Urteil vom Oberlandesgericht Naumburg (1. Zivilsenat) - 1 U 134/12

Tenor

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

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Die Klägerin und die C.   GmbH schlossen einen Generalplanungsvertrag über die Errichtung einer Casinoanlage. Die Anlage sollte ausgeführt werden auf den Flurstücken 334, 337 und 340 (Grundbuchblatt 696, laufende Nr. 1 - 3 Grundbuch von W.   ). Eigentümer der Grundstücke ist der Beklagte, der zugleich alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der C.   GmbH ist. Zum genauen Auftragsumfang wird Bezug genommen auf Nr. 1 des Generalplanungsvertrages (Bl. 32 I). Vertragsgegenstand war auch die Bauüberwachung gemäß § 33 Nr. 8 HOAI. Es wurde ein Pauschalhonorar in Höhe von (netto) 44.000,-- Euro vereinbart.

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Der ursprüngliche Plan sah vor, das Objekt in 3 Phasen zu errichten. Zunächst sollten 4 Casinocontainer um ein Foyer gruppiert werden, die Casinocontainer eingeschossig, dass Foyergebäude zweigeschossig mit einer Pianobar im 1. Stock (wie Skizze Bl. 4 I). Die 2. Ausbaustufe sah den Anbau von 2 weiteren Casinocontainern vor (wie Skizze Bl. 5 I). In einem letzten Ausbauschritt sollten neben Parkplätzen ein Hotel und ein Bistro errichtet werden (wie Skizze Bl. 6 I). Die für die Endstufe erforderlichen 12 Konzessionen wurden vom Bauordnungsamt des B.    kreises   verweigert. Nachdem der Antrag auf die Planung gemäß der 1. Ausbaustufe reduziert worden war, wurden die dafür erforderlichen 6 Konzessionen erteilt (Bl. 39 I). Das Bauwerk wurde letztlich wie aus der Anlage As 11 (Bl. 40 I) ersichtlich errichtet und von der Baubehörde mangelfrei abgenommen. Das Casino wurde am 25.11.2011 eröffnet.

3

Die Klägerin legte zunächst mit Datum vom 2.2.2012 (Bl. 82 I) eine Schlussrechnung über den im Generalplanungsvertrag genannten Pauschalbetrag von (netto) 44.000,-- Euro. Weiter stellte sie mit Rechnung vom 3.2.2012 behauptete Zusatzleistungen in Rechnung (Bl. 83 I). Mit Anwaltsschreiben vom 28.2.2012 rügte der Beklagte Mängel bei der Bauüberwachung, ohne diese näher zu konkretisieren und kündigte an, Teile des Honorars zurückzubehalten (Bl. 84/85 I). Mit Datum vom 3.4.2012 (Bl. 41/42 I) legte die Klägerin die streitgegenständliche Schlussrechnung, die sie auf der Basis der HOAI-Sätze berechnet. Sie ist der Ansicht, dass sie an das Pauschalhonorar aus dem Generalplanungsvertrag nicht gebunden sei, weil die Mindestsätze i.S.v. § 7 Abs. 3 HOAI unterschritten würden. Die Klägerin behauptet, dass sie die anrechenbaren Kosten gemäß der DIN 276 ermittelt habe (§ 4 Abs. 1 S. 3 HOAI). Die Klägerin hat im Verlauf des Verfahrens zwei eidesstattliche Versicherungen ihres Geschäftsführers vorgelegt (Bl. 45 - 48 I; Bl. 166/167 I), auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

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Der Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin und seine eigene Passivlegitimation, da nicht er der Auftraggeber sei, sondern die C.   GmbH. Die Klägerin sei an das vereinbarte Pauschalhonorar gebunden. Darüber hinaus wendet der Beklagte Mängel bei der Bauüberwachung ein,

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- bestehender Niveauunterschied bis zu 8 cm bei der Bodenplatte

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- Überstand der Aufbauten über die von der Firma K.   angefertigte Bodenplatte

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die von der Klägerin nicht gerügt worden seien. Der Honoraranspruch sei zudem nicht fällig. Er bestreitet die Kostenberechnung durch die Klägerin.

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Im Wege der einstweiligen Verfügung begehrt die Klägerin die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf Einräumung einer Sicherungshypothek.

