Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts K. vom 21. Oktober 2002 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Amtsgericht K. zurückverwiesen.
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Nach den getroffenen Feststellungen reiste der Betroffene am 05.10.2001 aus der Türkei in die Bundesrepublik Deutschland über den Flughafen S. ein, wobei er türkische Sparbücher mit einer Gesamteinlage von umgerechnet DM 123.353,67 bei sich führte. Auf Aufforderung des Zollbeamten Sch. bei der Einreisekontrolle, mitgeführtes Bargeld Wertpapiere, Schecks, Wechsel, Edelmetalle, Edelsteine, Sparbücher und Kreditbriefe mit einem Gesamtwert von über DM 30.000 anzugeben, verschwieg er diese, wobei das Amtsgericht zu Gunsten des Betroffenen davon ausging, dass er wegen seiner Schwerhörigkeit lediglich die Aufforderung zur Angabe von „Geld und Gold“ im Wert von über DM 30.000 verstanden hatte.
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Das Amtsgericht hat hierin eine Ordnungswidrigkeit des fahrlässigen Verstoßes gegen das Finanzverwaltungsgesetz (FVG) erblickt und den Betroffenen am 21.10.2002 zu einer Geldbuße von 1.000 Euro verurteilt. Der Tatrichter ist der Ansicht, der Betroffene habe fahrlässig gehandelt, weil er bei dem Zollbeamten nicht näher nachgefragt habe, obwohl der Betroffene - ohne es näher zu verstehen - durchaus gemerkt habe, dass der Beamte auch noch nach „anderen Dingen gefragt“ hatte.
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Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde, mit welcher er die Verletzung materiellen Rechts rügt; insbesondere wendet er sich gegen die Annahme einer Wertpapierqualität türkischer Sparbücher.
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Der Rechtsbeschwerde, die gemäß §§ 80 a Abs. 3, Abs. 2 Nr. 1, 79 Abs. 1 OWiG zur Fortbildung des Rechts auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen wurde, kann ein zumindest - vorläufiger - Erfolg nicht versagt bleiben.
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1. Indes scheitert der Schuldspruch nicht daran, dass der Betroffene die Aufforderung des Beamten aufgrund seiner Schwerhörigkeit nicht vollständig verstanden hat.
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a. Nach dem bis 20.12.2001 gültigen § 12 c Abs. 1 FVG (bzw. der nunmehr geltenden und inhaltsgleichen Bestimmung des § 31 a Abs. 1 ZollVG) handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 12 a Abs. 2 Satz 1 FVG (bzw. seit 21.12.2001: § 12 a Abs. 1 Satz 1 ZollVG) mitgeführtes Bargeld oder gleichgestellte Zahlungsmittel auf Verlangen der zuständigen Beamten des Zolldienstes nicht oder nicht vollständig anzeigt. Nach diesen Bestimmungen haben Personen auf Verlangen von Zollbediensteten Bargeld oder gleichgestellte Zahlungsmittel im Wert von Euro 15.000 (bis 31.12.2001: DM 30.000) oder mehr, die sie aus den, in die oder durch die in § 12 a Abs. 1 Satz 1 FVG (bzw. seit 21.12.2001: § 1 Abs. 3a Satz 1 ZollVG) bezeichneten Gebiete (Außengrenzen der Europäischen Gemeinschaft und Binnengrenzen der Bundesrepublik Deutschland; vgl. Erbs-Kohlhaas/Schulz, Strafrechtliche Nebengesetze, 152. Ergänzungslieferung Mai 2002, § 12 a ZollVG, Rn. 2 ff.) verbringen oder befördern, nach Art, Zahl und Verwendungszweck anzuzeigen sowie die Herkunft, den wirtschaftlich Berechtigten und den Verwendungszweck darzulegen, wobei nach der Legaldefinition des § 12 a Abs. 1 Satz 2 FVG i.d.F. vom 16.08.2001 (bzw. den seit 21.12.2001 und 06.11.2003 gültigen Fassungen des § 1 Abs. 3 a Satz 2 ZollVG) es sich bei den dem Bargeld gleichgestellten Zahlungsmitteln um „Wertpapiere i.S.d. § 1 Abs. 1 DepotG und des § 808 BGB sowie um Schecks, Wechsel, Edelmetalle und Edelsteine“ handelt.
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b. Nach dieser zur Verhinderung und Verfolgung der Geldwäsche nach § 261 StGB eingeführten Bußgeldvorschrift (vgl. § 12 a Abs. 1 Satz 1 FVG; bzw. seit 21.12.2001: § 1 Abs. 3a Satz 1 ZollVG; vgl. hierzu auch Senat wistra 2002, 194 f. und wistra 2003, 36 mit Anm. Beckemper) ist allein das Verbringen von Zahlungsmitteln aus oder in die Bundesrepublik Deutschland auch in erheblicher Höhe - abgesehen von steuerrechtlich erheblichen Sachverhalten - weder verboten noch bußgeldbewehrt. Die sich aus § 12a Abs. 2 Satz 1 FVG (bzw. seit 21.12.2001: § 12 a Abs. 1 Satz 1 ZollVG) ergebende Anzeigepflicht von Beträgen über 15.000 Euro (bzw. bis 31.12.2001 DM 30.000), deren wirtschaftlich Berechtigten und den Verwendungszweck des Geldes setzt erst bei Aufforderung durch einen Zollbediensteten oder eines Mitgliedes des Bundesgrenzschutzes (§ 12 c ZollVG) ein und zwar unabhängig davon, ob die Beträge oder Wertgegenständen aus illegalen Geschäften stammen (vgl. OLG Karlsruhe PStR 2001, 145).
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Es kann zunächst davon ausgegangen werden, dass eine „allgemeine und nicht substantiierte Aufforderung“ hierfür nicht genügt, sondern diese zumindest die in § 12 a Abs. 2 Satz 1 FVG (bzw. § 12 a Abs. 1 Satz 1 ZollVG) genannten Tatbestandsmerkmale „mitgeführtes Bargeld oder gleichgestellte Zahlungsmittel über 15.000 Euro (bzw. DM 30.000)“ enthalten muss. Eine weitere Substantiierung dieser Aufforderung i.S. einer näheren Erläuterung dieser Merkmale, etwa im Hinblick auf die Legaldefinition des § 12 a Abs. 1 Satz 2 FVG i.d.F. vom 16.08.2001 (bzw. nunmehr § 1 Abs. 3a Satz 2 ZollVG), erfordert der objektive Tatbestand jedoch nicht. Die Anzeigepflicht besteht, sobald der zuständige Beamte die Aufforderung zur Anzeige über der Wertgrenze liegenden Bargeldes oder gleichgestellter Zahlungsmittel geäußert hat.
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Auch ist es für das objektive Bestehen der Anzeigepflicht unerheblich, ob der Einreisende diese wahrnehmbar zum Ausdruck gebrachte Aufforderung akustisch oder sprachlich wahrgenommen hat, woran es etwa fehlen kann, wenn der Empfänger der deutschen Sprache überhaupt nicht mächtig ist oder - wie hier - die Aufforderung wegen Schwerhörigkeit nicht oder nur teilweise versteht.
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c. Diese Fragen betreffen allein die subjektive Tatseite.
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aa. So handelt derjenige nicht vorsätzlich (§ 11 Abs.1 OWiG), welcher eine an ihn herangetragene Aufforderung aufgrund akustischer oder sprachlicher Defizite überhaupt nicht aufnehmen kann und infolgedessen der Anzeigepflicht nicht nachkommt. Es liegt daher an den Zollbehörden, ihre verbalen Aufforderungen zu verdeutlichen und - wie in der Praxis bei Ausländern vielfach üblich - diese durch ein zumeist in der Landessprache des Betroffenen gehaltenes Hinweisblatt zu ergänzen.
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Allerdings dürfte es sich dem Angesprochenen in diesen Fällen aufdrängen, zu erkennen zu geben, dass er die Worte des Zollbeamten nicht verstanden hat und deshalb hierzu nichts sagen kann. Unterlässt er diese - nach den Gepflogenheiten menschlicher Kommunikation selbstverständliche - Rückfrage und gibt zugleich - gewissermaßen vorsorglich - zu erkennen, dass er nichts anzuzeigen habe, kann ein fahrlässiges Nichtanzeigen gleichwohl in Betracht kommen.
