Urteil vom Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (6. Senat) - L 6 U 75/11

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Streitig ist im Rahmen einer Überprüfungsverfahrens die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BK 1317).

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Der 1964 geborene Kläger erlernte nach seinem Schulbesuch von September 1980 bis August 1983 den Beruf des Zimmermanns und war anschließend bis Juli 1990 als Produktionsarbeiter, Zimmerer und Bindernagler tätig. Nachfolgend arbeitete er als Bauhelfer und in der Folgezeit von Januar 1992 bis April 1993 im Kunststofffensterbau. Von Mai 1993 bis Ende Dezember 1997 und von Mitte April 1998 bis September 2000 war der Kläger wiederum als Zimmermann beschäftigt.

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Unter dem 12. August 2001 wandte sich der Kläger an die Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend: die Beklagte) und trug vor, seit April 2000 habe er ständig zunehmende Kopfschmerzen und Gleichgewichtsstörungen. Er leide an Übelkeit, Höhenuntauglichkeit, Magenschmerzen sowie Geschwüren im Zwölffingerdarm. Am 16. Juni 2000 sei er umgefallen und am nächsten Tag mit Atemnot, Angstgefühlen, Herzrasen und -rhythmusstörungen ins Krankenhaus gebracht worden. Als Ursache hierfür sei insbesondere der Umgang mit Holzschutzmitteln während seiner Tätigkeit als Zimmermann anzusehen.

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Im Sozialversicherungsausweis (SV-Ausweis) des Klägers sind für die Zeit von Anfang November 1980 bis Mitte März 1988 – soweit lesbar – Behandlungen wegen folgender Diagnosen verzeichnet: sonstige Affektionen des Magens und Zwölffingerdarms (ICD-9 537); Grippe (ICD-9 487); Verstauchung und Zerrung des Fußgelenks (ICD-9 845); Prellung der unteren Extremitäten (ICD-9 924); Kontaktdermatitis und sonstige Ekzeme (ICD-9 692); akute Mandelentzündung (ICD-9 463); sonstige nichtinfektiöse Gastroenteritis und Kolitis (ICD-9 558); vaskuläre Insuffizienz des Darms (ICD-9 557); akute Rachenentzündung (ICD-9 462); Gastritis und Duodenitis (ICD-9 535); offene Wunde der Schulter und des Oberarms (ICD-9 880) sowie Phlegmone und Abszess sonstigen Sitzes (ICD-9 682). Aus den beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnissen der Krankenkassen des Klägers gehen im Zeitraum zwischen Anfang November 1992 bis Mitte Oktober 1999 folgende Arbeitsunfähigkeitseinträge hervor: 5. bis 10. November 1992 (Infekt der oberen Luftwege); 16. bis 26. März 1993 (nicht näher bezeichnete Verletzung); 31. Januar bis 4. Februar 1994 (Atemwegsinfekt); 23. Februar bis 3. März 1995 (Lumbago); 9. bis 18. März 1995 (vertebragenes Syndrom); 24. September bis 15. Oktober 1999 (sonstige Affektionen).

