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| Die form- und fristgerechte (§ 151 SGG) und auch statthafte (§§ 143, 144 SGG) Berufung der Klägerin, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, aber unbegründet. |
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| Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 13.06.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.07.2016. Die Klägerin begehrt nach Auslegung ihrer im Berufungsverfahren gestellten Anträge (§ 123 SGG) im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach §§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und 2, 56 SGG eine Korrektur der Entscheidung der Beklagten über die ihr für Mai 2016 abschließend zustehenden Leistungen. Das Klageziel richtet sich neben der Aufhebung des Erstattungsbescheides und der Änderung des Leistungsbescheides auch darauf, die Beklagte zu verpflichten, auszusprechen, dass ihr abschließend höhere Leistungen nach dem SGB II, als mit dem Bescheid vom 13.06.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.07.2016 festgesetzt, zustehen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 08.02.2017 – B 14 AS 22/16 R – juris, Rn. 10 f.). |
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| Die Berufung ist unbegründet. Das SG Stuttgart hat zu Recht die Klage abgewiesen, weil die zulässige Klage unbegründet ist. |
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| 1. Rechtsgrundlage für die abschließende Entscheidung der Beklagten über den allein streitgegenständlichen Anspruch der Klägerin auf Leistungen nach dem SGB II für Mai 2016 ist § 41a Abs. 3 Satz 1 SGB II. Demnach entscheiden die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende abschließend über den monatlichen Leistungsanspruch, sofern die vorläufig bewilligte Leistung nicht der abschließend festzustellenden entspricht oder die leistungsberechtigte Person eine abschließende Entscheidung beantragt. |
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| a) § 41a Abs. 3 Satz 1 SGB II ist in der zum 01.08.2016 in Kraft getretenen Fassung anzuwenden. Diese Fassung des § 41a Abs. 3 Satz 1 SGB II ist auch auf Bewilligungszeiträume anzuwenden, die wie vorliegend vor seinem Inkrafttreten begonnen haben, aber bei seinem Inkrafttreten noch nicht abgeschlossen waren (vgl. BSG, Urteil vom 11.07.2019 – B 14 AS 44/18 – juris, Rn. 17; ausführlich BSG, Urteil vom 12.09.2018 – B 4 AS 39/17 R – juris Rn. 22 ff.; Grote-Seifert in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., Stand: 01.03.2020, § 41a, Rn. 87). |
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| b) Eine Anhörung war vor der abschließenden Entscheidung über den Leistungsanspruch nach § 24 Abs. 2 Nr. 3 SGB X nicht erforderlich, weil die Beklagte nicht von den tatsächlichen Angaben der Klägerin zu ihren Ungunsten abgewichen ist (vgl. SG Dortmund, Urteil vom 13.07.2015 – S 31 AS 3733/13 – juris, Rn. 22). Im Übrigen wäre die unterlassene Anhörung im Widerspruchverfahren geheilt worden (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X). |
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| c) Der endgültige Leistungsanspruch der Klägerin nach §§ 19 Abs. 1 Satz 1, 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der Fassung, die das SGB II für den streitbefangenen Zeitraum zuletzt durch Gesetz vom 24.6.2015 (BGBl I 974) erhalten hat, denn in Rechtsstreitigkeiten über abgeschlossene Bewilligungszeiträume ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden (Geltungszeitraumprinzip) (vgl. BSG, Urteil vom 11.07.2019 – B 14 AS 44/18 R – juris, Rn. 12), beträgt für Mai 2016 0,00 EUR. |
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| bb) Auf den Gesamtbedarf der Klägerin ist nach §§ 9 Abs. 1, 11 SGB II Einkommen in Form des Unterhalts in Höhe von 225,00 EUR und 1/6 der im Mai 2016 zugeflossenen Erbschaft (vgl. zur Einkommensqualität einer während des Leistungsbezuges zugeflossenen Erbschaft: BSG, Urteil vom 12.06.2013 – B 14 AS 73/12 R – juris, Rn. 21) in Höhe von 1.483,70 EUR (8.902,21 EUR / 6) anzurechnen. Von diesem Gesamteinkommen in Höhe von 1.708,21 EUR ist die Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR (§ 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V) in Abzug zu bringen. Das im Mai 2016 zu berücksichtigende Gesamteinkommen der Klägerin beträgt demnach 1.678,21 EUR und übersteigt damit ihren Bedarf (1.159,29 EUR). |
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| cc) Entgegen den Ausführungen der Klägerin ist die Erbschaft als einmalige Einnahme auch bereits im Mai 2016 als Einkommen zu berücksichtigen. Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 SGB II in der für den streitgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen Fassung vom 13.05.2011 sind einmalige Einnahmen grundsätzlich im Zuflussmonat zu berücksichtigen. |
