Urteil vom Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 11 EG 4286/16

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10.10.2016 wird zurückgewiesen

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Elterngeld für seinen am 25.07.2015 geborenen Sohn A. (A).
Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger. Er ist bei der D. G. GmbH (im Folgenden: G. GmbH) mit Sitz in E. versicherungspflichtig beschäftigt. Für die Zeit vom 26.01.2013 bis 30.06.2017 hat ihn seine Arbeitgeberin im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland mit Partnerländern zu einem Einsatz nach Äthiopien entsandt. Seither hatte der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau und zwei Kindern seinen ausschließlichen Wohnsitz in A. A. (Äthiopien).
Am 25.07.2015 wurde A geboren. Anlässlich der Geburt war die Ehefrau des Klägers nach Deutschland gereist. Nach der Geburt wurde A hier wegen gesundheitlicher Probleme mehrfach stationär behandelt, zuletzt bis zum 17.11.2015. Mutter und Kind befanden sich bis 06.01.2016 in Deutschland. Ab 07.01.2016 befand sich die ganze Familie wieder Äthiopien. Für weitere ärztliche Untersuchungen befand sich die Ehefrau des Klägers zusammen mit A ab dem 08.05.2016 wiederum in Deutschland.
Am 01.12.2015 beantragte der Kläger Elterngeld für den 6. und 13. Lebensmonat seines Sohnes, also für die Zeit vom 25.12.2015 bis 24.01.2016 und vom 25.07. bis 24.08.2016. Er teilte im weiteren Verlauf unter anderem mit, dass er ein normaler Auslandsmitarbeiter mit Entsendung und kein Entwicklungshelfer und somit voll sozialversicherungspflichtig sei.
Mit Bescheid vom 04.01.2016 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung gab sie an, ein Anspruch auf Elterngeld setze u.a. voraus, dass der Begünstigte keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt. Dies sei der Fall, wenn die Arbeitszeit 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats nicht übersteigt. Die durchschnittliche Arbeitszeit des Klägers liege über dieser Grenze.
Der Kläger legte eine Bescheinigung der B. G. vom 17.02.2015 vor. Darin wird bescheinigt, dass der Kläger seine Tätigkeit vom 25.01.2013 bis 30.06.2017 in A. A. /Äthiopien ausübe. Die Voraussetzungen für eine Ausstrahlung seien gegeben. Es würden für den Kläger weiterhin die deutsche Rechtsvorschriften (§ 4 Abs 1 SGB IV) gelten.
Zusätzlich legte der Kläger Arbeitsbescheinigungen der G. GmbH vom 20.1.2016 und 02.02.2016 vor, wonach sich der Kläger vom 25.12.2015 bis 24.01.2016 sowie vom 25.07.2016 bis 24.08.2016 in Elternzeit befinde und in diesen Zeiträumen keine Bezüge erhalte.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 28.01.2016 das beantragte Elterngeld nochmals ab. Zur Begründung gab sie nun an, Anspruch auf Elterngeld habe grundsätzlich nur, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Dies sei beim Kläger unstreitig nicht der Fall. Zwar sei ein Anspruch auch für einen Arbeitnehmer ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland möglich, wenn er im Rahmen eines in Deutschland bestehenden Beschäftigungsverhältnisses zeitlich begrenzt ins Ausland entsandt werde. Eine solche Entsendung nach § 4 SGB IV liege aber nicht mehr vor, wenn der Arbeitnehmer Elternzeit in Anspruch nehme und nicht mehr im Rahmen des zulässigen Umfangs arbeite; denn dann unterliege er nicht mehr dem Weisungsrecht des Arbeitgebers. Vielmehr ruhe das Arbeitsverhältnis.
Gegen beide Bescheide erhob der Kläger Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.02.2016 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, dass gemäß § 1 Abs 1 S 1 Nr 2 und 3 BEEG Anspruch auf Elterngeld nur habe, wer mit seinem Kind in einem Haushalt lebe und es selbst betreue und erziehe. Für Monate, in denen nicht durchgehend eine häusliche Gemeinschaft bestehe, werde kein Elterngeld gezahlt; dies ergebe sich aus § 4 Abs 2 BEEG. In seinem 6. Lebensmonat (vom 25.12.2015 bis 24.01.2016) habe A nicht durchgehend beim Kläger gelebt; denn er sei erst am 07.01.2016 nach Äthiopien gereist. Der fehlende Anspruch für den 6. Lebensmonat stehe wiederum einem Anspruch des Klägers für den 13. Lebensmonat des A (vom 25.07. bis 24.08.2016) entgegen. Denn ein Elternteil könne gemäß § 4 Abs 5 S 2 BEEG Elterngeld nur beziehen, wenn er es mindestens für zwei Monate in Anspruch nehme.
