Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 14 Wx 82/03

Tenor

1. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner Nr. 1 und Nr. 2 gegen den Beschluss des Landgerichts Offenburg vom 08.08.2003 - 4 T 34/03 - wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegner tragen die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Die Antragsgegner haben der Antragstellerin und dem Streithelfer die diesen im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

3. Der Geschäftswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 20.087,91 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I. Die Antragstellerin ist die Verwalterin der Wohnanlage „R-Str. 1“ in L. Sie ist aufgrund des Verwaltervertrags berechtigt, die Eigentümergemeinschaft im Außenverhältnis auch gerichtlich zu vertreten und Ansprüche der Gemeinschaft gegenüber einzelnen Wohnungseigentümern auch im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen.
Die Antragsgegner sind Eigentümer der in der Wohnanlage gelegenen Wohnung Nr. 28 mit einer Fläche von 121,40 qm und Miteigentümer zu 180/10000. Sie haben die Wohnung vom Voreigentümer - dem Streithelfer - mit notariellem Kaufvertrag vom 30.08.1999 gekauft. Am 15.10.1999 wurden sie als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.
In der Wohnungseigentümerversammlung vom 26.07.1999 wurde unter TOP 5 zur Finanzierung einer anstehenden Betonsanierungsmaßnahme eine nach Miteigentumsanteilen auf die Wohnungseigentümer umzulegende und zum 30.09.2000 fällige Sonderumlage von 2,4 Mio. DM beschlossen. Der auf die Wohnung der Antragsgegner entfallende Anteil beläuft sich danach auf 43.200,00 DM = 20.087,81 EUR.
Nach erfolgloser Zahlungsaufforderung mit Schreiben vom 19.07.2000 hat die Antragstellerin als Verwalterin der Wohnanlage im eigenen Namen beim Amtsgericht L. von den Antragsgegnern Zahlung des auf ihre Wohnung entfallenden Anteils der Sonderumlage verlangt. Die Antragsgegner sind dem mit der Begründung entgegengetreten, sie seien bei der Fassung des Beschlusses vom 26.07.1999 noch nicht Wohnungseigentümer gewesen. Bei Abschluss des notariellen Kaufvertrags vom 30.08.1999 seien sie über den Umlagebeschluss nicht aufgeklärt worden.
Mit Beschluss vom 24.01.2003 (AS 247/253) hat das Amtsgericht die Antragsgegner als Gesamtschuldner verpflichtet, an die Antragstellerin 22.087,81 EUR nebst Zinsen zu bezahlen. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner blieb erfolglos (Beschluss des Landgerichts Offenburg vom 08.08.2003.
Gegen die ihnen am 14.08.2003 zugestellte Entscheidung des Landgerichts haben die Antragsteller durch am 28.08.2003 beim Amtsgericht eingegangenen Anwaltschriftsatz vom selben Tag (AS 329) sofortige weitere Beschwerde eingelegt, mit der sie ihre früheren auf Zurückweisung des Zahlungsantrags gerichteten Anträge weiterverfolgen.
II. Das gemäß § 45 Abs. 1 WEG statthafte und auch sonst zulässige (§§ 22 Abs. 1, 29 FGG) Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Die Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung gesetzlicher Vorschriften (§ 27 Abs. 1 FGG i.V.m. §§ 546, 547 ZPO).
1. Das Landgericht hat ausgeführt, daß sich die Verpflichtung der Antragsgegner zur Zahlung des ihrem Anteil am Gemeinschaftseigentum entsprechenden Umlageanteils aus § 16 Abs. 2 WEG i.V.m. mit dem Beschluss der Wohnungseigentümer vom 26.07.1999 ergebe. Daß sie damals noch nicht Eigentümer der Wohnung gewesen seien, ändere daran nichts, denn maßgeblich für die Verpflichtung zur Beitragszahlung sei die Eigentümerstellung zum Zeitpunkt der Fälligkeit.
2. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das dagegen gerichtete Vorbringen der Antragsgegner greift nicht durch.
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a) § 16 Abs. 2 WEG bestimmt, daß jeder Wohnungseigentümer den anderen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet ist, unter anderem die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen. Verpflichtet ist danach, wer als Wohnungseigentümer im Grundbuch eingetragen ist und damit rechtlich der Wohnungseigentümergemeinschaft angehört (BGHZ 87, S. 138 ff., 141 ff.; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1987, S. 1354 f.). Eine gesetzliche Haftung des neuen Wohnungseigentümers für diesbezügliche Verbindlichkeiten seines Rechtsvorgängers besteht dabei nicht (OLG Hamm NJW-RR 1996, S. 911 f. m.w.N.).