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bb. Versteht der Betroffene dagegen die Aufforderung zur Anzeige von „Bargeld und gleichgestellter Zahlungsmittel“ akustisch und sprachlich, wertet er dagegen den Begriff der Zahlungsmittel falsch, indem er beispielsweise annimmt, sein mitgeführtes Sparbuch unterfalle diesem Begriff nicht, kommt ein Verbotsirrtum in Betracht, der den Vorsatz nur entfallen lässt, wenn er unvermeidbar ist (vgl. KK-OWiG/Rengier, 2. Aufl. 2000, § 11 Rn. 2 ff., 15, 50 ff.). In diesem Fall ist dem Angesprochenen durch Nachfrage bei dem anwesenden Zollbeamten aber eine nähere Abklärung des Begriffes der Zahlungsmittel und damit des Umfangs seiner Anzeigepflicht abzuverlangen. Unterlässt er dies, wird der Verbotsirrtum als vermeidbar anzusehen und Vorsatz zu bejahen sein.
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d. Nach den vorliegend vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen war der Betroffene hier bei der Einreisekontrolle ordnungsgemäß durch den Zollbeamten Sch. aufgefordert worden, mitgeführtes Bargeld und sonstige Zahlungsmittel im Gesamtwert von DM 30.000 oder mehr anzugeben, wobei dies vom Beamten durch Anführung von Wertpapieren, Schecks, Wechseln, Edelmetallen und Edelsteinen noch näher konkretisiert wurde. Zwar hat der Betroffene die Aufforderung - wie das Amtsgericht zu seinen Gunsten angenommen hat - aufgrund seiner Schwerhörigkeit nur im Hinblick auf die Angabe von „Geld und Gold“ verstanden, so dass er sich wegen der im tatsächlichen Bereich liegenden Verständnisschwierigkeiten (vgl. KK-OWiG/Rengier, a.a.O., Rn. 13) nicht ausschließbar in einem Tatbestandsirrtum befand. Aufgrund der konkreten Umstände musste er jedoch davon ausgehen, dass der Beamte auch nach anderen Wertgegenständen gefragt hatte, so dass für ihn eine Pflicht zur Erkundigung und Nachfrage bestand, welcher er fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 11 Abs. 1 Satz 2 OWiG).
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a. § 808 BGB regelt wertpapierrechtlich die Fälle der sog. qualifizierten Legitimationspapiere bzw. hinkenden Inhaberpapiere, welche ein Leistungsversprechen an einen bestimmten, namentlich bezeichneten Gläubiger sowie eine Inhaberklausel enthalten. Hierzu zählen grundsätzlich auch Sparbücher, da hierin der Gläubiger aufgeführt ist und sich der Schuldner durch Zahlung an den Inhaber befreien kann (Palandt-Sprau, BGB, 63. Aufl. 2004, § 808 Rn. 4,7; Münchner Kommentar zum BGB - Hüffner, 4. Aufl. 2004, § 808 Rn. 8 f., 22 ff.). Dass der Betroffene vorliegend kein deutsches, sondern ein türkisches Sparbuch bei Einreise bei sich führte, steht der Annahme eines Wertpapiers i.S.d. § 808 BGB nicht entgegen, da auch ausländische Sparbücher je nach deren Qualifizierung grundsätzlich dieser Bestimmung unterfallen und daher als qualifizierte Legitimationspapiere angesehen werden können (OLG K. VersR 2002, 1251: Schweizer Sparheft).
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b. Ob jedoch einem ausländischen Sparbuch im Einzelfall eine dem § 808 BGB entsprechende rechtliche Bedeutung zukommt, richtet sich nach dem Recht, dem das in der Urkunde verbriefte Recht unterliegt (Erman/Hohloch, BGB, 10. Aufl. 2000, Art. 37 EGBGB, Rn. 2; Art 43 EGBGB, Rn. 8; Palandt-Heldrich, a.a.O., Art. 37 EGBGB, Rn. 1; OLG K. a.a.O.; vgl. auch Art. 27 Abs. 1, 28 Abs. 2 EGBGB), mithin vorliegend dem Recht der Türkei.
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c. Nach Art. 557 des türkischen Handelsgesetzbuches (im folgenden TürkHGB), welches weitgehend dem schweizerischen Obligationenrecht nachgebildet ist, handelt es sich bei Wertpapieren grundsätzlich um Urkunden, die Ansprüche belegen, welche ausschließlich mit der Urkunde geltend gemacht werden und an Dritte nicht übertragen werden können, wobei der Schuldner einer Schuldverschreibung nur gegen Aushändigung der Urkunde zur Erfüllung an den namentlich bezeichneten Gläubiger verpflichtet ist (Art. 558 TürkHGB). Das türkische Recht kennt auch „qualifizierte Legitimationspapiere“. Danach darf der Schuldner - ohne hierzu verpflichtet zu sein - mit befreiender Wirkung an jeden Inhaber der Urkunde leisten, wenn er sich im Namenspapier dieses Recht vorbehalten hat (§ 568 TürkHGB), wobei ein Wertpapier dann als Inhaberpapier gilt, wenn aus dem Wortlaut oder der Form der Urkunde ersichtlich ist, dass der jeweilige Inhaber als Berechtigter anerkannt wird (Art. 570 TürkHGB).
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d. Ob die vom Betroffenen mitgeführten Sparbücher diesen Anforderungen genügen, insbesondere sich aus diesen eine derartige Verknüpfung zwischen Recht und Urkunde ergibt, hat das Amtsgericht nicht festgestellt, vielmehr die Frage offen gelassen. Diese ist aber erheblich, denn die Sparbücher unterfallen nur dann dem § 808 BGB, wenn in diesen eine für die Bank wirkende Legitimationsklausel vermerkt ist, auf deren Grundlage die Bank auch ohne Prüfung der Legitimation an den Vorleger des Sparbuchs Auszahlungen mit befreiender Wirkung leisten kann.
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e. Auch der Sinn und Zweck der Vorschriften der §§ 12 c Abs. 1, 12 a Abs. 1 FVG (bzw. nunmehr §§ 31 a Abs. 1, 1 Abs. 3 a Satz 1 ZollVG) gebieten es, hiermit auch ausländische Sparbücher zu erfassen. Zur Verhinderung und Verfolgung der Geldwäsche nach § 261 StGB ist es nämlich unerheblich, ob sich eine Forderung in einem deutschen oder ausländischen Wertpapier verbirgt, maßgeblich ist allein, ob dieses zur Verschleierung illegaler Einkünfte missbraucht werden kann. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob überhaupt im Inland die Möglichkeit besteht, auf diese Sparbücher Gelder einzuzahlen oder ausbezahlt zu erhalten, was im Regelfall nur der Fall sein dürfte, wenn sich in der Bundesrepublik Deutschland eine Niederlassung der die Sparbücher ausstellenden Bank befindet. Auch ohne eine solche Einzahlungsmöglichkeit können über ein Sparbuch nämlich illegale Geldmittel verschoben werden, etwa wenn der Inhaber das Sparbuch an den Vorleger zur Bezahlung eines illegalen Warenbezugs übergibt und dieser das Sparbuch bei einer Bank im Ausstellerland zur Auszahlung vorlegt.
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Das Urteil war daher aufzuheben und zur weiteren Klärung des Sachverhalts an das Amtsgerichts K. zurückzugeben. Der Senat hat keinen Anlass gesehen, eine andere Abteilung des Amtsgerichts mit der Durchführung der Hauptverhandlung zu beauftragen (§ 79 Abs. 6 OWiG).
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Sollte das Amtsgericht erneut zu einer Verurteilung des Betroffenen wegen fahrlässigen Verstoßes gegen das FVG gelangen, weist der Senat - was bei der Bemessung der Höhe der Geldbuße zu Gunsten des Betroffenen zu berücksichtigen sein wird - darauf hin, dass die Tat bereits länger zurückliegt, dem Betroffene lediglich vorzuwerfen ist, seiner sich aus § 12 c Abs. 1 FVG i.V.m. § 12 a Abs. 2 FVG ergebenden Erkundigungspflicht nicht nachgekommen zu sein und sich die Annahme, auch ausländische Sparbücher könnten als Zahlungsmittel i.S.d. § 12 a Abs. 1 Satz 2 FVG anzusehen sein, für einen mit der Materie nicht vertrauten Bürger und einer - auch wegen der Schwerhörigkeit des Betroffenen - unzureichenden sachlichen Erläuterung durch den Zollbeamten nicht aufdrängen musste.
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