Urteil vom Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 11 R 3586/20

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 22.10.2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Kosten im Vorverfahren streitig.
Die Klägerin beantragte am 29.04.2019 bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung und gab an, dass sie sich seit 05.11.2018 für erwerbsgemindert halte. Die Beklagte zog medizinische Befunde bei und ließ die Klägerin begutachten. Auf die auf Bescheidung ihres Rentenantrages gerichtete Untätigkeitsklage der Klägerin (S 4 R 534/20) erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 23.03.2020 den Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.04.2019 „dem Grunde nach“ an und wies darauf hin, dass über eine Rentengewährung mangels Mitwirkung der Klägerin nicht entschieden werden könne. Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung verneinte die Beklagte.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin durch Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 26.03.2020 Widerspruch ein. In der Sache habe die Beklagte einen Versagungsbescheid erlassen, der rechtwidrig sei. Im Übrigen habe sie - die Klägerin - einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung. Im Widerspruchsverfahren gewährte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 17.04.2020 Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.12.2018 aufgrund eines Leistungsfalls am 05.11.2018. Hinsichtlich der Kosten des Widerspruchsverfahrens teilte die Beklagte mit, dass die entstandenen notwendigen Aufwendungen auf Antrag erstattet werden und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten erforderlich war. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 07.05.2020 erneut Widerspruch ein und machte nun einen Leistungsfall am 22.11.2019 mit einem Rentenbeginn zum 01.12.2019 geltend (Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 28.05.2020). Die Beklagte wies den Widerspruch gegen den Bescheid vom 17.04.2020 mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.2020 zurück und verfügte, dass durch das Widerspruchsverfahren entstandene Aufwendungen nicht erstattet werden. Deswegen erhob die Klägerin am 10.08.2020 - die nach wie vor rechtshängige - Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG, Az S 11 R 2757/20), mit der sie die Aufhebung des Widerspruchsbescheids sowie die Zurückverweisung an die Beklagte begehrt, ua weil die Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid grob rechtswidrig sei.
Mit Schreiben vom 07.05.2020 übersandte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin der Beklagten seine „Vergütungsrechnung“ über insgesamt 1.561,28 EUR. Die Vergütungsrechnung erfolge auf den Rentenbescheid vom 17.04.2020 hin. Er wies darauf hin, dass es sich bei dem Anspruch auf Erstattung der Widerspruchskosten nach herrschender Meinung nicht um einen Sozialleistungsanspruch handle. Deshalb dürfe die Beklagte über diesen nicht durch Verwaltungsakt entscheiden. Sie müsse eine Abrechnung vornehmen; über den Rest müsse „man dann im Zweifel zivilrechtlich befinden“. Sofern die Abrechnung nicht bis zum 27.05.2020 vorliege, werde er „Abrechnungsklage“ vor dem Sozialgericht erheben.
Die Klägerin hat am 30.06.2020 die hiesige Klage zum SG erhoben (S 11 R 2243/20) mit dem Ziel, dass die Beklagte über die Kostennote eine Abrechnung vornimmt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie habe der Beklagten mit Datum vom 07.05.2020 eine Frist bis zum 27.05.2020 gesetzt. Freundlicherweise habe sie nochmals erinnert und die Frist auf den 10.06.2020 verlängert. Bei Kostenerstattungsansprüchen handele es sich nicht um Sozialleistungen, sodass keine Fristen liefen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Bei dem Bescheid vom 17.04.2020 habe es sich um einen Abhilfebescheid gehandelt, gegen den die Klägerin erneut Widerspruch eingelegt habe. Dieser sei mit dem Widerspruchsbescheid vom 17.07.2020 zurückgewiesen worden. Eine Kostenentscheidung sei nicht möglich.