Beschluss vom Oberlandesgericht Celle (9. Zivilsenat) - 9 W 73/22

Tenor

Der ein Zwangsgeld verhängende Beschluss des Amtsgerichts – Registergerichts – Walsrode vom 23. Juni 2022 und der zugrundeliegende Androhungsbeschluss vom 10. Mai 2022 werden auf die Rechtsmittel des Beschwerdeführers aus Rechtsgründen aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Betroffene ist eine 2009 ausweislich des memorandum of association vom Beschwerdeführer als Alleingesellschafter und einziges Organ errichtete private
limited by shares (im Folgenden: Limited) mit satzungsmäßigem Sitz und Eintragung im Companies House im Vereinigten Königreich. Die Gesellschaft hat ihren Verwaltungssitz zum frühest möglichen Zeitpunkt nach Gründung unter Errichtung einer deutschen Zweigniederlassung nach Deutschland verlegt (Bl. 166 f. d.A.) und ist mit der Zweigniederlassung seit April 2009 im deutschen Handelsregister (unter zweimaliger Verlegung des Sitzes der Zweigniederlassung) eingetragen.

2

Das Registergericht hat dem Beschwerdeführer in seiner Rolle als „Inhaber“ der Betroffenen mit Beschluss vom 10. Mai 2022 unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von € 1.500,- aufgegeben, entsprechend § 31 Abs. 2 HGB das Erlöschen der Zweigniederlassung in der Form des § 12 Abs. 1 HGB wegen Aufgabe des Gewerbebetriebes zum Handelsregister anzumelden (Bl. 68 d.A.). Dagegen hat der Beschwerdeführer unter dem 14. Mai 2022 Einspruch erhoben (Bl. 70 ff. d.A.). Diesen hat das Registergericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 23. Juni 2022 (Bl. 79 f. d.A.) als offensichtlich unbegründet verworfen und zugleich das angedrohte Zwangsgeld festgesetzt. Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit umfänglichen, teils schwer verständlichen Ausführungen vom 30. Juni 2022 (Bl. 81 ff. d.A.), die das Registergericht als Beschwerde behandelt und mit Nichtabhilfebeschluss vom 15. August 2022 (Bl. 125 f. d.A.) dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt hat.

II.

3

Die Beschwerde ist statthaft und in zulässiger Weise erhoben.

4

Sie bringt indes nichts argumentativ Durchgreifendes gegen die Beschlüsse betreffend Androhung und Verhängung des Zwangsgeldes vor. Sie hat dennoch im Ergebnis Erfolg, weil im Streitfall von Amts wegen zu beachtende Rechtsgründe der Zwangsgeldverhängung entgegenstehen.

5

Ungeachtet der Frage, ob das Registergericht mit Recht auf eine persönliche Anhörung des Beschwerdeführers verzichtet hat, die hier unentschieden bleiben kann, unterliegt die angefochtene Entscheidung im Streitfall der Aufhebung.

6

1.) Mit Recht geht das Registergericht in seinem Nichtabhilfebeschluss davon aus, dass die im Streitfall betroffene (Zweigniederlassung einer) Limited englischen Rechts, deren tatsächlicher Verwaltungssitz allein im Inland liegt, aufgrund des Brexit und des Verstreichens aller Übergangsfristen am 31. Dezember 2020 (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Februar 2021 – II ZB 25/17 –, juris Rn. 4; OLG München, Urteil vom 5. August 2021 – 29 U 2411/21 Kart –, juris Rn. 12) in dem Sinne nicht mehr existiert, dass sie ihre Rechtsfähigkeit verloren hat. Ein in diesem Sinne nicht mehr existenter, seiner Rechtsfähigkeit verlustiger Rechtsträger hat keine für ihn handlungsfähigen Organe mehr; folglich konnte dem Beschwerdeführer mit Beschluss vom 10. Mai 2022 auch nicht in irgendeiner Rolle in Bezug auf die Limited, zu deren HRB-Handelsregisterzeichen der Beschluss ergangen ist, aufgegeben werden, noch eine Anmeldung des vom Registergericht für erforderlich erachteten Inhalts für eben diese nicht mehr rechtsfähige Limited vorzunehmen.

7

2.) Soweit der Nichtabhilfebeschluss vom 15. August 2022 (Bl. 125 d.A.) dies dadurch argumentativ zu retten sucht, dass derartige Unternehmen nunmehr als einzelkaufmännische Unternehmen zu behandeln seien und der Beschwerdeführer demgemäß wie ein Einzelkaufmann zur Anmeldung verpflichtet sei, verfängt das nicht.

8

a) Zum einen steht im Streitfall bisher – ungeachtet der Gründung durch den Beschwerdeführer allein – nicht abschließend fest, dass die Zweigniederlassung zu einem einzelkaufmännischen Unternehmen geworden ist. Das Registergericht selbst hat in seinem Anschreiben vom 7. August 2021 (Bl. 39 d.A.) bezüglich der Zweigniederlassung sowohl den Beschwerdeführer als auch eine Frau L. A. angeschrieben, so dass sich die Limited bei Verlust ihrer Rechtsfähigkeit auch zur OHG gewandelt haben könnte (vgl. zu den Rechtsverhältnissen sog. Rest- und Spaltgesellschaften BGH, Beschluss vom 22. November 2016 – II ZB 19/15 –, juris, passim). In diesem Fall könnten aber nur der Beschwerdeführer und Frau
A. gemeinsam bezüglich einer solchen Personengesellschaft Anmeldungen vornehmen, § 108 HGB. In derartigen Konstellationen wäre es verfehlt, nur eine Person mit einem Zwangsgeld für eine Anmeldung zu belegen, die der Herangezogene nicht alleine vornehmen könnte.

9

b) Zum anderen fehlt es im Streitfall der Zwangsgeldandrohung und auch dem nachgehenden hier angefochtenen Zwangsgeldbeschluss an einer ordnungsgemäßen Beschlusspräzisierung, die das unter Zwangsgeldandrohung verlangte Verhalten so präzise und nachvollziehbar beschreibt, dass der Herangezogene dem ohne Weiteres nachkommen und das Beschwerdegericht ggfs. die Erfüllung des Geforderten prüfen könnte. Die Androhung lässt hier unter Hinzunahme des Nichtabhilfebeschlusses im Unklaren, bzgl. welchen im Register verzeichneten handlungsfähigen Rechtsträgers eine Anmeldung vorgenommen werden muss. Wollte das Registergericht den Beschwerdeführer als Einzelkaufmann zur Anmeldung der Aufgabe des Gewerbes verpflichtet sehen, stünde dem entgegen, dass er als solcher nicht eingetragen ist.

III.

10

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

 


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