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Hiergegen hat der Kläger am 23.05.2016 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Mit Urteil vom 10.10.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass A erst ab dem 07.01.2016 im Haushalt des Klägers gelebt habe. Erst ab diesem Zeitpunkt habe der Kläger ihn betreut und erzogen. Die Kammer sei nicht davon überzeugt, dass es einen wichtigen Grund dafür gegeben habe, dass der Kläger die Betreuung und Erziehung nicht sofort am 25.12.2015 habe aufnehmen können. Zwischen der Entlassung aus dem Krankenhaus am 17.11.2015 und dem Beginn der Elternzeit habe mehr als ein Monat gelegen, also ein hinreichend langer Zeitraum, in dem A zusammen mit seiner Mutter zum Kläger nach Äthiopien hätte reisen können. Mithin seien die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Elterngeld in der Zeit vom 25.12.2015 bis 06.01.2016 nicht erfüllt. Deshalb scheide die Zahlung von Elterngeld für den gesamten sechsten Lebensmonat aus. Der fehlende Anspruch für den sechsten Lebensmonat stehe wiederum einem Anspruch für den 13. Lebensmonat entgegen. Die Zahlung von Elterngeld nur für einen Lebensmonat sei gesetzlich nicht vorgesehen.
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Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 21.10.2016 zugestellte Urteil hat dieser am 21.11.2016 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt.
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Der Klägerbevollmächtigte trägt unter Übersendung von Buchungsinformationen und Bordkarten vor, die Annahme, dass A erst ab dem 07.01.2016 im Haushalt des Klägers gelebt habe und von diesem betreut und erzogen worden sei, sei unzutreffend. Der Kläger sei zusammen mit den beiden älteren Töchtern am 21.12.2015 nach Deutschland geflogen und habe sich vom 22.12.2015 bis 06.01.2016 hier aufgehalten. Die gesamte Familie sei dann am 06.01.2016 nach Äthiopien zurückgeflogen. Ursprünglich sei geplant gewesen, dass seine Ehefrau nur für die Geburt und die ersten drei Früherkennungsuntersuchungen nach Deutschland reise - wegen des höheren medizinischen Standards. Danach, also etwa Mitte / Ende August 2015, hätten Mutter und Kind wieder nach Äthiopien fliegen sollen. Kurz nach der Geburt habe A indes ein schweres Nierenversagen erlitten, mit bleibenden Schäden an der Blase und den Nieren. Aufgrund dessen sei er mehrfach stationär behandelt worden. Nach wie vor bestehe ein hohes Risiko einer Blasen- und/oder Nierenentzündung, das durch fortlaufende Einnahme von Antibiotika eingedämmt werde. Vor diesem Hintergrund hätten die behandelnden Ärzte sogar von einer Rückreise nach Äthiopien vor Vollendung des zweiten Lebensjahres abgeraten. Ihm, seiner Ehefrau und den gemeinsamen Kindern habe die zwangsweise Trennung jedoch schwer zu schaffen gemacht. Mutter und Kind seien daher am 06.01.2016 nach Äthiopien gereist - trotz des medizinischen Risikos. Nicht nachvollziehbar sei die Argumentation der Beklagten, wegen der Elternzeit ruhe das Arbeitsverhältnis, so dass auch keine Entsendung nach § 4 SGB IV mehr vorliege. Träfe dies zu, könnte der Großteil der Entsandten nie Elterngeld in Anspruch nehmen - obwohl der Gesetzgeber durch § 1 Abs 2 S 1 Nr 1 BEEG gerade für diesen Personenkreis einen Anspruch habe begründen wollen.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
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das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10.10.2016 sowie die Bescheide vom 04.01.2016 und vom 28.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 25.12.2015 bis 24.01.2016 sowie vom 25.07. bis 24.08.2016 Elterngeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie ist der Ansicht, dass eine Entsendung nach § 4 SGB IV nur so lange vorliege, als das Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten andauere, der deutsche Arbeitgeber insbesondere weisungsbefugt bleibe. Nehme hingegen der Arbeitnehmer - wie hier der Kläger - Elternzeit in Anspruch, ohne in Teilzeit weiterzuarbeiten, bestehe nur noch ein ruhendes „Rumpfarbeitsverhältnis". Für einen Anspruch auf Elterngeld nach Maßgabe des § 1 Abs 2 S 1 Nr 1 BEEG genüge dies nicht.
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Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Nr 1, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, jedoch nicht begründet.
21 
Gegenstand der Berufung sind die Bescheide der Beklagten vom 04.01.2016 und 28.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2016, mit dem der Antrag des Klägers auf Gewährung von Elterngeld für den 6. und 13. Lebensmonat seines am 25.07.2015 geborenen Kindes A mangels Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland und mangels Erfüllung der Voraussetzungen nach § 4 SGB IV abgelehnt worden ist.
22 
Entgegen dem Antrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ist ein Bescheid vom 29.02.2016 nicht Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens. Denn ein solcher Bescheid ist ausweislich der Verwaltungsakte der Beklagten zwar erstellt, aber nie versandt und damit nicht bekannt gegeben worden.
23 
Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, da die Bescheide rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen. Er hat keinen Anspruch auf Gewährung von Elterngeld für den 6. und 13. Lebensmonat von A (25.12.2015 bis 24.01.2016 und 25.07. bis 24.08.2016).
24 
Der Anspruch des Klägers richtet sich allein nach dem mit Wirkung zum 01.01.2007 eingeführten Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (( BEEG ); Gesetz vom 05.12.2006, BGBl I 2748) in der ab 01.01.2015 gültigen Fassung. Mit Äthiopien besteht kein zwischenstaatliches Sozialversicherungsabkommen.
