auf das Sozialstaatsgebot iVm Art 2 Abs 1 Grundgesetz (GG) sowie auf die staatliche Verpflichtung zum Schutz des Lebens gemäß Art 2 Abs 2 Satz 1 GG. Denn für die Erkrankung der Klägerin standen mehrere Behandlungsalternativen zur Verfügung, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen. Eine konkret lebensbedrohliche Situation war im September 2010 nicht gegeben, nachdem ein Teil des Tumors operativ entfernt worden war. Meningeome sind regelmäßig gutartige (benigne) und nur in seltenen Fällen bösartige maligne Tumore (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage 2007, S. 1203); Letzteres ist zum fraglichen Zeitpunkt nicht der Fall gewesen, ein malignes Geschehen ist zu keinem Zeitpunkt festgestellt worden. Ein längerer Zeitablauf bei Weiterwachstum des Tumors hätte lebensbedrohlich werden können, wie die vom Senat als Zeugen gehörten Ärzte mitgeteilt haben, aber dem konnte mit einer Strahlenbehandlung (aus dem Leistungskatalog der GKV) entgegengewirkt werden. Anhaltspunkte für eine gebotene grundrechtsorientierte Auslegung (vgl BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, SozR 4-2500 § 27 Nr 5) sind daher nicht ersichtlich. Der Klägerin haben zur Überzeugung des Senats mehrere gleich geeignete Behandlungsalternativen zur Verfügung gestanden, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprochen haben bzw entsprechen. Die Klägerin hätte radiochirurgisch mit dem Gamma-Knife und einem konventionellen Linearbeschleuniger, der für Hochpräzisionsbestrahlungen eingerichtet ist, behandelt werden können. Diesbezüglich sind die Stellungnahmen des MDK vom 21.05.2010 und vom 06.12.2010 und die Zeugenauskunft Dr. S. (O.-Klinik R.) vom 25.10.2013 für den Senat überzeugend und plausibel. Diese Behandlungen hätten als Sachleistung durch die Beklagte erbracht werden können. Behandlungen mit konventionellen Linearbeschleunigern zur Radiochirurgie werden in vielen Strahlenkliniken angeboten. Auch wenn durch diese Behandlungsform eine mehrmalige Bestrahlung erforderlich gewesen wäre, wäre dies der Klägerin zumutbar gewesen, wie das SG zutreffend ausgeführt hat.
34 
Es liegt auch kein Ausnahmefall vor, in dem es keiner Empfehlung des GBA bedarf. Ein sogenanntes Systemversagen unter dem Aspekt, dass der GBA zu der fraglichen Methode noch keine Empfehlung abgegeben hat und das vorgesehene Anerkennungsverfahren für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden trotz Anhaltspunkten für eine therapeutische Zweckmäßigkeit der Methode aus willkürlichen oder sachfremden Erwägungen heraus nicht oder nicht rechtzeitig durchgeführt wurde bzw eine Aktualisierung der Richtlinien unterblieben ist (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12; BSG 10.05.2012, B 1 KR 78/11 B, SozR 4-2500 § 140f Nr 1), liegt nicht vor. Dass die anderen Behandlungsmethoden aus Sicht der Klägerin eventuell nicht optimal sein könnten, bleibt ohne Belang. Denn die gesetzlichen Krankenkassen sind von Verfassungs wegen nicht gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit überhaupt verfügbar ist. Dem Gesetzgeber ist es nicht verwehrt, neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zunächst auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie auf ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu prüfen, um die Anwendung dieser Methoden zu Lasten der Krankenkasse auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).

