Beschluss vom Oberlandesgericht Hamm - 6 WF 106/15
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 24.03.2015 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Tecklenburg vom 11.03.2015 (AZ: 20 F 6/10) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beteiligte zu 1).
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.100,00 € festgesetzt.
1
Gründe:
3I.
4In der diesem Vergütungsverfahren zugrunde liegenden Familiensache hat die Kindesmutter die Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts für die aus der nicht ehelichen Beziehung mit dem Kindesvater hervorgegangenen gemeinsamen Kinder L und K beantragt. Der Kindesvater hat die Gewährung eines Umgangsrechts mit den Kindern begehrt.
5Nachdem das Verfahren hinsichtlich des Sorgerechts für erledigt erklärt worden war, hat das Amtsgericht- Familiengericht- mit Beschluss vom 19.01.2011 für die Kinder den Beteiligten zu 1) zum berufsmäßigen Verfahrensbeistand für das Umgangsverfahren bestellt und ihm die Wahrnehmung der zusätzlichen Aufgaben gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG übertragen. Zu den anberaumten Terminen zur mündlichen Verhandlung vom 24.03.2011 und 09.05.2011 ist der Kindesvater nicht erschienen. Das Amtsgericht hat daraufhin das Verfahren seit dem 09.05.2011 nicht weiter betrieben und die Akte weggelegt.
6Der Beteiligte zu 1) hat mit Schreiben vom 17.11.2014 beantragt, für seine Tätigkeit als Verfahrensbeistand insgesamt eine Vergütung in Höhe von 1.100,00 € festzusetzen. Nach Anhörung der Beteiligten zu 2) hat die zuständige Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle mit Beschluss vom 11.03.2015 den Antrag des Beteiligten zu 1) auf Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung unter Hinweis auf die 15- monatige Ausschlussfrist des § 1835 Abs. 1, Satz 3 BGB zurückgewiesen.
7Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz vom 24.03.2015, eingegangen bei Gericht am 26.03.2015, „Erinnerung“ eingelegt. Das Amtsgericht –Familiengericht hat der „Erinnerung“ mit Beschluss vom 01.04.2015 nicht abgeholfen und sie dem Richter zur Entscheidung vorgelegt. Dieser hat mit Verfügung vom 16.04.2015 die „Erinnerung“ dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
8II.
9Die als Beschwerde auszulegende Erinnerung des Beteiligten zu 1) ist gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
10Zu Recht hat das Amtsgericht –Familiengericht- mit Beschluss vom 11.03.2015 den Antrag des Beteiligten zu 1) vom 17.11.2014 auf Festsetzung seiner Vergütung zurückgewiesen. Dem Beteiligten zu 1) steht die beanspruchte Vergütung nicht zu, weil er sie nicht innerhalb der Ausschlussfrist des § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB geltend gemacht hat.
11Denn die 15 –monatige Ausschlussfrist des § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB findet auch auf die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen des berufsmäßigen Verfahrensbeistandes entsprechende Anwendung.
12Zwar verweist § 158 Abs. 7 Satz 1 FamFG seinem Wortlaut nach nur für den Aufwendungsersatzanspruch des nicht berufsmäßigen Verfahrensbeistandes über § 277 Abs. 1 FamFG auf die Vorschrift des § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB. Dagegen findet sich ein solcher Verweis nicht für die Vergütung des berufsmäßigen Verfahrensbeistandes. Die insofern maßgebende Vorschrift des § 158 Abs. 7 Satz 6 FamFG verweist lediglich auf § 168 Abs. 1 FamFG. Dieser enthält keine Frist zur Geltendmachung der Vergütung und verweist seinerseits auch nicht auf eine entsprechende Norm.
13Allerdings ist § 168 FamFG nach Ansicht des Senats so auszulegen, dass sämtliche Vorschriften der §§ 1835 ff. BGB und damit auch § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB im Verfahren nach § 168 BGB zur Anwendung gelangen sollen (so im Ergebnis auch Keidel- Engelhardt, FamFG, 18. Aufl., § 168 Rdnr. 18; a.A. OLG Köln FamRB 2015, 253). Denn § 168 FamFG beinhaltet keine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage, sondern trifft die verfahrensrechtlichen Regelungen für die Festsetzung von Ansprüchen nach den §§ 1835 ff. BGB (vgl. Keidel- Engelhardt, FamFG, 18. Aufl., § 168 Rdnr. 1). Da die §§ 1835 ff. BGB jedoch bereits eine Ausschlussfrist enthalten, müsste sie in § 168 FamFG nicht wiederholt werden.
14Für eine derartige Auslegung der Norm spricht der Sinn und Zweck der Ausschlussfrist, der darin besteht, im Interesse des Zahlungspflichtigen eine zeitnahe Abrechnung zu gewährleisten (vgl. Palandt- Diedrichsen, BGB, 74. Aufl., § 1835 Rdnr. 20). So findet für die Geltendmachung der Vergütungs- und Aufwendungsersatzansprüche von Vormündern, Ergänzungspflegern, Betreuern und Verfahrenspflegern die Ausschlussfrist uneingeschränkte Anwendung. Anhaltspukte dafür, die eine unterschiedliche Behandlung der Vergütung eines berufsmäßigen Verfahrensbeistandes rechtfertigen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ergeben sich solche nicht aus der Gesetzesbegründung. Im ursprünglichen Gesetzesentwurf vom 07. September 2007 (BT-Drucks. 16/6308) war hinsichtlich der Vergütung des Verfahrensbeistandes ohne Unterscheidung zwischen berufsmäßiger und nicht berufsmäßiger Führung eine Verweisung auf § 277 FamFG vorgesehen. Denn in der Begründung zu § 158 Abs. 7 FamFG war lediglich ausgeführt, dass dieser dem bisherigen § 50 Abs. 5 FGG entsprechen sollte. Dieser wiederum verwies auf § 67 a FGG, der seinerseits auf § 1835 BGB verwies. Damit war ursprünglich die Geltung der Ausschlussfrist für alle Vergütungsansprüche beabsichtigt. Seine derzeitige Fassung erhielt § 158 Abs. 7 FamFG aufgrund Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 23. Juni 2008 (BT-Drucks. 16/9733). Nunmehr wurde hinsichtlich der Vergütung zwischen berufsmäßiger und nicht berufsmäßiger Führung unterschieden, wobei lediglich die Vergütung für den berufsmäßigen Verfahrensbeistand auf eine Fallpauschale umgestellt wurde. Die Beschlussempfehlung enthält dabei nur Ausführungen zur Einführung der Pauschale, verhält sich jedoch nicht zu der nunmehr vorgenommenen Verweisung auf § 168 FamFG für den berufsmäßigen Verfahrensbeistand einerseits und § 277 FamFG für den nicht berufsmäßigen Verfahrensbeistand andererseits. Ihr ist dagegen nicht zu entnehmen, dass mit der nunmehr vorgenommenen Verweisung hinsichtlich der Vergütung des berufsmäßigen Verfahrensbeistand auf § 168 FamFG ausdrücklich die Ausschlussfrist des § 1835 Abs. 1 S. 3 BGB für diesen nicht gelten sollte (OLG Zweibrücken MDR 2015, 772).
15Die Voraussetzungen des § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB sind im Streitfall erfüllt. Danach erlischt der Vergütungsanspruch, wenn er nicht binnen 15 Monaten nach seiner Entstehung geltend gemacht wird. Grundsätzlich entsteht der Vergütungsanspruch mit Aufnahme der vergütungspflichtigen Tätigkeit. Für dieses Verständnis der "Entstehung" des Anspruchs ist allerdings dort kein Raum, wo das Gesetz die Vergütung nicht mehr an eine bestimmte Tätigkeit oder überhaupt an ein Tätigwerden anknüpft, sondern eine vom konkreten Arbeitseinsatz losgelöste und nur noch formal an die fortbestehende Dauer der Betreuung anknüpfende Vergütung zubilligt. In solchen Fällen ist auf die Beendigung der Tätigkeit abzustellen (vgl. BGH FamRZ 2008, 1611). Da der berufsmäßige Verfahrensbeistand eine pauschalierte, vom konkreten Arbeitseinsatz losgelöste Vergütung erhält, entsteht sein Vergütungsanspruch mit Beendigung seiner Tätigkeit (so im Ergebnis auch (OLG Zweibrücken a.a.O.).
16Im Streitfall endete die Tätigkeit des Beteiligten zu 1) mit Beendigung des Verfahrens. Die Verfahrensbeendigung trat –da das Verfahren nicht weiter betrieben worden ist- spätestens nach Ablauf von 6 Monaten nach der letzten Verfahrenshandlung ein. Dieser Zeitpunkt ist unstreitig der 09.11.2011. Da der Beteiligte zu 1) erst mit Schreiben vom 17.11.2014 seine Vergütung beansprucht hat, ist die Ausschlussfrist des § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht gewahrt.
17Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
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Referenzen
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- BGB § 168 Erlöschen der Vollmacht 1x
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- § 67 a FGG 1x (nicht zugeordnet)
- FamFG § 277 Vergütung und Aufwendungsersatz des Verfahrenspflegers 3x
- 20 F 6/10 1x (nicht zugeordnet)
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- FamFG § 84 Rechtsmittelkosten 1x
- §§ 58 ff. FamFG 1x (nicht zugeordnet)