Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 3 Wx 173/21
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 3. gegen den Beschluss des Amtsgerichts W...... vom 15. Juli 2021 wird zurückgewiesen.
1
G r ü n d e
2I.
3Der Beteiligte zu 3. beschwert sich gegen die Festsetzung des Geschäftswertes in dem von ihm erfolglos geführten Verfahren zur Erteilung eines Erbscheins nach dem Tod des Erblassers.
4Die Beteiligte zu 1. ist die zweite Ehefrau des Erblassers. Die Beteiligte zu 2. ist die Tochter der Beteiligten zu 1. aus der Ehe mit dem Erblasser. Der Beteiligte zu 3. ist der Sohn des Erblassers aus erster Ehe und Stiefbruder der Beteiligten zu 2..
5Mit Beschluss vom 19. August 2020 (GA 45 ff.) hat das Amtsgericht den Antrag des Beteiligten zu 3., ihn als Alleinerben des Erblassers zu bestimmen, kostenpflichtig zurückgewiesen und den Verfahrenswert auf 600.000 Euro festgesetzt. Es hat angenommen, dass der Beteiligte zu 3. zwar durch den Ehe- und Erbvertrag seiner Eltern vom 22. Juli 1961 als Alleinerbe nach dem Tod des letztversterbenden Ehepartners vorgesehen gewesen sei, der Erblasser aber nach seiner Wiederverheiratung im Jahre 1978 nicht gehindert gewesen sei, über sein eigenes Vermögen ein davon abweichendes Testament zu errichten. Von dieser Möglichkeit habe der Erblasser im Jahre 1984 Gebrauch gemacht und seine Ehefrau zur Vorerbin sowie seine Kinder zu gleichen Teilen zu Nacherben berufen.
6Dem anschließenden Antrag der Beteiligten zu 1. auf Erbscheinerteilung hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 8. Februar 2021 (GA 144 f.) stattgegeben und einen Erbschein erteilt, der die Beteiligte zu 1. als Vorerbin und die Beteiligten zu 2. und 3. als Nacherben des Erblassers ausweist.
7Am 24. Juni 2021 ist vom Grundbuchamt gemäß § 53 Abs. 1 GBO ein Amtswiderspruch gegen die Eintragung des Eigentums der Beteiligten zu 1. hinsichtlich deren alleiniger Berechtigung an dem ½-Anteil des Erblassers an dem Hausgrundstück „F...... in ….. W......“ eingetragen worden. Wie dem Senat aus dem dagegen bei ihm geführten Beschwerdeverfahren I – 3 Wx 170/21 bekannt ist, liegt dem Widerspruch die Annahme zugrunde, dass der Beteiligte zu 3. aufgrund Ehe- und Erbvertrages vom 22. Juli 1961 im Jahre 1978 möglichweise den Miteigentumsanteil seiner verstorbenen Mutter an der Immobilie geerbt habe.
8Mit Beschluss vom 15. Juli 2021 (GA 168 ff.) hat das Amtsgericht seine Festsetzung des Verfahrenswertes geändert und nunmehr einen Nachlasswert von 435.000 Euro zugrunde gelegt. Den Wert der in den Nachlass gefallenen Immobilie „F…… in …. W….“ hat es – der Eintragung im Grundbuch folgend – dem Erblasser zur Hälfte zugerechnet. Als weitere hälftige Miteigentümerin des Hausgrundstücks ist seit 1999 die Beteiligte zu 2. im Grundbuch vermerkt. Den gegen den Miteigentumsanteil der Beteiligten zu 1. gerichteten Amtswiderspruch hat das Nachlassgericht unberücksichtigt gelassen.
9Dagegen wendet sich der Beteiligte zu 3. mit seiner Beschwerde.
10Er ist der Auffassung, dem Erblasser habe lediglich ein ¼-Miteigentumsanteil an dem in Rede stehenden Grundbesitz zugestanden. Er selbst habe aufgrund Ehe- und Erbvertrages seiner Eltern vom 22. Juli 1961 nach dem Tod seiner vorverstorbenen Mutter im Jahr 1977 einen ¼-Miteigentumsanteil an der Immobilie geerbt. Der Miteigentumsanteil sei ihm aufgrund der im Ehe- und Erbvertrag vorgesehenen Wiederverheiratungsklausel zugefallen, nachdem sein Vater im Oktober 1978 die Beteiligte zu 1. in zweiter Ehe geheiratet habe. Hierdurch sei der Nacherbfall nach dem Tode seiner Mutter eingetreten.
11Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf mit weiterem Beschluss vom 27. August 2021 zur Entscheidung vorgelegt.
12Die dort zur Entscheidung berufene Einzelrichterin hat die Sache wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung mit Beschluss vom 25. Oktober 2021 auf den Senat übertragen.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.
14II.
15Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 3. hat keinen Erfolg.
16A.
17Das als Geschäftswertbeschwerde gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1 GNotKG statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsmittel der Beteiligten ist dem Senat infolge der vom Nachlassgericht mit weiterem Beschluss vom 27. August 2021 erklärten Nichtabhilfe zur Entscheidung angefallen, §§ 83 Abs. 1 Satz 5, 81 Abs. 3 GNotKG. Der Senat entscheidet über die Beschwerde als Kollegium, nachdem die an sich zuständige Einzelrichterin (§ 81 Abs. 6 Satz 1 GNotKG) die Sache wegen grundsätzlicher Bedeutung auf den Senat übertragen hat (§ 81 Abs. 6 Satz 2 GNotKG).
18B.
19In der Sache ist die Beschwerde aber unbegründet.
20Der Einwand des Beteiligten zu 3., der festgesetzte Geschäftswert des Nachlasses sei um 75.000 Euro zu reduzieren, weil die Immobilie „F...... in ….. W......“ lediglich zu einem Viertel im Eigentum des Erblassers gestanden habe, führt nicht zu einer Herabsetzung des Verfahrenswertes.
211.
22Maßgebend für die Festsetzung des Verfahrenswertes ist gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GNotKG der Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls (vgl. Korintenberg/Sikora, GNotKG, 21. Auflage 2020, § 40 Rn. 29).
23Gehört – wie im Streitfall – ein Grundstück zum Nachlass, ist für die Beurteilung der Eigentumsverhältnisse im Ausgangspunkt auf die Eintragung im Grundbuch abzustellen. Nur im Einzelfall kann eine reklamierte abweichende Eigentumslage Berücksichtigung finden. Dies kann beispielsweise in Betracht kommen, wenn die von der Eintragung abweichenden Eigentumsverhältnisse zwischen allen Beteiligten unstreitig sind oder sie sich zweifelsfrei aus öffentlichen Urkunden ergeben. In allen anderen Fällen ist es demgegenüber nicht die Aufgabe des Nachlassgerichts, die streitige materielle Eigentumslage im Wertfestsetzungsverfahren selbst zu klären. Ihm obliegt infolge dessen weder eine eigene Ermittlungspflicht noch hat es vor einer Festsetzung des Verfahrenswertes die Eigentumslage in rechtlicher Hinsicht zu prüfen. Denn das Wertfestsetzungsverfahren dient nicht der Beantwortung materiell-rechtlicher Fragen, sondern allein dem Zweck, bei der Abrechnung der Gerichtsgebühren der wirtschaftlichen Bedeutung der Angelegenheit Rechnung zu tragen. Ist die in Rede stehende abweichende Eigentumslage bereits Gegenstand eines anderen gerichtlichen Verfahrens, das für und gegen den von der Gebührenfestsetzung Betroffenen rechtliche Wirkung entfaltet, wird das Verfahren zur Festsetzung des Verfahrenswertes zur Vermeidung sich widersprechender gerichtlicher Entscheidungen im Allgemeinen nach § 21 FamFG bis zum Abschluss des vorgreiflichen Prozesses auszusetzen sein.
24Anders ist die Lage, wenn das Grundbuchamt – wie hier – gemäß § 53 Abs. 1 GBO von Amts wegen einen Widerspruch eingetragen hat, weil das Grundbuch nach seiner Auffassung unrichtig ist. In einem solchen Fall darf das Nachlassgericht seiner Ermittlung des Nachlasswertes nicht mehr alleine die eingetragenen, aber unter Widerspruch stehenden Eigentumsverhältnisse zugrunde legen. Es kann seine Wertfestsetzung entweder bis zur Klärung der Rechtmäßigkeit des Amtswiderspruchs aufschieben und im Falle der gerichtlichen Aufhebung des Widerspruchs auf die eingetragenen Eigentumsverhältnisse zurückgreifen. Das Nachlassgericht kann alternativ die mit dem Widerspruch verbunden Zweifel an der eingetragenen Eigentumslage berücksichtigen und anhand aller Umstände des Falles prüfen, ob das streitbefangene Grundstück in den Nachlass gefallen ist. Dabei hat das Nachlassgericht die Eigentumslage nicht abschließend und zu seiner vollen Überzeugung aufzuklären; vielmehr genügt – dem Zweck der Wertfestsetzung folgend – eine bloß summarische Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Das dabei gefundene Ergebnis hat es der Festsetzung des Verfahrenswertes zugrunde zu legen.
