Beschluss vom Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern (6. Senat) - L 6 P 16/18 B ER

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur vorläufigen Erbringung nicht näher bezeichneter Leistungen der sozialen Pflegeversicherung.

2

Am 24. Oktober 2017 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin Pflegegeld aus der sozialen Pflegeversicherung. Im hierauf von der Antragsgegnerin veranlassten Gutachten des MDK vom 04. Dezember 2017 wurden keine erheblichen Einschränkungen der Antragstellerin festgestellt und die Summe der gewichteten Punkte mit 0,0 angegeben. Nach Widerspruch der Antragstellerin gegen den ablehnenden Bescheid der Antragsgegnerin vom 06. Dezember 2017 beauftragte die Antragsgegnerin den MDK erneut mit der Erstellung eines Gutachtens, welches unter dem 25. Januar 2018 im Hinblick auf gewisse Mobilitätseinschränkungen (Treppensteigen) die gewichteten Punkte mit 2,5 angab. Den hierauf ergangenen Widerspruchsbescheid vom 25. April 2018 hat die Antragstellerin mit Klage vor dem Sozialgericht Schwerin (S 27 P 36/18) angefochten, über welche das Sozialgericht noch nicht entschieden hat.

3

Ebenfalls am 09. Mai 2018 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht A-Stadt den vorliegenden Eilantrag gestellt. Es sei eine erhebliche Verschlechterung in der gesundheitlichen Situation eingetreten. Sie könne nicht mehr ohne fremde Hilfe „umgehen“. Ihre Angaben seien vom MDK und der Antragsgegnerin nicht bzw. nicht richtig berücksichtigt worden. Aus gesundheitlichen Gründen brauche sie die tägliche Pflege. Sie könne nicht mehr Jahre auf eine gerichtliche Entscheidung warten.

4

Das Sozialgericht hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 31. Mai 2018 mit der Begründung abgelehnt, ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht. Es bestehe kein Anlass, an der Richtigkeit der Feststellungen des MDK zu zweifeln. Leistungen der sozialen Pflegeversicherung erforderten die Feststellung eines Gesamtpunktwertes von wenigstens 12,5, während durch den MDK maximal 2,5 Punkte festgestellt worden seien.

5

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde vom 08. Juni 2018, mit welcher sie weiterhin beantragt, die Antragsgegnerin zur Gewährung von „Leistungen der Pflegeversicherung“ zu verpflichten. Das Sozialgericht habe die von ihr benannten vier Zeugen nicht vernommen und auch die von ihr vorgelegten medizinischen Unterlagen nicht hinreichend berücksichtigt. Sie werde derzeit vom Ehemann und der Tochter gepflegt.

II.

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Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

7

Zur Begründung wird im Wesentlichen auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss und den dort umfänglich und zutreffend wiedergegebenen Wortlaut der seit dem 01. Januar 2017 geltenden Fassung des Gesetzes Bezug genommen, § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG. Ergänzend sei lediglich ausgeführt, dass auch dem von der Antragstellerin zu den Verwaltungsakten gereichten orthopädischen Sachverständigengutachten zum Vorliegen von Rehabilitationsbedürftigkeit (aus dem Verfahren Sozialgericht A-Stadt, S 8 KR 471/15) keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen entnehmen lassen, die das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit nahelegen.

8

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass es neben der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches auch an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes (Eilbedürftigkeit) fehlt. Gemäß § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind das Vorliegen eines Anordnungsanspruches und eines Anordnungsgrundes, die glaubhaft zu machen sind. Der Anordnungsanspruch bezieht sich auf den materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird. Ein Anordnungsgrund, die Eilbedürftigkeit, liegt vor, wenn dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen, aber auch der öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Personen nicht zumutbar ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten.

9

Die Antragstellerin hatte bei der Antragsgegnerin ausdrücklich die Gewährung von Pflegegeld beantragt. Als Pflegeperson wurde der Ehemann angegeben, der mit der Antragstellerin in einem gemeinsamen Haushalt lebt. Trotz fehlender Konkretisierung der im vorliegenden Eilverfahren beanspruchten „Leistungen der Pflegeversicherung“ ist vor diesem Hintergrund davon auszugehen, dass sich auch der Eilantrag auf die Gewährung von Pflegegeld richtet.

10

Selbst wenn man das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Pflegegeld aus § 37 SGB XI als wahrscheinlich mithin Pflegebedürftigkeit wenigstens des Pflegegrades 2 unterstellt, was allerdings einen Mindestpunktwert von 27 voraussetzt, ist ein Anordnungsgrund nicht anzunehmen. Dass der Ehemann der Antragstellerin nicht auch weiterhin zur Sicherstellung deren Pflege in der Lage wäre, ist weder glaubhaft gemacht noch auch nur konkret vorgetragen. Erst Recht ist in keiner Weise ersichtlich, wie das begehrte Pflegegeld zur Sicherstellung oder Verbesserung der Pflege der Antragstellerin beitragen sollte. Zur Pflege ist der Ehemann auch ohne finanzielle Gegenleistung nicht nur sittlich, sondern grundsätzlich auch zivilrechtlich verpflichtet, vgl. § 1630 BGB. Es ist vorliegend nichts dafür erkennbar, dass die vom Ehemann bislang erbrachte Pflegetätigkeit das Maß einer zumutbaren Unterhaltsverpflichtung überschreiten würde, zumal wenn er hierbei Unterstützung durch die Tochter erhält. Ein Zuwarten auf die gerichtliche Hauptsacheentscheidung, welcher eine vollständige Sachverhaltsaufklärung vorausgeht, erscheint vor diesem Hintergrund zumutbar.

11

Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

12

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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