Beschluss vom Landessozialgericht NRW - L 12 SO 210/20
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 04.03.2020 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 127.802,28 € festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Zwischen den Beteiligten, dem überörtlichen und örtlichen Träger der Sozialhilfe, ist eine Erstattungsforderung i.H.v. 127.802,28 € wegen erbrachter Aufwendungen in einem Hilfefall im Zeitraum von Mai 2013 bis einschließlich April 2014 streitig. Zwischen den Beteiligten steht in Streit, ob die erbrachten Hilfen Leistungen der Eingliederungshilfe oder der Hilfe zur Pflege darstellen.
4Die am 00.00.1986 geborene, ledige Hilfeempfängerin litt im streitigen Zeitraum an einer Muskeldystrophie mit ausgeprägten Paresen der oberen und unteren Extremitäten. Sie bezog laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Bei ihr waren ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche „erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr“ (Merkzeichen G), „außergewöhnliche Gehbehinderung“ (Merkzeichen aG) und „Hilfebedürftigkeit“ (Merkzeichen H) festgestellt. Sie erhielt Sachleistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III.
5Im Anschluss an eine Ausbildung in einem Berufskolleg für körperbehinderte junge Menschen erhielt die Hilfeempfängerin in der Zeit von Juli 2012 bis zum 18.08.2012 als Eingliederungshilfe gewährte Leistungen in einer ambulant betreuten Wohnmöglichkeit durch den Kläger (Bescheid vom 02.08.2012). Bis einschließlich November 2012 lebte sie sodann im elterlichen Haushalt im Stadtgebiet der Beklagten und erhielt von dieser Leistungen der Hilfe zur Pflege.
6Am 02.11.2012 beantragte die Hilfeempfängerin für die Zeit ab Dezember 2012 gegenüber dem Kläger „Eingliederungshilfe“ durch Kostenübernahme einer 24-stündigen Pflege und Assistenz sowie zwei Fachleistungsstunden pro Woche zum selbstständigen Wohnen in einer eigenen Wohnung mit Wohngemeinschaftscharakter. Ihr Vermögen betrug weniger als 2.600 €. Nach Einholung einer Stellungnahme des Behindertenhilfefachdienstes des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), der mit dem Leistungserbringer eine Leistungs- und Vergütungsvereinbarung hatte, bewertete der Kläger den Betreuungsbedarf der Hilfeempfängerin ausschließlich als Leistungen im Rahmen der Hilfe zur Pflege und leitete den Antrag unter dem 25.03.2013 an die Beklagte weiter.
7Die Beklagte sah demgegenüber bei der Hilfeempfängerin einen Eingliederungshilfebedarf zum selbstständigen Wohnen und lehnte den bei ihr gestellten Antrag der Hilfeempfängerin vom 22.11.2012 aufgrund fehlender Zuständigkeit ab (Bescheid vom 30.04.2013).
8Aufgrund eines richterlichen Hinweises in einem beim Sozialgericht Dortmund von der Hilfeempfängerin gegen die Beklagte geführten Eilverfahren (S 41 SO 207/13 ER) übernahm der beigeladene Kläger als erstangegangener Träger die Kosten der ambulanten Betreuung für den streitgegenständlichen Zeitraum als Hilfe zur Pflege (Ausführungsbescheid vom 18.06.2013; Widerspruchsbescheid vom 22.01.2014 in der Fassung des Bescheides vom 18.07.2014) und meldete bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch an (Schreiben vom 18.06.2013).
9Am 20.12.2017 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Köln (SG) erhoben und eine Erstattungsforderung für die erbrachten Leistungen im streitigen Zeitraum i.H.v. 127.802,28 € geltend gemacht.
10Die der Hilfeempfängerin im streitigen Zeitraum erbrachten Leistungen seien als Leistungen der Hilfe zur Pflege in einer ambulant betreuten Wohnform zu qualifizieren. Es habe sich demgegenüber nicht um Leistungen der Eingliederungshilfe in Form „Ambulant Betreuten Wohnens (ABeWO)“ gehandelt. Daher sei nicht der überörtliche, sondern die Beklagte als örtlicher Träger der Sozialhilfe zuständig gewesen. Die örtliche Zuständigkeit ergebe sich aus § 98 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII). Soweit der Kläger von Juli 2012 bis zum 12.08.2012 von einer Komplexleistung der schwierig abzugrenzenden Leistungen der Eingliederungshilfe und Hilfen zur Pflege mit der Zielsetzung des selbstständigen Wohnens ausgegangen sei, habe er diese Auffassung infolge eines Urteils des LSG NRW vom 28.11.2011 (L 20 SO 82/07) überdacht. Der Kläger habe in dem Verfahren, dem ein vergleichbarer Fall zugrunde gelegen habe, die Kosten einer 24-Stunden-Assistenz übernommen, ohne dass sich dies dem LSG erschlossen habe.
11Der Kläger hat beantragt,
12die Beklagte zu verurteilen, ihm die in dem Zeitraum vom 01.05.2013 bis 30.04.2014 im Hilfefall „J E“ erbrachten Aufwendungen i.H.v. 127.802,28 € zu erstatten.
13Die Beklagte hat beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Zielrichtung der insgesamt im streitgegenständlichen Zeitraum bewilligten Leistungen sei nicht die Sicherstellung der Pflege, sondern die Ermöglichung eines eigenständigen Lebens der Hilfeempfängerin gewesen. Der Kläger habe sich mit Bescheid vom 02.08.2012 für zuständig erklärt, die benötigten Hilfen einschließlich der Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen zu erbringen, die lediglich durch einen kurzfristigen Aufenthalt im elterlichen Haushalt unterbrochen worden seien. Nach den dem Bescheid vorangegangenen Bewertungen des Klägers habe die Hilfeempfängerin über mehrere Jahre umfangreiche Hilfe zum selbstständigen Wohnen benötigt. Es erscheine ausgeschlossen, dass dieser Hilfebedarf anschließend innerhalb von vier Monaten völlig weggefallen sein solle. Soweit der Kläger davon ausgehe, seine Zuständigkeit sei von der gleichzeitigen Bewilligung von Fachleistungsstunden für ABeWo abhängig, sei dieses Kriterium durch den nicht aufgehobenen Bescheid vom 02.08.2012 erfüllt. Da auch nach dem streitgegenständlichen Zeitraum bis einschließlich April 2016 Leistungen durch den überörtlichen Träger erbracht worden seien, sei nicht nachvollziehbar, weshalb für den streitigen Zeitraum eine andere Zuständigkeit bestehen solle. Eine gravierende Änderung des Hilfebedarfes sei nicht ersichtlich. Da der Kläger keine weiteren Feststellungen getroffen und über den Bedarf an Eingliederungshilfe für den streitigen Zeitraum nicht gesondert entschieden habe, lasse sich eine Aufteilung der jeweiligen Hilfearten zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr bestimmen und die Höhe der Erstattungsforderung nicht konkret beziffern.