252.
26Nach den dargestellten Rechtsgrundsätzen hat das Amtsgericht den Geschäftswert im Ergebnis zutreffend auf 435.000 Euro festgesetzt und in diesem Zusammenhang dem Erblasser einen hälftigen Miteigentumsanteil an dem Hausgrundstück „F...... in ….. W......“ zugerechnet.
27a)
28Allerdings hat das Amtsgericht zur Rechtfertigung seiner Ansicht zu Unrecht auf die im Grundbuch eingetragenen Eigentumsverhältnisse abgestellt und den gegen den hälftigen Miteigentumsanteil des Erblassers eingetragenen Amtswiderspruch außer Betracht gelassen. Das ist rechtsfehlerhaft. Richtigerweise bietet die Grundbucheintragung nach Eintragung des Amtswiderspruchs keine hinreichend tragfähige Grundlage (mehr), dem Erblasser alleine auf dieser Basis einen hälftigen Miteigentumsanteil an der Immobilie „F...... in …… W......“ zuzurechnen.
29b)
30Das Amtsgericht hat die Frage, ob der Beteiligte zu 3. aus dem Nachlass seiner im Jahre 1977 verstorbenen Mutter einen Miteigentumsanteil an der in Rede stehenden Immobilie erlangt hat, in den beiden bei ihm geführten Erbscheinerteilungsverfahren auch nicht geklärt. Es hat weder im Zusammenhang mit dem Erbscheinantrag des Beteiligten zu 3. noch bei der Erteilung eines Erbscheins an die Beteiligte zu 1. zu der Frage Stellung nehmen müssen, ob der Beteiligte zu 3. nach dem Tod seiner Mutter Miteigentum an dem Hausgrundstück „F...... in ….. W......“ erlangt hat. Beide Gerichtsentscheidungen beschränken sich auf die Klärung der Rechtsnachfolge nach dem Tod des Erblassers und behandeln die Eigentumslage an dem Grundstück „F...... in ….. W......“ nicht.
31c)
32Der von dem Beteiligten zu 3. reklamierte Miteigentumsanteil steht zwischen den Beteiligten auch nicht außer Streit, so dass er aus diesem Gesichtspunkt in die Wertfestsetzung einfließen könnte. Dazu genügt die Feststellung, dass jedenfalls die Beteiligte zu 1. in dem vom Beteiligten zu 3. erwähnten Zivilprozess vor dem Landgericht Duisburg (………) einen gegenteiligen Standpunkt vertritt. In jenem Prozess nimmt die Beteiligte zu 1. die Beteiligte zu 2. im Wege der Stufenklage wegen der Mieteinnahmen und Ausgaben für das Objekt „F...... in ….. W......“ mit der Behauptung in Anspruch, sie selbst habe aufgrund des notariellen Testamentes vom 18. Juli 1984 den eingetragenen hälftigen Miteigentumsanteil des Erblassers an dem Hausgrundstück als Vorerbin erlangt und sei deshalb neben der Beteiligten zu 2. hälftig an den Mieterträgen beteiligt.
