Beschluss vom Oberlandesgericht Hamm - 4 (s) Sbd I - 6/19
Tenor
Das Amtsgericht – Jugendrichter als Vollstreckungsleiter – I wird als das zuständige Gericht für das Verfahren zur Vollstreckung der durch Urteil des Landgerichts Münster vom 12.10.2018 angeordneten Einziehung des Wertersatzes bestimmt.
1
Gründe
2I.
3Gegen den Verurteilten wurde durch Urteil des Landgerichts Münster vom 12.10.2018 - 3 KLs -210 Js 5/18- 19/18- neben einer Jugendstrafe von drei Jahren auch die Einziehung des Wertersatzes in Höhe von 211.632,84 EUR angeordnet. Die Jugendstrafe verbüßt der Verurteilte in der JVA I. Das Strafende ist auf den 27.03.2021 berechnet.
4Mit Verfügung vom 21.01.2019 wurde das Vollstreckungsverfahren vom Amtsgericht Gelsenkirchen an das Amtsgericht Herford mit der Bitte um weitere Veranlassung auch bzgl. der Vollstreckung der Einziehung des Wertersatzes dem Zusatz abgegeben.
5Das Amtsgericht Herford hat mit Schreiben vom 29.01.2019 die Übernahme abgelehnt.Mit Verfügung vom 09.05.2019 hat das Amtsgericht Gelsenkirchen die Sache dem Senat zur Bestimmung des zuständigen Gerichts für das Verfahren zur Vollstreckung der Einziehung des Wertersatzes vorgelegt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, insoweit den für die Vollstreckung der Jugendstrafe zuständigen Jugendrichter beim Amtsgericht Herford auch hierfür als zuständiges Gericht zu bestimmen. Der Verurteilte hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
6II.
7Der Senat hat gem. § 14 StPO den Jugendrichter als Vollstreckungsleiter bei dem Amtsgericht Herford als für die Vollstreckung der Einziehung des Wertersatzes zuständiges Gericht bestimmt.
8Dass der Jugendrichter als Vollstreckungsleiter bei dem Amtsgericht Herford für die Vollstreckung der Jugendstrafe zuständig ist, ergibt sich aus § 85 Abs. 2 S. 1 JGG. Die Vorschrift gilt nicht nur für die Zuständigkeit betreffend die Vollstreckung der Jugendstrafe, sondern jedenfalls auch für die Vollstreckung der Einziehung des Wertersatzes.
9Zwar könnte der systematische Zusammenhang mit der Vollstreckung der Jugendstrafe zunächst dafür sprechen, dass mit dem Begriff „Vollstreckung“ nur die Vollstreckung der Jugendstrafe gemeint ist. Auch der Umstand, dass in § 85 Abs. 4 JGG ausdrücklich eine entsprechende Anwendung von Absatz 2 bzgl. der Maßregeln der Besserung und Sicherung nach § 61 Abs. Nr. 1 und 2 StGB bestimmt ist (also nicht bzgl. sämtlicher „Maßnahmen“, zu denen auch die Einziehung zählt, vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB), spricht in systematischer Hinsicht eher gegen eine Einbeziehung der Vollstreckung der Einziehung von Wertersatz in § 85 Abs. 2 JGG.
10Der Wortlaut selbst ergibt ein solches einengendes Verständnis allerdings nicht und schließt die Vollstreckung von weiteren Sanktionen neben der eigentlichen Jugendstrafe nicht aus. Zudem war schon früher in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass „Vollstreckung“ die Vollstreckung auch anderer Rechtsfolgen als die der Jugendstrafe oder der o.g. freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung betrifft (OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 285). Hieran hat der Gesetzgeber offenbar bisher keinen Anstoß genommen (vgl. LG Hamburg, Beschl. v. 07.05.2018 – 610 KLs 10/17 jug). Auch kann der mit § 85 Abs. 2 JGG verfolgte Grundsatz der Vollzugsnähe (vgl. Eisenberg, JGG, 20. Aufl., § 85 Rdn. 9) bei der Vollstreckung der Einziehung des Wertersatzes zumindest mittelbar zum Tragen kommen. So kann die Frage der Vollstreckung der Einziehung von Wertersatz und der damit verbundenen finanziellen Belastungen des Verurteilten wiederum Auswirkungen auf die Legalprognose haben. Letztlich erscheint ein Auseinanderfallen der Zuständigkeiten auch unzweckmäßig.
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Referenzen
- JGG § 85 Abgabe und Übergang der Vollstreckung 4x
- StGB § 61 Übersicht 1x
- StGB § 11 Personen- und Sachbegriffe 1x
- 210 Js 5/18 1x (nicht zugeordnet)
- StPO § 14 Zuständigkeitsbestimmung durch das gemeinschaftliche obere Gericht 1x
- 610 KLs 10/17 1x (nicht zugeordnet)