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Nach dem (undatierten) Arztbrief des Facharztes. für Haut- und Geschlechtskrankheiten Dipl.-Med. K. bestünden keine Hinweise auf eine Sensibilisierung gegenüber Holzschutzmitteln. Der Nervenarzt Dr. S. hatte im Arztbrief vom 8. Oktober 1999 regelrechte neurologische Befunde mitgeteilt. Nach der Epikrise des Krankenhauses P. Berg B. vom 7. Juli 2000 habe im Rahmen eines Herzkatheters eine koronare Makroangiopathie (Gefäßerkrankung) ausgeschlossen werden können. Während der Untersuchung sei jedoch ein kathederinduzierter Vasospasmus (Gefäßkrampf) mit Kammerflimmern aufgetreten. Als Entlassungsdiagnosen sind eine vasospastische Angina pectoris, ein metabolisches Syndrom sowie ein Nikotinabusus angegeben worden. Die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dipl.-Med. L. hatte unter dem 18. August 2000 unauffällige klinische und neurologische Befunde festgehalten. Im Bericht des Gemeinschaftskrankenhauses H. vom 21. August 2000 sind die Diagnosen linkstemporaler Kopfschmerz, subjektive Sehstörung, Adipositas sowie Hypercholesterinämie gestellt worden. Ein Computertomogramm des Schädels, ein Elektroencephalogramm (EEG) sowie ein neurologisches Konsil hätten keine Hinweise auf ein pathologisches Geschehen gezeigt. In einem auf Veranlassung des zuständigen Rentenversicherungsträgers erstellten Gutachten vom 3. Januar 2001 war der Nervenarzt Dr. S. zur Diagnose einer somatoformen Funktionsstörung im Sinne von Herz-Angst-Gefühlen und dissoziativen Missempfindungen gelangt; die neurologischen Befunde seien unauffällig gewesen. Nach dem Reha-Entlassungsbericht der B.-Klinik S. vom 17. Mai 2001 bestünden beim Kläger eine Somatisierungsstörung und ein Diabetes mellitus Typ II. Sowohl der somatische als auch der neurologische Befund seien unauffällig gewesen. Laut einem Schreiben des Landkreises W. (Gesundheitsamt) vom 14. August 2001 habe eine am 24. Juli 2001 durchgeführte Blutuntersuchung keinen Nachweis des Holzschutzmittels Lindan über der Nachweisgrenze vom 0,7 µg/l erbracht. In der Kurzepikrise der Klinik B. W. vom 13. September 2001 über die teilstationäre Behandlung des Klägers vom 3. Juli bis 13. September 2001 wurden als Diagnosen eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie der Verdacht auf eine hypochondrische Störung festgehalten. Unter dem 30. Januar 2002 teilte der Facharzt für Laboratoriumsmedizin Privatdozent (PD) Dr. B. auf Grundlage einer am 15. Januar 2002 durchgeführten Blutuntersuchung mit, er habe u.a. Hexachlorcyclohexan (HCH) in Form von &946;-HCH mit einem Wert von 1.449 ng/l bei einem Referenzbereich bis 400 ng/l und Pentachlorphenol (PCP) mit einem Wert von unter 2 µg/l bei einem Referenzbereich bis 7 µg/l im Blut des Klägers festgestellt. Da u.a. diese Substanzen nicht in der Natur vorkämen, könne kein Normalbereich angegeben werden. Das Überschreiten des Referenzbereiches zeige eine Belastung, nicht jedoch unbedingt eine toxische Wirkung an.

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In seiner Stellungnahme vom 22. März 2002 führte der Präventionsdienst der Beklagten aus, nach seinen Angaben habe der Kläger während seiner Berufsausbildung unbehandelte Rohhölzer verarbeitet. Zu chemischen Stoffen habe kein Kontakt bestanden; auch habe er nicht mit Trennmitteln gearbeitet. Während der 15monatigen Tätigkeit in der Kunststofffensterherstellung habe er Profile zugeschnitten, Teilstücke an einem stationären Fensterschweißgerät (mit Absaugung) verschweißt sowie im geringen Umfang Klebearbeiten durchgeführt. Bei größeren Aufträgen habe er die gefertigten Fenster vor Ort eingebaut. Dabei habe er Kunststoffschäume als Abdichtmittel und Fugenfüller verwendet; Handelsnamen und Fabrikationsdaten seien ihm diesbezüglich nicht mehr bekannt. Während seiner Tätigkeit als Bauhelfer habe der Kläger Hautkontakt zu basilitgetränkten Dachlatten und zu imprägnierten Hölzern gehabt. Ebenso behandelte Hölzer habe er als Zimmerer verarbeitet (Errichten von Dachstühlen, Abbund). Er habe auch mit einem Pinsel die Schnittstellen an den Hölzern mit Holzschutzmitteln nachgestrichen; Tränkarbeiten habe er aber nicht verrichtet. Bei den Basilitholzschutzmitteln habe es sich um wässrige Lösungen von Salzen auf der Basis von Chrom-, Fluor- und Borverbindungen gehandelt. Das in der DDR verwendete Holzschutzmittel Dohnalit sei ebenfalls eine wässrige Lösung von Fluoriden und Chromsalzen gewesen. Hinweise zum Umgang mit Holzschutzmitteln, die Pestizide enthalten hätten, bestünden nicht.

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Ergänzend legte der Präventionsdienst zur Beschäftigungszeit des Klägers von Mitte April 1998 bis Ende September 2000 unter dem 1. Juli 2002 dar, die Schnittstellen der imprägnierten Bauhölzer seien mit Holzschutzmitteln von REMMERS (wässrige Lösung) durch Pinselanstriche nachbehandelt worden. Gelegentlich seien in der Altbausanierung durch Spezialfirmen auch Schwamm beseitigende Maßnahmen ausgeführt worden. Welche Mittel hierbei Verwendung gefunden hätten, sei nicht feststellbar gewesen. Aus dem internen Produktinformationsprogramm seien die den Schwamm bekämpfende Mittel von DESOWAG und REMMERS (Aida-Schwammschutz, Aida-Kiesol und Basileum) betrachtet worden. Aida-Schwammschutz basiere als wässrige Lösung auf Borverbindungen. Aida-Kiesol diene als wässrige alkalische Zubereitung von kaliumhydroxidhaltigen Kieselsäureverbindungen der Mauerwerksstabilisierung und dem Holzschutz. Basileum (lösemittelhaltiger Holzschutz) beinhalte u.a. Permethrin und Tebuconazole (Insektizide bzw. Fungizide). Der Kläger habe aber keine Spritzarbeiten ausgeführt und zu den Schwammbekämpfungsmitteln keinen Kontakt gehabt.