25 
Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4).
26 
Die genannten Voraussetzungen erfüllt der Kläger in den streitgegenständlichen Lebensmonaten nicht. Der Senat kann offen lassen, ob der Kläger im hier streitigen Zeitraum mit seinem am 25.07.2015 geborenen Sohn A (teilweise) in einem Haushalt zusammenlebte und dieses Kind selbst erzog und betreute. Er befand sich ausweislich der eigenen Angaben und der Arbeitsbescheinigungen der Arbeitgeberin in diesen Zeiträumen in Elternzeit und erhielt keinerlei Bezüge. Der Kläger hatte in den hier streitigen Zeiträumen weder durchgängig seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Dies entnimmt der Senat zum einen dem Elterngeldantrag sowie den Angaben des Klägerbevollmächtigten im gesamten Verfahren.
27 
Zur Auslegung des Begriffs des Wohnsitzes in § 1 Abs 1 Nr 1 BEEG ist die allgemein im Sozialrecht geltende Regelung des § 30 Abs 3 SGB I heranzuziehen. Dabei sind gemäß § 37 Satz 1 iVm § 68 Nr 15 SGB I die Besonderheiten des BEEG zu berücksichtigen (BSG 30.09.2010, B 10 EG 9/09 R, juris-RdNr 56). Dementsprechend ist der Begriff des Wohnsitzes bzw des gewöhnlichen Aufenthaltes hier nicht nur der sachliche Anknüpfungspunkt für den persönlichen Anwendungsbereich der Vorschriften des Sozialgesetzbuchs bzw der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs. Es handelt sich vielmehr um ein materielles Tatbestandsmerkmal (vgl Schlegel in jurisPK-SGB I, § 30 RdNr 14).
28 
Nach § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Dabei sind die objektiven Verhältnisse entscheidend, die den Schluss auf den Willen zur Wohnsitzbegründung zulassen müssen (Buchner/Becker in Mutterschutzgesetz, Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, 8. Auflage, § 1 BEEG RdNr 7). Die polizeiliche Meldung allein reicht nicht aus (BSG 10. 12.1985, 10 RKg 14/85, SozR 5870 § 2 Nr 44). Ob die Voraussetzungen des § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I vorliegen, ist im Wege der vorausschauenden Betrachtungsweise zu beurteilen. Denn die Rechtsprechung des BSG bezieht in die Beantwortung der Frage, wann diese Voraussetzungen vorliegen, auch ein prognostisches Element mit ein. Dies gilt auch für die Beurteilung des gewöhnlichen Aufenthaltes, den jemand dort hat, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 30 Abs 3 Satz 2 SGB I). Die Bejahung eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland nach § 30 Abs 3 SGB I hängt daher auch von einer Prognose über die Dauer des Aufenthalts einer Person in Deutschland ab (BSG 03.12.2009, B 10 EG 6/08 R, SozR 4-7833 § 1 Nr 10).
29 
Der Senat unterstellt die Angaben des Klägerbevollmächtigten im Berufungsschriftsatz als zutreffend, dass der Kläger sich mit seinen beiden älteren Kindern vom 22.12.2015 bis 06.01.2016 tatsächlich in Deutschland aufgehalten hat. Insoweit reichen dem Senat die vorgelegten Unterlagen (Buchungsdetails und Bordkarten) als Nachweis aus. Dieser Aufenthalt in Deutschland begründet jedoch für den Kläger hier keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt. Jedenfalls hat er sich mit seiner kompletten Familie nach eigenen Angaben ab 07.01.2016 wieder in Äthiopien aufgehalten, so dass auch nicht im gesamten sechsten Lebensmonat von A ein Aufenthalt in Deutschland tatsächlich vorlag.
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Auch die Voraussetzungen des § 1 Abs 2 Satz 1 BEEG sind nicht erfüllt. Danach hat Anspruch auf Elterngeld auch, wer, ohne eine der Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr 1 zu erfüllen, nach § 4 SGB IV dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt oder im Rahmen seines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert ist (Nr 1), Entwicklungshelfer oder Entwicklungshelferin im Sinne des § 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ist oder als Missionar oder Missionarin der Missionswerke und -gesellschaften, die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangelischen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e.V., des Deutschen katholischen Missionsrates oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlich-charismatischer Missionen sind, tätig ist (Nr 2) oder die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und nur vorübergehend bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig ist, insbesondere nach den Entsenderichtlinien des Bundes beurlaubte Beamte und Beamtinnen, oder wer vorübergehend eine nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes oder § 29 des Bundesbeamtengesetzes zugewiesene Tätigkeit im Ausland wahrnimmt (Nr 3). Dies gilt auch für mit der nach Satz 1 berechtigten Person in einem Haushalt lebende Ehegatten, Ehegattinnen, Lebenspartner oder Lebenspartnerinnen (§ 1 Abs 2 Satz 2 BEEG).