16Das SG hat mit Einverständnis der Beteiligten mit Urteil vom 04.03.2020 ohne mündliche Verhandlung entschieden. Es hat die Beklagte dem Antrag des Klägers gemäß verurteilt. Der Kläger habe gemäß § 102 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) einen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte. Nicht der Kläger sei als überörtlicher Sozialhilfe- bzw. Rehabilitationsträger für die erbrachten Hilfen sachlich zuständig gewesen, sondern vielmehr die Beklagte als örtliche Trägerin der Sozialhilfe. Die Voraussetzungen des § 97 Abs. 2 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 des Landesausführungsgesetzes des Landes NRW zum SGB XII (AG-SGB XII NRW) i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 der Ausführungsverordnung zum SGB XII des Landes Nordrhein-Westfalen (AV-SGB XII NRW) in der zuletzt (bis zum 30.06.2016) gültigen Fassung, nach dem sich die Zuständigkeit des Klägers richte, seien nicht erfüllt. Zwar habe die Hilfeempfängerin im streitigen Zeitraum zu dem dem Grunde nach leistungsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe nach § 53 Abs. 1 SGB XII (in der bis zum 31.12.2019 gültigen Fassung
Gegen das ihr am 05.06.2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 03.07.2020 Berufung eingelegt.
18Sie hält an der erstinstanzlich vertretenen Auffassung fest. Das SG habe die erbrachten Leistungen falsch eingeordnet. Selbst wenn man keine Leistungen des ABeWo erkennen wolle, seien jedoch andere Leistungen der Eingliederungshilfe erbracht worden, für die die Beklagte nicht zuständig sei. Im Hinblick auf die Zuständigkeitsverteilung zwischen örtlichem und überörtlichem Träger sei der Umfang der gewährten Eingliederungsleistungen im Verhältnis zu den ebenfalls benötigten Leistungen der Hilfe zur Pflege unerheblich. Außerdem folge die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers daraus, dass der LWL als anderer überörtlicher Träger die Leistungs- und Vergütungsvereinbarung mit dem Leistungserbringer abgeschlossen habe. Hieraus ergebe sich eine Bindungswirkung für den Kläger.
19Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
20unter Aufhebung des Urteils des SG Köln vom 04.03.2020 die Klage abzuweisen.
21Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
22die Berufung zurückzuweisen.
23Er verteidigt das Urteil des SG und bleibt bei der Ansicht, bei den erbrachten Leistungen handele es sich unter der maßgeblichen Beachtung deren Zielrichtung gerade nicht um Leistungen der Eingliederungshilfe, sondern um Leistungen der Hilfe zur Pflege. Einen Rechtsanspruch auf das Auseinanderdividieren einzelner Leistungsarten bestehe nicht. Dies ergebe sich allein schon aus dem Sinn und Zweck der Zuständigkeitszuweisung nach § 98 Abs. 5 SGB XII und dem Gedanken des Gesamtfallprinzips. Der Bescheid des Klägers vom 02.08.2012 habe sich im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X erledigt. Abgesehen von einem fernmündlich erzielten Einvernehmen mit der Hilfeempfängerin seien die Regelungen jedenfalls durch den Bescheid vom 18.06.2013 überholt worden. Außerdem entfalte ein Leistungsbescheid des einen Trägers keine Bindungswirkung gegenüber anderen Leistungsträgern.
24Die Beteiligten sind zu der beabsichtigten Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Schreiben vom 24.08.2021, den Beteiligten ausweislich der Empfangsbekenntnisse zugegangen am 17.09.2021 bzw. 30.09.2021, angehört worden.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beteiligten und die beigezogenen Akten zu den Verfahren beim Sozialgericht Dortmund S 41 SO 52/14 und S 41 SO 207/13 ER Bezug genommen.
26II.
27A.
28Der Senat konnte die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Er hat von dieser – auch im vorliegenden Fall der Entscheidung des SG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG) bestehenden (Burkiczak in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Auflage 2017, § 153 Rn. 62) – Möglichkeit Gebrauch gemacht, weil der Fall keine Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht aufweist und zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich erscheint. Die Beteiligten sind dazu schriftlich angehört worden.
29B.
30Eine Beiladung der Hilfeempfängerin war nicht notwendig im Sinne des § 75 Abs. 2 Alt. 1 SGG, weil im Rahmen eines Erstattungsstreites zwischen Leistungsträgern die Position des Leistungsberechtigten nicht berührt wird (BSG Urteil vom 25.09.2014, B 8 SO 7/13 R, Rn. 18, juris; Ulrich in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Auflage 2018, § 14 Rn. 129).
31C.
32Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.
33I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht erhoben worden (§§ 143, 144, 151 Abs. 1, 64 Abs. 2 SGG). Das Urteil des SG ist der Beklagten am 05.06.2020 zugestellt worden, die Berufungsschrift am 03.07.2020 beim LSG NRW eingegangen.
34Der Wert des Beschwerdegegenstandes von 10.000 € gemäß § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG wird überschritten. Die Beklagte wendet sich in vollem Umfang gegen die Verurteilung des SG zu einer Kostenerstattung in Höhe von 127.802,28 € an den Kläger als andere juristische Person des öffentlichen Rechts.
35II. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Beklagte zur Zahlung der Erstattungsforderung der Klägerin verurteilt.
36Die als Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) statthafte (BSG Urteil vom 25.09.2014, B 8 SO 7/13 R, Rn. 16, juris; Grube in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Auflage 2017, § 102 Rn. 47) und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet.
