Urteil vom Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (5. Senat) - L 5 KR 91/09

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 31.3.2009 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 349,34 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.8.2006 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten beider Instanzen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Umstritten ist ein Anspruch auf Wegegeld für Fahrten der Klägerin als freiberufliche Hebamme im Zusammenhang mit Leistungen für eine bei der Beklagten Versicherte in Höhe von zusätzlichen 349,34 € nebst Zinsen.

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Die Klägerin betreute als Hebamme im Zeitraum vom 9.1. bis 10.4.2006 die bei der Beklagten krankenversicherte M G (im Folgenden: Versicherte), die 92 km von der Wohnung der Klägerin in … N entfernt in … F wohnte und ihren Sohn F am 17.2.2006 gebar; zeitweise war die Versicherte vor dieser Geburt auch von der Hebamme B K betreut worden. Die Beklagte informierte die Versicherte in einem am 23.1.2006 abgesandten Schreiben darüber, Wegegelder für die Wegstrecke von der Wohnung oder Praxis der Hebamme zur Wohnung der Patientin könnten nur bis zu 20 Kilometer (einfache Wegstrecke) übernommen werden; eine Durchschrift dieses Schreibens erhielten die Klägerin und die Hebamme B K .

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Die Klägerin rechnete gegenüber der Beklagten ua Wegegeld für den og Zeitraum (19 Fahrten) in Höhe von 1.124,91 € ab (Rechnung vom 25.7.2006). In der Rechnung führte sie ua an: Sie betrachte das Schreiben vom 23.1.2006 als gegenstandslos. Die Beklagte habe ihre vorherige Rechnung ungekürzt beglichen. Es sei unmöglich, einer Wöchnerin drei Wochen vor einer geplanten Hausgeburt allein wegen zu weiter Entfernung des Wohnorts der gewählten Hebamme eine neue Hebamme vorzuschlagen. Die Beklagte zog von dem von der Klägerin geforderten Betrag 907,91 € ab, da sie nur eine Fahrstrecke von bis zu 20 gefahrenen Kilometern je Fahrt (einfache Wegstrecke) berücksichtigen könne.

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Mit ihrer am 7.5.2007 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht: Ihre Abrechnung sei durch § 4 Abs 3 Satz 2 Hebammen-Gebührenverordnung (HebGV) gedeckt. Bei einer Hausgeburt müsse sich die Versicherte nicht ausnahmslos auf eine in unmittelbarer Nähe wohnende Hebamme verweisen lassen, weil hier ein besonderes Vertrauensverhältnis erforderlich sei. Dies folge auch aus der amtlichen Begründung zu § 4 Abs 3 HebGV. Die Beklagte habe es seinerzeit versäumt, der Versicherten die Adressen in Betracht kommender Hebammen mitzuteilen. Außerdem hätte die Versicherte aus persönlichen Gründen keine andere Hebamme akzeptiert.

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Das Sozialgericht (SG) hat die Versicherte schriftlich als Zeugin vernommen. Diese hat unter dem 12.3.2009 erklärt: Ihr erstes Kind M sei nach einer abgebrochenen Hausgeburt am 1.8.1999 zur Welt gekommen. Die damalige Hausgeburtshebamme habe sie in den verschiedenen Situationen während der Schwangerschaft enttäuscht; eine Vertrauensbasis habe nicht aufgebaut werden können. M sei am 1.10.2000 an einem "plötzlichen Kindstod" verstorben. Im Zusammenhang mit den Geburten ihrer Töchter L und M 2002 und 2003 sei sie von B K als Hebamme betreut worden. Da diese vor der Geburt ihres Sohnes F nach F verzogen sei, habe sie sich darum bemüht, eine in ihrer Nähe wohnende Hebamme zu finden. Die Suche sei aber erfolglos gewesen, da keine Hebamme richtig zu ihr gepasst habe. B K habe dann die ersten Mutterschaftsvorsorgen übernommen; in Absprache mit dieser habe sie die Klägerin als Vertretungshebamme für die Geburt und das Wochenbett hinzugezogen. Die beiden Hebammen hätten schon öfter zusammengearbeitet, weshalb sie Zutrauen in diese gehabt habe; sie habe die Klägerin auch während der Schwangerschaft mit ihrer Tochter L bereits einmal kontaktiert gehabt. Die Klägerin habe selbst ein Kind verloren, weshalb sie eine optimale Unterstützung für sie, die Versicherte, gewesen sei. Sie, die Versicherte, habe seinerzeit enorme Ängste und Befürchtungen gehabt, weil sie Angst gehabt habe, dass ihr Sohn F ebenso wie ihr verstorbener erster Sohn M mit einer erblichen Muskelerkrankung zur Welt kommen würde. Dies sei für sie eine große psychische Belastung gewesen, zumal sie in relativ kurzer Zeit vier Geburten gehabt habe. Nach der Geburt ihres Sohnes F sei es zu einer verzögerten Rückbildung im Wochenbett und Wochenflussstörungen gekommen. Ihr Sohn F habe kurz nach der Geburt eine Erkältung durchmachen müssen; seine Augen seien verschmiert gewesen; auch ihre beiden Töchter seien seinerzeit krank gewesen.

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Die Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht (SG) ein von der Klägerin angenommenes Teilanerkenntnis in Höhe von 558,57 € abgegeben. Zuvor hatte sie mit Schriftsatz vom 5.7.2007 erklärt: Bei Abfassung des Schreibens vom 23.1.2006 sei ihr nicht bekannt gewesen, dass es sich um eine Hausgeburt gehandelt habe. Nach aktuellen Recherchen biete im Umkreis von 20 km vom Wohnort von M G (einfache Wegstrecke) keine Hebamme eine Betreuung für eine Hausgeburt an; im Umkreis von bis zu 40 km fänden sich aber allein in Rheinland-Pfalz sechs Hebammen, die entsprechende Leistungen zur Verfügung stellten.

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Durch Urteil vom 31.3.2009 hat das SG die über das Teilanerkenntnis hinausgehende Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Abzurechnen sei nach § 4 Abs 2 HebGV grundsätzlich die Wegstrecke zwischen dem Wohnort oder der Praxis der Hebamme und der Stelle der Leistung. Anzusetzen sei die tatsächlich zurückgelegte Strecke (Hinweis auf Landessozialgericht - LSG - Nordrhein-Westfalen 26.6.2008 - L 5 KR 81/06). Nach § 4 Abs 3 Satz 1 HebGV könne die Krankenkasse jedoch die Zahlung des Mehrbetrages ablehnen, wenn der Weg zur tatsächlich gewählten Hebamme mehr als 20 km länger sei als der Weg zur Wohnung oder Praxis der nächstwohnenden Hebamme. Auf die Ausnahmevorschrift des § 4 Abs 3 Satz 2 HebGV könne sich die Klägerin nicht berufen. Ihre Hinzuziehung sei nicht nach der besonderen Lage des Falls gerechtfertigt gewesen. Eine solche Rechtfertigung sei nur gegeben, wenn der Versicherten die Heranziehung einer näher wohnenden Hebamme nicht zumutbar sei und die Toleranzgrenze nicht überschritten werde (Hinweis auf LSG Nordrhein-Westfalen aaO). Daran fehle es vorliegend. Das Wirtschaftlichkeitsgebot der §§ 2 Abs 1 Satz 1, 12 Abs 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) führe zu einer Einschränkung des Erstattungsbetrages, da die Toleranzgrenze durch die tatsächlich zurückgelegte Strecke wesentlich überschritten sei. Im Internet ließen sich 17 Hebammen im Umkreis von … F ermitteln, wobei bei dreien ausdrücklich "Hausgeburt" angegeben sei. Die Beklagte habe sogar sechs Hebammen allein im Einzugsbereich der Versicherten in Rheinland-Pfalz ermittelt; hinzu seien vier Hebammen mit der "Qualifikation" Hausgeburt in M und Umgebung gekommen. Angesichts dieses Versorgungsangebots sei eine Beschränkung der zu erstattenden Fahrkosten auf die Kosten, die bei einer einfachen Wegstrecke von 40 km entstanden wären, vertretbar und sachgerecht. Ein Zinsanspruch bestehe nicht, da die HebGV eine Verzinsung nicht ausdrücklich vorsehe. Das SG hat die Berufung gegen dieses Urteil zugelassen.

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Gegen dieses ihr am 14.4.2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 27.4.2009 eingelegte Berufung der Klägerin. Hinsichtlich des erstinstanzlich anerkannten Betrages von 558,57 € hat die Beklagte außerprozessual gegenüber der Klägerin einen Zinsanspruch zugestanden.

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Die Klägerin trägt vor: Das SG habe seiner Entscheidung ungeprüft die Behauptungen der Beklagten über das Ergebnis einer Internetrecherche zugrunde gelegt. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG habe keine Internetadresse mit einem Eintrag von 17 Hebammen im Umkreis von F gefunden werden können. Es werde bestritten, dass in näherer Umgebung des Wohnorts eine relevante Anzahl von Hausgeburtshebammen tätig gewesen sei. Hinzu komme, dass der Versicherten nicht jede Hausgeburtshebamme zumutbar gewesen sei. Da das SG nicht einmal ansatzweise versucht habe, Namen und Adressen von in Betracht kommenden Hebammen zu benennen, könne sie keine Stellung dazu nehmen, ob diese Hebammen willens und in der Lage gewesen wären, für die Versicherte Hausgeburtshilfe zu leisten. Die weitere Betreuung der Versicherten durch sie, die Klägerin, im Zeitraum ab Januar 2006 sei wegen des besonderen Vertrauensverhältnisses zu ihr gerechtfertigt gewesen. In diesem Zusammenhang sei zu beachten, dass sie die Versicherte bei der hier streitgegenständlichen Geburt bereits ab dem 29.9.2005 betreut und ihre Leistungen bis zum 19.12.2005 mit Rechnung vom 31.12.2005 geltend gemacht habe, die von der Beklagten in vollem Umfang beglichen worden sei. Sie sei deshalb davon ausgegangen, dass auch die weiteren Rechnungen ohne Beanstandung der Wegstrecke beglichen würden. Sie habe die Versicherte bereits bei einer vorhergehenden Geburt betreut, und zwar an zwei oder drei Terminen, bei denen es insbesondere um die Traumaverarbeitung wegen des verlorenen Kindes der Versicherten gegangen sei. Seinerzeit habe die Versicherte noch in näherer Entfernung zu ihrer Praxis gewohnt (ca 50 km).

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Die Klägerin hat dem Senat die Rechnung vom 31.12.2005 vorgelegt.

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Die Klägerin beantragt,

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das Urteil des SG Koblenz vom 31.3.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr weitere 349,34 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 25.8.2006 zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie trägt vor: Aus einer von ihr am 4.7.2007 durchgeführten Internetrecherche gehe hervor, dass in ausreichendem Umfang Hebammen im näheren Umkreis der Wohnung der Versicherten zur Verfügung gestanden hätten. Eine erneute Internetrecherche habe ergeben, dass die Internetfunktionen bei der Hebammensuche geändert worden seien. Es sei nun nicht mehr möglich, sich sämtliche, eine Hausgeburt anbietenden Hebammen aus Rheinland-Pfalz auflisten zu lassen; die Suche müsse vielmehr zusätzlich auf den Ort, die Postleitzahl oder die Sprache eingegrenzt werden. Sie, die Beklagte, sehe sich nicht in der Beweislast dafür, dass die Angaben im Internet bezüglich der Hausgeburten auf der Homepage des Hebammenverbandes zutreffend gewesen seien. Die Beklagte hat Fotokopien der Ausdrucke ihrer Internetrecherche vom 4.7.2007 vorgelegt.

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Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die nach §§ 143 f, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG - zulässige Berufung ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf weiteres Wegegeld in Höhe von 349,34 € nebst Zinsen; das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben.

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Nach § 134 Abs 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der hier maßgeblichen, bis zum 7.11.2006 gültigen Fassung sind Leistungen der freiberuflich tätigen Hebammen, soweit sie von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sind, nach der von dem zuständigen Bundesminister erlassenen Rechtsverordnung zu vergüten. Nach § 4 Abs 1 Satz 1 HebGV vom 28.10.1996 (BGBl I 1662) in der vorliegend maßgebenden Fassung vom 7.10.1997 (BGBl I 2397) erhält die Hebamme für jeden Besuch aus Anlass einer abrechnungsfähigen Leistung Wegegeld. Ausgehend davon steht der Klägerin Wegegeld für die von ihr geltend gemachten 19 Fahrten zu; dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten.

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Der Höhe nach richtet sich das Wegegeld nach § 4 Abs 2 und Abs 3 HebGV. Abzurechnen ist nach § 4 Abs 2 HebGV grundsätzlich die Wegstrecke zwischen Wohnort oder Praxis der Hebamme und der Stelle der Leistung. Davon bestimmt Abs 3 eine Ausnahme: Hat eine andere als die nächstwohnende Hebamme Hilfe geleistet, so kann die Krankenkasse die Zahlung des dadurch entstandenen Mehrbetrags an Wegegeld ablehnen, wenn der Weg von der Stelle der Leistung zur Wohnung oder Praxis der anderen Hebamme mehr als 20 Kilometer länger ist als zur Wohnung oder Praxis der nächstwohnenden Hebamme (Satz 1). Dies gilt nicht, wenn das Wegegeld anfällt, weil mehrere Hebammen die Dienstleistungen in einem Krankenhaus nach einem vereinbarten Einsatzplan ausführen oder wenn die Zuziehung der anderen Hebamme nach der besonderen Lage des Falles aus anderen Gründen gerechtfertigt war (Satz 2).

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Vorliegend sind die Voraussetzungen des § 4 Abs 3 Satz 2 HebGV erfüllt. Denn die Zuziehung der Klägerin als Hebamme war nach der besonderen Lage des Falls gerechtfertigt. Die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "nach der besonderen Lage des Falls" hat sich an der Zweckbestimmung der Vorschrift zu orientieren. In der amtlichen Begründung zu § 4 HebGV (zitiert nach der in der Verwaltungsakte der Beklagten enthaltenen Kopie) heißt es hierzu: "Nach der besonderen Lage des Falles ist die Zuziehung einer weiter entfernt wohnenden Hebamme insbesondere bei einer geplanten Hausgeburt einschließlich Vor- und Nachsorge gerechtfertigt, solange nur verhältnismäßig wenige Hebammen Hausgeburten durchführen." Auch Anfang 2006 boten wenige Hebammen Hilfe bei Hausgeburten an. Nach den Internetfeststellungen der Beklagten führte nur ein geringer Teil der Hebammen Hausgeburtshilfe durch. Die Beklagte konnte innerhalb einer Entfernung bis zu 30 km von der Wohnung der Versicherten keine einzige in Betracht kommende Hebamme feststellen.

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Bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "nach der besonderen Lage des Falls" ist das Wirtschaftlichkeitsgebot (§§ 2 Abs 1 Satz 1, 12 Abs 1 SGB V) zwar als wesentlicher Abwägungsgesichtspunkt zu berücksichtigen, aber nicht im Sinne einer strikten Grenzziehung allein danach, was für die Krankenkasse mit den geringsten Aufwendungen verbunden ist. Vielmehr sind für das Tatbestandsmerkmal "nach der besonderen Lage des Falls" alle Umstände des Einzelfalls maßgebend, insbesondere auch ein bereits bestehendes besonderes Vertrauensverhältnis zu der Hebamme (vgl LSG Nordrhein-Westfalen 26.6.2008 - L 5 KR 81/06 juris Rn 33).

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Die Abwägung aller rechtlich relevanten Gesichtspunkte führt im vorliegenden Fall dazu, dass die Heranziehung der Klägerin als Hebamme für die Versicherte nach der besonderen Lage des Falls gerechtfertigt war. Zwischen der Klägerin und der Versicherten hatte sich im hier maßgebenden Zeitraum ab Januar 2006 bereits ein besonderes Vertrauensverhältnis ausgebildet, wie die Klägerin bei ihrer Anhörung durch den Senat nachvollziehbar geschildert hat. Die Klägerin hatte die Versicherte schon im Zusammenhang mit einer früheren Geburt, wenn auch nur kurzfristig, betreut. Entscheidend kommt hinzu, dass sie die Versicherte gerade während der Schwangerschaft mit ihrem Sohn F seit Ende September 2005 betreut hatte (Beratung am 29.9.2005 und zusätzlich sechs Besuche bei der Versicherten), wie auch aus der von der Klägerin vorgelegten Rechnung vom Dezember 2005 - die Beklagte hat diese vor der weiteren Betreuung ab Januar 2006 beglichen - hervorgeht. Der Versicherten war es bei dieser Sachlage in Anbetracht der bei ihr vorliegenden besonderen Umstände nicht zumutbar, sich während der laufenden Schwangerschaft relativ kurz vor dem bevorstehenden Geburtstermin anstelle der Klägerin eine näherwohnende Hebamme zu suchen. In diesem Zusammenhang kommt der damaligen psychischen Belastung der Versicherten, die innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit zum vierten Mal schwanger war und während dieser Schwangerschaft wegen des Todes ihres Sohnes M im Kindesalter unter erheblichen Ängsten litt, deretwegen die Klägerin bereits im Rahmen einer früheren Geburt eine Traumabewältigung durchgeführt hatte, ausschlaggebende Bedeutung zu. In Anbetracht dieser außergewöhnlichen Umstände hielt sich die Verlängerung der Wegstrecke zwischen der Wohnung/Praxis der Klägerin und der Wohnung der Versicherten (Entfernung 92 km) gegenüber der Wegstrecke, welche die nächstwohnende Hebamme hätte zurücklegen müssen (Entfernung 30,37 km), noch innerhalb dessen, was auch in Ansehung des grundsätzlich zu beachtenden Wirtschaftlichkeitsgebots durch die besondere Lage des Falls gerechtfertigt war (zu einer ähnlichen Fallgestaltung vgl LSG Nordhein-Westfalen aaO: dort Wegstrecke 58 km im Verhältnis zur Wegstrecke zur nächst erreichbaren Hebamme von 5,2 km).

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Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 69 Satz 3 SGB V in der hier anzuwendenden Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) in Verbindung mit §§ 286, 288 BGB (zur Anwendbarkeit dieser Vorschriften im Verhältnis von Leistungserbringern zu gesetzlichen Krankenkassen BSG 3.8.2006 - B 3 KR 7/06 R; BSG 19.4.2007 - B 3 KR 10/06 R; vgl zum Anspruch von Hebammen auf Prozesszinsen BSG 23.3.2006 - B 3 KR 6/05 R Rn 17; LSG Nordrhein-Westfalen aaO). Die Beklagte befand sich bezüglich der ausstehenden Rechnungsbeträge spätestens seit dem 25.8.2006 im Verzug, denn nach § 5 Abs 4 HebGV hatte die Krankenkasse die Rechnung innerhalb von drei Wochen nach Rechnungseingang (hier: am 26.7.2006) zu begleichen. Die Verzinsung erfolgt gemäß § 288 Abs 2 BGB in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, da der Anspruch auf Wegekosten einen Annex zum Entgeltanspruch der Klägerin darstellt.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

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Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht vorliegen. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2).

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