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Keiner der genannten Ausnahmetatbestände des § 1 Abs 2 BEEG ist vorliegend erfüllt. Der Kläger ist schon nach den eigenen Angaben kein Entwicklungshelfer. Er war auch nicht als Missionar oder bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig. Vielmehr war er für seine Arbeitgeberin im Rahmen einer Entsendung nach § 4 SGB IV in Äthiopien tätig. Dies entnimmt der Senat unter anderem der Bescheinigung der B. G. vom 17.02.2015.
32 
Jedoch unterlag der Kläger in den hier streitgegenständlichen Zeiträumen nicht nach § 4 SGB IV dem deutschen Sozialversicherungsrecht.
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Nach § 4 SGB IV gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung, soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen, auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist. Nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 4 SGB IV setzt ein fortbestehendes Versicherungspflichtverhältnis zunächst voraus, dass vor Beginn der Entsendung ein Beschäftigungsverhältnis mit dem entsendenden Arbeitgeber in Deutschland bestanden hat (BT-Drucks 7/4122, 30; BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1 mwN). Erforderlich ist ferner, dass das Beschäftigungsverhältnis während der Zeit der Entsendung fortbesteht und dass es nach Beendigung der Entsendung weitergeführt werden soll, weshalb § 4 Abs 1 SGB IV eine "im Voraus" feststehende zeitliche Begrenzung fordert (BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1 mwN). Maßgebend ist, wo der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses liegt (BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1 mwN). Voraussetzung ist weiter regelmäßig, dass der im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer organisatorisch in den Betrieb des inländischen Arbeitgebers eingegliedert bleibt, wesentliche Elemente eines Beschäftigungsverhältnisses (vgl § 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV) erfüllt werden und sich der Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen den inländischen Arbeitgeber richtet (BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1 mwN).
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Die zuletzt genannte Voraussetzung ist beim Kläger nicht erfüllt. Denn er befand sich in den streitgegenständlichen Zeiträumen in Elternzeit. Während der Elternzeit ruhen die Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Insbesondere fehlt es während der Elternzeit an einer betrieblichen Eingliederung sowie an einem Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen den inländischen Arbeitgeber. Der Senat teilt deshalb die Ansicht des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in den Richtlinien zum BEEG. Dort heißt es unter 1.2.1:
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„Für Beschäftigte in Elternzeit gilt daher folgendes: Während der Elternzeit ruht das Arbeitsverhältnis. Das heißt, dass der Tatbestand der Entsendung im Sinne von § 4 SGB IV nicht erfüllt ist, wenn der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin in Elternzeit ist und nicht im Rahmen des zulässigen Wochenstundenumfangs arbeitet, da der Arbeitgeber in diesem Fall sein Weisungsrecht nicht ausüben kann. Im Umkehrschluss ergibt sich daraus, dass der Tatbestand der Entsendung erfüllt ist, wenn während der Elternzeit eine Beschäftigung bis zu 30 Wochenstunden ausgeübt wird, sodass ein Elterngeldanspruch besteht.“
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Eine entsprechende Anwendung des § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BEEG auf den vorliegenden Fall scheidet aus. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ist Voraussetzung, dass § 4 SGB IV erfüllt ist. Eine erweiternde Auslegung der elterngeldrechtlichen Regelungen kommt nicht in Betracht (Buchner/Becker, BEEG, § 1 RdNr 18).
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Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass letztlich offenbleiben kann, ob der Kläger im 13. Lebensmonat einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland begründet hat. Denn gemäß § 4 Abs 5 S 2 BEEG kann ein Elternteil Elterngeld nur beziehen, wenn er es mindestens für zwei Monate in Anspruch nimmt. Ohne Elterngeld für den sechsten Lebensmonat, das aufgrund obiger Ausführungen ausscheidet, erreicht der Kläger nicht die erforderliche Mindestbezugszeit.
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Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht.
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Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Bei einer Ungleichbehandlung von unter dem Schutz des Art 6 Abs 1 GG stehenden Familien kommt es darauf an, ob für die getroffene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (zum Kinder- und Erziehungsgeld: BVerfG 29.10.2002, ua 1 BvL 16/95, BVerfGE 106, 166; BVerfG 06.07.2004, 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160; BVerfG 06.07.2004, 1 BvR 2515/95, BVerfGE 111, 176).
40 
Es liegt keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber im Inland lebenden Personen vor, die während ihrer Elternzeit Elterngeld beziehen können. Denn im Ausland lebenden Eltern wird der Anspruch auf Elterngeld bei Entsendung ausschließlich über die Ausnahmevorschrift des § 4 SGB IV vermittelt. Grundsätzlich gilt für das Elterngeld auch das dem Sozialversicherungsrecht immanente Territorialitätsprinzip (siehe auch § 3 SGB IV). Der bundesdeutsche Gesetzgeber ist nicht gezwungen, im Ausland lebenden Deutschen freiwillige Einkommensersatzleistungen zu zahlen. Tut er dies doch, kann er dies an die Voraussetzung knüpfen, dass ein ausreichender Inlandsbezug besteht. An einem solchen fehlt es aber während einer Elternzeit.