33d)
34Das vorliegende Wertfestsetzungsverfahren ist schließlich entscheidungsreif; es muss nicht bis zum Abschluss des angesprochenen Zivilprozesses vor dem Landgericht Duisburg ausgesetzt werden. Die Frage, ob der Beteiligte zu 3. einen Miteigentumsanteil an dem Hausgrundstück „F...... in …… W......“ im Wege der Erbfolge nach dem Tod seiner Mutter erlangt hat und ihm dieser Anteil bis zum Tod des Erblassers zustand, wird in jenem Rechtsstreit nicht mit rechtlicher Wirkung für und gegen die Prozessparteien und den Beteiligten zu 3. geklärt. Die Frage nach einem Miteigentumsanteil des Beteiligten zu 3. ist in diesem Prozess nur inzident, d.h. ohne Rechtskraftwirkung im Sinne von § 325 ZPO, zu entscheiden. Nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens wird das Landgericht Duisburg eine der Rechtskraft fähige Entscheidung alleine über die mit der erhobenen Stufenklage geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft, Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung und Auszahlung von Mietüberschüssen – und nicht auch über die diesen Ansprüchen zugrunde liegenden Eigentumsverhältnisse an dem streitgegenständlichen Hausgrundstück – treffen. Eine Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO, die auch die Feststellung der Eigentumsverhältnisse an dem Objekt „F...... in …… W......“ zur gerichtlichen Entscheidung stellen würde, ist weder von der Beteiligten zu 1. als Klägerin noch von der Beteiligten zu 2. als Beklagter im Wege der Widerklage erhoben worden. Der Beteiligte zu 3. ist dem Prozess trotz Streitverkündung seitens der Beklagten schon nicht prozessrechtlich wirksam beigetreten, weil er keinen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hat. Er hat in seinen eigenen Eingaben an das Landgericht zudem eine Zwischenfeststellungs-Widerklage gleichfalls nicht erhoben.
35e)
36Bei dieser Ausgangslage ist auf der Grundlage einer summarischen Beurteilung der gesamten Sach- und Rechtslage zu entscheiden, ob dem Erblasser ein hälftiger Miteigentumsanteil an dem Objekt „F...... in ….. W......“ zuzurechnen ist. Das ist im Ergebnis zu bejahen.
37aa)
38Der Beteiligte hat im Jahr 1978 den Miteigentumsanteil seiner Mutter an dem Hausgrundstück „F...... in …… W......“ erlangt. Der Ehe- und Erbvertrag, den der Erblasser im Jahre 1961 mit seiner ersten Ehefrau abgeschlossen hat, und die außer Streit stehende Wiederverheiratung des Erblassers im Jahre 1978 weisen diesen ursprünglichen Miteigentumserwerb des Beteiligten zu 3. nach. Der Ehe- und Erbvertrag bestimmt, dass die Ehegatten sich wechselseitig zu Vorerben einsetzen und der Beteiligte zu 3. nach dem Tod des Letztversterbenden Nacherbe des Erstversterbenden sowie Vollerbe des Letztversterbenden ist. Der notarielle Vertrag sieht überdies vor, dass die Nacherbfolge bei Wiederverheiratung des Überlebenden bereits zu diesem Zeitpunkt eintritt.
39bb)
40Aus dieser (rechtlichen und tatsächlichen) Lage ist indes nicht zu folgern, dass der Beteiligte zu 3. auch noch beim Tod des Erblassers im Jahre 2018 an der streitbefangenen Immobilie beteiligt war. Mit Recht verweist die Beteiligte zu 1. in ihren anwaltlichen Stellungnahmen zum Erbschaftsantrag des Beteiligten zu 3. auf notariell beurkundete Erklärungen des Erblassers und des Beteiligten zu 3. aus dem Jahr 1984. Sie legen den dringenden Schluss nahe, dass der Beteiligte zu 3. in Bezug auf den Miteigentumsanteil seiner Mutter an dem Objekt „F...... in …… W......“ dadurch abgefunden worden ist, dass der Erblasser ihm seinen Grundbesitz „B…… in W......“ unentgeltlich zu Eigentum übertragen hat. In der betreffenden Notarurkunde vom 4. April 1984 heißt es dazu auszugsweise:
41„Die Erschienenen (lies: der Erblasser und der Beteiligte zu 3.) wollen nunmehr den Ehe- und Erbvertrag vom 22. Juli 1961 weitgehend erfüllen, zumal der Übertraggeber sich wieder verheiratet hat und somit die Nacherbfolge eingetreten ist.
42Dies vorausgeschickt schließen die Erschienenen folgenden Übertragungsvertrag.
43……
44……
45Der Notar hat das Grundbuch …. eingesehen. In Abteilung II des Grundbuchs steht ein Vorerbenvermerk verzeichnet.
46Da die Übertragung auf den Übernehmer die Erfüllung des o.g. Testaments darstellen soll, bewilligen und beantragen sämtliche Erschienen die Aufhebung und Löschung dieses Vorerbenvermerks im Grundbuch (Unterstreichungen hinzugefügt).“
47In die gleiche Richtung weist der Inhalt des notariellen Testaments, das der Erblasser wenige Monate später am 18. Juli 1984 errichtet hat. Dort heißt es auszugsweise:
48Um den Ehe- und Erbvertrag vom 22. Juli 1961 mit meiner ersten Ehefrau zu erfüllen, habe ich am 4. April 1984 …. meinen Grundbesitz in W......, B….., …… auf meinen Sohn aus erster Ehe, nämlich ……, übertragen.
49Damit ist der Ehe- und Erbvertrag vom 22. Juli 1961 im wesentlichen vollzogen (Unterstreichungen hinzugefügt).“
50Soweit in den vorstehend zitierten Urkunden davon die Rede ist, der Ehe- und Erbvertrag vom 22. Juli 1961 sei durch die Grundstücksübereignung an den Beteiligten zu 3. „weitgehend“ bzw. „im wesentlichen“ erfüllt/vollzogen worden, ergeben sich daraus keine durchgreifenden Bedenken, dass der Beteiligte zu 3. in Bezug auf den Miteigentumsanteil seiner Mutter an dem Objekt „F...... in ….. W......“ abgefunden wurde. Zum einen fehlt in den beiden Urkunden jedweder Hinweis, dass der Ehe- und Erbvertrag gerade in Bezug auf die streitbefangene Immobilie nicht erfüllt werden sollte. Zum anderen – und vor allem – räumt der Beteiligte zu 3. in seinem anwaltlichen Schriftsatz vom 25. Februar 2020 (dort Seite 3, GA 35) selbst ein, dass der Übertragungsvertrag vom 4. April 1984 dem Zweck diente, ihn als Nacherben nach dem Tod seiner Mutter vollständig abzufinden. Wörtlich heißt es in dem Schriftsatz:
51„........Die Parteien haben vielmehr eine Lösung gefunden, wie mit der eingetretenen Nacherbfolge umgegangen werden soll.
52Der gesamte Vertrag (lies: vom 4. April 1984) hatte dementsprechend nur damit zu tun, die eingetretene Nacherbschaft zwischen den Parteien abzuwickeln. Es bestand nicht der Wille, damit auch eine Regelung über einen zukünftig noch anfallenden Erbfall zu treffen.
53Insbesondere sollte mit dem Vertrag nicht eine spätere Erbeinsetzung in irgendeiner Form erfüllt werden.
54..........
55Die Parteien beziehen sich also ausdrücklich darauf, dass sie die Nacherbfolge erfüllen wollen. Mit keinem Wort wird darüber gesprochen, dass die gesamte Regelung irgendeine Auswirkung auf die Einsetzung als Vollerbe haben soll.“
56Darin fügt sich ein, dass die Vertragsparteien den ursprünglich zur Beurkundung am 4. April 1984 vorgesehenen Vertragstext im Notartermin modifiziert und davon abgesehen haben, einen vollständigen Erb-, Erbteils- und Pflichtteilsverzicht des Beteiligten zu 3. nach dem Tod seiner Mutter und nach dem Ableben seines Vaters zu beurkunden. Die Textpassage
57„Mit dem Vollzug dieser Übertragung erklärt sich der Übernehmer als vom elterlichen Vermögen gänzlich abgefunden.
58Er verzichtet hiermit auf die Geltendmachung jeglicher Erb-, Erbteil- und Pflichtteilansprüche nach seiner verstorbenen Mutter und nach dem Übertraggeber (lies: Erblasser). Der Übertraggeber erklärt sich mit diesem Verzicht einverstanden (Unterstreichungen hinzugefügt).“
59ist im Notartermin aus dem Vertragstext gestrichen worden. Es ist ohne weiteres plausibel, dass die Abfindung des Beteiligten zu 3. wegen seiner erbrechtlichen Ansprüche nach dem Tod der Mutter im notariellen Vertrag vom 4. April 1984 als ein „weitgehender“ Vollzug des Ehe- und Erbvertrages vom 22. Juli 1961 bezeichnet wird.
60(3)
61Mit dem Vollzug des Übertragungsvertrages vom 4. April 1984 war der Beteiligte zu 3. somit als Nacherbe seiner Mutter in vollem Umfang abgefunden und besaß seither keine erbrechtlichen Ansprüche oder Rechte mehr wegen des Hausgrundstücks „F...... in …… W......“. Dementsprechend gehört der ursprüngliche Miteigentumsanteil der Mutter des Beteiligten zu 3. zum Nachlassvermögen des Erblassers und ist bei der Bemessung des Verfahrenswertes in voller Höhe zu berücksichtigen.
62III.
63Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 83 Abs. 3 GNotKG).
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Referenzen
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