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Nach dem Arztbrief des Facharztes für Humangenetik Dr. P. vom 23. Oktober 2003 fehle beim Kläger das Glutathion-S-Transferase-M-1-Gen, wodurch die Veranlagung zur Entwicklung einer chemikalieninduzierten Erkrankung signifikant erhöht sei.

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In ihrem – vom Sozialgericht (SG) Dessau im Verfahren S 3 U 143/02 eingeholten – Gutachten vom 14. November 2003 diagnostizierte die Fachärztin für Arbeitsmedizin Dr. B. u.a. eine komplexe Stoffwechselstörung mit Übergewicht, Diabetes mellitus, Bluthochdruck und einer Fettleber sowie eine somatoforme Schmerzstörung. Gegenüber der Sachverständigen gab der Kläger an, im Zeitraum von 1980 bis 1982 habe er etwa für 30 Tage je 30 bis 40 Balken beim Dachstuhlbau bearbeitet und die Schnittstellen mit Holzschutzmitteln getränkt. Bei der nachfolgenden Tätigkeit bis 1990 habe er in den ersten sechs Jahren in der Fertigungshalle gearbeitet. Dort seien die Hölzer in das Schutzmittel Dohnalit getränkt worden, was etwa 2-4 Stunden wöchentlich umfasst habe. Ansonsten habe sich sein Arbeitsplatz 5-10 m vom offenen Tränkbecken (1 x 7 m) entfernt befunden. Eine dazwischen befindliche Schiebetür sei im Sommer offen gewesen. Die Hölzer seien in der offenen Halle getrocknet worden. Bei der Verladung der oft noch nicht trockenen Hölzer seien Handschuhe getragen worden. 1988/1989 sei er im Zuschnitt und als Staplerfahrer eingesetzt gewesen; auch hier habe er 2-4 Stunden pro Woche Tränkarbeiten verrichtet. Gesundheitliche Beschwerden hätten seinerzeit nicht bestanden. In den Jahren 1990 bis 1992 habe er nur selten Dachstuhlarbeiten durchgeführt und die Schnittstellen mit Schutzmitteln getränkt. Von Mai 1993 bis Ende Dezember 1997 habe er alle Zimmermannsarbeiten verrichtet. Holzschutzmittel seien mit Pinseln nur auf die Schnittstellen des vorbehandelten Holzes aufgetragen worden, was jeweils wenige Sekunden gedauert habe. Verwendung hätten die Mittel Dohnalit, Wolsit und Basilit gefunden. Von 1998 bis 2000 habe er vorwiegend Richtarbeiten vorgenommen und kaum Umgang mit Holzschutzmitteln gehabt. Die Sachverständige legte hierzu dar, sowohl beim Tränken als auch beim anschließenden Trocknen in der Halle sei mit dem Wasser auch ein Teil der in den Holzschutzmitteln enthaltenen gelösten Salze verdunstet. Angesichts der geringen Expositionszeit sei die Belastung als gering einzustufen, was durch das vom Kläger angegebene Fehlen von Beschwerden bestätigt werde. Entsprechendes gelte für das Tränken der Schnittflächen. Der beim Kläger gemessene PCP-Wert habe zudem im Referenzbereich gelegen; der HCH-Wert habe sich im Sommer 2002 wieder im Normalbereich befunden. Zudem könne eine Lindanbelastung auch aus der Nahrung importierter Lebensmittel stammen. Gegen einen beruflichen Zusammenhang – hinsichtlich einer BK 1317 – spreche schließlich der untypische zeitliche Verlauf. Lösemittelbedingte Nervenschäden träten immer zeitnah zur Exposition auf.

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Mit Bescheid vom 26. Januar 2007 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK 1317 ab, nachdem ihr von der Krankenkasse des Klägers (nochmals) ein – in dessen Namen von seiner Mutter gestellter – entsprechender Antrag vom 25. Oktober 2006 übermittelt worden war. Zur Begründung verwies sie auf die Ergebnisse der vorangegangenen Ermittlungen. Die beruflichen Einwirkungen seien zu gering gewesen, um chronische Schädigungen des Nervensystems im Sinne einer – bislang nicht festgestellten – Polyneuropathie oder Enzephalopathie zu verursachen. Auch der zeitliche Verlauf sei mit lösungsmittelbedingten Nervenschäden nicht in Einklang zu bringen. Den hiergegen am 21. Februar 2007 erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. März 2007 als unbegründet zurück.

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Aus einem Arztbrief des Elbe-Elster-Klinikums F. vom 3. Juli 2007 über eine viertägige stationäre Behandlung des Klägers gingen die Diagnosen Thoraxschmerz mit Ausschluss eines Myokardinfarkts, anhaltende somatoforme Störung, chronische Neuroborelliose, arterielle Hypertonie, Adipositas sowie Diabetes mellitus Typ II mit ausgeprägter diabetischer Polyneuropathie hervor. Nach dem vorläufigen Entlassungsbericht des Sächsischen Krankenhauses für Psychiatrie und Neurologie R. vom 11. Oktober 2007 bestünden ein chronifiziertes Schmerzsyndrom und eine chronische Neuroborreliose. Die Fachärztin für Anästhesiologie Dr. A. stellte unter dem 13. Februar 2008 u.a. die Diagnosen chronische Neuroborreliose, Spannungskopfschmerz, Polyneuropathie bei Neuroborreliose und Diabetes mellitus Typ 2, wobei die Diagnostik noch nicht abgeschlossen sei.

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Mit Schreiben vom 8. September 2008 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides vom 26. Januar 2007. Er sei erheblich gegenüber Schadstoffen exponiert gewesen. Während seiner beruflichen Tätigkeit habe er sich ständig an Stellen aufgehalten, an welchen er mit organischen Lösungsmitteln in Berührung gekommen sei.

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In seinen daraufhin erstellten Stellungnahmen vom 27. August und 4. Dezember 2009 verblieb der Präventionsdienst der Beklagten bei seinen bisherigen Einschätzungen; eine Exposition im Sinne der BK 1317 habe beim Kläger nicht bestanden.

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Mit Bescheid vom 22. Dezember 2009 lehnte die Beklagte eine Rücknahme ihres Bescheides vom 26. Januar 2007 ab. Insoweit sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem fehlerhaften Sachverhalt ausgegangen worden.

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Den hiergegen am 22. Januar 2010 erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2010 als unbegründet zurück.

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Am 28. April 2010 hat der Kläger vor dem SG Dessau-Roßlau Klage erhoben und geltend gemacht, er sei in weitaus größerem Umfang gegenüber organischen Lösungsmitteln exponiert gewesen als vom Präventionsdienst angenommen. Das Vorliegen einer Polyneuropathie habe das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Im Urteil vom 15. Mai 2008 (L 6 U 59/04) festgestellt.

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Die Beklagte hat gemeint, eine Erkrankung im Sinne der BK 1317 sei beim Kläger nicht hinreichend gesichert. Daneben sei durch die Stellungnahmen des Präventionsdienstes das Vorliegen einer ausreichenden Schadstoffexposition widerlegt. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die vom Kläger beschriebenen Tätigkeiten nach dem Merkblatt zur BK 1317 nicht den besonderen Risikoberufen zuzuordnen seien.

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Das SG hat – auf Vorschlag des Klägers – von dem Facharzt für Innere Medizin und Arbeitsmedizin Prof. Dr. B. das Gutachten vom 19. April 2011 eingeholt. Diesem gegenüber hat der Kläger angegeben, er sei als Zimmerer sowohl im Bereich der Altbausanierung als auch im Neubau eingesetzt gewesen. Während der Lehrzeit habe er Hölzer verschiedener Art geschnitten, Dachstühle aufgebaut oder Schalungsarbeiten verrichtet. Die Schnittstellen der Hölzer seien mit Schutzmitteln gestrichen worden, zu denen u.a. lindanhaltige Substanzen gehört hätten. Er selbst habe ca. 3-5 l Holzschutzmittel pro Woche verstrichen. Hierbei habe er gummierte, gelegentlich auch lederne Handschuhe getragen. Gleichwohl habe häufig Hautkontakt bestanden, insbesondere beim Tragen oder Bearbeiten des Materials sowie beim Einbau von bereits trockenen gestrichenen Hölzern. Lackierungen oder Lasierungen habe er nur selten durchgeführt. Während der Lehrzeit habe im Betrieb eine 250 m2 große und ca. 5 m hohe Bindernaglerhalle bestanden. Eine Belüftung sei nur durch ein Schiebetor möglich gewesen. Die Hölzer seien in zwei je 1,10 x 8,00 m großen und 1,20 m tiefen offenen Trögen mit Holzschutzmitteln getränkt worden. Ihre Lagerung sei ebenfalls in der Halle erfolgt. Organische Lösungsmittel seien nicht zum Einsatz gekommen. Die Druckluftnaglerpistolen seien aber mit Waschbenzin gereinigt worden, das sich in einem 5-7 l fassenden Eimer befunden habe. Pro Woche seien ca. 10 l Waschbenzin verbraucht worden. Die Reinigung habe etwa eine Stunde pro Tag beansprucht; sie sei mit dem Pinsel erfolgt, wobei Handschuhe getragen worden seien. Auch nach der Lehrzeit habe er während seiner Folgebeschäftigungen vorgetränkte Hölzer verarbeitet; die Schnittstellen seien mit Holschutzmitteln versehen worden. Diese seien in Kanistern angeliefert worden. Auch hier habe der durchschnittliche Verbrauch ca. 5 l pro Woche betragen. Während seiner Beschäftigung im Kunststofffensterbau habe er in einer ca. 200 m2 großen Halle ca. 1-2 l Kunststoffreiniger pro Woche verwendet, der stark nach Verdünnung gerochen habe.