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Die Anknüpfung an ein fortbestehendes inländisches Sozialversicherungsverhältnis als Voraussetzung für Elterngeld bei einem Auslandsaufenthalt ist sachgerecht. Über § 4 SGB IV soll gewährleistet werden, dass in Fällen, in denen das Beschäftigungsverhältnis im Inland nicht gelöst wird, der Arbeitnehmer aber im Interesse des Arbeitgebers vorübergehend ins Ausland geht, der Sozialversicherungsschutz (mit Beitragspflicht) während des Auslandsaufenthalts aufrechterhalten bleibt. Soweit die Klägerin gegenüber Anspruchsberechtigten, die ihr Kind im Inland erziehen, ungleich behandelt und schlechter gestellt wird, rechtfertigt sich dies aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in nicht zu beanstandender Weise für den Leistungsexport an ein der inländischen Sozialversicherung unterliegendes Beschäftigungsverhältnis und damit an einen hinreichenden Inlandsbezug bei vorübergehender Arbeitsleistung im Ausland anknüpfen durfte (Hessisches LSG 27.11.2013, L 6 EG 4/11, juris).
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Die Voraussetzungen des § 4 SGB IV stellen einen hinreichenden Inlandsbezug als zulässiges Differenzierungskriterium sicher (Senatsurteil vom 18.12.2013, L 11 EG 4650/12; vgl zum Erziehungsgeld BSG 24.06.2010, B 10 EG 12/09 R, SozR 4-7833 § 1 Nr 11). Liegen die Voraussetzungen des § 4 SGB IV nicht vor, unterliegt es dem Willen der Vertragspartner zwischenstaatlicher Abkommen, ob Familienleistungen wie das Elterngeld von den Vereinbarungen erfasst werden sollen. Dabei ist es solchen Regelungen (auch in Bezug auf europäisches Ausland) immanent, dass je nach Einsatzland Unterschiedliches gelten kann. § 1 Abs 2 BEEG verstößt aber deshalb nicht gegen Art 3 GG. Denn der Gesetzgeber ist nicht von Verfassungs wegen verpflichtet, sämtliche Fälle mit Bezug zum deutschen Sozialversicherungsrecht in den Anwendungsbereich des BEEG mit einzubeziehen. Das Elterngeld stellt eine freiwillige steuerfinanzierte Leistung des Staates dar. Dem Gesetzgeber kommt im Bereich der steuerfinanzierten freiwilligen Leistungen des Staates ein weiter Gestaltungsspielraum zu (Senatsurteil vom 18.12.2013, L 11 EG 4650/12; vgl zum Erziehungsgeld: BSG 24.06.2010, B 10 EG 12/09 R, SozR 4-7833 § 1 Nr 11). Dies gilt insbesondere für die Abgrenzung des begünstigten Personenkreises (zum Kinder- und Erziehungsgeld: BVerfG 29.10.2002, ua 1 BvL 16/95, BVerfGE 106, 166; BVerfG 06.07.2004, 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160; BVerfG 06.07.2004, 1 BvR 2515/95, BVerfGE 111, 176).
43 
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung von Art 6 Abs 1 GG. Danach hat der Staat die Pflicht, Ehe und Familie vor Beeinträchtigungen durch andere Kräfte zu bewahren und durch geeignete Maßnahmen zu fördern. Allerdings kann der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit grundsätzlich selbst bestimmen, in welchem Umfang und auf welche Weise er den ihm aufgetragenen besonderen Schutz von Ehe und Familie verwirklichen will (BVerfG 07.07.1992, 1 BvL 51/86 ua, BVerfGE 87, 1, 35 f). Regelmäßig erwachsen dabei aus Art 6 Abs 1 GG keine konkreten Ansprüche auf staatliche Leistungen (BVerfG 06.05.1975, 1 BvR 332/72, BVerfGE 39, 316 = SozR 2600 § 60 Nr 1; BVerfG 07.07.1992, aaO).
44 
Schließlich ist auch das Sozialstaatsprinzip gemäß Art 20 Abs 1 GG, welches den Staat verpflichtet, für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen, nicht verletzt. Angesichts der Weite und Unbestimmtheit dieses Prinzips lässt sich daraus regelmäßig kein Gebot entnehmen, soziale Leistungen in einem bestimmten Umfang zu gewähren (BVerfG 12.03.1996, 1 BvR 609/90 ua, BVerfGE 94, 241 = SozR 3-2200 § 1255a Nr 5; st Rspr). Zwingend ist lediglich, dass der Staat die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Bürger schafft (BVerfG 29.05.1990, 1 BvL 20/84 ua, BVerfGE 82, 60, 80 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1; BVerfG 09.02.2010, 1 BvL 1/09 ua, BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12). Diese Mindestvoraussetzungen sind hier nicht ansatzweise berührt.
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
46 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).

Gründe

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Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Nr 1, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, jedoch nicht begründet.
21 
Gegenstand der Berufung sind die Bescheide der Beklagten vom 04.01.2016 und 28.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2016, mit dem der Antrag des Klägers auf Gewährung von Elterngeld für den 6. und 13. Lebensmonat seines am 25.07.2015 geborenen Kindes A mangels Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland und mangels Erfüllung der Voraussetzungen nach § 4 SGB IV abgelehnt worden ist.
22 
Entgegen dem Antrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ist ein Bescheid vom 29.02.2016 nicht Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens. Denn ein solcher Bescheid ist ausweislich der Verwaltungsakte der Beklagten zwar erstellt, aber nie versandt und damit nicht bekannt gegeben worden.
