Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 2 Ws 55/22

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Freiburg vom 10.2.2022 wird verworfen.

2. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

3. Der Gegenstandswert wird für beide Instanzen hinsichtlich des Antrags auf die Gestattung des Besitzes eines Tablets mit Internetzugang auf 100 EUR und hinsichtlich des Antrags auf Gewährung von Internetzugang auf 300 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller ist Strafgefangener in der Justizvollzugsanstalt X.. Einen von ihm gestellten Antrag, ihm den Besitz eines Tablets mit Internetzugang zu gestatten oder Internetzugang „über eine sichere vertrauenswürdige Quelle“ unter beispielhafter Benennung eines konkreten Anbieters zu gewähren, lehnte die Antragstellerin ab. Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung verfolgte der Antragsteller sein Begehren weiter. Mit der angefochtenen Entscheidung vom 10.2.2022, die dem Antragsteller am 18.2.2022 zugestellt wurde, wies die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Freiburg den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurück. Hiergegen richtet sich die am 8.3.2022 zu Protokoll der Geschäftsstelle des Landgerichts Freiburg eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde des Antragstellers.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Die erhobenen verfahrensrechtlichen Beanstandungen greifen nicht durch.
a) Soweit die Strafvollstreckungskammer dem Antragsteller vor Fassung der angefochtenen Entscheidung die Erwiderung der Antragsgegnerin auf den Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht mitgeteilt hat, ist sein Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör soll gewährleistet werden, dass das Gericht bei seiner Entscheidung keine Umstände verwertet, zu denen sich der Verfahrensbeteiligte nicht äußern konnte. Aus dem Vorbringen der Antragsgegnerin hat die Strafvollstreckungskammer bei ihrer Entscheidung nur den Hinweis auf die generelle Eignung internetfähiger Geräte zur Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt aufgegriffen, worauf die Antragsgegnerin aber - wie sich aus vom Antragsteller schon zuvor vorgelegten Unterlagen ergibt - schon ihre Ablehnung der Besitzgestattung gestützt hatte, weshalb der Antragsteller nicht nur Gelegenheit dazu hatte, sich dazu vor der gerichtlichen Entscheidung zu äußern, sondern dies vorliegend auch getan hat.
b) Eine Verletzung der Aufklärungspflicht ist ebenfalls nicht dargetan, da dem Antrag - wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergibt - der Erfolg zu versagen war, ohne dass es auf eine weitere Aufklärung des Sachverhalts ankam.
2. Soweit das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss einen Anspruch des Antragstellers auf die Gestattung des Besitzes eines Tablets mit Internetzugang verneint hat, ist die Rechtsbeschwerde bereits unzulässig.
a) Das Landgericht hat seiner Entscheidung die gefestigte - verfassungsgerichtlich gebilligte (BVerfG NJW 2003, 2447; 2019, 1738; BayVerfGH BayVBl 2016, 227) - obergerichtliche Rechtsprechung zugrunde gelegt, wonach Computer und ähnliche Geräte schon wegen der damit verbundenen Speichermöglichkeiten generell geeignet sind, die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt zu gefährden, ohne dass dem durch Kontrollmaßnahmen der Anstalt hinreichend begegnet werden kann (OLG Koblenz, Beschluss vom 5.2.2014 - 2 Ws 723/13 Vollz, juris; KG Berlin, 5 Ws 171/05 Vollz v. 08.06.2005, juris; KG OLGSt StVollzG § 70 Nr. 13; OLG Dresden FS 2022, 70), was die Versagung des Besitzes gemäß § 58 Abs. 2 Nr. 2 JVollzGB III BW rechtfertigt, nachdem auch bei insoweit zulässiger generalisierender Bewertung . Insoweit ist es deshalb bereits nicht geboten, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen, was gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG zur Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde führt.
b) Unbegründet ist die Rechtsbeschwerde, soweit sie sich dagegen richtet, dass das Landgericht es unterlassen hat, den weitergehenden Antrag auf Gewährung von Internetzugang durch einen vertrauenswürdigen Anbieter zu bescheiden.
Das Fehlen tatsächlicher Feststellungen hierzu im angefochtenen Beschluss zwingt ausnahmsweise nicht dazu, die Sache insoweit an das Landgericht zurückzuverweisen, weil der begehrte Anspruch auch ohne solche Feststellungen nicht besteht.
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1) Das Justizvollzugsgesetzbuch begründet keinen Anspruch auf die Gewährung von Internetzugang. Im dritten Buch des Gesetzes, das die Rechte von Strafgefangenen regelt, ist in §§ 59, 60 nur der Zugang zu Hörfunk und Fernsehen sowie Zeitungen und Zeitschriften geregelt. Das Recht auf Zugang zum Internet lässt sich aus den gesetzlichen Regelungen nicht ableiten.
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2) Ein solcher Anspruch ergibt sich auch nicht aus übergeordnetem Recht. Die Gewährleistungen der Informationsfreiheit in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG und in Art. 10 MRK verpflichten den Gesetzgeber auch unter Berücksichtigung der zunehmenden Bedeutung des Internets für die Informationsgewinnung im Hinblick auf die mit der Möglichkeit zur Nutzung des Internets verbundenen generellen Gefahren für Sicherheit und Ordnung in Haftanstalten nicht, Strafgefangenen Zugang zum Internet zu gewähren (BVerfG, Beschluss vom 15.3.2012 - 2 BvR 2447/11 = BeckRS 2012, 212184; EGMR, Urteile vom 19.1.2016 - 17429/10 Kalda ./. Estland und vom 17.7.2017 - 21575/08 Jankovskis ./. Litauen). Dass es aus besonderen Gründen des Einzelfalls der Gewährung eines Internetzugangs zur Erlangung nicht anderweitig zugänglicher Informationen bedarf, auf die der Antragsteller angewiesen ist, kann der Senat ausschließen, nachdem der Antragsteller weder im Antrag auf gerichtliche Entscheidung, dessen Inhalt dem Senat im Hinblick auf die Prüfung von Verfahrensvoraussetzungen zugänglich ist (OLG Hamm, Beschluss vom 20.10.2015 - III-1 Vollz (Ws) 406/15, juris), noch mit der Rechtsbeschwerdebegründung das Vorliegen solcher Umstände behauptet hat.
III.
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1. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 121 Abs. 2 Satz 1 StVollzG.
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2. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf §§ 1 Abs. 1 Nr. 8, 52 Abs. 1, 60, 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 65 GKG.

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