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 22.10.2020 als unzulässig abgewiesen. Nach § 54 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) könne mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch bestehe, dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen habe. Mit der Klage mache die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung von Kosten eines Widerspruchsverfahrens geltend. Über die Kosten eines Widerspruchsverfahrens sei jedoch durch Verwaltungsakt zu entscheiden, weshalb die Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG ausscheide. Nach § 63 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) habe der Rechtsträger, soweit der Widerspruch erfolgreich sei, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen habe, dem Widerspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Kostengrundentscheidung ergehe im Widerspruchsbescheid. Sie sei ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X. Den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen setze nach § 63 Abs 3 Satz 1 SGB X die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen habe, auf Antrag fest. Bei der danach folgenden Kostenfestsetzung handele es sich ebenfalls um einen Verwaltungsakt Sinne des § 31 SGB X (Hinweis auf Bundessozialgericht 14.11.1984, 1 RJ 54/84; BSG 16.03.2006, B 4 RA 59/64 R). Gegen diesen Verwaltungsakt finde das Widerspruchsverfahren statt (BSG 19.10.2016, B 14 AS 50/15 R). Das Gericht folge dieser in der Literatur und Rechtsprechung unstreitigen Ansicht. Die Qualifizierung der Kostenfestsetzung als Verwaltungsakt ergebe sich unzweifelhaft bei Berücksichtigung der gesetzlichen Definition in § 31 SGB X. Die Auffassung der Klägerin, es handele sich bei dem Anspruch auf Kostenerstattung nicht um einen Anspruch auf Sozialleistungen (§§ 11 ff Sozialgesetzbuch Erstes Buch ), treffe zwar zu. Diese Darlegung sei jedoch nicht geeignet, die Auffassung zu begründen, dass es sich bei den zu treffenden Kostenentscheidungen nicht um Verwaltungsakte handele. Eine Begrenzung der Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten auf Entscheidungen über die Gewährung von Sozialleistungen lasse sich § 31 SGB X nicht entnehmen.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 30.10.2020 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich die Klägerin mit ihrer am 12.11.2020 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung. Der Bevollmächtigte der Klägerin vertritt den rechtlichen Standpunkt vor dem Hintergrund, dass Kostenerstattungen zivilrechtliche Schadensersatzansprüche seien, dass die Behörde nicht per Verwaltungsakt entscheiden dürfe. Die Vorschrift des § 63 SGB X umschreibe zwar, die Behörde hätte die Kosten festzusetzen, aber Kosten festsetzen würden auch ein Bilanzbuchhalter und die Schatzmeister in Vereinen. Kosten würden überall festgesetzt und deshalb seien das noch lange keine Verwaltungsakte. Die herrschende Meinung dürfte sich vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BSG und einiger anderer Gerichte überholt haben. Kostenerstattungen nach § 63 SGB X seien keine Sozialleistung, sodass diesbezüglich keine Fristen liefen. Dass die Geldleistungen keine Sozialleistungen seien, habe das Hessische LSG am 29.10.2012 (L 9 AS 601/10), das LSG Sachsen-Anhalt am 28.02.2017 (L 2 AS 390/15) sowie schon in ferner Vergangenheit das BSG am 24.07.1986 (B 7 RAr 86/84 R) entschieden. Keiner habe diesen Dingen so richtig Beachtung geschenkt, „wir tun das jetzt“. Was bisher unstreitig gewesen sei, müsse nicht richtig sein. Es sei schon deshalb nicht richtig, aus dem einzigen und alleinigen Gesichtspunkt heraus, dass derjenige, der schadensersatzpflichtig sei, selber darüber zu befinden haben solle, was er als Schadensersatz zahle. Das sei in einem Rechtsstaat ein Unding. So werde es aber gehandhabt bisher und so sei es falsch. Davon losgelöst sei aber zu sehen, dass die Beklagte verpflichtet sei, auf Kostennoten zu reagieren. Es sei Usus im Hause der Beklagten, Rechnungen monatelang liegen zu lassen. Die Beklagte habe bereits festgestellt, dass sie dem Widerspruch voll abgeholfen habe und die Kosten dem Grunde nach in voller Höhe erstatte. Ein Widerspruch gegen den dann folgenden Ausführungsbescheid lasse nicht das alte Widerspruchsverfahren wieder aufleben, was längst erledigt gewesen sei. Das sei reine Schikane der DRV, weil sie grundsätzlich herumstänkern müsse wegen der Kostenübernahmen.
