1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 28.11.2006 - 1 S 187/05 - wie folgt abgeändert:
Die der Zeugin/Antragstellerin … für die Wahrnehmung des Termins vom 23.05.2006 aus der Staatskasse zu gewährende Entschädigung wird auf 283,00 EUR festgesetzt.
Im Übrigen wird das Entschädigungsgesuch der Zeugin/Antragstellerin zurückgewiesen.
2. Die weitergehende Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
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| | Das Landgericht Mannheim hat im Verfahren 1 S 187/05 die Antragstellerin im Termin vom 23.05.2006 als Zeugin vernommen. Die Antragstellerin ist eine Mitarbeiterin der Klägerin. Die Antragstellerin ist zum Gerichtstermin von ihrem Wohnort aus angereist. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat die Antragstellerin in seinem Pkw auf der Hin- und Rückfahrt mitgenommen. |
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| | Mit Schriftsatz vom 23.10.2006 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin - in diesem Schriftsatz allerdings für die Antragstellerin/Zeugin handelnd - beantragt, die Antragstellerin für ihre Vernehmung als Zeugin aus der Staatskasse zu entschädigen. Die Antragstellerin hat Verdienstausfall für einen Arbeitstag und Fahrtkosten in Höhe von 241,20 EUR (804 km Hin- und Rückweg á 0,30 EUR) geltend gemacht. |
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| | Mit Beschluss vom 28.11.2006 hat die Einzelrichterin des Landgerichts Mannheim die der Antragstellerin aus der Staatskasse zu gewährende Entschädigung auf 153,00 EUR festgesetzt. Hierbei handelt es sich um den Verdienstausfall der Antragstellerin. Der Verdienstausfall könne der Antragstellerin zugesprochen werden, da sie ihre Entschädigung insoweit bereits in einem früheren Schriftsatz vom 31.05.2006 geltend gemacht habe. Fahrtkosten könne die Antragstellerin hingegen nicht beanspruchen, da der Antrag vom 23.10.2006 erst nach Ablauf der Frist von 3 Monaten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG) gestellt worden sei. |
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| | Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie ist der Auffassung, ihr Antrag auf Zeugenentschädigung sei auch hinsichtlich der Fahrtkosten nicht verfristet; denn auch insoweit ergebe sich aus dem früheren Schriftsatz vom 31.05.2006 ein entsprechender Antrag. Zuzuerkennen seien die fiktiven Kosten einer Kfz-Benutzung in Höhe von 201,00 EUR (804 km Hin- und Rückweg á 0,25 EUR). |
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| | Das Landgericht hat der Beschwerde der Antragstellerin nicht abgeholfen. Die Beteiligten hatten im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme. |
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| | Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist teilweise begründet. Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Erstattung von 130,00 EUR Fahrtkosten, die ihr durch die Wahrnehmung des Termins vom 23.05.2006 entstanden sind. Zusammen mit dem bereits zuerkannten Verdienstausfall (153,00 EUR) ergibt sich mithin ein Anspruch der Antragstellerin gegen die Staatskasse in Höhe von 283,00 EUR. |
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| | 1. Die Zulässigkeit der einfachen Beschwerde gegen die teilweise Versagung der Zeugenentschädigung durch die Einzelrichterin des Landgerichts Mannheim ergibt sich aus § 4 Abs. 3 JVEG |
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| | a) Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 200,00 EUR. Dies ergibt sich aus der Beschwerdebegründung, mit welcher die Antragstellerin Fahrtkosten in Höhe von 201 EUR geltend macht. |
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| | b) Der Umstand, dass das Landgericht im Berufungsverfahren entschieden hat, steht der Beschwerde nicht entgegen. Zwar war gegen das Urteil des Landgerichts, welches in der Hauptsache am 23.05.2006 ergangen ist, kein Rechtsmittel mehr gegeben. Die Rechtsmittelbeschränkung in der Hauptsache erstreckt sich jedoch nicht auf den Beschwerderechtszug, der sich aus § 4 Abs. 3 JVEG ergibt. Den Vorschriften des JVEG lässt sich keine Beschränkung des Beschwerderechtszugs entnehmen, wenn gegen die Hauptsacheentscheidung kein Rechtsmittel mehr gegeben ist. Eine Rechtsmittelbeschränkung ergibt sich aus den Vorschriften des JVEG (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG) nur insoweit, als eine Beschwerde zu einem obersten Gerichtshof des Bundes nicht stattfindet. Für den Beschwerderechtszug gemäß § 4 Abs. 3 JVEG gelten insoweit die gleichen Erwägungen wie bei einer Streitwertbeschwerde gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG. Auch eine Streitwertfestsetzung des Landgerichts im Berufungsverfahren ist mit der einfachen Beschwerde anfechtbar, unabhängig davon, ob und inwieweit gegen die Hauptsacheentscheidung ein Rechtsmittel gegeben ist (vgl. hierzu den - zur Veröffentlichung vorgesehenen - Beschluss des Senats vom 17.08.2006 - 15 W 36/06 -). |