37Zutreffend hat das SG den Erstattungsanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten auf Erstattung der im Zeitraum von Mai 2013 bis April 2014 im Hilfefall „J E“ erbrachten Aufwendungen in Höhe der Klageforderung auf § 102 SGB X gestützt.
381. a) Die Anspruchsgrundlage wird nicht durch den vorrangigen § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX in der bis zum 01.01.2018 gültigen Fassung (a. F.; ab anhin: § 16 Abs. 1 SGB IX) verdrängt, der allein dem zweitangegangenen Träger zur Seite steht, während es vorliegend um einen Erstattungsanspruch des erstangegangenen Trägers geht. Dessen Rückgriff auf § 102 SGB X ist jedenfalls dann nicht gesperrt, wenn er sich einem Leistungszwang ausgesetzt sieht, der dem des zweitangegangenen Trägers vergleichbar ist (grundlegend: BSG Urteil vom 26.06.2007, B 1 KR 34/06 R, Rn. 10ff., juris; BSG Urteil vom 20.10.2009, B 5 R 44/08 R, Rn. 11ff., juris; BSG Urteil vom 25.09.2014, B 8 SO 7/13 R, Rn. 23, juris; BSG Urteil vom 13.09.2011, B 1 KR 25/10 R, Rn. 10, juris; Grube in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Auflage 2017, § 102 Rn. 8; Becker in Hauck/Noftz, SGB X, 11/2017, § 102 Rn. 26 und vor §§ 102-114 Rn. 31a; Eichenhofer in von Koppenfels-Spies/Wenner, SGB X, 3. Auflage 2020, § 102 Rn. 5).
39So liegt der Fall hier. Die zwischen den Beteiligten streitige Zuständigkeit war für den Kläger nicht binnen der Zweiwochenfrist nach § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX ab Eingang des Antrages der Hilfeempfängerin vom 02.11.2012 (dazu 2. b) zu klären. Abgesehen von Unsicherheiten in der Auslegung der maßgeblichen landesrechtlichen Zuständigkeitsbestimmung (vgl. 3. a) bedurfte die erforderliche schwierige Abgrenzung zwischen Hilfen zur Pflege und Eingliederungshilfe in Form des ABeWO (vgl. 3. b) zunächst weiterer Ermittlungen. So fehlte zunächst bereits ein Hilfeplan, um beurteilen zu können, welche Hilfen konkret notwendig waren. Die Vorlage des Planes erfolgte erst am 05.12.2012. Eine Weiterleitung nach § 14 Abs. 1 S. 3 SGB IX, nach dem der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden soll, der eine Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt, wenn für die Feststellung der Zuständigkeit die Ursache der Behinderung geklärt werden muss, schied aus. Nicht die Ursache der Behinderung, sondern die Zielrichtung der zu gewährenden Hilfe grenzt die sachliche Zuständigkeit der beteiligten Sozialhilfeträger voneinander ab. Dem notwendigen Zeitaufwand für die erforderlichen Ermittlungen zur Zuständigkeitsbestimmung kontrastiert insofern der Primärzweck des § 14 SGB IX, der schnellen Zuständigkeitsklärung im Außenverhältnis, dessen notwendiges Korrelat aber ein umfassender Ausgleichsmechanismus ist. Andernfalls würde in einer Konstellation wie der vorliegenden ein Anreiz geschaffen, Rehabilitationsanträge ohne substanziellere Gründe weiterzuleiten (vgl. BSG Urteil vom 20.10.2009, B 5 R 44/08 R, Rn. 16, juris; BSG Urteil vom 26.06.2007, B 1 KR 34/06 R, Rn. 15f., juris).
40b) § 104 SGB X scheidet als Anspruchsgrundlage aus, weil der Kläger die Leistungen nicht endgültig, sondern vorläufig erbracht hat und außerdem nicht nachrangig verpflichtet war (dazu 2.; Pattar in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Auflage 2017, § 104 Rn. 17, 19). § 105 SGB X ist gegenüber § 102 Abs. 1 SGB X subsidiär (vgl. § 105 Abs. 1 S. 1 SGB X).
412. Hat ein Leistungsträger aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht, ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger gem. § 102 Abs. 1 SGB X erstattungspflichtig. Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorleistenden Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften (Abs. 2). Erstattungsverpflichtet ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger, der in Bezug auf die erbrachten Sozialleistungen aber nicht selbst geleistet hat, obwohl er nach der objektiven Rechtslage dazu verpflichtet gewesen wäre.
42Der Kläger hat an die Hilfeempfängerin auf Grund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht.
43a) Die Leistungserbringung durch einen Leistungserbringer i.S.d. § 75 Abs. 1 S. 1 SGB XII (vgl. Grube in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Auflage 2017, § 102 Rn. 35) ist auf Grundlage des Bescheides vom 18.06.2013 ausdrücklich als vorläufige Leistungsgewährung als zuerst angegangener unzuständiger Leistungsträger bezeichnet worden (vgl. zu den Anforderungen der Vorläufigkeit: Bayerisches LSG Urteil vom 16.11.2017, L 8 SO 284/16, Rn. 29, juris; Kater in KassKomm, SGB X, 07/2021, § 102 Rn. 17).
44b) Sie erfolgte zutreffend nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX (vgl. BSG Urteil vom 30.06.2016, B 8 SO 7/15 R, Rn. 11, juris; zur Ermächtigungsgrundlage für eine vorläufige Leistungsgewährung: Becker in Hauck/Noftz SGB X, 11/2017, § 102 Rn. 25f.).