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Als Beschwerden hat der Kläger gegenüber dem Sachverständigen ständige Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit, einen Oberkörper-Dauerschmerz, Schmerzen in Armen und Beinen, Verdauungs- und Sehstörungen, Beschwerden im Hals, teilweise Atemnot, Konzentrationsstörungen, Beschwerden beim Stehen und Gehen, Tinnitus und einen verstärkten psychischen Druck geschildert. Prof. Dr. B. hat die Diagnosen metabolisches Syndrom, chronisches Schmerzsyndrom, chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung, Schilddrüsenunterfunktion sowie Testosteronmangel gestellt; eine diskrete Polyneuropathie sei nach den erhobenen Befunden nicht auszuschließen. Im Ergebnis ist er zu der Einschätzung gelangt, die beruflichen Belastungen seien unter Berücksichtigung des zeitlichen Verlaufs nicht mit Wahrscheinlichkeit als Ursache einer BK 1317 anzusehen. Von 1983 bis 1990 habe arbeitstäglich maximal eine einstündige Belastung gegenüber Waschbenzin bestanden, das n-Hexanhabe enthalten können. Gegen eine berufliche Verursachung sprächen das Fehlen einer klinisch auffälligen Nervenerkrankung während der beruflichen Exposition sowie die fortdauernde Progredienz der Beschwerdesymptomatik nach Expositionsende. Die Polyneuropathie stehe am ehesten mit dem Diabetes mellitus in Verbindung.

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Mit Urteil vom 24. August 2011 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu in den Gründen ausgeführt: Der Kläger sei während seiner Berufstätigkeit zwar gegenüber organischen Lösungsmitteln und deren Gemischen exponiert gewesen. Es sei nach dem überzeugenden Gutachten Prof. Dr. B.s jedoch nicht wahrscheinlich, dass diese die beim Kläger bestehende Polyneuropathie wesentlich verursacht hätten.

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Gegen das ihm am 9. September 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 3. Oktober 2011 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, seit Ende der 1980er Jahre an Polyneuropathie zu leiden und sich spätestens seit Anfang der 1990er Jahre in ständiger ärztlicher Behandlung zu befinden. Neben laufendem Hautkontakt zu lindanhaltigen Holzschutzmitteln sei er auch gegenüber Waschbenzin exponiert gewesen, das sich in unmittelbarer Nähe des Arbeitsplatzes in unverschlossenen Behältern befunden habe, so dass er über Jahre hinweg Giftstoffe eingeatmet habe. PD Dr. B. habe in der Blutuntersuchung vom 15. Januar 2002 insbesondere erhebliche Mengen an HCH festgestellt. Entgegen Prof. Dr. B. seien andere Erkrankungen als Ursache der Polyneuropathie auszuschließen. So seien der Diabetes mellitus und die Borreliose erst in den Jahren 2003 bzw. 2007 aufgetreten. Zudem entspreche die Annahme des Sachverständigen, nach Beendigung der Exposition sei eine Besserung der Symptomatik zu erwarten, nicht den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen.

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Der Kläger beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 24. August 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2010 aufzuheben und diese zu verpflichten, unter Rücknahme des Bescheides vom 26. Januar 2007 seine Polyneuropathie mit Wirkung vom 1. August 2001 an als Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung festzustellen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.

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Auf entsprechende Anforderung des Senats hat Prof. Dr. B. in seiner unter dem 15. November 2012 eingegangenen ergänzenden Stellungnahme dargelegt, nach aktuellem wissenschaftlichen Kenntnisstand, auf den im Gutachten vom 19. April 2011 verwiesen worden sei, ergäben sich Hinweise für eine im Einzelfall bei sehr hoher Belastung beobachtete Persistenz oder mit längerer Latenz auftretende Funktionsstörung zwar für hirnorganische, nicht jedoch für periphere Nervenfunktionsstörungen. Einer im Juli 2012 veröffentlichte Studie über subklinische neuropathische Veränderungen bei 38 iranischen Schuhmachern mit noch bestehender n-Hexan-Belastung belege nur die grundsätzliche Potenz dieses aliphatischen Kohlenwasserstoffs, periphere Nervenfunktionsstörungen auszulösen. Auch in einer – im Gutachten noch nicht eingeführten – Studie aus dem Jahr 2009, die sich auf 18 Schuhmacher mit akuter oder subakuter Neuropathie bezogen habe, sei in 15 Fällen ein Jahr nach Expositionsende eine komplette Wiederherstellung der messtechnisch erfassten Veränderungen beschrieben worden. Einer dem Schuhmacherberuf vergleichbar hohen und jahrzehntelangen Belastung mit organischen Lösungsmitteln sei der Kläger auch nach seinem eigenen Vorbringen überdies nicht unterlegen. Holzschutzmittel enthielten u.a. Lindan bzw. &947;-HCH. Bei entsprechend Exponierten, vor allem bei der Produktion von Lindan, seien außerdem erhöhte Belastungen mit länger im Körper nachweisbarem &946;-HCH nachzuweisen gewesen. Die Belastungen hätten jedoch mehr als das Hundertfache höher – nämlich um 190 µg/l – als der beim Kläger festgestellte Wert von 1,4 µg/l gelegen. Die insoweit gegebene Überschreitung des von PD Dr. B. angegebenen Referenzwerts sei daher sicher als nicht geeignet anzusehen, eine berufsbedingte Polyneuropathie wahrscheinlich zu machen.

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Ferner hat der Senat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von dem Facharzt für Arbeitsmedizin Prof. Dr. B. das Gutachten vom 25. Oktober 2013 sowie dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. das Zusatzgutachten vom 15. Oktober 2013 erstellen lassen. Dr. K. hat auf seinem Fachgebiet die Diagnosen distal symmetrische, vorwiegend demyelinisierende sensible Polyneuropathie, Panikstörung sowie undifferenzierte Somatisierungsstörung gestellt. Demgegenüber seien weder eine Neuroborreliose noch eine Enzephalopathie ausreichend zu sichern. Im EEG habe sich kein Hinweis auf eine diffuse Hirnschädigung wie bei einer Enzephalopathie gezeigt. Die normalen Nervenaktionspotentiale sprächen gegen eine toxische Verursachung der Polyneuropathie, bei der eine Reduktion der Amplituden zu erwarten sei. Bei einer chronischen Intoxikation des Nervensystems häufige Symptome wie ein Tremor oder eine Ataxie seien ebenso nicht nachweisbar. Als wahrscheinlichste Ursache sei der Diabetes mellitus anzusehen. Prof. Dr. B. ist zu dem Ergebnis gelangt, ein Zusammenhang zwischen den beruflichen Belastungen des Klägers und der Polyneuropathie sei nicht wahrscheinlich; er schließe sich den Einschätzungen von Dr. B. und Prof. Dr. B. an. Gegen eine berufliche Verursachung spreche die gesicherte Konkurrenzursache eines Diabetes mellitus sowie der Umstand, dass zum Zeitpunkt des Beschwerdebeginns bei den neurologischen Untersuchungen am 8. Oktober 1999 und 18. August 2000 keine Hinweise für eine Polyneuropathie zu finden gewesen seien. Vielmehr sei eine solche erst bei der jetzigen neurologischen Untersuchung durch Dr. K. gesichert worden.

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Schließlich hat der Kläger die von ihm in Auftrag gegebenen humangenetischen Gutachten des Dr. H. vom 13. Oktober 2013 und 14. August 2014 vorgelegt, wonach primär zwar keine genetischen Ursachen für die Beschwerden des Klägers nachweisbar, aber genetische Faktoren an deren Auftreten auch nicht auszuschließen seien.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der (auch beigezogenen weiteren) Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.

Entscheidungsgründe

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Die nach § 143 SGG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

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Der Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2010 beschwert den Kläger deshalb nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil die Beklagte darin zutreffend die Rücknahme ihres Bescheides vom 26. Januar 2007 abgelehnt hat. Hierauf hat der Kläger nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – deshalb keinen Anspruch, weil der Bescheid weder auf einem fehlerhaften Sachverhalt noch einem falschen Rechtsverständnis beruht.

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Anzuwenden sind hier die Vorschriften des Siebten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII). Denn der vom Kläger geltend gemachte Versicherungsfall (BK 1317) soll nach seinem Antrag nach dem In-Kraft-Treten des SGB VII am 1. Januar 1997 eingetreten sein (vgl. Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I, 1254 ff., §§ 212 ff. SGB VII).

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Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind BKen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung – die Berufskrankheiten-Verordnung – mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleidet. Voraussetzung für die Anerkennung der hier strittigen BK 1317 ist nach deren Tatbestand das Vorliegen einer durch den beruflichen Umgang mit organischen Lösungsmitteln oder deren Gemischen bedingten Polyneuropathie oder Enzephalopathie beim Versicherten. Dies ist vorliegend bezogen auf die allein streitige Polyneuropathie nicht der Fall.

