Beschluss vom Hanseatisches Oberlandesgericht (8. Zivilsenat) - 8 W 84/18

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Nebenintervenientin D. GmbH & Co KG gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hamburg vom 6.6.2018 wird zurückgewiesen. Die Nebenintervenientin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Streitwert von € 890,40 zu tragen.

Gründe

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Die sofortige Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die beantragte Terminsgebühr nicht zur Erstattung festgesetzt.

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Die Nebenintervenientin ist Streithelferin der Beklagten. Auch die weitere Nebenintervenientin, die P. GmbH, ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten. Die Nebenintervenientin und Beschwerdeführerin begehrt die Festsetzung einer Terminsgebühr für zwei Telefonate, die ihr Prozessbevollmächtigter mit den Prozessbevollmächtigten der Beklagten und der anderen Nebenintervenientin am 2.6.2017 über die Möglichkeit einer gütlichen Einigung mit der Klägerin geführt habe.

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Gemäß der Vorbem.3 Abs.3 Nr.2 VV RVG entsteht die Terminsgebühr auch für die Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind; dies gilt nicht für Besprechungen mit dem Auftraggeber. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung wird somit nicht festgelegt, mit wem die auf Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung erfolgt. Nur Besprechungen mit dem Auftraggeber sind ausgeschlossen. Dementsprechend wird - wie die Beschwerde zutreffend ausführt - die Auffassung vertreten, dass auch die Besprechung zwischen einem Streithelfer und der von ihm unterstützten Partei jedenfalls dann eine Terminsgebühr auslöst, wenn der Streithelfer selbst in die einvernehmliche Regelung mit einbezogen wird (Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, 23.Aufl.,VV Vorb.3, Rn.189 und 208).

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In einem Beschluss vom 19.2.2013 (Aktz.10 AZB 2713) hat das Bundesarbeitsgericht die Entstehung einer Terminsgebühr für eine Besprechung zwischen zwei Streitgenossen abgelehnt, wenn nicht der Gegner vorab seine grundsätzliche Bereitschaft zum Eintritt in Vergleichsgespräche kundgetan habe. Hierin heißt es :

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„Die Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 iVm. Nr. 3104 VV RVG ersetzt sowohl die frühere Verhandlungs- als auch die Erörterungsgebühr nach § § 31 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 BRAGO. Die Regelung sollte zu einer erheblichen Vereinfachung führen und einen Anreiz dafür schaffen, dass der Anwalt nach seiner Bestellung in jeder Phase des Verfahrens zu einer möglichst frühen, der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung des Verfahrens beiträgt. Deshalb soll die Gebühr schon verdient sein, wenn der Anwalt an auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts mitwirkt, insbesondere wenn diese auf den Abschluss des Verfahrens durch eine gütliche Regelung zielen. Vor allem wollte der Gesetzgeber die Praxis beseitigen, nur deshalb einen gerichtlichen Verhandlungstermin anzustreben, weil solche Besprechungen nach den Regelungen der BRAGO nicht honoriert wurden (BT-Drucks. 15/1971 S. 209). Die mit der Neuregelung des Anwaltsvergütungsrechts geschaffene Verfahrensgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 2 VV RVG sollte demgegenüber dem Abgeltungsbereich der Prozessgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO entsprechen. Durch die erhöhte Verfahrensgebühr sollten die notwendigen Vorarbeiten nach Erteilung des Auftrags abgegolten sein, sowie „die im Zusammenhang mit dem gerichtlichen Verfahren notwendigen Besprechungen mit Mandanten, Dritten, Behörden, Gerichten, Sachverständigen, Architekten usw.“, ebenso wie die Mitwirkung bei der Auswahl und Beschaffung von Beweismitteln einschließlich dem etwa notwendigen Schriftwechsel (BT-Drucks. 15/1971 S. 209 f).

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Dementsprechend fällt die Terminsgebühr zB an, wenn auf Vorschlag des Gerichts ein schriftlicher Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO geschlossen wird (BGH 3. Juli 2006 - II ZB 31/05 - NJW-RR 2006, 1507) oder der Gegner eine auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Erklärung zwecks Prüfung und Weiterleitung an seine Partei entgegennimmt (BGH 20. November 2006 - II ZB 9/06 - NJW-RR 2007, 286). Bei der Terminsgebühr handelt es sich allerdings weder um eine allgemeine Korrespondenzgebühr, die von der Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins vollständig abgekoppelt wäre (BGH 1. Februar 2007 - V ZB 110/06 - Rn. 20, NJW 2007, 1461), noch genügt ein allgemeines Gespräch über die grundsätzliche Bereitschaft oder abstrakte Möglichkeit einer außergerichtlichen Einigung (BGH 21. Januar 2010 - I ZB 14/09 - Rn. 7, ZfSch 2010, 286). Insbesondere verlangt der Gesetzeszweck aber, dass überhaupt die Bereitschaft der Gegenseite besteht, in Verhandlungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Beendigung des Verfahrens einzutreten.

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Verweigert der Gegner von vornherein entweder ein sachbezogenes Gespräch oder eine gütliche Einigung, kommt eine Besprechung bereits im Ansatz nicht zustande und das Ziel einer einvernehmlichen Regelung kann nicht erreicht werden (BGH 20. November 2006 - II ZB 9/06 - Rn. 7 f., aaO). Dies muss erst recht gelten, wenn die Besprechung mit einem Dritten stattfindet, der nicht im „Lager des Gegners“ steht. Eine Besprechung zwischen den Bevollmächtigten mehrerer Beklagten kann zwar die Einleitung von Vergleichsgesprächen mit dem Gegner fördern. Ohne dass der Gegner aber seine Bereitschaft offengelegt hat, überhaupt in solche Gespräche einzutreten, kann eine solche Besprechung noch nicht der Beilegung eines gerichtlichen Verfahrens iSd. Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG dienen (ebenso Bischof in Bischof Vorbem. 3 VV Teil 3 Rn. 76b). Solche Aktivitäten sind vielmehr bereits durch die Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 VV RVG abgegolten.“

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(Rn.13,14, zit. nach juris).

9

Der Senat folgt den überzeugenden Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts zu Besprechungen zwischen Streitgenossen. Vorliegend handelt es sich zwar um Besprechungen zwischen einer Streithelferin und der von ihr unterstützten Hauptpartei bzw. einer weiteren Streithelferin derselben Hauptpartei. Ebenso wie bei einer Besprechung zwischen zwei Streitgenossen ist jedoch die Gegenpartei nicht beteiligt, so dass eine Terminsgebühr nur entstanden wäre, wenn die Gegenpartei vorab zumindest grundsätzlich ihre Vergleichsbereitschaft bekundet hätte. Dies hat die Beschwerdeführerin weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Der Akte ist nur zu entnehmen, dass das Landgericht in der Verhandlung vom 18.5.2017 mit den Parteien Einigungsmöglichkeiten erörtert hat und ihnen sodann aufgegeben hat, bis zum 8.6.2017 mitzuteilen, ob eine vergleichsweise Einigung in Betracht komme, die sodann ggf. im Beschlusswege nach § 278 Abs.6 ZPO festzustellen wäre (Hervorhebung durch den Senat). Die Klägerin hat sodann mit Schriftsatz vom 8.6.2017 mitteilen lassen, dass sie einem Vergleich gemäß den Erörterungen im Verhandlungstermin vom 18.5.2017 nicht zustimme. Hieraus lässt sich nicht erkennen, ob die Klägerin vor den Telefonaten der Beschwerdeführerin vom 2.6.2017 grundsätzlich ihre Vergleichsbereitschaft bekundet hatte.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.

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