45aa) Der Anwendbarkeit des § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX steht nicht entgegen, dass der Kläger das Vorliegen von (in seine Zuständigkeit fallenden) Leistungen der Eingliederungshilfe verneint hat und die Zuständigkeitsregelung des § 14 SGB IX nur für Leistungen zur Teilhabe gilt, die zwar die Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII in seiner hier maßgeblichen bis einschließlich Dezember 2019 gültigen Fassung umschließen, nicht aber die Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des SGB XII (BSG Urteil vom 30.06.2016, B 8 SO 6/15 R, Rn. 11, juris). Für die Anwendung des § 14 Abs. 1, 2 SGB IX genügt es, dass der Kläger ein Rehabilitationsträger i.S.d. §§ 5 Nr. 5, 6 Nr. 7 SGB IX war (und ist) und es sich bei dem ursprünglichen Antrag der leistungsberechtigten Hilfeempfängerin vom 02.11.2012 (jedenfalls auch) um einen Rehabilitationsantrag gehandelt hat, während unerheblich bleibt, ob die erbrachten Leistungen tatsächlich Teilhabeleistungen waren (BSG Urteil vom 25.09.2014, B 8 SO 7/13 R, Rn. 19f., juris; LSG NRW Urteil vom 20.10.2016, L 9 SO 314/15, Rn. 28, juris; vgl. auch Bayerisches LSG Urteil vom 21.01.2016, L 8 SO 235/14, Rn. 33, juris). Die Hilfeempfängerin beantragte am 02.11.2012 gegenüber dem Kläger als „Antrag zur Eingliederungshilfe nach §§ 53ff. SGB XII“ die Kostenübernahme für eine 24-stündige Pflege und Assistenz sowie zwei Fachleistungsstunden pro Woche zum selbstständigen Wohnen, so dass der ursprüngliche Antrag (zumindest auch) als Rehabilitationsantrag auszulegen ist.
46Nach § 14 Abs. 1 S. 1 HS 1 SGB IX stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist. Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger; § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX).
47bb) Hiernach verliert der materiell-rechtlich zuständige Leistungsträger im Außenverhältnis zum Leistungsempfänger seine Zuständigkeit, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger eine i.S. von § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist (Joussen in Dau/Düwell/Joussen/Luik, SGB IX, 6. Auflage 2022, § 14 Rn. 9). Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitations- bzw. Leistungsträgern schnell und dauerhaft die Zuständigkeit zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken (vgl. BT-Drs. 14/5074 S. 95, 102f.). Deshalb ist der erstangegangene Rehabilitationsträger gehalten, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe festzustellen, ob er nach dem für ihn geltenden gesetzlichen Regelwerk für die Leistung zuständig ist. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Träger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der dem Grunde nach zuständig wäre und die Leistung dann zunächst ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt (§ 14 Abs. 1 S. 2, 3 SGB IX). Anderenfalls bestimmt § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX, dass, wenn der Antrag nicht weitergeleitet wird, der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich feststellt. Diese Zuständigkeit nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erstangegangenen Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation vorgesehen sind (BSG Urteil vom 26.10.2004, B 7 AL 16/04 R, Rn. 15ff., juris; BSG Urteil vom 26.06.2007, B 1 KR 34/06 R, Rn. 14, juris). Dadurch wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, die intern die Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers unberührt lässt und die Träger insoweit auf den nachträglichen Ausgleich nach § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX (Erstattungsanspruch eines zweitangegangenen Trägers, vgl. Grauthoff in Kossens/von der Heide/Maß, SGB IX, 4. Auflage 2015, § 14 Rn. 23) und §§ 102 ff. SGB X verweist (BSG Urteil vom 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, Rn. 16, juris).
48Erstangegangener Rehabilitationsträger i.S. von § 14 SGB IX ist derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw. Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist (BSG Urteil vom 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, Rn. 17, juris; Kater in KassKomm, SGB X, 07/2021, § 102 Rn. 5).
49cc) Hiernach ist der Kläger als erstangegangener Rehabilitationsträger i.S. des § 14 SGB IX für die von der Hilfeempfängerin beantragten Leistungen einer Eins-zu-Eins Betreuung für eine 24-stündige Pflege und Assistenz sowie zwei Fachleistungsstunden wöchentlich anzusehen. Der Kläger leitete den Antrag vom 02.11.2012 erst mit Schreiben vom 25.03.2013 und damit außerhalb der Zweiwochenfrist des § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX an die Beklagte weiter. Der gleichlautende Antrag gegenüber der Beklagten vom 22.11.2012 ist als lediglich wiederholender Antrag im Rahmen eines durch den bereits zuvor bei dem Kläger gestellten Antrag eingeleiteten und einheitlichen rehabilitationsrechtlichen Verwaltungsverfahrens für die Begründung der Zuständigkeit im Außenverhältnis nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX unbeachtlich (BSG Urteil vom 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, Rn. 15, juris).
503. Der Kläger war als überörtlicher Sozialhilfe- bzw. Rehabilitationsträger jedoch sachlich nicht für die der Leistungsberechtigten im streitgegenständlichen Zeitraum erbrachten Hilfen zuständig. Zuständig war vielmehr die Beklagte als örtliche Sozialhilfeträgerin, die gemäß § 97 Abs. 1 SGB XII zuständig ist, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist. Der prozessbevollmächtigte Kreis (vgl. § 1 AG-SGB XII NRW a. F.) hat der Beklagten die Durchführung der im Rahmen des SGB XII obliegenden Aufgaben im eigenen Namen gemäß § 1 Abs. 1 seiner Satzung über die Heranziehung der kreisangehörigen Städte zur Durchführung des Sozialgesetzbuches XII (Sozialhilfe) im Kreis Mettmann zum 01.01.2012 auf Grundlage des § 3 Abs. 1 AG-SGB XII NRW a. F. übertragen. § 97 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII kommt schon deswegen nicht zur Anwendung, weil mit der AV-SGB XII NRW eine landesrechtliche Sonderbestimmung im Sinne des § 97 Abs. 2 S. 1 SGB XII existiert, die vorrangig und abschließend ist (LSG NRW Urteil vom 28.11.2011, L 20 SO 82/07, Rn. 46, juris).
51Die sachliche Zuständigkeit des klagenden Landschaftsverbandes als überörtlichem Träger der Sozialhilfe bestimmt sich nach § 97 Abs. 2 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 AG-SGB XII NRW a. F. i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW. Danach ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig für alle Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 54 SGB XII a. F. für behinderte Menschen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, außerhalb einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die mit dem Ziel geleistet werden sollen, selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern; neben den Leistungen nach §§ 53, 54 SGB XII a. F. umfasst die Zuständigkeit insbesondere auch die Hilfen nach § 55 Abs. 2 Nr. 3 bis 7 SGB IX a. F. und andere im Einzelfall notwendige Hilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel SGB XII, ohne die ein selbstständiges Wohnen nicht erreicht oder gesichert werden kann.
52Diese Voraussetzungen liegen, wie das SG zu Recht entschieden hat, nicht vor. Zwar gehörte die am 25.05.1986 geborene Leistungsberechtigte im streitigen Zeitraum zu dem dem Grunde nach leistungsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe nach § 53 Abs. 1 SGB XII a. F., weil sie durch eine Behinderung i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX – bei ihr war im o.a. Zeitraum ein GdB von 100 mit den Merkzeichen G, aG und H festgestellt – in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt war. Auch hatte sie das 18. Lebensjahr vollendet und wurde durch Assistenzkräfte im Rahmen des Wohnens in einer eigenen Wohnung mit Wohngemeinschaftscharakter ambulant versorgt. Es handelte sich dabei jedoch nicht um Leistungen der Eingliederungshilfe mit der Zielrichtung der „Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten“ (§ 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX a. F.). Zielrichtung dieser Leistungen war vielmehr allein die Hilfe zur Pflege nach Maßgabe der §§ 61 ff. SGB XII.
53a) Der Senat lässt deshalb dahinstehen, ob mit dem SG der Rechtsprechung des 9.Senates des LSG NRW (Urteil vom 20.10.2016, L 9 SO 314/15, Rn. 31ff., juris) zu § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW zu folgen ist. Dieser hat dem in § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW (vgl. heute § 2a Abs. 1 Nr. 2 AG-SGB XII NRW, der den das Verhältnis zwischen Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege im häuslichen Bereich durch das Bundesteilhabegesetz
In Bezug auf die Rechtsprechung des 9. Senates bliebe jedenfalls zu bedenken, dass sie sich an einer Rechtsprechung des BSG zu § 98 Abs. 5 S. 1 SGB XII entwickelt hat (vgl. LSG NRW Urteil vom 20.10.2016, L 9 SO 314/15, Rn. 33, juris, m.w.N aus der Rspr. des 9. Senates), die den Begriff der dort angesprochenen ambulant betreuten Wohnmöglichkeiten parallel zur Eingliederungshilfe durch ABeWo (§ 53, 54 SGB XII a. F. i.Vm. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX a. F.) verstanden hat. Diese Rechtsprechung hat das BSG indes mit Urteil vom 30.06.2016 (B 8 SO 6/15 R, Rn. 12ff., juris) „modifiziert“ bzw. zu Gunsten eines weiteren, funktionsdifferenten Verständnisses des Begriffes der ambulant betreuten Wohnmöglichkeiten (vgl. dazu 4.) revidiert. Inwieweit Gründe hierfür auch das Zuständigkeitsverständnis des überörtlichen Trägers nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW i.S.d. der Auffassung der Beklagten weiten könnten, kann aber offen bleiben, weil nach dem eindeutigen Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang mit den ebenfalls die Eingliederungshilfe betreffenden übrigen Inhalten des § 2 AV-SGB XII NRW die Leistungserbringung jedenfalls auch die Eingliederungshilfe enthalten muss, sich vorliegend allerdings selbst geringe, ganz untergeordnete Anteile derselben nicht mehr erkennen lassen.
55b) Die Abgrenzung der Eingliederungshilfe zur Hilfe zur Pflege erfolgte nach der für den streitigen Zeitraum maßgeblichen Rechtslage (zur Situation ab Januar 2020: Meßling in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Auflage 2020, § 61 Rn. 41ff.) aufgrund ihrer unterschiedlichen Zielrichtungen: Mit der Hilfe zur Pflege wird nicht vornehmlich auf die Besserung des gesundheitlichen Zustands, sondern vielmehr auf die Erleichterung der Beschwerden zur Ermöglichung der erforderlichen Verrichtungen des Alltags abgestellt. Der behinderte Mensch soll nicht an den Grunderfordernissen des täglichen Lebens scheitern. Demgegenüber hat die Eingliederungshilfe zum Ziel, auf eine Integration des behinderten Menschen in die Gesellschaft und auf eine entsprechende berufliche Rehabilitation hinzuwirken. Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege verfolgen also im Ausgangspunkt unterschiedliche Zielrichtungen (LSG NRW Urteil vom 20.10.2016, L 9 SO 314/15, Rn. 33, juris; Meßling in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Auflage 2020, § 61 Rn. 38). Die Eingliederungshilfe in Form des ABeWo hat das konkrete, (weit) zu verstehende Ziel der umfassenden Verselbständigung der Lebensführung des behinderten Menschen in seinem eigenen Wohn- und Lebensumfeld (BSG Urteil vom 30.06.2016, B 8 SO 7/15 R, Rn. 19, juris; Urteil des Senates vom 25.08.2021, L 12 SO 81/19, Rn. 62, juris). Dem haftet ein Moment der Zielsetzung einer Verbesserung der Selbstständigkeit im Sinne zukünftiger Unabhängigkeit bzw. rückläufiger Abhängigkeit von Unterstützung an, wie sich u.a. aus der Regelung des § 53 Abs. 3 S. 2 SGB XII in der bis zum 31.12.2019 gültigen Fassung (a. F.) erkennen lässt, nachdem die Eingliederungshilfe auch darauf zielt, den Hilfeempfänger „soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen“.
56Die Auffassung der Beklagten beruht maßgeblich auf der Außerachtlassung, dass auch die Hilfe zur Pflege („andere Verrichtungen“ i. S. d. § 61 Abs. 1 S. 2 Var. 3 SGB XII in der bis zum 31.12.2016 gültigen Fassung
c) Demgegenüber ist das SG vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen (siehe 3. b)) zutreffend davon ausgegangen, dass allein Hilfen zur Pflege erbracht worden sind. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Urteil und macht sich diese nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen (§ 142 Abs. 2 S. 3 SGG).
58Soweit die Beklagte hiergegen die Ergebnisse der Hilfeplankonferenz vom 04.07.2012 anführt, beruft sie sich auf eine frühere Beurteilung des Klägers, ohne dass verständlich würde, weshalb sie dessen frühere Beurteilung des Rechtscharakters der gewährten Leistungen für maßgeblich hält, dessen nach Kenntnisnahme der Entscheidung des 20. Senates des LSG NRW vom 28.11.2011 (L 20 SO 82/07, juris; bestätigt durch BSG Urteil vom 28.02.2013, B 8 SO 1/12 R, juris) geänderte Beurteilung aber nicht akzeptiert. Dabei verblieb die auf der Hilfeplankonferenz aus dem Juli 2012 beruhende Bewilligung des Klägers von sechs Fachleistungsstunden für Eingliederungshilfeleistungen des ABeWo im Rahmen einer Wohngemeinschaft in Düsseldorf zzgl. wöchentlich zweier „Assistenzstunden“ mit Bescheid vom 02.08.2012 auch deutlich hinter der für die neue Wohngruppe in Bochum beantragte, erforderliche und als zur Pflege gewährte Hilfe zurück (Ausführungsbescheid vom 18.06.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2014). Schon im Setting in der Wohngruppe in Düsseldorf wurden (neben Leistungen der Pflegeversicherung) an die Hilfeempfängerin mit behandlungspflegerischen Leistungen der Krankenkasse den Umfang der seitens des Klägers bewilligten Fachleistungsstunden deutlich übersteigende Leistungen mit Pflegecharakter erbracht (10 Stunden Behandlungspflege täglich). Anzumerken ist, dass die Hilfeempfängerin bei der Beklagten bereits für die Zeit ab Juli 2012, zeitgleich mit dem Antrag auf Eingliederungshilfe beim Kläger, einen Antrag auf Hilfe zur Pflege im Rahmen einer 24-Stunden-Betreuung gestellt hatte, der nicht beschieden wurde.
59Schon die in der Hilfeplankonferenz vom 04.07.2012 dargestellten Hilfebedarfe, die die Beklagte zur Begründung ihrer Einordnung anführt, können dabei je nach Zweckrichtung, Bedarfe der Hilfen zur Pflege gewesen oder geworden sein. Tatsächlich erscheint vor dem Hintergrund der sozialpädagogischen Beurteilung des Internats W aus Mitte 2011 (ohne Datum) im Vorfeld zur Leistungsbewilligung des Klägers mit Bescheid vom 02.08.2012 fraglich, ob für die Hilfeempfängerin nicht bereits zu diesem Zeitpunkt ausschließlich Hilfen zur Pflege zu erbringen gewesen wären. Beschrieben wird, dass die Hilfeempfängerin bereits zu diesem Zeitpunkt auf umfangreiche Pflegeleistungen angewiesen war. Die Pflegestufe II (kurz darauf Pflegestufe III, siehe Pflegegutachten vom 25.10.2011) war festgestellt. Die notwendigen Unterstützungsleistungen im lebenspraktischen Bereich beruhten nicht auf verbesserungsfähigen Teilhabeeinschränkungen, sondern auf einer körperlichen Einschränkung. Die Leistungsberechtigte benötige aufgrund ihrer Polyneuropathie umfassende und zahlreiche Hilfestellungen bei den Alltagsverrichtungen, wie z.B. hauswirtschaftliche Arbeiten, Ordnung, Hygiene und behördliche Angelegenheiten. Dabei wurde ihr gutes Organisationstalent sowie ihre Zuverlässigkeit und Übersicht hervorgehoben, die der Persönlichkeitsbeschreibung und der Beschreibung des Sozialverhaltens entsprechen und eine rehabilitative Zielrichtung der zu leistenden Hilfen i.S.d. ABeWo als fernliegend erscheinen lassen. Die Hilfeempfängerin habe sich infolge ihrer körperlichen Limitierung nur an wenigen Aktivitäten im Freizeitbereich beteiligen können. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, stützt auch das Pflegegutachten des MDK Nordrhein vom 25.10.2011 die Einordnung der erforderlichen Leistungen als solche der Hilfe zur Pflege.
60Soweit die Beklagte weiter ausführt, auch der LWL habe im Wege der Amtshilfe im Januar 2013 (u.a.) Bedarf an tagesstrukturierenden Maßnahmen gesehen, können eben gerade auch solche, wie dargelegt (BSG Urteil vom 28.08.2018, B 8 SO 1/17 R, Rn. 31, juris), eine Hilfe zur Pflege darstellen, erfolgen sie nicht zum Zwecke der Integration in die Gesellschaft mit dem Ziel auf eine zunehmende Verselbstständigung der Lebensführung des behinderten Menschen in seinem eigenen Wohn- und Lebensumfeld, sondern mit der Intention der Ermöglichung der erforderlichen Verrichtungen des Alltages (ohne Zielsetzung einer Verselbstständigung im Sinne der Eingliederung). Gerade die Stellungnahme des LWL vom 10.01.2013, deren Einholung dem Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe es unterlassen, den Hilfebedarf zu ermitteln, entgegenzusetzen ist, streitet für die Einordnung der erbrachten Leistungen als Hilfen zur Pflege im streitigen Zeitraum. Hier wird dargestellt, dass die Hilfebedürftige unter einer Muskeldystophie mit ausgeprägten Paresen der oberen und unteren Extremitäten leide. Im Bereich der oberen Extremitäten sei weder eine Greif- noch eine Haltefunktion erhalten (dies war bei der Hilfeplanung im Juli 2012 noch anders, vergleiche die Selbsteinschätzung: „Was ich ohne große Probleme machen kann“). Die Hilfeempfängerin sei behinderungsbedingt bei allen Verrichtungen, welche die Benutzung der Beine, Arme oder Hände nötig machten, auf Assistenz und Hilfe angewiesen. Dies beziehe sich neben „klassischen Pflegeleistungen“ der Basisversorgung (Baden, Duschen, An-/Ausziehen, Zahnpflege etc.), der Zubereitung und Aufnahme von Nahrung, der Veränderung der Sitz- und Liegeposition, der Miktion sowie Defäkation und entsprechender Intimhygiene auch auf alle lebenspraktischen und hauswirtschaftlichen Verrichtungen. Ein besonderer Hilfebedarf bestehe hinsichtlich der nächtlichen assistierten Beatmung. Hierzu gehöre unter anderem das kurzfristige Leisten einer Hilfestellung bei Verrutschen der Mund-Nasen-Maske. Es sei ein umfassender Hilfebedarf über 24 Stunden täglich festzustellen (zu einer in diesem Fall naheliegenden Einordnung als Hilfen zur Pflege: BSG Urteil vom 28.08.2018, B 8 SO 1/17 R, Rn. 16, 31 juris). Zeiten ohne Hilfe und Assistenz seien aufgrund der gänzlich fehlenden Selbsthilfefähigkeit auszuschließen. Es seien ISB (individuelle Schwerstbehindertenbetreuung)-Assistenzleistungen (die nach der aktenkundigen Leistungsbeschreibung ohne nähere Differenzierung Pflegeleistungen im Sinne des Pflegeversicherungsrechtes und die in ihrer Zuordnung zur Eingliederungshilfe bzw. zur Hilfe zur Pflege hier streitige „Assistenz“ umfassen) vergütungsfähig. Dies lässt erkennen, dass auch die Hilfen bei lebenspraktischen und hauswirtschaftlichen Verrichtungen mit der für Hilfen zur Pflege typischen Zweckrichtung erfolgen mussten. In diesen Zusammenhang wird auch der Bedarf an Assistenz bei der Freizeitplanung und Durchführung sowie der Aufrechterhaltung und Gestaltung der Beziehungen zu Familie, Freunden und Bekannten gestellt, der insofern nicht im Lichte der Verselbstständigung im Rahmen der Eingliederung angefallen ist, wie die Beklagte unter Bezugnahme auf den richterlichen Hinweis im Eilverfahren des SG Dortmund vom 25.05.2013 (S 41 SO 207/13 ER), der zur vorläufigen Übernahme der Leistungserbringung durch den Kläger geführt hat, meint.
61Dem Bericht des LWL korrespondiert eine ärztliche Bescheinigung des Dr. E1 vom 20.03.2013 (vgl. auch das ärztliche Attest der Rehabilitationsmedizin des Internats W vom 30.11.2012). Die Hilfeempfängerin bedürfe zur Aufrechterhaltung der Selbstbestimmung ganztägig einer Assistenzkraft zur Kompensation der aus einer Muskeldystrophie mit sehr fortgeschrittenen spastischen und deformierenden Veränderungen im Bereich der Arme und Beine resultierenden Einschränkungen bei einer nahezu völlig aufgehobenen Motorik. Es wird erkennbar, dass damit die Ermöglichung der erforderlichen Verrichtungen des Alltags angesprochen wird.
62Die Hilfeempfängerin hat im Rahmen der Hilfeplanung vom 28.11.2012 vor diesem Hintergrund ebenso glaubhaft wie eindrücklich geschildert, ihre Fähigkeiten hätten sich leider verschlechtert. Sie könne nur noch mit Unterstützung essen und trinken, eigenständiges Waschen sei nicht mehr möglich. Sie sei nicht mehr in der Lage, einen Kugelschreiber zu halten oder ihre Liege- oder Sitzposition zu verändern, so dass sie vermehrt auf Hilfe angewiesen sei. Mit ihrem Multifunktionsrollstuhl könne sie umgehen, fühle sich aber sicherer, wenn sie außerhalb des Hauses begleitet werde.
63Hiernach sind keine der Eingliederungshilfe zuzuordnenden Anteile mehr erkennbar, sondern – wie der Kläger mit Schreiben an die Beklagte vom 25.03.2013 zutreffend formuliert hat – rein „kompensatorische Leistungen“ i. S. der Erleichterung der Beschwerden zur Ermöglichung der erforderlichen Verrichtungen des Alltags. Ebenso nachvollziehbar ist der Schluss, dass die Ziele der Eingliederungshilfe damit nicht mehr erreichbar seien.
644. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann eine Bindung des Klägers durch dessen Bewilligungsbescheid vom 02.08.2012 und eine hierdurch eintretende Zuständigkeit für die im streitgegenständlichen Zeitraum gewährten Hilfen schon deshalb nicht erkannt werden, weil der Bescheid sich mit dem Auszug aus dem „H Betreutes Wohnen E2“ „auf andere Weise“ im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X erledigt hat. Der Bescheid war nach dem objektiven Empfängerhorizont auf eine Leistungserbringung im Rahmen des „H Betreutes Wohnen E2“ bezogen. Dies ergibt sich spiegelbildlich zu dem in der Überschrift des Bescheides dargelegten Antragsinhalt auf Fachleistungsstunden, „erbracht von H Betreutes Wohnen E2“.
655. Die Beklagte war gemäß § 98 Abs. 5 S. 1 SGB XII auch örtlich zuständig. Hiernach ist für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen u.a. nach dem Siebten Kapitel (Hilfe zur Pflege) in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Neben den Leistungen zur Teilhabe kann damit nach dem ausdrücklichen und unzweideutigen Willen des Gesetzgebers auch die Gewährung von ambulanten Leistungen der Hilfe zur Pflege einen Leistungsfall des "Betreuten Wohnens" im Sinne des § 98 Abs. 5 SGB XII darstellen, weil die Sicherung der Selbstbestimmung im eigenen Wohn- und Lebensbereich damit einhergeht. Unter Berücksichtigung dieses Wortlauts ist es systematisch ausgeschlossen, die Norm nur für Eingliederungshilfeleistungen des betreuten Wohnens anzuwenden. Der Gesetzgeber versteht vielmehr im Rahmen einer funktionsdifferenten Auslegung auch Leistungen der Hilfe zur Pflege normativ als ambulante Betreuung i. S. des § 98 Abs. 5 SGB XII, hat dabei also ein weites Begriffsverständnis zugrunde gelegt; auf die für die Leistungsansprüche erforderliche Unterscheidung zwischen Eingliederungshilfe und Pflegehilfe kann es deshalb nicht ankommen (so noch: BSG Urteil vom 25.08.2011, B 8 SO 7/10 R, juris), weil ansonsten § 98 Abs. 5 SGB XII für Leistungen der Hilfe zur Pflege bedeutungslos wäre: Ihr Ziel ist, wie dargelegt, immer die pflegerische Unterstützung, nicht die Eingliederung bzw. Teilhabe (BSG Urteil vom 30.06.2016, B 8 SO 6/15 R, Rn. 13 f., juris; Urteil des Senates vom 21.02.2018, L 12 SO 222/14, Rn. 25, juris). Diese Differenzierung verkennt die Beklagte, soweit sie aus der Notwendigkeit einer in diesem Sinne betreuten Wohnform, ohne die die Hilfeempfängerin nur ohne Kontakt zur Außenwelt im Bett liegen könnte, auf den Charakter der erbrachten Hilfen rückschließt.
66Bevor die Hilfeempfängerin im Dezember 2012 in die Wohngemeinschaft im Stadtgebiet Bochum, die der Leistungserbringer vermietet, eingezogen ist, lebte sie im elterlichen Haushalt im Stadtgebiet der Beklagten. Von dieser erhielt sie zu jener Zeit Leistungen der Hilfe zur Pflege. Die Wohngemeinschaft ab 2012 führt dabei über die bloße Wohnmöglichkeit hinaus. Sie dient der Versorgung der dort zusammenlebenden Menschen mit Behinderung, mit der die Sicherung der Selbstbestimmung im eigenen Wohn- und Lebensbereich im weiteren Sinne einhergeht. Nach dem Hilfeplan vom 28.11.2012 und dem Leistungsangebot des Leistungserbringers war eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung mit nächtlichem Bereitschaftsdienst gegeben, um die Hilfeempfängerin bei alltäglichen Dingen zu unterstützen.
676. Auch die materiellen Voraussetzungen für die gewährte Hilfe zur häuslichen Pflege waren nach dem Gesamtzusammenhang unstreitig erfüllt (zur Voraussetzung: BVerwG Urteil vom 13.03.2003, 5 C 6/02, Rn. 17, juris; LSG NRW Urteil vom 15.04.2013, L 20 SO 453/11, Rn. 69, juris; Grube in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Auflage 2017, § 102 Rn. 53). Die Hilfeempfängerin, die im streitigen Zeitraum an einer Muskeldystrophie (hereditäre motorisch-sensomotorische Polyneuropathie Typ I) mit ausgeprägten Paresen der oberen und unteren Extremitäten, begleitet von einer ausgeprägten alimentären Adipositas mit IPP Beatmung und schwerer pulmonaler restriktiver Ventilationsstörung litt und bei der bindend (§ 62 SGB XII in der bis zum 31.12.2016 gültigen Fassung
7. Die Höhe des Erstattungsanspruches ist, abseits des Streites um die Zuständigkeit des Klägers für (Teile) der erbrachten Hilfe, zwischen den Beteiligten zu Recht nicht umstritten.
69Der Leistungsträger, der i. S. d. § 102 SGB X vorläufig geleistet hat, leistet – unbeschadet der Frage der Zuständigkeit, die er nicht für gegeben erachtet hat – nach seinem eigenen materiellen Leistungsrecht (§ 102 Abs. 2 SGB X; Kater in KassKomm, SGB X, 07/2021, § 102 Rn. 25; Grube in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Auflage 2017, § 102 Rn. 42). Die Vergütung des Leistungserbringers erfolgte insofern zutreffend nach der durch diesen mit dem LWL geschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung gem. § 75ff. SGB XII vom 10.05.2012, abzüglich der von der Pflegeversicherung erbrachten Sachleistungen. Der Vertrag war nach § 77 Abs. 1 S. 2 HS 2 SGB XII in der bis zum 31.12.2019 gültigen Fassung (a. F.) für den Kläger bindend.
708. Zuletzt steht einem Anspruch des Klägers auch die Bestandskraft (§ 77 SGG) des ablehnenden Bescheides der Beklagten gegenüber der Hilfeempfängerin nicht entgegen. Mit dem Bescheid hat die Beklagte den Antrag der Hilfeempfängerin auf Übernahme der Kosten für die ihrem Wesen nach zwischen den Beteiligten umstrittenen Hilfen abgelehnt. Der hiergegen eingelegte Widerspruch vom 30.04.2013 wurde am 31.07.2014 zurückgenommen.
71Nach teilweise vertretener Ansicht des BSG muss sich der Erstattung (nach § 102 SGB X) beanspruchende Rechtsträger zwar eine bestandskräftige Verneinung eines Sozialleistungsanspruches durch den in Anspruch genommenen Rechtsträger grds. entgegenhalten lassen, wenn die ablehnenden Bescheide nicht offensichtlich unrichtig sind (BSG Urteil vom 12.05.1999, B 7 AL 74/98 R, Rn. 16, juris m.w.N.; BSG Urteil vom 10.07.2014, B 10 SF 1/14 R, Rn. 21, juris; BSG Urteil vom 17.12.2013, B 1 KR 50/12 R, Rn. 26, juris; Grube in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Auflage 2017, § 102 Rn. 55; Armbruster in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Auflage 2020, § 95 Rn. 22, 33), während dies nach der vorzugswürdigen Gegenauffassung nicht der Fall ist (BSG Urteil vom 20.03.2018, B 2 U 16/16 R, Rn. 12, juris m.w.N.; BSG Urteil vom 28.09.1999, B 2 U 36/98 R, Rn. 19, juris; nach Schutzwürdigkeit differenzierend: BSG Urteil vom 13.12.2016, B 1 KR 29/15 R, Rn. 15, juris). Auch nach der erstgenannten Auffassung ist jedoch von der Bindungswirkung gegenüber dem anderen Leistungsträger als Drittem der Fall ausgenommen, dass die Ablehnung gerade wegen der (vermeintlichen) Leistungsverpflichtung eines anderen Trägers erfolgt ist, wie dies vorliegend der Fall ist (BSG Urteil vom 12.05.1999, B 7 AL 74/98 R, Rn. 16, juris). Bereits dem Tenor nach lehnte die Beklagte den Antrag wegen fehlender Zuständigkeit ab. Die Zuständigkeit liege beim Kläger.
729. Der Erstattungsanspruch ist auch rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist des § 111 SGB X angemeldet worden.
73D.
74Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 HS 2, 3 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (vgl. Thüringer LSG Beschluss vom 04.05.2018, L 1 SF 289/16 B, Rn. 21f., juris; Stotz in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Auflage 2017, § 197a Rn. 29; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 197a Rn. 2a) und folgt dem Ausgang des Verfahrens.
75E.
76Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
77F.
78Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 HS 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1, 3 S. 1, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
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