23 
Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, da die Bescheide rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen. Er hat keinen Anspruch auf Gewährung von Elterngeld für den 6. und 13. Lebensmonat von A (25.12.2015 bis 24.01.2016 und 25.07. bis 24.08.2016).
24 
Der Anspruch des Klägers richtet sich allein nach dem mit Wirkung zum 01.01.2007 eingeführten Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (( BEEG ); Gesetz vom 05.12.2006, BGBl I 2748) in der ab 01.01.2015 gültigen Fassung. Mit Äthiopien besteht kein zwischenstaatliches Sozialversicherungsabkommen.
25 
Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4).
26 
Die genannten Voraussetzungen erfüllt der Kläger in den streitgegenständlichen Lebensmonaten nicht. Der Senat kann offen lassen, ob der Kläger im hier streitigen Zeitraum mit seinem am 25.07.2015 geborenen Sohn A (teilweise) in einem Haushalt zusammenlebte und dieses Kind selbst erzog und betreute. Er befand sich ausweislich der eigenen Angaben und der Arbeitsbescheinigungen der Arbeitgeberin in diesen Zeiträumen in Elternzeit und erhielt keinerlei Bezüge. Der Kläger hatte in den hier streitigen Zeiträumen weder durchgängig seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Dies entnimmt der Senat zum einen dem Elterngeldantrag sowie den Angaben des Klägerbevollmächtigten im gesamten Verfahren.
27 
Zur Auslegung des Begriffs des Wohnsitzes in § 1 Abs 1 Nr 1 BEEG ist die allgemein im Sozialrecht geltende Regelung des § 30 Abs 3 SGB I heranzuziehen. Dabei sind gemäß § 37 Satz 1 iVm § 68 Nr 15 SGB I die Besonderheiten des BEEG zu berücksichtigen (BSG 30.09.2010, B 10 EG 9/09 R, juris-RdNr 56). Dementsprechend ist der Begriff des Wohnsitzes bzw des gewöhnlichen Aufenthaltes hier nicht nur der sachliche Anknüpfungspunkt für den persönlichen Anwendungsbereich der Vorschriften des Sozialgesetzbuchs bzw der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs. Es handelt sich vielmehr um ein materielles Tatbestandsmerkmal (vgl Schlegel in jurisPK-SGB I, § 30 RdNr 14).
28 
Nach § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Dabei sind die objektiven Verhältnisse entscheidend, die den Schluss auf den Willen zur Wohnsitzbegründung zulassen müssen (Buchner/Becker in Mutterschutzgesetz, Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, 8. Auflage, § 1 BEEG RdNr 7). Die polizeiliche Meldung allein reicht nicht aus (BSG 10. 12.1985, 10 RKg 14/85, SozR 5870 § 2 Nr 44). Ob die Voraussetzungen des § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I vorliegen, ist im Wege der vorausschauenden Betrachtungsweise zu beurteilen. Denn die Rechtsprechung des BSG bezieht in die Beantwortung der Frage, wann diese Voraussetzungen vorliegen, auch ein prognostisches Element mit ein. Dies gilt auch für die Beurteilung des gewöhnlichen Aufenthaltes, den jemand dort hat, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 30 Abs 3 Satz 2 SGB I). Die Bejahung eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland nach § 30 Abs 3 SGB I hängt daher auch von einer Prognose über die Dauer des Aufenthalts einer Person in Deutschland ab (BSG 03.12.2009, B 10 EG 6/08 R, SozR 4-7833 § 1 Nr 10).
29 
Der Senat unterstellt die Angaben des Klägerbevollmächtigten im Berufungsschriftsatz als zutreffend, dass der Kläger sich mit seinen beiden älteren Kindern vom 22.12.2015 bis 06.01.2016 tatsächlich in Deutschland aufgehalten hat. Insoweit reichen dem Senat die vorgelegten Unterlagen (Buchungsdetails und Bordkarten) als Nachweis aus. Dieser Aufenthalt in Deutschland begründet jedoch für den Kläger hier keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt. Jedenfalls hat er sich mit seiner kompletten Familie nach eigenen Angaben ab 07.01.2016 wieder in Äthiopien aufgehalten, so dass auch nicht im gesamten sechsten Lebensmonat von A ein Aufenthalt in Deutschland tatsächlich vorlag.
30 
Auch die Voraussetzungen des § 1 Abs 2 Satz 1 BEEG sind nicht erfüllt. Danach hat Anspruch auf Elterngeld auch, wer, ohne eine der Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr 1 zu erfüllen, nach § 4 SGB IV dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt oder im Rahmen seines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert ist (Nr 1), Entwicklungshelfer oder Entwicklungshelferin im Sinne des § 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ist oder als Missionar oder Missionarin der Missionswerke und -gesellschaften, die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangelischen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e.V., des Deutschen katholischen Missionsrates oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlich-charismatischer Missionen sind, tätig ist (Nr 2) oder die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und nur vorübergehend bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig ist, insbesondere nach den Entsenderichtlinien des Bundes beurlaubte Beamte und Beamtinnen, oder wer vorübergehend eine nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes oder § 29 des Bundesbeamtengesetzes zugewiesene Tätigkeit im Ausland wahrnimmt (Nr 3). Dies gilt auch für mit der nach Satz 1 berechtigten Person in einem Haushalt lebende Ehegatten, Ehegattinnen, Lebenspartner oder Lebenspartnerinnen (§ 1 Abs 2 Satz 2 BEEG).