Gründe

 
27 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung.
28 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, zulässig aber unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die begehrte Erstattung der Kosten für die Behandlung mit dem Cyberknife am 01.09.2010.
29 
Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs kommt allein § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V hat die Krankenkasse dem Versicherten Kosten einer selbstbeschafften Leistung zu erstatten, die dadurch entstanden sind, dass sie eine unaufschiebbare Leistung entweder nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alt) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war (2. Alt). Mit dieser Regelung wird der Grundsatz des Sach- und Dienstleistungsanspruchs nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V für die Fälle ergänzt, in denen die Krankenkasse eine geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann (Bundessozialgericht 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Der Naturalleistungsanspruch des Versicherten wandelt sich um in einen Kostenerstattungsanspruch bzw soweit die Kosten tatsächlich noch nicht beglichen sind, in einen Anspruch des Versicherten auf Freistellung von den Kosten. Vorliegend hat die Klägerin im Oktober 2010 die Rechnung beglichen, so dass ein Kostenerstattungsanspruch im Raum steht.
30 
Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8; BSG 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris). Die streitgegenständliche Cyberknife-Bestrahlung gehört indes nicht zu denen von der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringenden Leistungen.
31 
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung unterliegt nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er erfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung nach § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V (ambulante Versorgung) nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nämlich nach der ständigen Rechtsprechung nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zulasten der Krankenkasse erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistung verbindlich festgelegt (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12).
32 
Die Behandlung mit dem Cyberknife stellt eine solche neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode dar (Bayerisches LSG 28.01.2010, L 4 KR 18/08; 28.05.2009, L 4 KR 297/07; 14.11.2007, L 5 KR 24/07). Ärztliche bzw ärztlich verordnete Behandlungsmethoden iS der gesetzlichen Krankenversicherung sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. „Neu“ ist eine Methode, wenn sie zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im EBM-Ä enthalten ist (BSG 27.09.2005, B 1 KR 28/03 R, juris). So liegt der Fall hier. Eine Empfehlung des GBA zur Cyberknife-Bestrahlung liegt nicht vor, es wurde bislang auch kein entsprechender Antrag zur Bewertung dieser Behandlungsmethode gestellt (www.g-ba.de).
33 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der verfassungsrechtlichen Auslegung der Leistungsansprüche nach § 2 Abs 1 SGB V (vgl. seit 01.01.2012: § 2 Abs 1a SGB V), § 12 Abs 1 SGB V im Hinblick auf das Sozialstaatsgebot iVm Art 2 Abs 1 Grundgesetz (GG) sowie auf die staatliche Verpflichtung zum Schutz des Lebens gemäß Art 2 Abs 2 Satz 1 GG. Denn für die Erkrankung der Klägerin standen mehrere Behandlungsalternativen zur Verfügung, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen. Eine konkret lebensbedrohliche Situation war im September 2010 nicht gegeben, nachdem ein Teil des Tumors operativ entfernt worden war. Meningeome sind regelmäßig gutartige (benigne) und nur in seltenen Fällen bösartige maligne Tumore (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage 2007, S. 1203); Letzteres ist zum fraglichen Zeitpunkt nicht der Fall gewesen, ein malignes Geschehen ist zu keinem Zeitpunkt festgestellt worden. Ein längerer Zeitablauf bei Weiterwachstum des Tumors hätte lebensbedrohlich werden können, wie die vom Senat als Zeugen gehörten Ärzte mitgeteilt haben, aber dem konnte mit einer Strahlenbehandlung (aus dem Leistungskatalog der GKV) entgegengewirkt werden. Anhaltspunkte für eine gebotene grundrechtsorientierte Auslegung (vgl BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, SozR 4-2500 § 27 Nr 5) sind daher nicht ersichtlich. Der Klägerin haben zur Überzeugung des Senats mehrere gleich geeignete Behandlungsalternativen zur Verfügung gestanden, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprochen haben bzw entsprechen. Die Klägerin hätte radiochirurgisch mit dem Gamma-Knife und einem konventionellen Linearbeschleuniger, der für Hochpräzisionsbestrahlungen eingerichtet ist, behandelt werden können. Diesbezüglich sind die Stellungnahmen des MDK vom 21.05.2010 und vom 06.12.2010 und die Zeugenauskunft Dr. S. (O.-Klinik R.) vom 25.10.2013 für den Senat überzeugend und plausibel. Diese Behandlungen hätten als Sachleistung durch die Beklagte erbracht werden können. Behandlungen mit konventionellen Linearbeschleunigern zur Radiochirurgie werden in vielen Strahlenkliniken angeboten. Auch wenn durch diese Behandlungsform eine mehrmalige Bestrahlung erforderlich gewesen wäre, wäre dies der Klägerin zumutbar gewesen, wie das SG zutreffend ausgeführt hat.
34 
Es liegt auch kein Ausnahmefall vor, in dem es keiner Empfehlung des GBA bedarf. Ein sogenanntes Systemversagen unter dem Aspekt, dass der GBA zu der fraglichen Methode noch keine Empfehlung abgegeben hat und das vorgesehene Anerkennungsverfahren für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden trotz Anhaltspunkten für eine therapeutische Zweckmäßigkeit der Methode aus willkürlichen oder sachfremden Erwägungen heraus nicht oder nicht rechtzeitig durchgeführt wurde bzw eine Aktualisierung der Richtlinien unterblieben ist (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12; BSG 10.05.2012, B 1 KR 78/11 B, SozR 4-2500 § 140f Nr 1), liegt nicht vor. Dass die anderen Behandlungsmethoden aus Sicht der Klägerin eventuell nicht optimal sein könnten, bleibt ohne Belang. Denn die gesetzlichen Krankenkassen sind von Verfassungs wegen nicht gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit überhaupt verfügbar ist. Dem Gesetzgeber ist es nicht verwehrt, neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zunächst auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie auf ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu prüfen, um die Anwendung dieser Methoden zu Lasten der Krankenkasse auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).

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