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| Nach § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II in der maßgeblichen bis zum 31.07.2016 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.) – seit dem 01.08.2016 wortgleich nunmehr § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II – ist zwar, wenn bereits für den Monat des Zuflusses Leistungen ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme erbracht worden sind, die einmalige Einnahme im Folgemonat des Zuflusses zu berücksichtigen und der Klägerin waren nach § 42 Abs. 1 SGB II die Leistungen für Mai 2016 bereits zum Zeitpunkt des Zuflusses der Erbschaft am 09.05.2016 erbracht worden. § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II a. F. ist jedoch auf den vorliegenden Fall der abschließenden Entscheidung über zunächst vorläufig bewilligte Leistungen nicht anwendbar. |
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| § 41a Abs. 4 Satz 1 SGB II ist jedoch vorliegend wegen § 41 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht anwendbar. Nach § 41a Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist bei der abschließenden Feststellung des Leistungsanspruchs ein monatliches Durchschnittseinkommen nicht zugrunde zu legen, soweit der Leistungsanspruch in mindestens einem Monat des Bewilligungszeitraums durch das zum Zeitpunkt der abschließenden Feststellung nachgewiesene zu berücksichtigende Einkommen entfällt. Im Monat Mai 2016 entfällt der Leistungsanspruch der Klägerin bei der Berücksichtigung der Erbschaft vollständig. Einem Bedarf in Höhe von 1.159,29 EUR steht bereinigtes Einkommen in Form der Erbschaft in Höhe von 8.872,21 EUR (8.902,21 EUR abzüglich der Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR [§ 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V]) gegenüber. |
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| (2) Eine Anrechnung der Erbschaft erst im Folgemonat des Zuflusses, im Juni 2016, nach § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II a. F. findet jedoch, wie das SG Stuttgart zutreffend ausgeführt hat, gleichwohl nicht statt. |
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| Der Senat schließt sich insofern der Rechtsprechung des LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 24.08.2017 – L 19 AS 2006/16 – juris, Rn. 25 ff.) an, wonach der Anwendungsbereich des § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II a. F. auf Erstattungsverlangen hinsichtlich bereits ausgezahlter, endgültig bewilligter Leistungen beschränkt ist. Bei lediglich vorläufig bewilligten Leistungen werden diese Leistungen stets unter dem Vorbehalt der Rückforderung erbracht. Die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheiden abschließend über die zunächst lediglich vorläufig bewilligten Leistungen (§ 41a Abs. 3 Satz 1 SGB II). Der mit § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II a. F. verfolgte Zweck der Verwaltungsvereinfachung – die Vermeidung von Rückforderungen bei bereits ausbezahlten Leistungen durch die Anrechnung des einmaligen Einkommens erst im Folgemonat des Zuflusses – kann demnach bei einer zunächst vorläufigen Leistungsbewilligung nicht erreicht werden. |
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| Dieser Auslegung des § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II a. F. steht auch nicht dessen Wortlaut entgegen (so aber SG Berlin, Urteil vom 18.01.2019 – S 37 AS 12211/18 – juris, Rn. 44). Denn vorläufigen Leistungen kommt allein der Zweck und auch allein eine Bindungswirkung solange zu, als sie eine Zwischenregelung bis zur endgültigen Klärung der Sach- und Rechtslage treffen. Die vorläufige Entscheidung erledigt sich mit der abschließenden Entscheidung. Vorläufige Leistungen sind ein „aliud“ gegenüber den abschließenden Leistungen (vgl. BSG, Urteil vom 19.08.2015 – B 14 AS 13/14 R – juris, Rn. 16; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.08.2017 – L 19 AS 2006/16 – juris, Rn. 27). Vorläufige Leistungen sind deshalb keine „erbrachten“ Leistungen im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 SGB II. |
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| dd) Soweit sich die Klägerin auf eine von der Rechtslage abweichende mündliche Auskunft der Beklagten hinsichtlich der Anrechnung der Erbschaft erst im Folgemonat des Zuflusses beruft, führt diese Auskunft nicht zur einer für die Klägerin günstigeren Entscheidung. Diese Auskunft der Beklagten entspricht nicht der Rechtslage und ist mangels Schriftform (§ 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X) unbeachtlich. |
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| 2. Für den von der Beklagten für Mai 2016 geltend gemachten Erstattungsanspruch in Höhe von 923,29 EUR ergibt sich die Rechtsgrundlage aus § 41a Abs. 6 Satz 3 SGB II in der nach den obigen Ausführungen ab dem 01.08.2016 geltenden Fassung. Wie bereits ausgeführt, wäre eine gegebenenfalls erforderliche Anhörung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geheilt worden. Den Erstattungsbetrag hat die Beklagte zugunsten der Klägerin unzutreffend berechnet. Sie hat durch Bescheid vom 14.10.2015 der Klägerin vorläufige Leistungen für Mai 2016 in Höhe von 981,18 EUR bewilligt und fordert durch Bescheid vom 13.06.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.02.2016 von der Klägerin lediglich 923,29 EUR (1.886,58 EUR / 2) zurück. |
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