1. Der Antrag des Betroffenen, gegen das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 11.01.2021 die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wird als unbegründet verworfen.
2. Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
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| | Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 21 km/h zu der Geldbuße von 80 EUR. Mit dem form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde beanstandet der Betroffene, dass das Amtsgericht einem auf die Vernehmung mehrerer Mitarbeiter der Stadt H. sowie des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg gerichteten Beweisantrag abgelehnt hat, durch die systematische Verstöße gegen datenschutzrechtliche Normen bei der Ermittlung der Täter von Verkehrsordnungswidrigkeiten nachgewiesen werden sollten, sowie schriftliche Auskünfte bei einem Mitarbeiter der Stadt H. eingeholt hat, ohne dem Betroffenen Gelegenheit zur Befragung zu geben. Der Betroffene sieht hierdurch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör, das Recht auf ein faires Verfahren und die Amtsaufklärungspflicht verletzt. |
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| | Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat mit Antragsschrift vom 17.3.2021, zu der der Betroffene am 24.2.2021 eine Gegenerklärung abgegeben hat, den Antrag auf Zulassung zur Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen. |
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| | Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor. |
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| | Im angefochtenen Urteil ist lediglich eine Geldbuße von nicht mehr als 100 EUR festgesetzt worden. Nach § 80 Abs. 1 und 2 Nr. 1 OWiG darf daher die Rechtsbeschwerde nur zugelassen werden, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Fortbildung des materiellen Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. |
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| | 1. Soweit die Verletzung anderer Verfahrensvorschriften als des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird, kann dies die Zulassung gemäß § 80 Abs. 2 OWiG nicht begründen. Eine analoge Anwendung von § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG auf andere Grundrechtsverstöße, wie der vom Betroffenen behauptete Verstoß gegen den Anspruch auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) scheidet aus (OLG Karlsruhe - Senat, Beschluss vom 10.1.2020 - 2 Rb 34 Ss 843/19, n.v.; BayObLGSt 1995, 158; KG VRS 134, 48; OLG Stuttgart DAR 2019, 696). |
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| | 2. Die Rüge der Verletzung der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) greift nicht durch. |
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| | a) Die zur Geltendmachung erforderliche Verfahrensrüge ist - wie in der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft zutreffend ausgeführt ist - nicht in einer den Anforderungen der §§ 80 Abs. 3 Satz 3 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Weise ausgeführt und deshalb bereits unzulässig. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass in der Antragsbegründung nicht darauf eingegangen wird, dass die Bußgeldbehörde weitere Ermittlungen, in deren Verlauf es zur Übermittlung des bei der Passbehörde gespeicherten Lichtbilds kam, erst angestellt hat, nachdem die schriftliche Befragung der Fahrzeughalterin erfolglos geblieben war. |
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| | b) Die Rüge wäre im Übrigen auch unbegründet. |
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| | 1) Wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, ist die Ablehnung des gestellten Beweisantrags als zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich (§ 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG) im Hinblick auf die dazu im angefochtenen Urteil gemachten Ausführungen nicht willkürlich erfolgt und verletzt bereits deshalb nicht den Anspruch des Betroffenen darauf, dass sein Vorbringen bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt wird. |
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| | 2) Im Übrigen war die unter Beweis gestellte Tatsache von vorneherein nicht geeignet, die Entscheidung zu beeinflussen, so dass auch die für eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör erforderliche Voraussetzung, dass entscheidungserhebliches Vorbringen unberücksichtigt geblieben sein muss, nicht erfüllt ist. |
