Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 16 WF 15/05

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der ihm Prozesskostenhilfe versagende Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Mosbach vom 13. Januar 2005 insoweit aufgehoben, als dem Kläger Prozesskostenhilfe für eine Vollstreckungsabwehrklage gegen die Beklagte A. mit dem Antrag versagt wurde, die Zwangsvollstreckung dieser Beklagten aus dem Vergleich des Amtsgerichts Mosbach vom 21. März 2003 - 1 F 366/02 - insoweit für unzulässig zu erklären, als für den Zeitraum Mai bis September 2004 wegen eines insgesamt 466 EUR (bis hin zu 743 EUR) übersteigenden Unterhaltsrückstandes vollstreckt wird.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde des Klägers zurückgewiesen.

Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe wird dem Amtsgericht übertragen; dieses kann sie unter den Voraussetzungen des § 115 Abs. 3 ZPO noch versagen.

Beschwerdegebühr: 50 EUR

Gründe

 
Das Amtsgericht hat dem Kläger Prozesskostenhilfe insgesamt versagt. Seine hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat nur geringfügig Erfolg.
I.)
Vollstreckungsgegenklage gegen die Beklagte A.:
Der Kläger schuldet dieser Beklagten nach dem am 31. März 2003 vor dem Amtsgericht Mosbach abgeschlossenen Vergleich monatlich 107 % des Regelbetrages nach § 1 der Regelbetrag-Verordnung, im hier streitigen Zeitraum Mai 2004 bis September 2004 5 x 304 EUR = 1.520 EUR. Mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Sinsheim vom 06. Oktober 2004 wird für diese Klägerin nach dort eingeräumter Zahlung von 777 EUR wegen eines Unterhaltsrückstandes in Höhe von 743 EUR vollstreckt. Der Kläger behauptet, er habe am 13. Juli 2004 auch für diese Klägerin 277 EUR bezahlt, ebenso für August 2004. Nachgewiesen hat der Kläger, dass sein Konto am 30. Juni 2004 mit 554 EUR „Unterhalt Kinder“ und am 30. August 2004 mit 277 EUR “Unterhalt nur A.“ belastet wurde. Die Behauptung des Klägers, es bestehe nur ein Unterhaltsrückstand von 135 EUR, lässt sich nicht nachvollziehen. Zwei zusätzliche Zahlungen von 277 EUR führen zu einem Unterhaltsrückstand von 743 EUR - 277 EUR - 277 EUR = 189 EUR. Die Beklagte behauptet, mit seiner Zahlung vom 30. Juli 2004 habe der Kläger den Kindesunterhalt für den Monat Juni gezahlt. Bei dieser Sachlage gehört es zur schlüssigen Begründung einer Vollstreckungsgegenklage, dass der Kläger vollständig darlegt, wann er welche Zahlungen mit welcher ausdrücklichen oder stillschweigenden auch den Zeitraum, für welchen die Zahlung erfolgen soll, umfassenden Zweckbestimmung erbracht hat. Unstreitig - da von der Beklagten überhaupt nicht angesprochen - scheint nur zu sein, dass eine Zahlung von 277 EUR Ende August 2004 unberücksichtigt blieb, die im Zweifel auch den Unterhaltszeitraum Mai bis September 2004 erfasst. Nach gegenwärtiger Sachlage kann sich der Kläger nur dagegen wehren, dass wegen eines 743 EUR - 277 EUR = 466 EUR übersteigenden Betrages für den Zeitraum Mai 2004 bis September 2004 vollstreckt wird.
II.) Vollstreckungsgegenklage gegen den Beklagten R.:
Für diesen Beklagten wird mittels Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Sinsheim vom 6. Oktober 2004 wegen eines Unterhaltsrückstandes für den Zeitraum Mai bis Juli 2004 in Höhe von 3 x 304 EUR abzüglich gezahlter 608 EUR, also in Höhe von restlichen 304 EUR vollstreckt. Der Kläger will eine weitere Zahlung am 13. Juli 2004 in Höhe von 277 EUR berücksichtigt sehen.
a) Das Amtsgericht hat dem Kläger vorgehalten, er könne sich gegen die Zwangsvollstreckung mit der Vollstreckungserinnerung wehren, da der Gläubiger bereits beim Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht mehr ordnungsgemäß vertreten gewesen sei. Letzteres trifft zwar zu. Denn R. war bereits seit Juli 2004 nicht mehr in der Obhut seiner Mutter, die gleichwohl noch als gesetzliche Vertreterin aufgetreten ist; da die Beistandschaft des Kreisjugendamtes Mosbach gem. §§ 1715 Abs. 2, 1713 Abs. 1 Satz 2 BGB beendet war, konnte das Kind auch nicht mehr durch das Kreisjugendamt vertreten werden. Zutreffend ist auch, dass fehlende Prozessfähigkeit des Gläubigers mit der Vollstreckungserinnerung gem. § 766 ZPO geltend gemacht werden kann (vgl. Stein/Jonas/Münzberg ZPO VII/1978 § 766 Rdn. 17; vor § 704 Rdn. 77). Indessen geht es hierum nicht. Die Beseitigung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bringt den Kläger bei der Frage, ob der Beklagte aus dem Vergleich vom 21. März 2003 für den Zeitraum Mai bis Juli 2004 statt wegen eines Unterhaltsrückstandes von 304,09 EUR eines solchen von 27 EUR vollstrecken kann, nicht weiter. Nach Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 06. Oktober 2004 aus formalen Gründen könnte der Beklagte, nunmehr ordentlich vertreten, die Vollstreckung erneut versuchen. Nur mit der Vollstreckungsabwehrklage kann der Kläger die Vollstreckbarkeit des Vergleichs in diesem Umfang beseitigen.
b) Der Beklagte R. ist indessen auch in dem beabsichtigten Rechtsstreit selbst nicht ordnungsgemäß vertreten. Denn der Kläger hat ihn zwar in Obhut, kann ihn aber nicht in einem Rechtsstreit mit sich selbst vertreten. Es ist ein Pfleger zu bestellen. Hierzu kann dem Kläger jedoch noch Gelegenheit gegeben werden.
c) Die beabsichtigte Vollstreckungsabwehrklage hat aber gegenwärtig aus sachlichen Gründen keine Aussicht auf Erfolg. Der Kläger hat eine weitere Zahlung von 554 EUR - je 277 EUR für jeden Beklagten - zum 13. Juli 2004 nicht nachgewiesen, sondern nur eine solche am 30. Juni 2004. Diese Zahlung will der Beklagte auf den Juni 2004 verrechnen. Dies ist zwar widersprüchlich. Denn der Beklagte hat in seine Berechnung des Unterhaltsrückstandes augenscheinlich nur zweimal 304 EUR, insgesamt 608 EUR aufgenommen; eine Zahlung von 277 EUR kann er deshalb kaum berücksichtigt haben. Widersprüchlicher Vortrag der Gegenpartei ist jedoch nicht geeignet, unschlüssigen Vortrag der anderen Partei schlüssig zu machen. Dem Kläger obliegt es, sämtliche für den Zeitraum Mai bis Juli 2004 erbrachten Zahlungen darzustellen und nachzuweisen, einschließlich einer ausdrücklichen oder stillschweigenden wie oben dargestellt umfassenden Zweckbestimmung.
III.) Abänderungsklage gegen die Beklagte A.
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Der Kläger stellt seine Unterhaltspflicht für die Zeit ab August 2004 mit der Begründung in Frage, er habe seitdem den gemeinschaftlichen Sohn R. zu versorgen und sei deshalb nur noch zu einer Teilzeitbeschäftigung verpflichtet; das Einkommen aus einer Vollzeitbeschäftigung bezeichnet er als zur Hälfte in unzumutbarer Weise erzielt und will es zu 2/3 außer Betracht lassen. Er bezeichnet sich als insgesamt leistungsunfähig.
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Der Sohn R. ist am 19. Oktober 1990 geboren. Neben der Versorgung dieses Sohnes mag den Kläger keine volle Erwerbsobliegenheit treffen; keinesfalls kann er sich auf eine Halbtagsbeschäftigung zurückziehen.
12 
Unabhängig vom Umfang der Erwerbsobliegenheit des Klägers gilt: Die Vorschriften über den Kindesunterhalt nach §§ 1601 ff BGB enthalten zwar keine ausdrückliche Regelung über die Behandlung von Einkünften aus sogenannter unzumutbarer Tätigkeit; es ist gleichwohl nach den Grundsätzen von Treu und Glauben unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, in welchem Umfang das Mehreinkommen eines Elternteils aus einer Erwerbstätigkeit, die er neben der Betreuung ehelicher Kinder über ein ihm obliegendes Maß hinaus ausübt, bei der Bemessung der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen ist (BGH Urt. vom 07. November 1990 - XII ZR 123/89 - FamRZ 1991, 182; vom 19. Mai 1982 - IVb 702/80 - FamRZ 1982, 779). Der Vortrag des Klägers erlaubt jedoch keine konkreten Feststellungen, dass ihm die angesichts der Betreuung des Sohnes R. von ihm tatsächlich ausgeübte Vollerwerbstätigkeit nicht zumutbar sei. Es ist auch keine Feststellung möglich, in welchem zeitlichen Umfang eine Teilerwerbstätigkeit nach den Besonderheiten der von dem Kläger ausgeübten Tätigkeit in Betracht kommen sollte, um die notwendige Betreuung auch unter Berücksichtigung einer möglichen hyperkinetischen Störung des Sohnes sicherzustellen. Allgemeine Erwägungen, wie sie etwa im Rahmen des § 1570 BGB der Prüfung der Erwerbsobliegenheit eines Ehegatten zulässig sind, sind nicht möglich.
13 
Die sonstigen Erwägungen des Klägers zur Abänderbarkeit des Vergleichs sind ohne Belang. Abwegig ist insbesondere, dass der Kläger allein noch für den Sohn R., die Mutter der Beklagten A. demgegenüber für diese in vollem Umfang aufzukommen habe.
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Beschwerdegebühr: Nr. 1811 Kostenverzeichnis zum Gerichtskostengesetz.

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