Beschluss vom Hanseatisches Oberlandesgericht (12. Zivilsenat) - 12 WF 81/21

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 26. März 2021 wird zurückgewiesen.

Gründe

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I. Der Antragsteller begehrt von seiner getrennt lebenden Ehefrau eine Entschädigung für die Nutzung der Ehewohnung.

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Der 47-jährige Antragsteller und die 42-jährige Antragsgegnerin sind miteinander verheiratet und haben zwei gemeinsame Töchter. Der Ehemann ist Inhaber eines dinglichen Nießbrauchsrechts an einem Reihenhaus, in dem die Familie gemeinsam wohnte. Seine Mutter ist die Alleineigentümerin. Sie ist weiter Eigentümerin des Nachbarhauses. Die Eheleute nächtigten zuletzt innerhalb des Hauses in getrennten Schlafräumen. Die Ehefrau übernachtete mit der 2-jährigen Tochter im Wohnzimmer im Erdgeschoss, der Ehemann nutzte das Schlafzimmer im Obergeschoss für sich. Die beiden Kinder haben jeweils ein Kinderzimmer und die übrigen Zimmer nutzten die Eheleute gemeinsam. Die exakte Aufteilung der Räume ist zwischen den Eheleuten umstritten. Das Reihenhaus hat eine Wohnfläche von circa 73 qm. Zwischen den Beteiligten sind Sorgerechtsverfahren anhängig. Der Ehemann ist Geschäftsführer einer Gesellschaft, deren Inhaber seine in Nigeria lebende Familie ist und die ihren Firmensitz in der Ehewohnung hat. Er erhält ein Gehalt von gut 700 € und zahlt für seine weiteren zwei Kinder aus einer anderen Beziehung insgesamt monatlich 400 €. Die Eheleute verfügen über getrennte Konten. Die Ehefrau zog Mitte Januar 2021 mit den 9 und 2-jährigen Töchtern aus der Ehewohnung aus.

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Der Ehemann forderte die Ehefrau unter dem 1. August 2020 zur Beteiligung in Höhe von 50% an den Wohnkosten auf und konkretisierte die Höhe mit anwaltlichem Schreiben vom 8. September 2020.

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Der Ehemann behauptet, dass er lediglich über ein Einkommen in Höhe von rund 700 € verfüge. Er sei nur eingeschränkt belastbar und könne nur einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen. Er trage die Kosten für das Haus alleine. Er trage auch Kosten für die Verpflegung und Kleidung der Kinder. Die hohen Ausgaben könne er sich nur deswegen leisten, weil ihm sein Arbeitgeber ein Darlehen gewähre. Im Laufe des Jahres 2019 habe sich das Darlehen um fast 20.000 € erhöht. Er lebe weniger von seinem Arbeitslohn und mehr von Krediten. Der Ehemann ist der Ansicht, dass der Wohnwert bei einer Nettokaltmiete von 16,50 € pro qm monatlich 1.200 € betrage. Darüber hinaus fielen monatlich Nebenkosten in Höhe von 620 € an. Die Ehefrau verfüge über ein Einkommen von 1.300 € und vereinnahme das Kindergeld für beide Kinder. Die gemeinsamen Kinder hätten die Beteiligten gemeinsam betreut.

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Der Antragsteller beantragt,

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die Antragsgegnerin zu verpflichten für den Zeitraum vom 1. August 2020 bis zum 15. eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 2.730 € an ihn zu zahlen.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag zurückzuweisen.

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Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, dass ein Anspruch des Ehemanns aufgrund der wirtschaftlichen Verflechtung der Eheleute ausscheide. Der Ehemann habe die Darlehensraten für das Einfamilienhaus getragen, während sie sich um die Betreuung und Versorgung der Kinder und den Haushalt gekümmert habe. Für die Haushaltsausgaben wie Lebensmittel, Kleidung, Hygienebedarf und Reinigungsmittel komme sie auf. Der Ehemann habe lediglich ein einziges Mal während des ehelichen Zusammenlebens Kleidung für die Kinder erworben. Sie trage die Kosten für den Klavierunterricht der gemeinsamen Tochter, das Essensgeld, die Kitagebühren und spare für die Kinder. Der Ehemann verfüge über ein weit höheres Einkommen und Vermögen. So nutze er einen 7-Sitzer Mercedes SUV. Es sei schockierend, dass er behaupte, dass seine Mutter Eigentümerin der Immobilien sei.