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| | (1) Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung (BayObLGSt 1998, 22; 2003, 105; OLG Stuttgart NJW 2004, 83; OLG Bamberg DAR 2006, 336; OLG Hamm ZfS 2010, 111; OLG Koblenz ZfS 2020, 713) Verstöße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen bei der Erhebung eines Bildes bei den Passbehörden regelmäßig weder ein Verfahrenshindernis noch ein Beweisverwertungsverbot begründen (und entgegen der apodiktisch begründeten Auffassung des AG Landstuhl - DAR 2020, 399 - auch nicht Veranlassung zur Einstellung nach § 47 OWiG geben). Dies gilt erst recht im vorliegenden Fall, in dem die Erhebung des bei der Passbehörde gespeicherten Bildes des Betroffenen wegen seines durchgehenden Schweigens zum Tatvorwurf jedenfalls letztlich gerechtfertigt war. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass selbst bei Annahme eines Beweisverwertungsverbots dies nur das erhobene Lichtbild selbst beträfe, ohne der Verwertung sich daran anschließender Ermittlungsergebnisse entgegenzustehen (vgl. nur BVerfG BVerfGK 7, 61; NStZ 2011, 103; BGH NStZ-RR 2016, 216). Das Amtsgericht hat aber den Betroffenen aufgrund des in der Hauptverhandlung vorgenommenen Abgleichs zwischen dem Betroffenen selbst und dem bei der Tat gefertigten Lichtbild als Täter identifiziert. |
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| | Bereits im Achtzehnten Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz in Baden-Württemberg (1997, LT-Drs. 12/2242, S. 114 f.) ist dazu ausgeführt: |
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| | „Manche Datenschutzanliegen sind wahre Dauerbrenner. So schreiben uns in schöner Regelmäßigkeit nahezu Woche für Woche Bürger, es könne doch nicht im Einklang mit dem Datenschutz stehen, wenn die Bußgeldbehörde oder die Polizei die bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung oder einem anderen Verkehrsverstoß fotografierte Person mit dem im Paß-/Personalausweisregister enthaltenen Lichtbild vergleiche, um den Verkehrssünder zu ermitteln. Sie hatten nämlich geglaubt, wenn sie als Fahrzeughalter der Bußgeldstelle den verantwortlichen Fahrer nicht nennen würden, könne diese nicht in Erfahrung bringen, wer gefahren ist, und waren deshalb erstaunt, daß die Bußgeldstelle durch den Lichtbildabgleich dem Lenker auf die Spur kam und ihm einen Verwarnungsgeldbescheid oder einen Anhörungsbogen schickte. Neuerdings ist in Briefen auch folgendes zu lesen: „Was allerdings meine Aufmerksamkeit, Verwunderung und Ärger auf sich gezogen hat, ist der im beigefügten Bescheid markierte Hinweis, daß persönliche Daten aus dem Paß- oder Personalausweisregister zur Verfolgung dieser Tat genutzt werden können. Ich meine, daß dies gegen den geltenden Datenschutz verstößt.“ Sie alle muß ich in ihrem Glauben an die Schutzwirkung des Datenschutzes enttäuschen, denn dieser Hinweis gibt die Rechtslage zutreffend wieder. Weder ist die Bußgeldbehörde gehindert, in diesen Fällen weitere Ermittlungen anzustellen, noch ist es der Ausweisbehörde verboten, ihr unter bestimmten Voraussetzungen Auskünfte aus ihrem Register zu erteilen. |
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| | In der Praxis gingen die beteiligten Behörden manchmal dennoch nicht datenschutzgerecht zu Werke. Polizeibeamte wandten sich beispielsweise hin und wieder nicht zuerst an das Paßamt, sondern versuchten, den Fahrzeughalter zuhause anzutreffen. Gelang das nicht, klingelten sie bei Nachbarn und zeigten ihnen das Beweisfoto mit der Bitte, die abgelichtete Person zu identifizieren. Das Herumzeigen des Beweisfotos in der Nachbarschaft ist freilich ein gravierenderer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen als der Paßbildvergleich. Daraus haben das Ministerium für Umwelt und Verkehr und das Innenministerium inzwischen die Konsequenzen gezogen und in Erlassen detailliert geregelt, wie die beteiligten Behörden bei der Ermittlung von Verkehrssündern vorzugehen haben. |
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| | Für die Bußgeldbehörde/Polizei gilt: |
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| | – Hat der Fahrzeughalter einen Verwarnungsgeldbescheid oder einen Anhörungsbogen erhalten und macht er keine Angaben zur Sache, darf sich die Verfolgungsbehörde über die Meldebehörde an das Ausweisregister wenden. |
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| | – Ist für die Bußgeldbehörde/Polizei von vornherein klar, daß der Fahrzeughalter nicht der verantwortliche Fahrer ist (z.B. der Halter ist männlich, geblitzt wurde eine Frau), muß sie sich nicht erst an den Halter wenden, sondern kann anhand des Melderegisters der Meldebehörde herausfinden, ob Ehegatte, Tochter oder Sohn als Verkehrssünder in Frage kommen und deren Ausweisbild mit dem Beweisfoto abgleichen. – Der Vergleich der beiden Fotos ist von der Bußgeldbehörde selbst vorzunehmen. Sie muß deshalb eine Kopie des im Ausweisregister hinterlegten Fotos anfordern. |
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| | – Erst wenn der Lichtbildvergleich nicht zum Erfolg führt, kann eine Nachbarschaftsbefragung in Frage kommen.“ |
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