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| | c) Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hat die Beschwerde vom 04.12.2006 im Namen der Antragstellerin (Zeugin) und nicht im Namen der Klägerin eingelegt. Bei der abweichenden Formulierung im Schriftsatz vom 04.12.2006 handelt es sich um ein offenkundiges Versehen, was sich nach Auffassung des Senats bereits daraus ergibt, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin den Entschädigungsantrag vom 23.10.2006 ausdrücklich im Namen der Antragstellerin (Zeugin) und nicht im Namen der Klägerin gestellt hat. Im Schriftsatz vom 10.01.2007 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin diese Sichtweise bestätigt. |
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| | 2. Der Entschädigungsanspruch der Antragstellerin ist - auch hinsichtlich der Fahrkosten - nicht wegen Ablauf der 3-Monats-Frist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG erloschen. |
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| | a) Allerdings geht der Senat - insoweit in Übereinstimmung mit der Auffassung des Landgerichts - davon aus, dass die Antragstellerin eine Entschädigung wegen Fahrtkosten erstmals im Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 23.10.2006 (AS. 70) geltend gemacht hat. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist von 3 Monaten gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG bereits abgelaufen, da die Antragstellerin am 23.05.2006 als Zeugin vom Landgericht vernommen worden war. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin enthält der Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 31.05.2006 (AS. 58) einen Entschädigungsantrag nur hinsichtlich des Verdienstausfalls und nicht hinsichtlich der Fahrtkosten. In diesem Schriftsatz hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin - der gleichzeitig als Prozessbevollmächtigter der Klägerin auftrat - keine Fahrtkosten für die Antragstellerin geltend gemacht, sondern im Hinblick auf die Fahrt der Zeugin zum Gerichtstermin zusätzliche Parteikosten für die Klägerin . |
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| | b) Jedoch ist der Antragstellerin für die versäumte Frist gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Antragstellerin war ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist - hinsichtlich der Geltendmachung der Fahrtkosten - gehindert. |
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| | Der Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin vom 23.10.2006 (AS. 70) ist in entsprechender Anwendung von § 236 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz ZPO als konkludenter Wiedereinsetzungsantrag zu werten. Die Antragstellerin hat erstmals durch den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 06.10.2006, den ihr Verfahrensbevollmächtigter am 19.10.2006 erhalten hat, davon erfahren, dass ihre Fahrtkosten - entgegen der Auffassung ihres Verfahrensbevollmächtigten im Schriftsatz vom 31.05.2006 - nicht als Kosten der Klägerin im Rahmen der Kostenfestsetzung berücksichtigt werden konnten. Nachdem der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin dies erfahren hatte, hat er innerhalb der Frist von 2 Wochen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG den erforderlichen Entschädigungsantrag für die Antragstellerin nachgeholt. |