31 
Keiner der genannten Ausnahmetatbestände des § 1 Abs 2 BEEG ist vorliegend erfüllt. Der Kläger ist schon nach den eigenen Angaben kein Entwicklungshelfer. Er war auch nicht als Missionar oder bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig. Vielmehr war er für seine Arbeitgeberin im Rahmen einer Entsendung nach § 4 SGB IV in Äthiopien tätig. Dies entnimmt der Senat unter anderem der Bescheinigung der B. G. vom 17.02.2015.
32 
Jedoch unterlag der Kläger in den hier streitgegenständlichen Zeiträumen nicht nach § 4 SGB IV dem deutschen Sozialversicherungsrecht.
33 
Nach § 4 SGB IV gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung, soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen, auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist. Nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 4 SGB IV setzt ein fortbestehendes Versicherungspflichtverhältnis zunächst voraus, dass vor Beginn der Entsendung ein Beschäftigungsverhältnis mit dem entsendenden Arbeitgeber in Deutschland bestanden hat (BT-Drucks 7/4122, 30; BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1 mwN). Erforderlich ist ferner, dass das Beschäftigungsverhältnis während der Zeit der Entsendung fortbesteht und dass es nach Beendigung der Entsendung weitergeführt werden soll, weshalb § 4 Abs 1 SGB IV eine "im Voraus" feststehende zeitliche Begrenzung fordert (BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1 mwN). Maßgebend ist, wo der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses liegt (BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1 mwN). Voraussetzung ist weiter regelmäßig, dass der im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer organisatorisch in den Betrieb des inländischen Arbeitgebers eingegliedert bleibt, wesentliche Elemente eines Beschäftigungsverhältnisses (vgl § 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV) erfüllt werden und sich der Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen den inländischen Arbeitgeber richtet (BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1 mwN).
34 
Die zuletzt genannte Voraussetzung ist beim Kläger nicht erfüllt. Denn er befand sich in den streitgegenständlichen Zeiträumen in Elternzeit. Während der Elternzeit ruhen die Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Insbesondere fehlt es während der Elternzeit an einer betrieblichen Eingliederung sowie an einem Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen den inländischen Arbeitgeber. Der Senat teilt deshalb die Ansicht des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in den Richtlinien zum BEEG. Dort heißt es unter 1.2.1:
35 
„Für Beschäftigte in Elternzeit gilt daher folgendes: Während der Elternzeit ruht das Arbeitsverhältnis. Das heißt, dass der Tatbestand der Entsendung im Sinne von § 4 SGB IV nicht erfüllt ist, wenn der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin in Elternzeit ist und nicht im Rahmen des zulässigen Wochenstundenumfangs arbeitet, da der Arbeitgeber in diesem Fall sein Weisungsrecht nicht ausüben kann. Im Umkehrschluss ergibt sich daraus, dass der Tatbestand der Entsendung erfüllt ist, wenn während der Elternzeit eine Beschäftigung bis zu 30 Wochenstunden ausgeübt wird, sodass ein Elterngeldanspruch besteht.“
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Eine entsprechende Anwendung des § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BEEG auf den vorliegenden Fall scheidet aus. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ist Voraussetzung, dass § 4 SGB IV erfüllt ist. Eine erweiternde Auslegung der elterngeldrechtlichen Regelungen kommt nicht in Betracht (Buchner/Becker, BEEG, § 1 RdNr 18).
37 
Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass letztlich offenbleiben kann, ob der Kläger im 13. Lebensmonat einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland begründet hat. Denn gemäß § 4 Abs 5 S 2 BEEG kann ein Elternteil Elterngeld nur beziehen, wenn er es mindestens für zwei Monate in Anspruch nimmt. Ohne Elterngeld für den sechsten Lebensmonat, das aufgrund obiger Ausführungen ausscheidet, erreicht der Kläger nicht die erforderliche Mindestbezugszeit.
38 
Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht.
39 
Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Bei einer Ungleichbehandlung von unter dem Schutz des Art 6 Abs 1 GG stehenden Familien kommt es darauf an, ob für die getroffene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (zum Kinder- und Erziehungsgeld: BVerfG 29.10.2002, ua 1 BvL 16/95, BVerfGE 106, 166; BVerfG 06.07.2004, 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160; BVerfG 06.07.2004, 1 BvR 2515/95, BVerfGE 111, 176).
40 
Es liegt keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber im Inland lebenden Personen vor, die während ihrer Elternzeit Elterngeld beziehen können. Denn im Ausland lebenden Eltern wird der Anspruch auf Elterngeld bei Entsendung ausschließlich über die Ausnahmevorschrift des § 4 SGB IV vermittelt. Grundsätzlich gilt für das Elterngeld auch das dem Sozialversicherungsrecht immanente Territorialitätsprinzip (siehe auch § 3 SGB IV). Der bundesdeutsche Gesetzgeber ist nicht gezwungen, im Ausland lebenden Deutschen freiwillige Einkommensersatzleistungen zu zahlen. Tut er dies doch, kann er dies an die Voraussetzung knüpfen, dass ein ausreichender Inlandsbezug besteht. An einem solchen fehlt es aber während einer Elternzeit.