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Mit Beschluss vom 10.8.2012 hat das Landgericht – ohne vorherige mündliche Verhandlung – die beantragte einstweilige Verfügung erlassen (Bl. 51/52 I). Nach Widerspruch und mündlicher Verhandlung hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil die einstweilige Verfügung vom 10.8.2012 aufgehoben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

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Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt: Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Auch sei der Beklagte als Eigentümer der Grundstücke durch seine enge Verflechtung mit der C.   GmbH passivlegitimiert. Grundsätzlich könne die Klägerin wegen der Unterschreitung der Mindestsätze nach den HOAI-Sätzen abrechnen und ein Honoraranspruch sei auch fällig. Die Klägerin habe aber nicht glaubhaft gemacht (oder durch präsente Beweismittel bewiesen), ob ihr und wenn ja in welcher Höhe (noch) ein Honoraranspruch gegen den Beklagten zustehen könne.

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Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung weiterverfolgt.

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Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II.

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Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das Rechtsmittel hat Erfolg. Im Wege der einstweiligen Verfügung (Palandt/Sprau BGB, 72 Aufl, § 648, Rn. 5) ist die Eintragung einer Vormerkung im Grundbuch zur Sicherung eines Anspruchs der Klägerin auf Eintragung einer Sicherungshypothek anzuordnen.

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Hinsichtlich der Aktivlegitimation der Klägerin und der Passivlegitimation des Beklagten wird Bezug genommen auf die angefochtene Entscheidung (LGU S. 6 - Bl. 149 -). Der Beklagte erhebt in der Berufungserwiderung diese Rügen zwar erneut, setzt sich aber mit keinem Wort mit der Begründung durch das Landgericht auseinander.

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Soweit das Landgericht angenommen hat, dass die Klägerin einen Honoraranspruch jedenfalls der Höhe nach nicht glaubhaft gemacht (bzw. mit präsenten Beweismitteln bewiesen) habe, und insoweit eine Einzelprüfung einzelner Kostenpositionen vornimmt, überspannt es die Anforderungen an die Darlegung im einstweiligen Verfügungsverfahren. Ob man mit der vom Landgericht zitierten Rechtsprechung (wie Palandt/Sprau a.a.O.., § 648, Rn. 2) bei der Sicherung einer Architektenhonorarforderung verlangen muss, dass durch die Leistung der Wert des Grundstücks erhöht wird, kann im Ergebnis dahinstehen. Diese Frage gehört in das Hauptsacheverfahren, während im einstweiligen Verfügungsverfahren auch bei Architekten keine anderen Anforderungen gestellt werden können, als bei Anträgen anderer an einem Bauwerk beteiligter Unternehmer(entgegen BE S. 4 a.E.).

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Insoweit ist davon auszugehen, dass es zur Glaubhaftmachung des Anspruchs aus § 648 BGB ausreichend ist, wenn der Antragsteller eine prüffähige Rechnung vorlegt und deren Richtigkeit mit einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft macht (MK-Busche BGB, 5. Aufl., § 648, Rn. 37; Bamberger/Roth/Voit BGB, § 648, Rn. 24; Staudinger/Peters/Jacoby BGB, Neubearbeitung 2008, § 648, Rn. 40; Palandt/Sprau a.a.O., Rn. 5). Gegen die Prüffähigkeit der Schlussrechnung (Bl. 41/42 I) und der Grundlagenermittlung (Bl. 43/44 I) bestehen keine Einwände. Nach § 4 Abs. 1 S. 3 HOAI hat die Ermittlung der anrechenbaren Kosten (als Grundlage für die Rechnung) entsprechend der DIN 276 zu erfolgen. Insoweit hat die Klägerin im Termin vom 19.9.2012 (Bl. 97) behauptet, dass die Kosten auf der Grundlage der DIN 276 ermittelt wurden. Im Hinblick auf § 4 Abs. 1 S. 3 HOAI muss sich die Glaubhaftmachung auch auf die Kostenermittlung gemäß der DIN 276 beziehen. Es gibt zwei eidesstattliche Versicherungen. In beiden Schriftstücken (Bl. 47/Bl. 167 I) wird erklärt, dass die Kostenermittlung auf der Basis der DIN 276 erfolgt ist. Dies ist im vorliegenden Fall zur Glaubhaftmachung im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens ausreichend.

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An die Schlussrechnung vom 2.2.2012 wäre die Klägerin nur dann gebunden, wenn der Beklagte auf eine abschließende Berechnung des Honorars vertrauen durfte und er sich im berechtigten Vertrauen auf die Endgültigkeit der Schlussrechnung in schutzwürdiger Weise so eingerichtet hat, dass ihm eine Nachforderung nicht mehr zugemutet werden kann (z.B. BGH Urteil vom 23.10.2008 – VII ZR 105/07 – [z.B. BauR 2009, 262]; hier: zitiert nach juris). Zumindest für die 2. Voraussetzung ist nichts Hinreichendes vorgetragen und schon überhaupt nichts glaubhaft gemacht worden.

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Auch die Übrigen Einwände des Beklagten greifen nicht durch:

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Hinsichtlich der vom Beklagten im Termin vorgelegten Kostenermittlung kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. Im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens ist es nicht mit dessen vorläufigem Sicherungszweck vereinbar, wenn über die Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung (nebst eidesstattlicher Versicherung) hinaus auch die einzelnen Kostengruppen glaubhaft gemacht werden müssten. Deren inhaltliche Richtigkeit festzustellen, ist Aufgabe des Hauptsacheverfahrens.

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Soweit der Beklagte sich auf § 12 Abs. 3 des Vertrages beruft (Bl. 36 I):

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Eine Wiederaufnahme und Fortsetzung der Leistungen bis zur vollständigen Vertragserfüllung innerhalb von (handschriftlich geändert) 36 Monaten gilt als vereinbart.

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und dazu behauptet, dass bis Oktober 2013 die ursprünglich geplanten 6 Module noch errichtet werden sollen, macht er dies zu einem nicht glaubhaft (dies vor dem Hintergrund, dass seit November 2011 keine Aktivitäten zum Weiterbau unternommen wurden und weiter, dass der B.               kreis seinerzeit die erforderliche Anzahl von Konzessionen für die Realisierung des – geplanten – Gesamtobjekts verweigert hat). Zum anderen kann dies auch dahinstehen, weil der Beklagte selbst vorträgt, dass er die Klägerin wohl nicht weiter mit der Baubetreuung und der Ausführung des Vertrages beauftragen wird (BE S. 3 a.E.). Dann aber verhält er sich selbst treuwidrig, wenn er sich auf § 12 Abs. 3 des Vertrages berufen will, mit der Folge, dass der Vertrag in Bezug auf die Klägerin beendet und ein Honoraranspruch auch fällig wäre, wobei es darauf im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens nicht einmal ankäme (OLG Hamm Urteil vom 7.10.1998 – 12 U 19/98 – [z.B. NJW-RR 1999, 383]; hier: zitiert nach juris [Rn. 13]; Werner/Pastor Der Bauprozess, 14. Aufl., Rn. 225).

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Soweit der Beklagte Mängel rügt, kann dies augenblicklich dahinstehen. Da sich das Verfahren im Zeitraum nach der Abnahme befindet, muss nicht die Klägerin die Mangelfreiheit, sondern der Beklagte die Mangelhaftigkeit glaubhaft machen (z.B. OLG Hamm a.a.O [Rn. 14]). Er verweist dazu (BE S. 4) auf ein vor dem LG Halle geführtes Verfahren (4 O 288/12), das sich aber gegen den Bauunternehmer richtet. In dem Verfahren wurden Mängel noch nicht abschließend festgestellt, die dann - zudem allenfalls mittelbar (weil für die Klägerin ja nur ein Mangel bei der Bauüberwachung in Betracht kommt, was nicht gleichbedeutend sein muss mit einem vom Bauunternehmer verursachten Mangel) - gegen die Klägerin gewertet werden könnten. Es fehlt somit jedenfalls an der erforderlichen Glaubhaftmachung von Mängeln am Werk der Klägerin. Letztlich wird auch dies im Hauptsacheverfahren zu prüfen sein.

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Sicherbar im Rahmen von § 648 BGB sind die Hauptforderung und auch die Kosten zur Erwirkung der Vormerkung (Palandt/Sprau a.a.O., Rn. 4; wird zitiert von OLG Hamm Urteil vom 12.5.2000 – 12 U 39/00 – [BauR 2000, 15127, 1528]).

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.


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