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| | Die ursprüngliche Fristversäumung war unverschuldet im Sinne des Gesetzes. Dass die Antragstellerin (selbst oder durch ihren Verfahrensbevollmächtigten) den Entschädigungsantrag schon früher hätte stellen können, war für die Fristversäumung nicht entscheidend. Maßgeblich war vielmehr der Umstand, dass der (unrichtige) Entschädigungsantrag der Partei vom 31.05.2006 (eingegangen beim Landgericht Mannheim am 02.06.2006) erst am 06.10.2006 vom Amtsgericht Mannheim verbeschieden wurde. Wäre der - unrichtige - Antrag der Partei vom 31.05.2006 früher verbeschieden worden, hätte die Antragstellerin entsprechend früher von der Notwendigkeit eines eigenen Entschädigungsantrags, auch hinsichtlich der Fahrtkosten, erfahren. Mithin war letztlich die Verzögerung im Bereich des Gerichts bei der Verbescheidung des früheren Antrags vom 31.05.2006 entscheidend dafür, dass die Antragstellerin selbst erst am 23.10.2006 (eingegangen beim Landgericht Mannheim am 27.10.2006) Erstattung der Fahrtkosten beantragt hat. Der vorliegende Fall ist insoweit nach Auffassung des Senats vergleichbar mit den Fällen, in denen ein unzuständiges Gericht, an welches ein fristwahrender Schriftsatz adressiert wird, es versäumt, das Schriftstück rechtzeitig an das zuständige Gericht weiterzuleiten (vgl. hierzu Zöller/Greger, Zivilprozessordnung, 26. Auflage 2007, § 233 ZPO Rn. 22 b). Auf die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung hat im Übrigen bereits die Bezirksrevisorin des Landgerichts Mannheim in ihrer Verfügung vom 21.11.2006 (AS. 80) hingewiesen. |
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| | 3. Das Rechtsmittel der Antragstellerin hat teilweise Erfolg. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 JVEG hat die Antragstellerin für die ihr entstandenen Fahrtkosten einen Anspruch gegen die Staatkasse in Höhe von 130,00 EUR. |
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| | a) Die Zeugin ist zum Termin mitgenommen worden im Fahrzeug des Rechtsanwalts der Klägerin. Sie hat dafür an den Rechtsanwalt der Klägerin bisher noch nichts bezahlt. Der Rechtsanwalt der Klägerin hat gegen die Zeugin jedoch einen Anspruch auf anteilige Beteiligung an den Fahrtkosten in Höhe von 130,00 EUR. Diese Verpflichtung der Antragstellerin gegenüber dem Rechtsanwalt der Klägerin enthält „tatsächlich entstandene Auslagen“ im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 3 JVEG, die gegenüber der Staatskasse geltend gemacht werden können. |
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| | Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin (und Prozessbevollmächtigte der Klägerin) war nicht verpflichtet, die Antragstellerin (Zeugin) zum Termin unentgeltlich mitzunehmen. Aus dem Schriftsatz vom 23.10.2006 ergibt sich, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin beabsichtigt, der Antragstellerin die Reisekosten in Höhe von 130,00 EUR für Hin- und Rückfahrt zum Termin in Rechnung zu stellen. Der Senat wertet das Vorbringen des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin in diesem Schriftsatz dahingehend, dass der Rechtsanwalt nach den vorausgegangenen Absprachen mit der Antragstellerin dazu berechtigt ist, dieser eine entsprechende Rechnung zu stellen. Der Sachverhalt ist im Übrigen durch die Angaben des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin in diesem Schriftsatz ausreichend glaubhaft gemacht. Der Umstand, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin von dieser bisher noch keine Zahlung verlangt hat - und möglicherweise auch auf eine Zahlung verzichten würde, wenn sich keine Fahrtkostenerstattung aus der Staatskasse ergeben würde - ändert nichts an der (glaubhaft gemachten) Verpflichtung der Antragstellerin und dementsprechend an der Entstehung von Auslagen. |
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| | Gegen die Höhe des Betrages von 130,00 EUR bestehen keine Bedenken. Denn bei der Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs hätte die Antragstellerin einen höheren Betrag, nämlich 201,00 EUR (804 km x 0,25 EUR) geltend machen können (vgl. § 5 Abs. 2 Ziffer 1 JVEG). |
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| | b) Die Beschwerde der Antragstellerin ist hingegen unbegründet, soweit sie einen 130,00 EUR übersteigenden Betrag geltend macht. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 JVEG kann die Antragstellerin nur tatsächlich entstandene Fahrtkosten geltend machen. Da ihre Verpflichtungen gegenüber ihrem Verfahrensbevollmächtigten für die Mitnahme im Pkw nicht über 130,00 EUR hinausgehen, kommt auch eine höhere Erstattung nicht in Betracht. |
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| | 4. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden im Beschwerdeverfahren nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG). |
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