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Das Amtsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mit Beschluss vom 26. März 2021 zurückgewiesen. Für die Billigkeitsabwägung seien die Gesamtumstände des Einzelfalls, insbesondere die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse sowie die laufenden Belastungen maßgebend. Diese habe der Antragsteller nicht hinreichend dargelegt. Insbesondere blieben seine wirtschaftlichen Verhältnisse nebulös. Seine Ausgaben überstiegen seine Einnahmen bei weitem. Es sei offensichtlich, dass die tatsächlichen Einnahmen deutlich über den behaupteten lägen. Gegen die Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.

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II. Die zulässige sofortige Beschwerde des Ehemanns ist nicht begründet.

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Gemäß §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Der Antragsteller hat weder dargelegt, dass er bedürftig ist (dazu unter 1.), noch dass die Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg hat (dazu unter 2.).

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1. Der Antragsteller hat nicht ausreichend dargelegt, dass er bedürftig ist. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers sind für das Gericht in erheblichem Umfang unklar geblieben. Der Antragsteller ist Geschäftsführer einer im Familienbesitz liegenden Gesellschaft. Er bezieht ein Gehalt in Höhe von gut 700 € monatlich. Davon zahlt er einen Unterhalt in Höhe von monatlich 400 € an seine Kinder aus einer früheren Beziehung. Im Verfahren hat er vorgetragen, dass er Nebenkosten für die Ehewohnung in Höhe von 620 € monatlich trage. Aus den eingereichten Unterlagen ergibt sich, dass sich seine eigenen Finanzen und die Finanzen der Gesellschaft stark vermischen. Er teilt mit, dass er über kein privates Kraftfahrzeug verfügt. Trotzdem werden die Kraftfahrzeugsteuer und Benzinkosten über sein privates Konto beglichen. Der Antragsteller teilt weiter mit, dass die Gesellschaft keine Kosten für die Ehewohnung bezahlt. Er reicht jedoch Rechnungen für Strom, Schornsteinfeger, Reparaturen und Telekommunikation ein, die auf die Gesellschaft ausgestellt sind. Auf weiteren Rechnungen finden sich Vermerke, wie z.B. der Stempel „gebucht“, die darauf hindeuten, dass die Rechnungen über die Gesellschaft bezahlt wurden. Der Rechnung für den Bezug von Strom ist zu entnehmen, dass sie nicht über das private Konto beglichen wird. Soweit er mitteilt, dass die Kosten über die „Kasse“ verrechnet werden, ist dies nicht dargelegt. Soweit der Antragsteller mitteilt, dass er von Krediten der Gesellschaft lebt, hat er diese – auch in Abgrenzung zu verdeckten Gewinnausschüttungen - nicht ausreichend dargelegt.

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2. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung gegen die Antragsgegnerin aus § 1361 b Abs. 3 S. 2 BGB. Gemäß § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB kann von dem nutzungsberechtigten Ehegatten eine Vergütung verlangt werden, soweit dies der Billigkeit entspricht. Der Antragsteller ist Inhaber eines dinglichen Nießbrauchsrechts an der Ehewohnung. Er hat jedoch nicht dargelegt, dass eine Nutzungsentschädigung der Billigkeit entspricht. Im Fall der Aufteilung der Ehewohnung unter den Ehegatten entspricht eine Nutzungsvergütung in der Regel nicht der Billigkeit. Ein typischerweise mit dem Verlust des Rechts zum Besitz an der gesamten Wohnung für den überlassungspflichtigen Ehegatten einhergehende finanzielle Aufwand entsteht nicht, wenn lediglich ein Teil der Wohnung überlassen werden muss. Dies gilt unabhängig von der Rechtslage hinsichtlich der Ehewohnung, also auch dann, wenn der Alleineigentümer der Wohnung überlassungsverpflichtet ist (vgl. BeckOGK/Erbarth, Stand 1.6.2021, § 1361b Rn. 232). Etwas anderes kommt dann in Betracht, wenn der Antragsteller darlegt, dass sich die finanziellen Verhältnisse in einer Weise darstellen, dass die Verpflichtungen einseitig zu seinen Lasten verteilt sind. Da die Beteiligten ihre finanziellen Verhältnisse während der intakten Ehe in einer bestimmten Weise geregelt haben, ist jedoch im Ansatz davon auszugehen, dass die bestehende Lastenverteilung der Billigkeit entspricht und sich nicht durch die Trennung der Eheleute innerhalb der gemeinsamen Wohnung geändert hat. Gegenteiliges hat der Antragsteller nicht vorgetragen. Vielmehr hat er insoweit nur darauf verwiesen, dass er von Krediten der Gesellschaft lebt. Insoweit wirkt sich aber zu seinen Lasten aus, dass die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers aufgrund der Vermischung seines privaten Einkommens und dem der Gesellschaft unklar bleiben.

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