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b) Maßgeblich dafür, ob eine Hausgeldschuld - hier: die Verpflichtung zur Zahlung einer Sonderumlage - im Verhältnis zu den übrigen Wohnungseigentümern den ausgeschiedenen oder aber den neuen Eigentümer trifft, ist der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit.
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aa) Die Pflicht zur Zahlung einer Sonderumlage entsteht durch einen - der Sache nach den Wirtschaftsplan (§ 28 WEG) für das Jahr 2000 ergänzenden - Beschluss der Wohnungseigentümer, durch den die Beitragspflicht nach § 16 Abs. 2 WEG konkretisiert wird (vgl. BGHZ 104, S. 197 ff., 201 f.). Wird die Leistung mit Beschlussfassung fällig, so ist die Zahlungspflicht an die zu diesem Zeitpunkt gegebene Eigentümerstellung geknüpft (BGHZ 104, S. 197 ff.).
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bb) Ist der Sonderumlagebeschluss - wie hier - noch vor dem Eigentümerwechsel gefasst worden, die Fälligstellung dabei aber auf einen späteren Zeitpunkt vorgenommen worden, so trifft die Zahlungspflicht den neuen Eigentümer, hier also die Antragsgegner. Dies hat das Landgericht in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG Karlsruhe, NJW-RR 1987, S. 1354 ff.; OLG Hamm, NJW-RR 1996, S. 911 f.; OLG Köln, NZM 2002, S. 351 f.) und der weit überwiegenden Literaturmeinung (aus neuerer Zeit etwa Weitnauer/Gottschalg, WEG, 9. Aufl. 2005, Rdn. 50 zu § 16; Palandt/Bassenge, BGB, 63. Aufl. 2004, Rdn. 32 zu § 16 WEG; Niederführ/Schulze, WEG, 6. Aufl. 2002, Rdn. 66 zu § 16; jedenfalls im Ergebnis ebenso Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl. 2003, Rdn. 104 zu § 16 - alle m.w.N.) zutreffend entschieden. Der Senat schließt sich dem an:
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Schon sprachliche Gründe legen es nahe, bei einem Eigentumswechsel die Schuldnerstellung an die Eigentümerstellung zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu binden. Die Nichtzahlung auf einen noch nicht fälligen und damit noch nicht durchsetzbaren Anspruch kann nach dem Wortsinn keinen Zahlungsrückstand des Veräußerers - für den der Erwerber dann nicht zu haften hätte - begründen (OLG Karlsruhe, NJW-RR 1987, S. 1354 ff., 1355).
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Die Anknüpfung an die Eigentümerstellung zum Zeitpunkt der Fälligkeit entspricht zudem sonst vom Gesetz getroffenen Regelungen zur Lastenverteilung, bei denen jeweils auf die Fälligkeit abgestellt wird (vgl. etwa § 1108 BGB; weitere Beispiele bei Weitnauer/Gottschalg, a.a.O.).
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Schließlich ist es auch interessengerecht, dem neuen Eigentümer die erst während seiner Zugehörigkeit fällig gewordene Sonderumlage aufzuerlegen. Im hier zu entscheidenden Fall ziehen den Nutzen aus der mittels Umlage finanzierten Sanierungsmaßnahme nicht der bisherige Eigentümer, sondern die Antragsgegner als die neuen Eigentümer. Diese hatten im übrigen die Möglichkeit, sich vor Abschluss des notariellen Kaufvertrags über den Verwalter über die Beschlusslage zu informieren und diese in ihre Überlegungen zu ihrem Kaufentschluss einfließen zu lassen. Darauf, ob den Antragsgegnern gegen den Verkäufer der Wohnung zivilrechtliche Ausgleichsansprüche zustehen, kommt es im Verhältnis zu den übrigen Wohnungseigentümern nicht an.
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c) Gegen die Höhe der vom Landgericht festgestellten Forderung der Antragstellerin bringen die Antragsgegner nichts vor.
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III. Sonach war das Rechtsmittel der Antragsgegner als unbegründet zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht der Billigkeit, gerichtliche und außergerichtliche Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - auch soweit sie den Streithelfer entstanden sind - den Antragsgegnern aufzuerlegen.
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Die Feststellung des Geschäftswertes ergibt sich aus § 48 Abs. 3 S. 1 WEG.

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