35

Zunächst war der Kläger während seiner beruflichen Tätigkeit als Zimmermann und Produktionsarbeiter gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als Beschäftigter versichert, wobei seine in der DDR zurückgelegten Beschäftigungszeiten einer solchen versicherten Tätigkeit gleich stehen. Der Senat geht entsprechend den Darlegungen von Dr. B. und Prof. Dr. B. auch davon aus, dass der Kläger währenddessen ihrer Art nach gefährdenden Einwirkungen im Sinne der BK 1317 ausgesetzt war, so dass die so genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen (= besondere Einwirkungen im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB VII) erfüllt sind (vgl. hierzu auch Merkblatt zur BK 1317, BArbBl. 2005, 49; BK-Report 2/2007 – BK 1317, Stand März 2007, 74 und 126 f., auch abrufbar unter: http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/bkrep-2-2007a.pdf; Wissenschaftliche Begründung zur BK 1317, BArbBl. 1996, 44).

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Diese beruflichen Einwirkungen sind nach dem insoweit einschlägigen Beweismaßstab jedoch nicht als wesentliche (Mit)-Ursache der beim Kläger diagnostizierten Polyneuropathie hinreichend wahrscheinlich zu machen.

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Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den geltend gemachten Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht. Dabei setzt die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltende "Theorie der wesentlichen Bedingung" voraus, dass die versicherte Einwirkung bei wertender Betrachtung nicht nur irgendeine Bedingung war, sondern wegen ihrer besonderen Beziehung zur geltend gemachten Krankheit wesentlich ursächlich mitgewirkt hat. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Erfolges (hier der Erkrankung) wertend abgeleitet werden. Gesichtspunkte hierfür sind etwa die Art und das Ausmaß der versicherten Einwirkung, die erhobenen Befunde, der Krankheitsverlauf sowie konkurrierende Ursachen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 15).

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Danach mag zwar die berufliche Exposition als solche – ungeachtet der von Dr. B. und Prof. Dr. B. hinsichtlich ihres Umfangs erhobenen Einwände (vgl. hierzu auch BK-Report 2/2007, a.a.O., 145) – auf einen Ursachenzusammenhang hindeuten. Allein hieraus kann jedoch noch nicht auf eine berufsbedingte Krankheitsentstehung geschlossen werden (vgl. BSG, Urteil vom 7. September 2004 – B 2 U 46/03 R – SozR 4-2700 § 2 Nr. 3; Urteil vom 18. November 1997 – 2 RU 48/96 – SGb 1999, 39 ff.). Entscheidende Zweifel an der angeschuldigten Ursachenbeziehung werden durch den zeitlichen Krankheitsverlauf hervorgerufen. Hierbei stützt sich der Senat auf die gleichlautenden Einschätzungen von Dr. B. und Prof. Dr. B., denen sich Prof. Dr. B. vollständig angeschlossen hat. Davon abweichende ärztliche Bewertungen liegen nicht vor,

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Auf Grundlage der von ihm wiedergegebenen aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse hat Prof. Dr. B. darauf verwiesen, dass im Rahmen der BK 1317 zwischen der Exposition und dem Beginn einer Polyneuropathie grundsätzlich ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht, d.h. die Erkrankung entwickelt sich während oder kurz nach der Exposition. Ein längeres Intervall zwischen der letzten Exposition und dem Krankheitsbeginn ist mit den kurzen biologischen Halbwertzeiten neurotoxischer Lösungsmittel nämlich nicht zu vereinbaren (siehe auch Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Stand Februar 2015, M 1317, Anm. 2 und 3; BK-Report 2/2007, a.a.O., 145). Auch nach dem Merkblatt zur BK 1317 (zitiert nach Mehrtens/Branden-burg, a.a.O.) entwickelt sich eine lösungsmittelbedingte Polyneuropathie in der Regel in enger zeitlicher Beziehung zur beruflichen Exposition, wobei die klinische Diagnose der Erkrankung auch zwei bis drei Monate nach Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit erstmals gestellt werden kann. Ein entsprechend plausibler zeitlicher Verlauf ist beim Kläger nicht belegt. Vielmehr ist bei ihm eine Polyneuropathie, von deren Vorliegen sich der Senat eine volle Überzeugung bilden können müsste (vgl. zu diesem Beweismaßstab BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 5/05 R – SozR 4-5671 § 6 Nr. 2; Urteil vom 20. Januar 1987 – 2 RU 27/86 – SozR § 548 Nr. 84), frühestens ab Anfang Juli 2007 nachzuweisen, als eine solche Diagnose überhaupt erstmals aktenkundig ist.