41 
Die Anknüpfung an ein fortbestehendes inländisches Sozialversicherungsverhältnis als Voraussetzung für Elterngeld bei einem Auslandsaufenthalt ist sachgerecht. Über § 4 SGB IV soll gewährleistet werden, dass in Fällen, in denen das Beschäftigungsverhältnis im Inland nicht gelöst wird, der Arbeitnehmer aber im Interesse des Arbeitgebers vorübergehend ins Ausland geht, der Sozialversicherungsschutz (mit Beitragspflicht) während des Auslandsaufenthalts aufrechterhalten bleibt. Soweit die Klägerin gegenüber Anspruchsberechtigten, die ihr Kind im Inland erziehen, ungleich behandelt und schlechter gestellt wird, rechtfertigt sich dies aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in nicht zu beanstandender Weise für den Leistungsexport an ein der inländischen Sozialversicherung unterliegendes Beschäftigungsverhältnis und damit an einen hinreichenden Inlandsbezug bei vorübergehender Arbeitsleistung im Ausland anknüpfen durfte (Hessisches LSG 27.11.2013, L 6 EG 4/11, juris).
42 
Die Voraussetzungen des § 4 SGB IV stellen einen hinreichenden Inlandsbezug als zulässiges Differenzierungskriterium sicher (Senatsurteil vom 18.12.2013, L 11 EG 4650/12; vgl zum Erziehungsgeld BSG 24.06.2010, B 10 EG 12/09 R, SozR 4-7833 § 1 Nr 11). Liegen die Voraussetzungen des § 4 SGB IV nicht vor, unterliegt es dem Willen der Vertragspartner zwischenstaatlicher Abkommen, ob Familienleistungen wie das Elterngeld von den Vereinbarungen erfasst werden sollen. Dabei ist es solchen Regelungen (auch in Bezug auf europäisches Ausland) immanent, dass je nach Einsatzland Unterschiedliches gelten kann. § 1 Abs 2 BEEG verstößt aber deshalb nicht gegen Art 3 GG. Denn der Gesetzgeber ist nicht von Verfassungs wegen verpflichtet, sämtliche Fälle mit Bezug zum deutschen Sozialversicherungsrecht in den Anwendungsbereich des BEEG mit einzubeziehen. Das Elterngeld stellt eine freiwillige steuerfinanzierte Leistung des Staates dar. Dem Gesetzgeber kommt im Bereich der steuerfinanzierten freiwilligen Leistungen des Staates ein weiter Gestaltungsspielraum zu (Senatsurteil vom 18.12.2013, L 11 EG 4650/12; vgl zum Erziehungsgeld: BSG 24.06.2010, B 10 EG 12/09 R, SozR 4-7833 § 1 Nr 11). Dies gilt insbesondere für die Abgrenzung des begünstigten Personenkreises (zum Kinder- und Erziehungsgeld: BVerfG 29.10.2002, ua 1 BvL 16/95, BVerfGE 106, 166; BVerfG 06.07.2004, 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160; BVerfG 06.07.2004, 1 BvR 2515/95, BVerfGE 111, 176).
43 
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung von Art 6 Abs 1 GG. Danach hat der Staat die Pflicht, Ehe und Familie vor Beeinträchtigungen durch andere Kräfte zu bewahren und durch geeignete Maßnahmen zu fördern. Allerdings kann der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit grundsätzlich selbst bestimmen, in welchem Umfang und auf welche Weise er den ihm aufgetragenen besonderen Schutz von Ehe und Familie verwirklichen will (BVerfG 07.07.1992, 1 BvL 51/86 ua, BVerfGE 87, 1, 35 f). Regelmäßig erwachsen dabei aus Art 6 Abs 1 GG keine konkreten Ansprüche auf staatliche Leistungen (BVerfG 06.05.1975, 1 BvR 332/72, BVerfGE 39, 316 = SozR 2600 § 60 Nr 1; BVerfG 07.07.1992, aaO).
44 
Schließlich ist auch das Sozialstaatsprinzip gemäß Art 20 Abs 1 GG, welches den Staat verpflichtet, für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen, nicht verletzt. Angesichts der Weite und Unbestimmtheit dieses Prinzips lässt sich daraus regelmäßig kein Gebot entnehmen, soziale Leistungen in einem bestimmten Umfang zu gewähren (BVerfG 12.03.1996, 1 BvR 609/90 ua, BVerfGE 94, 241 = SozR 3-2200 § 1255a Nr 5; st Rspr). Zwingend ist lediglich, dass der Staat die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Bürger schafft (BVerfG 29.05.1990, 1 BvL 20/84 ua, BVerfGE 82, 60, 80 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1; BVerfG 09.02.2010, 1 BvL 1/09 ua, BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12). Diese Mindestvoraussetzungen sind hier nicht ansatzweise berührt.
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
46 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).

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