Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (2. Strafsenat) - 2 Ss 77/13

Tenor

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle (Saale) vom 20. November 2012 im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Halle (Saale) zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht Merseburg hatte die Angeklagte durch Urteil vom 19. April 2012 wegen schweren sexuellen Missbrauches von Kindern durch Vollziehung des Beischlafs mit einem Kind in kinderpornographischer Absicht in Tateinheit mit Beischlaf zwischen Verwandten in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit dem Herstellen kinderpornographischer Schriften, in Tatmehrheit mit Verbreiten kinderpornographischer Schriften in Tatmehrheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern in kinderpornographischer Absicht in Tateinheit mit dem Herstellen kinderpornographischer Schriften zur Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.

2

Auf die Berufung der Angeklagten hat das Landgericht Halle (Saale) das Urteil des Amtsgerichts – unter Verwerfung der weitergehenden Berufung – durch Urteil vom 20. November 2012 im Schuldspruch dahingehend geändert, dass die Angeklagte des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in kinderpornografischer Absicht und durch Vollzug des Beischlafes mit einem Kind in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, Beischlaf zwischen Verwandten und Verschaffen kinderpornografischer Schriften in Tatmehrheit mit schwerem sexuellen Missbrauch eines Kindes in kinderpornografischer Absicht in Tateinheit mit Sich-Verschaffen kinderpornografischer Schriften schuldig ist und sie erneut zur Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Es hat ferner angeordnet, dass von der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung drei Monate als vollstreckt gelten.

3

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Angeklagten, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

4

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.

5

Die Revision ist zulässig und mit der Sachrüge teilweise erfolgreich, im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

6

Der Rechtsfolgenausspruch hat keinen Bestand, weil das Landgericht eine Strafrahmenmilderung nach § 46 b StGB rechtsfehlerhaft abgelehnt hat.

7

Das Landgericht hat die Voraussetzungen des Strafmilderungsgrunds nach § 46b Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 StGB zutreffend als dem Grunde nach erfüllt angesehen. Bei der Ablehnung der Strafrahmenverschiebung hat es – bei beiden Taten mit gleichlautender Begründung – entscheidend darauf abgestellt, dass die Angeklagte sich erst zu einem Zeitpunkt offenbart habe, als sie den Anstiftungshandlungen in mindestens zwei Fällen gefolgt war und die Taten vollendet hatte. In der weiteren Begründung führt das Landgericht aus, dass die „Tatschwere für den gesondert Verfolgten R.“ aufgrund seiner Beteiligungsart geringer sei als die der Angeklagten und diese während des gesamten Tatgeschehens wegen jeder von ihr begangenen Tathandlung uneingeschränkte Tatherrschaft gehabt habe. Dieser Moment stelle den wesentlichen Gesichtspunkt dar, der gegen eine Strafrahmenverschiebung spreche.

8

Diese Begründung hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Sie lässt besorgen, dass das Landgericht die Voraussetzungen, unter denen eine Strafmilderung gewährt werden kann, verkannt hat. § 46b Abs. 1 Nr. 1 StGB knüpft die Möglichkeit der Strafmilderung nicht allein an die Tatsache an, dass zukünftige Straftaten verhindert werden, sondern gewährt diese Möglichkeit ausdrücklich auch nach Vollendung der Straftaten für deren Aufdeckung. Dies verkennt das Landgericht, wenn es die Strafmilderung mit dem Argument ablehnt, die Angeklagte habe sich erst zu einem Zeitpunkt offenbart, als sie den Anstiftungshandlungen in mindestens zwei Fällen gefolgt sei. Eine Offenbarung auch zu diesem Zeitpunkt begründet die Möglichkeit einer Strafrahmenmilderung.

9

Auch die weitere Begründung, dass die „Tatschwere für den gesondert Verfolgten R.“ geringer sei als die der Angeklagten, verkennt die rechtlichen Vorgaben. Nach § 26 StGB wird der Anstifter gleich einem Täter bestraft. Dass es sich bei den aufgedeckten Anstiftungshandlungen des R. um erhebliche Straftaten handelt, zeigt auch dessen rechtskräftige Verurteilung durch das Amtsgericht Zwickau am 26. Mai 2011 wegen der durch die Angeklagte aufgedeckten Taten zur Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren. Im Übrigen ist die Wertung des Landgerichts, die Tat des R. wiege geringer als die der Angeklagten, fragwürdig. Hierbei ist unberücksichtig geblieben, dass die Angeklagte im Wesentlichen strafrechtlich unbelastet ist, R. hingegen mehrfach einschlägig vorbestraft. Insofern dürfte bei der in einer neuen Verhandlung zu treffenden Entscheidung über die Gewährung der Strafrahmenverschiebung zu Gunsten der Angeklagten besonders ins Gewicht fallen, dass aufgrund ihrer Aufklärungshilfe ein Täter verurteilt werden konnte, der bereits mehrere einschlägige Delikte begangen hat und daher eine ständige Gefahr für Andere darstellte.

10

Schließlich lassen die weiteren Ausführungen, dass die Angeklagte während des gesamten Tatgeschehens die Tatherrschaft gehabt habe und dies der wesentliche Gesichtspunkt gewesen sei, der gegen eine Strafrahmenverschiebung spreche, befürchten, dass sich das Landgericht bei der Würdigung der Aufklärungshilfe rechtsfehlerhaft allein an dem Schuldumfang ihrer Taten und nicht an dem Gewicht des von ihr geleisteten Aufklärungsbeitrages orientiert hat (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 16.06.2012 – 2 Str 66/12 – StraFo 2012, S. 332 m.w.N.).


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