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Auch Brückensymptome im Sinne auffälliger klinischer Befunde, die auf die Manifestation einer peripheren Nervenerkrankung während oder kurz nach Expositionsende im September 2000 hindeuten, sind nicht zu sichern. Im Gegenteil hatten Dr. S. sowie Dipl.-Med. L. unter dem 8. Oktober 1999 bzw. 18. August 2000 keine Hinweise auf eine Polyneuropathie gefunden, wie Prof. Dr. B. und Prof. Dr. B. zutreffend angemerkt haben. Auch für den nachfolgenden Zeitraum sowie die vorangegangene Zeit gilt nichts anderes. So werden etwa auch im Bericht des Gemeinschaftskrankenhauses H. vom 21. August 2000 und im Gutachten Dr. S.s vom 3. Januar 2001 regelrechte neurologische Befunde beschrieben. Entsprechendes ist mit unauffälligen somatischen und neurologischen Feststellungen auch dem Reha-Entlassungsbericht der B.-Klinik S. vom 17. Mai 2001 zu entnehmen. Noch in seinem Gutachten vom 19. April 2011 hat Prof. Dr. B. eine Polyneuropathie nach den erhobenen Befunden lediglich nicht ausschließen können; Prof. Dr. B. hält eine solche Erkrankung überhaupt erst auf Grundlage des Gutachtens von Dr. K. vom 15. Oktober 2013 für diagnostizierbar.

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Für die Zeit von November 1980 bis Oktober 1999 ist ebenfalls keine Symptomatik zu belegen, die auf eine Polyneuropathie hindeuten könnte. Vielmehr liegen laut den Einträgen im SV-Ausweis bzw. in den Vorerkrankungsverzeichnissen der Krankenkassen auch hier lediglich Behandlungen oder Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen insoweit unspezifischer Erkrankungen vor (z.B. Affektionen des Magens und Zwölffingerdarms, Verstauchung und Zerrung des Fußgelenks bzw. Prellung der unteren Extremitäten, Kontaktdermatitis und sonstige Ekzeme, akute Mandelentzündung, sonstige nichtinfektiöse Gastritis, Gastroenteritis und Kolitis, vaskuläre Insuffizienz des Darms, akute Rachenentzündung, Infekt der oberen Luftwege, Lumbago, vertebragenes Syndrom bzw. sonstige Affektionen).

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Weitere ernste Zweifel an einer im Wesentlichen berufsbedingten Verursachung der Polyneuropathie werden durch das untypische Krankheitsbild sowie die gesicherte Konkurrenzursache des Diabetes mellitus hervorgerufen (vgl. insoweit nochmals Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., M 1317, Anm. 3; BK-Report 2/2007, a.a.O., 145). Dr. K. hat hierzu ausgeführt, dass die normalen Nervenaktionspotentiale für eine toxische Verursachung der Polyneuropathie, bei der eine Reduktion der Amplituden zu erwarten sei, untypisch sind. Daneben hat er einen Tremor oder eine Ataxie, wie sie bei einer chronischen Intoxikation des Nervensystems häufig anzutreffen seien, ebenso ausgeschlossen. Schließlich haben Dr. B., Prof. Dr. B., Dr. K. und Prof. Dr. B. als wahrscheinliche Ursache der Polyneuropathie nicht die vom Kläger angeschuldigten beruflichen Belastungen, sondern den unabhängig hiervon bei ihm erstmals im Mai 2001 diagnostizierten Diabetes mellitus ausgemacht. Dies entspricht auch den Einschätzungen in den Arztbriefen des E.-E.-Klinikums F. vom 3 Juli 2007 sowie von Dr. A. vom 13. Februar 2008. Davon abweichende Bewertungen der eingeschalteten Ärzte liegen nicht vor. Der Senat sieht keine Veranlassung, sich dieser einhelligen Beurteilung nicht anzuschließen.

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Dem lässt sich auch der von PD Dr. B.r am 15. Januar 2002 festgestellte HCH-Wert von 1,449 µg/l nicht entgegen halten, zumal sich nach dessen Ausführungen aus der Überschreitung des Referenzwerts (bis 0,4 µg/l) schon nicht auf eine toxische Wirkung schließen lässt. Gegen die Wahrscheinlichkeit eines beruflichen Ursachenzusammenhangs spricht daneben, dass sich dieser Wert nach den Ausführungen von Dr. B. sowie Prof. Dr. B. ein halbes Jahr später wieder normalisiert hatte bzw. die bei einschlägig Exponierten gemessenen Vergleichswerte über 100fach erhöht waren.

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Nach alledem war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

45

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

46

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor, weil es sich um eine Entscheidung aufgrund tatsächlicher Würdigung auch rechtlich nicht umstrittener Grundlagen handelt.


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