Die Klägerin beantragt,
10 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 22.10.2020 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über die mit Datum des 07.05.2020 eingereichte Kostennote eine Abrechnung vorzunehmen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Die Beklagte verteidigt den angefochtenen Gerichtsbescheid. Kosten nach Maßgabe der Kostengrundentscheidung im Bescheid vom 17.04.2020 seien nicht erstattet.
14 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG (S 11 R 2243/20 und S 11 R 2757/20) und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) entscheidet, hat keinen Erfolg.
16 
Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG).
17 
Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen.
18 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Begehren der rechtskundig vertretenen Klägerin auf eine „Abrechnung“ der Kostennote ihres Bevollmächtigten vom 07.05.2020. Wie das SG richtig erkannt hat, begehrt sie damit im Wege der isolierten Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) die Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten entsprechend der Vergütungsrechnung ihres Bevollmächtigten vom 07.05.2020 über insgesamt 1.561,28 EUR. Nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind die Bescheide der Beklagten vom 23.03.2020 oder 17.04.2020 (in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.07.2020). Diese Bescheide hat die Klägerin mit der vorliegenden Klage ausdrücklich nicht angefochten. Den Bescheid vom 17.04.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.07.2020 hat sie gesondert mit ihrer am 12.08.2020 zum SG erhobenen Klage S 11 R 2757/20 angegriffen. Der Bevollmächtigte der Klägerin vertritt nachdrücklich die Auffassung, dass das Widerspruchsverfahren betreffend den Bescheid vom 23.03.2020 durch den Rentenbescheid vom 17.04.2020 seine Beendigung gefunden habe und mit dem (weiteren) Widerspruch gegen den Bescheid vom 17.04.2020 ein neues Widerspruchsverfahren eingeleitet worden sei, sodass er folgerichtig nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 17.07.2020 diesen mit einer gesonderten Klage angefochten hat. Weiterhin ist der Bevollmächtigte der Klägerin nachdrücklich und beharrlich der Auffassung, dass die Klägerin einen Anspruch auf „Abrechnung“ und Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten betreffend den Widerspruch gegen den Bescheid vom 23.03.2020 hat, ohne dass es insoweit eines vorherigen Verwaltungsaktes der Beklagten bedürfe. Unter diesen Umständen scheidet eine Auslegung des Klagebegehrens als Untätigkeitsklage, gerichtet auf die Bescheidung eines Kostenfestsetzungsantrages durch die Beklagte, aus. Denn die Untätigkeitsklage nach § 88 Abs 1 SGG ist auf den Erlass eines Verwaltungsakts iSd § 31 SGB X gerichtet (vgl Binder in LPK-SGG, 6. Aufl 2021, § 88 Rn 5; Schmidt in Meyer-Ladewig ua, SGG, 13. Aufl 2020, § 88 Rn 3). Einen Verwaltungsakt begehrt die Klägerin aber gerade nicht, sondern hält einen solchen für entbehrlich und sogar unzulässig. Entgegen ihrer Intention und ihrem ausdrücklichen Willen kann das klägerische Begehren daher nicht als Untätigkeitsklage auf Bescheidung des Kostenfestsetzungsantrags ihres Bevollmächtigten vom 07.05.2020 ausgelegt werden (vgl § 123 SGG).
19 
Die von der Klägerin erhobene allgemeine Leistungsklage ist unzulässig. Dabei lässt der Senat offen, ob das Widerspruchsverfahren betreffend den Bescheid vom 23.03.2020 durch den Bescheid vom 17.04.2020 im Wege der Abhilfe abgeschlossen wurde (vgl Schmidt in Meyer-Ladewig ua, SGG, 13. Aufl 2020, § 85 Rn 2b) oder ob das SG in dem Klageverfahren S 11 R 2757/20 betreffend den Widerspruchsbescheid vom 17.07.2020 eine einheitliche Kostenentscheidung hinsichtlich des gesamten Verfahrens einschließlich des Vorverfahrens zu treffen hat. Denn in beiden Fällen ist die von der Klägerin gesondert erhobene isolierte Leistungsklage betreffend die Vergütungsrechnung ihres Bevollmächtigten vom 07.05.2020 unzulässig.
20 
Im Staat-Bürger-Verhältnis ist die isolierte Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) nur ausnahmsweise statthaft. Diese ist nur zulässig, wenn ein Verwaltungsakt bezüglich der begehrten Leistung nicht zu ergehen hat. Denn durch eine isolierte Leistungsklage dürfen die Voraussetzungen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs 1 und 4 SGG) nicht umgangen und es kann auf die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens nicht verzichtet werden. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, erfolgt die Kostenfestsetzung durch die Verwaltung durch Verwaltungsakt. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs 2 SGG). Ergänzend zum Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren ist lediglich darauf hinzuweisen, dass statthafte Klageart bezüglich der Festsetzung der zu erstattenden Aufwendungen des Widerspruchführers bei einem isolierten Vorverfahren die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist (ständige Rechtsprechung, zB BSG 12.12.2019, B 14 AS 48/18 R, juris Rn 9; BSG 19.10.2016, B 14 AS 50/15 R, juris Rn 11; BSG 27.09.2011, B 4 AS 155/10 R, juris Rn 12; BSG 09.12.2010, B 13 R 63/09 R, juris Rn 18). Gegenstand einer solchen Klage ist eine Kostenfestsetzungsentscheidung der Behörde, mithin eine Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen (§ 31 Satz 1 SGB X), auf Grundlage einer (unanfechtbaren) Kostengrundentscheidung (vgl BSG 06.05.2009, B 6 KA 7/08 R, juris Rn 14; BSG 17.10.2006, B 5 RJ 66/04 R, juris Rn 11 ff; BSG 16.03.2006, B 4 RA 59/04 R, juris Rn 22). Entgegen der Auffassung der Klägerin wird sie dadurch nicht rechtsschutzlos gestellt. Die Beklagte kann durch das Erfordernis der Entscheidung mittels Verwaltungsakt nicht abschließend „selbst“ über die Festsetzung der Kosten in einem isolierten Vorverfahren entscheiden, da dieser Verwaltungsakt zum Gegenstand einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gemacht und somit der gerichtlichen Kontrolle unterzogen werden kann.
21 
Sollte sich die Kostengrundentscheidung in dem Bescheid vom 17.04.2020 durch eine Fortführung des Vorverfahrens mit sich anschließendem Klageverfahren betreffend den Widerspruchsbescheid vom 17.07.2020 (S 11 R 2757/20) erledigt haben, würde es an einer Grundlage für eine isolierte Kostenfestsetzung fehlen und die Klägerin müsste zunächst im Klageverfahren S 11 R 2757/20 eine für sie günstige Kostengrundentscheidung erstreiten. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl zB BSG 19.10.2016, B 14 AS 50/15 R, juris Rn 15 ff; BSG 20.10.2010, B 13 R 15/10 R, juris Rn 18 ff jeweils mwN) gilt § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X nur für isolierte Vorverfahren, also für solche, an die sich in der Hauptsache kein gerichtliches Verfahren anschließt und die daher von Vorverfahren, an die sich ein gerichtliches Verfahren in der Hauptsache anschließt, zu unterscheiden sind. Für Kostengrundentscheidungen in Widerspruchsbescheiden gegen die - sei es auch nur wegen eines Teils ihres Verfahrensgegenstandes - Klage erhoben wird, gilt § 63 SGB X nicht. Demgemäß steht eine solche Kostengrundentscheidung unter dem Vorbehalt, dass gegen den Widerspruchsbescheid keine Klage in der Hauptsache erhoben wird. Wird eine solche Klage erhoben, tritt die Bedingung ein und die Kostengrundentscheidung erledigt sich auf sonstige Weise nach § 39 Abs 2 SGB X. Über die Kosten des Widerspruchsverfahrens ist im Rahmen einer einheitlichen Kostenentscheidung nach § 193 SGG zu entscheiden. Sollte im zugrundeliegenden Verfahren eine Fallgestaltung vorliegen, in der es sich nicht um ein isoliertes Vorverfahren (mit einer isolierten Kostenfestsetzung) handelt, was der Senat offen lässt, käme ggf im Klageverfahren S 11 R 2757/20 eine einheitliche Kostenentscheidung nach § 193 SGG unter Einschluss der Kosten des Vorverfahrens in Betracht.
22 
Damit hat die Berufung der Klägerin keinen Erfolg.
23 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
24 
Die Revision wird nicht zugelassen, da ein Grund hierfür (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG) nicht vorliegt.

Gründe

 
15 
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) entscheidet, hat keinen Erfolg.
16 
Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG).
17 
Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen.
18 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Begehren der rechtskundig vertretenen Klägerin auf eine „Abrechnung“ der Kostennote ihres Bevollmächtigten vom 07.05.2020. Wie das SG richtig erkannt hat, begehrt sie damit im Wege der isolierten Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) die Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten entsprechend der Vergütungsrechnung ihres Bevollmächtigten vom 07.05.2020 über insgesamt 1.561,28 EUR. Nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind die Bescheide der Beklagten vom 23.03.2020 oder 17.04.2020 (in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.07.2020). Diese Bescheide hat die Klägerin mit der vorliegenden Klage ausdrücklich nicht angefochten. Den Bescheid vom 17.04.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.07.2020 hat sie gesondert mit ihrer am 12.08.2020 zum SG erhobenen Klage S 11 R 2757/20 angegriffen. Der Bevollmächtigte der Klägerin vertritt nachdrücklich die Auffassung, dass das Widerspruchsverfahren betreffend den Bescheid vom 23.03.2020 durch den Rentenbescheid vom 17.04.2020 seine Beendigung gefunden habe und mit dem (weiteren) Widerspruch gegen den Bescheid vom 17.04.2020 ein neues Widerspruchsverfahren eingeleitet worden sei, sodass er folgerichtig nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 17.07.2020 diesen mit einer gesonderten Klage angefochten hat. Weiterhin ist der Bevollmächtigte der Klägerin nachdrücklich und beharrlich der Auffassung, dass die Klägerin einen Anspruch auf „Abrechnung“ und Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten betreffend den Widerspruch gegen den Bescheid vom 23.03.2020 hat, ohne dass es insoweit eines vorherigen Verwaltungsaktes der Beklagten bedürfe. Unter diesen Umständen scheidet eine Auslegung des Klagebegehrens als Untätigkeitsklage, gerichtet auf die Bescheidung eines Kostenfestsetzungsantrages durch die Beklagte, aus. Denn die Untätigkeitsklage nach § 88 Abs 1 SGG ist auf den Erlass eines Verwaltungsakts iSd § 31 SGB X gerichtet (vgl Binder in LPK-SGG, 6. Aufl 2021, § 88 Rn 5; Schmidt in Meyer-Ladewig ua, SGG, 13. Aufl 2020, § 88 Rn 3). Einen Verwaltungsakt begehrt die Klägerin aber gerade nicht, sondern hält einen solchen für entbehrlich und sogar unzulässig. Entgegen ihrer Intention und ihrem ausdrücklichen Willen kann das klägerische Begehren daher nicht als Untätigkeitsklage auf Bescheidung des Kostenfestsetzungsantrags ihres Bevollmächtigten vom 07.05.2020 ausgelegt werden (vgl § 123 SGG).
19 
Die von der Klägerin erhobene allgemeine Leistungsklage ist unzulässig. Dabei lässt der Senat offen, ob das Widerspruchsverfahren betreffend den Bescheid vom 23.03.2020 durch den Bescheid vom 17.04.2020 im Wege der Abhilfe abgeschlossen wurde (vgl Schmidt in Meyer-Ladewig ua, SGG, 13. Aufl 2020, § 85 Rn 2b) oder ob das SG in dem Klageverfahren S 11 R 2757/20 betreffend den Widerspruchsbescheid vom 17.07.2020 eine einheitliche Kostenentscheidung hinsichtlich des gesamten Verfahrens einschließlich des Vorverfahrens zu treffen hat. Denn in beiden Fällen ist die von der Klägerin gesondert erhobene isolierte Leistungsklage betreffend die Vergütungsrechnung ihres Bevollmächtigten vom 07.05.2020 unzulässig.
20 
Im Staat-Bürger-Verhältnis ist die isolierte Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) nur ausnahmsweise statthaft. Diese ist nur zulässig, wenn ein Verwaltungsakt bezüglich der begehrten Leistung nicht zu ergehen hat. Denn durch eine isolierte Leistungsklage dürfen die Voraussetzungen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs 1 und 4 SGG) nicht umgangen und es kann auf die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens nicht verzichtet werden. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, erfolgt die Kostenfestsetzung durch die Verwaltung durch Verwaltungsakt. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs 2 SGG). Ergänzend zum Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren ist lediglich darauf hinzuweisen, dass statthafte Klageart bezüglich der Festsetzung der zu erstattenden Aufwendungen des Widerspruchführers bei einem isolierten Vorverfahren die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist (ständige Rechtsprechung, zB BSG 12.12.2019, B 14 AS 48/18 R, juris Rn 9; BSG 19.10.2016, B 14 AS 50/15 R, juris Rn 11; BSG 27.09.2011, B 4 AS 155/10 R, juris Rn 12; BSG 09.12.2010, B 13 R 63/09 R, juris Rn 18). Gegenstand einer solchen Klage ist eine Kostenfestsetzungsentscheidung der Behörde, mithin eine Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen (§ 31 Satz 1 SGB X), auf Grundlage einer (unanfechtbaren) Kostengrundentscheidung (vgl BSG 06.05.2009, B 6 KA 7/08 R, juris Rn 14; BSG 17.10.2006, B 5 RJ 66/04 R, juris Rn 11 ff; BSG 16.03.2006, B 4 RA 59/04 R, juris Rn 22). Entgegen der Auffassung der Klägerin wird sie dadurch nicht rechtsschutzlos gestellt. Die Beklagte kann durch das Erfordernis der Entscheidung mittels Verwaltungsakt nicht abschließend „selbst“ über die Festsetzung der Kosten in einem isolierten Vorverfahren entscheiden, da dieser Verwaltungsakt zum Gegenstand einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gemacht und somit der gerichtlichen Kontrolle unterzogen werden kann.
21 
Sollte sich die Kostengrundentscheidung in dem Bescheid vom 17.04.2020 durch eine Fortführung des Vorverfahrens mit sich anschließendem Klageverfahren betreffend den Widerspruchsbescheid vom 17.07.2020 (S 11 R 2757/20) erledigt haben, würde es an einer Grundlage für eine isolierte Kostenfestsetzung fehlen und die Klägerin müsste zunächst im Klageverfahren S 11 R 2757/20 eine für sie günstige Kostengrundentscheidung erstreiten. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl zB BSG 19.10.2016, B 14 AS 50/15 R, juris Rn 15 ff; BSG 20.10.2010, B 13 R 15/10 R, juris Rn 18 ff jeweils mwN) gilt § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X nur für isolierte Vorverfahren, also für solche, an die sich in der Hauptsache kein gerichtliches Verfahren anschließt und die daher von Vorverfahren, an die sich ein gerichtliches Verfahren in der Hauptsache anschließt, zu unterscheiden sind. Für Kostengrundentscheidungen in Widerspruchsbescheiden gegen die - sei es auch nur wegen eines Teils ihres Verfahrensgegenstandes - Klage erhoben wird, gilt § 63 SGB X nicht. Demgemäß steht eine solche Kostengrundentscheidung unter dem Vorbehalt, dass gegen den Widerspruchsbescheid keine Klage in der Hauptsache erhoben wird. Wird eine solche Klage erhoben, tritt die Bedingung ein und die Kostengrundentscheidung erledigt sich auf sonstige Weise nach § 39 Abs 2 SGB X. Über die Kosten des Widerspruchsverfahrens ist im Rahmen einer einheitlichen Kostenentscheidung nach § 193 SGG zu entscheiden. Sollte im zugrundeliegenden Verfahren eine Fallgestaltung vorliegen, in der es sich nicht um ein isoliertes Vorverfahren (mit einer isolierten Kostenfestsetzung) handelt, was der Senat offen lässt, käme ggf im Klageverfahren S 11 R 2757/20 eine einheitliche Kostenentscheidung nach § 193 SGG unter Einschluss der Kosten des Vorverfahrens in Betracht.
22 
Damit hat die Berufung der Klägerin keinen Erfolg.
23 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
24 
Die Revision wird nicht zugelassen, da ein Grund hierfür (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG) nicht vorliegt.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen