Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht (5. Senat) - L 5 KR 112/15 B ER ua

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 26. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihm die Übernahme von Fahrkosten zur ambulanten Behandlung zu bewilligen.

2

Der 1968 geborene Antragsteller ist Leistungsbezieher nach dem SGB II und bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert. Er leidet an einer Anpassungsstörung, arterieller Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2, Asthma bronchiale, Schlaf-Apnoe-Syndrom, einer beidseitigen Hüft- und Kniegelenksarthrose, einem degenerativen Zervikal- und Lumbalsyndrom sowie Zustand nach Herzinfarkt im September 2009. Darüber hinaus besteht bei ihm ein diffuses Beschwerdebild mit Dyspnoe, Thoraxdruck, innerer Unruh- und Belastungsinsuffizienz. Die Ursachen der Beschwerden sind teilweise nicht geklärt. Verschiedene Ärzte äußerten den Verdacht auf eine Somatisierungsstörung bzw. auf das Vorliegen einer somatoformen Schmerzstörung (so der Internist Dr. J... im Bericht vom 27. September 2013 und der Entlassungsbericht der Klinik B... B... M...). Mit Bescheid vom 20. Dezember 2013 und nachfolgenden Bescheiden bewilligte die Antragsgegnerin eine Fahrkostenübernahme zu ambulanten Behandlungen. Ausweislich des Akteninhalts führt der Antragsteller Klageverfahren auf Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente und nach dem Schwerbehindertenrecht. Vom 7. November bis 5. Dezember 2014 nahm er an einer medizinischen Rehabilitation in der Klinik B... B... M... teil.

3

Am 22. Dezember 2012 verordnete der Hausarzt des Antragstellers E... Krankenbeförderung für das Jahr 2015 und gab als voraussichtliche Behandlungsdauer 12 Monate an. Nachdem der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) nach Einholung medizinischer Unterlagen die Voraussetzungen für die verordnete Krankenbeförderung nicht als gegeben sah (Stellungnahme vom 29. Januar 2015 durch Dr. R...), lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 29. Januar 2015 eine Fahrkostenübernahme ab, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorlägen. Hiergegen erhob der Antragsteller Widerspruch, den er ausweislich des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 2015 damit begründete, dass er 1995 einen schweren Unfall erlitten habe und sich in regelmäßiger Krankenhausbehandlung befinde. In den Vorjahren seien die Krankenfahrten stets bewilligt worden. An seinem Gesundheitszustand habe sich jedoch nichts geändert. Mehrmals jährlich müsse er sich fachärztlich therapieren lassen. Er sei darüber hinaus nicht in der Lage, 50 Meter frei gehen zu können.

4

Der Antragsteller hat beim Sozialgericht Schleswig am 9. April 2015 die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Bewilligung der Krankenfahrten für das Jahr 2015 im Wege des Einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Er sei regelmäßig in ärztlicher Behandlung und die Voraussetzungen der Krankentransportrichtlinien lägen vor. Bei seinen gleichbleibenden Gesundheitsstörungen sei zu berücksichtigen, dass ihm die Antragsgegnerin vor der Ablehnung mehrfach die Fahrkosten bewilligt habe. Als Empfänger von Leistungen nach dem SGB II sei er nicht in der Lage, die Kosten für Fahrten zu Ärzten und Krankenhäusern vorzustrecken. Bereits jetzt sei es ihm kaum möglich, 50 Meter am Stück am Rollator zu gehen.

5

Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, bei dem Antragsteller lägen die Voraussetzungen für eine Bewilligung der Übernahme der Fahrkosten nach den Krankentransportrichtlinien nicht vor. Es fehle an der häufigen Behandlungsfrequenz und der Anerkennung der Merkzeichen „aG“, „Bl“ oder „H“. Aus den vorherigen Bewilligungen könnten rechtliche Wirkungen für die Zukunft nicht abgeleitet werden. Es sei auch nicht erkennbar, welche schweren Gesundheitsschäden ohne die Gewährung der Krankenbeförderung eintreten würden. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 2015 hat sie während des Verfahrens den Widerspruch zurückgewiesen.

6

Das Sozialgericht hat diverse medizinische Unterlagen beigezogen, mit Beschluss vom 26. Mai 2015 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt und zur Begründung u. a. ausgeführt:

7

„Voraussetzungen für eine Verordnung und eine Genehmigung sind, dass der Patient mit einem durch die Grunderkrankung vorgegebenen Therapieschema behandelt wird, das eine hohe Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum aufweist, und dass diese Behandlung oder der zu dieser Behandlung führende Krankheitsverlauf dem Patienten in einer Weise beeinträchtigt, dass eine Beförderung zur Vermeidung von Schaden an Leib und Leben unerlässlich ist.

8

Diese Voraussetzungen sind in den in Anlage 2 dieser Richtlinie genannten Ausnahmefällen in der Regel erfüllt. Diese Liste ist nicht abschließend. Daneben kann die Fahrt zur ambulanten Behandlung für Versicherte verordnet und genehmigt werden, die einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen aG, BI oder H oder ein Einstufungsbescheid nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch in die Pflegestufe II oder III bei der Verordnung vorlegen. Die Krankenkasse genehmigt auf ärztliche Verordnung Fahrten zur ambulanten Behandlung von Versicherten, die keinen Nachweis nach Satz 1 besitzen, wenn diese von einer der Kriterien von Satz 1 vergleichbaren Beeinträchtigung der Mobilität betroffen sind und einer ambulanten Behandlung über einen längeren Zeitraum bedürfen (Abs. 3).

9

Diese Konkretisierung der Ausnahmen nach § 60 Abs. 1 Satz 3 SGB V durch die Krankentransportrichtlinie ist gesetzeskonform. Der Gesetzgeber wollte die Fahrtkostenerstattung generell auf zwingende medizinische Gründe beschränken. Lediglich finanzielle Gründe sollten nicht mehr zu einer Übernahme der Fahrtkosten führen (Thüringer LSG, Urteil vom 28.08.2012, L 6 KR 188/11, zitiert nach juris, unter Verweis auf: BSG, Urteil vom 26.09.2006, B 1 KR 20/05 R, SozR 4-2500 § 60 Nr. 1).

10

Im Hinblick auf den Antragsteller fehlt es bereits an einer durch das ärztliche Therapieschema vorgegebenen hohen Behandlungsfrequenz im Sinne des § 8 Abs. 2 der Krankentransport-Richtlinie. Wie der Antragsteller – auf Anforderung des Gerichts im Hinweisschreiben vom 24.04.2015 – mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.04.2015 im einzelnen dargelegt hat, befindet er sich lediglich in sporadischer, unregelmäßiger Behandlung bei dem Kardiologen Dr. med. J... in S..., den er lediglich im Falle des Auftretens akuter Herzprobleme aufsucht. Zwar wird der Antragsteller nach seinem eigenen Vortrag von dem Orthopäden Dr. med. Sa... in Niebüll und von dem Pneumologen Dr. med. D... in S... regelmäßig behandelt, dies jedoch nicht mit hoher Frequenz, wie es § 8 Abs. 2 der Krankentransport-Richtlinie erforderte. Bei seinem Orthopäden erfolgen (einzelne) Behandlungen des Antragstellers in vierwöchentlichen Intervallen, seinen Lungenfacharzt sucht der Antragsteller lediglich ein Mal in einem Quartal auf. Diese Behandlungsdichte ist nicht ausreichend, um nach § 8 Abs. 2 der Krankentransport-Richtlinie einen Anspruch auf die Genehmigung einer auf ein Kalenderjahr bezogenen Krankenbeförderung zu ambulanten Arztbehandlungen begründen zu können. Die insoweit erforderliche Behandlungsfrequenz setzt – wie die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 18.05.2015 zutreffend ausgeführt hat – eine wesentlich höhere Therapiedichte voraus. Nach der Anlage 2 zu den Krankentransport-Richtlinien sind Ausnahmefälle gemäß § 8 der Richtlinien in der Regel die Dialysebehandlung, onkologische Strahlentherapie und onkologische Chemotherapie. Damit liegt es nahe, den unbestimmten Rechtsbegriff der hohen Behandlungsfrequenz an den Rechtsregelverhältnissen bei den vorgenannten Therapien zu messen. Diese Therapien zeichnen sich regelmäßig durch eine Behandlungsdichte von deutlich mehr als durchschnittlich zwei Mal monatlich aus (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 19.01.2012, L 3 AS 39/10, zitiert nach juris). Eine solch hohe Behandlungsdichte hat der Antragsteller auch nicht durch seinen Vortrag glaubhaft machen können, er befinde sich „ständig“ in ambulanter Behandlung bei seinem Hausarzt. Wie der Arzt für Allgemeinmedizin M... E... in seinem Befund- und Behandlungsbericht vom 08.05.2015 angegeben hat, befand sich der Antragsteller zuletzt am 08.01.2015 in der hausärztlichen Praxis. Dies bedeutet die Wahrnehmung eines ambulanten Behandlungstermins in einem Zeitraum von vier Monaten durch den Antragsteller und kann das Vorliegen einer hohen Behandlungsdichte im Sinne des § 8 Abs. 2 der Krankentransport-Richtlinien mithin nicht überwiegend wahrscheinlich machen – zumal der Hausarzt des Antragstellers in seinem weiteren Bericht explizit ausführt, dass der Antragsteller die Praxis zuletzt nur noch durchschnittlich ein Mal im Quartal aufgesucht habe.

11

Der von dem Antragsteller verfolgte Anspruch lässt sich auch nicht auf § 8 Abs. 3 Satz 1 der Krankentransport-Richtlinien gründen, weil der Antragsteller unstreitig nicht pflegebedürftig im Sinne der Pflegestufe II oder III gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2. und 3. Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) ist und auch nicht über einen Schwerbehindertenausweis mit den Merkzeichen aG, Bl oder H verfügt. Es ist auch nicht die Beeinträchtigung des Antragstellers in seiner Mobilität in einer den vorgenannten Kriterien vergleichbaren Weise glaubhaft gemacht (§ 8 Abs. 3 Satz 2 der Krankentransport-Richtlinien). Zunächst ist weder etwas dazu vorgetragen, noch ersichtlich, dass der Antragsteller im Bereich der Mobilität im Sinne des § 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI überhaupt auf Dauer in erheblichem bzw. höherem Maß der Hilfe bedürfte. Wie sich weiter aus Teil D Ziff. 3 lit. b) der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10.12.2008 ergibt, kommt die Anerkennung einer außergewöhnlichen Gehbehinderung im Schwerbehindertenrecht nur in Betracht, wenn sich der Betroffene wegen der Schwere seines Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Bezogen auf die Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 2 der Krankentransport-Richtlinien bedeutet das, dass eine vergleichbar schwere Mobilitätseinschränkung im Sinne der Vorschrift nur angenommen werden kann, wenn es dem Kranken nicht mehr zuzumuten ist, den Weg zu ambulanten Krankenbehandlungen in Arztpraxen unter Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zurückzulegen, weil dies mit größten Anstrengungen bzw. Schmerzen verbunden wäre. Zu der Fähigkeit bzw. Unfähigkeit des Antragstellers, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, haben sich der Hausarzt des Antragstellers sowie der diesen behandelnde Orthopäde zurückhaltend geäußert. Während der Allgemeinmediziner E... die Eigenanamnese des Antragstellers wiedergibt, wonach sich bei ihm im Falle der Zurücklegung einer Wegstrecke zu Fuß bzw. im Falle der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel eine schwere Atemnot einstelle (wobei der Hausarzt sich diese Eigenanamnese aber gerade nicht zu eigen macht, sondern darauf hinweist, dass der Antragsteller bislang eine medizinische Abklärung der Ursache dieser Atemnot nicht veranlasst habe), führt Dr. med. Sa... aus, der Antragsteller sei „nur bedingt“ in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, um in die orthopädische Praxis zu gelangen. Damit ist aber nun gerade ausgesagt, dass der Antragsteller – zwar unter Anstrengung – durchaus in der Lage ist, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, wohingegen die Aussage nicht bedeutet, dass es dem Antragsteller schlichtweg nicht möglich wäre, anders als durch die Nutzung eines Taxis in die Praxisräume zu gelangen. Vor diesem Hintergrund ist eine derart schwerwiegende Einschränkung der Mobilität des Antragstellers, dass sie wenigstens einer Schwerpflegebedürftigkeit oder einer außergewöhnlichen Gehbehinderung gleichzuachten wäre, nicht anzunehmen.

12

Ein Anspruch auf die von dem Antragsteller begehrte Krankenbeförderung lässt sich schließlich auch nicht auf den von dem Antragsteller insoweit angeführten § 7 der Krankentransport-Richtlinien stützen. Denn diese Vorschrift betrifft alleine Krankenfahrten zur Inanspruchnahme von stationärer Krankenbehandlung, vor- oder nachstationären Behandlungen oder ambulanten Operationen (vgl. § 7 Abs. 2 der Krankentransport-Richtlinien). Dem Antragsteller ist es aber ausdrücklich um die Krankenbeförderung zum Zwecke der Wahrnehmung ambulanter ärztlicher Behandlungstermine bestellt. Für solche Krankentransporte bietet allein § 8 der Krankentransport-Richtlinien eine Anspruchsgrundlage – deren Voraussetzungen hier freilich, wie vorstehend dargelegt, nicht gegeben sind.

13

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass der Antragsteller aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin die nunmehr auch für das Kalenderjahr 2015 begehrte Krankenbeförderung zu ambulanten Arztbehandlungen für die Zeiträume vom 19.11.2013 bis zum 31.12.2014 stets beanstandungsfrei genehmigt hatte, nichts für sich Positives ableiten kann. Denn die neue Krankentransport-Verordnung vom 22.12.2014 bzw. der diesbezügliche Genehmigungsantrag des Antragstellers hat ein neues Verwaltungsverfahren in Gang gesetzt, in dessen Rahmen die Genehmigungsvoraussetzungen (des § 8 der Krankentransport-Richtlinien) neuerlich zu prüfen sind. Die Ergebnisse der vorangegangenen von der Antragsgegnerin durchgeführten Genehmigungsprüfungen entfalten insoweit keine präjudizielle Wirkung. Dass sich der Gesundheitszustand des Antragstellers im Vergleich zu den vergangenen Zeiträumen, für welche dem Antragsteller die begehrte Krankenbeförderung wiederholt genehmigt worden war, nicht verändert haben mag (wie der Antragsteller vorgebracht hat), ändert daran nichts. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nur dann erforderlich, wenn ein Verwaltungsakt noch während seiner Gültigkeitsdauer von der Behörde wieder abgeändert werden soll. Ein neuer (Genehmigungs-) Antrag, wie ihn der Antragsteller hier infolge der neuen Krankentransport-Verordnung vom 22.12.2014 gegenüber der Antragsgegnerin gestellt hat, bewirkt indes eine Zäsur und erfordert den Erlass eines neuen Verwaltungsakts durch die Krankenkasse – so dass es einer Aufhebung des vorangegangenen bewilligenden Bescheides im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht bedarf und es unerheblich ist, ob eine Änderung in den (gesundheitlichen) Verhältnissen des Antragstellers eingetreten ist oder nicht.“

14

Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, eingegangen beim Sozialgericht Schleswig am 11. Juni 2015. Zur Begründung trägt er ergänzend vor: Unzutreffend sei die Auffassung des Sozialgerichts, dass eine vergleichbar schwere Mobilitätseinschränkung im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 2 der Krankentransportrichtlinien nicht vorliege. Insoweit beziehe er sich auf die Stellungnahme seines Hausarztes E... und des Orthopäden Dr. Sa.... Aus deren Stellungnahmen ergebe sich nämlich eindeutig, dass er nicht in der Lage sei, öffentliche Verkehrsmittel dergestalt zu nutzen, ohne dass eine Gesundheitseinschränkung eintreten würde. Ihm sei nicht möglich, weitere Strecken als 50 Meter unter Benutzung des Rollators zu absolvieren. Um öffentliche Verkehrsmittel zu erreichen, müsse er längere Strecken bewältigen. Gleichzeitig beantragt der Antragsteller, ihm Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen.

15

Die Antragsgegnerin ist weiterhin der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Fahrkostenübernahme nicht vorliegen und bezieht sich zur Begründung auf ihren Ablehnungsbescheid und den Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 2015.

II.

16

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Zutreffend hat das Sozialgericht den Antrag auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Übernahme von Fahrkosten zur ambulanten Behandlung abgelehnt.

17

Die Voraussetzungen einer einstweiligen Anordnung werden in dem angefochtenen Beschluss unter Hinweis auf die dafür maßgebende Vorschrift des § 86b Abs. 2 SGG aufgeführt und mit zutreffender Begründung deren Vorliegen verneint. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die Begründung in dem angefochtenen Beschluss (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Im Hinblick auf das Vorbringen des Antragstellers, insbesondere in der Beschwerdebegründung, weist der Senat noch auf Folgendes hin:

18

Wie vom Sozialgericht zutreffend ausgeführt, richtet sich der hier in Frage kommende Anspruch auf Genehmigung der Krankenfahrten nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 SGB V in Verbindung mit § 8 der Krankentransportrichtlinien, deren Inhalt in dem angefochtenen Beschluss zutreffend wiedergegeben wird. § 8 Abs. 2 der Richtlinie kommt unzweifelhaft nicht in Betracht, da es insoweit schon an einem durch die Grunderkrankung vorgegebenen Therapieschema fehlt, das eine hohe Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum aufweist. Gleiches gilt für den Ausnahmefall des § 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinien, da keines der dort genannten Merkzeichen oder eine Einstufung in den Pflegestufen II oder III vorliegt. Entsprechend nimmt auch die Beschwerdebegründung des Antragstellers allein Bezug auf § 8 Abs. 3 Satz 2. Danach genehmigen die Krankenkassen auf ärztliche Verordnung Fahrten zur ambulanten Behandlung von Versicherten, die keinen Nachweis nach Satz 1 besitzen, wenn diese von einer der Kriterien von Satz 1 vergleichbaren Beeinträchtigung der Mobilität betroffen sind und einer ambulanten Behandlung über einen längeren Zeitraum bedürfen. Zutreffend hat das Sozialgericht in diesem Zusammenhang geprüft, ob bei dem Antragsteller eine „vergleichbare Beeinträchtigung der Mobilität“ im Sinne der Vorschrift vorliegt. In Frage kommt in diesem Zusammenhang allein das Merkzeichen „aG“. Hierzu hat das Sozialgericht zutreffend auf die Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008 abgestellte, in der es im Teil D Ziffer 3 b) der Anlage zu § 2 zur außergewöhnlichen Gehbehinderung heißt:

19

„Als schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung sind solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind, sowie andere schwerbehinderte Menschen, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem vorstehend aufgeführten Personenkreis gleichzustellen sind.“

20

Dass bei dem Antragsteller eine solche Einschränkung vorliegt, kann den umfangreichen medizinischen Unterlagen nicht entnommen werden. So enthält der zeitnahe Entlassungsbericht vom 5. Dezember 2014 aus der Klinik B... in B... M... lediglich als orthopädische Diagnosen LWS- und HWS-Syndrom, ohne dass bei der Aufnahme ein wesentlicher Befund wiedergegeben wird. Im Entlassungsbericht der Nordsee-Reha-Klinik aus Sb... hieß es 2011 u. a.: „Bei starker Aggravation des Patienten kann letztendlich keine wesentliche Beschwerdebesserung gefunden werden. Bei dem Patienten liegt ein chronisches Schmerzsyndrom mit gleichzeitig vorliegender Wahrnehmungsstörung vor.“

21

Soweit der Antragsteller auf die Stellungnahmen seiner behandelnden Ärzte E... und Dr. Sa... verweist, vermögen deren Einschätzungen keine andere Beurtei-lung des Senats zu bewirken. Denn zutreffend weist das Sozialgericht darauf hin, dass der Hausarzt des Antragstellers E... in seinem Bericht lediglich die Eigenanamnese des Antragstellers wiedergibt. So heißt es in dem Bericht vom 8. Mai 2015 ausdrücklich: „Einer definitiven Abklärung des Beschwerdebildes mittels erneuter Herzkatheteruntersuchung in Borstel hat der Patient sich bisher aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen nicht gestellt. Insofern ist mir die Beantwortung der Frage, ob der Patient auf eine Beförderung per Taxi angewiesen ist, letztlich nicht möglich, da eine definitive Diagnose bisher nicht gestellt werden konnte.“ Und Dr. Sa... führt in seinem Bericht vom 6. Mai 2015, worauf auch das Sozialgericht hinweist, einschränkend aus, der Antragsteller sei „nur bedingt“ in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, um in die orthopädische Praxis zu gelangen. Die von Dr. Sa... in dem Bericht erwähnten Befunde tragen eine Einschränkung, wie sie für das Merkzeichen „aG“ gefordert wird, zudem nicht. So heißt es etwa in dem Bericht, dass im Vordergrund die deutliche Spondylarthrose stünde. Zum Röntgenbefund Becken heißt es: „verstärkte Sklerosierung der Hüftpfannendächer beidseits bei noch ausreichend weitem Gelenkspalt“ und bei dem Röntgenbefund der Kniegelenke heißt es: „verstärkte subchondrale Sklerosierung der Patellarückfläche bei insgesamt noch ausreichend weitem Gelenkspalt“. Auch eine Vergleichbarkeit mit den in der Verordnung aufgeführten Regelbeispielen für die Anerkennung des Merkzeichens „aG“ ist bei dem Antragsteller nicht ansatzweise zu erkennen. In dem MDK-Gutachten vom 13. Dezember 2012 heißt es in der sozialmedizinischen Beurteilung zusammenfassend sogar, dass aufgrund der orthopädischen Erkrankungen ein vollschichtiges Leistungsbild für leichte und mittelschwere Tätigkeiten mit einigen qualitativen Einschränkungen möglich ist. Dies entsprach im Wesentlichen der Einschätzung in dem Entlassungsbericht der Nordsee-Reha-Klinik Sb....

22

Fehlt es damit bereits an dem für die einstweilige Anordnung notwendigen Anordnungsanspruch, bedarf es keiner weiteren Ausführungen darüber, ob ein Anordnungsgrund vorliegt. Zutreffend hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung daher abgelehnt.

23

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog.

24

Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren kann nicht gewährt werden, denn die nach § 73a SGG i. V. m. § 114 ZPO erforderliche Erfolgsaussicht der Sache ist - wie aus diesem Beschluss ersichtlich – nicht gegeben.

25

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).


Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen