Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (12. Zivilsenat) - 12 Wx 8/13

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Haldensleben - Grundbuchamt - vom 7. November 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 1.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligte zu 1) ist als Eigentümerin des im Grundbuch von C. Bl. 798 verzeichneten Grundbesitzes eingetragen. Über ihr Vermögen wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 3.September 2001 das Insolvenzverfahren eröffnet, dieses ist noch nicht beendet. Auf Ersuchen des Insolvenzgerichts wurden das im Grundbuch eingetragene allgemeine Verfügungsverbot sowie der allgemeine Zustimmungsvorbehalt am 17. Mai 2006 gelöscht. In der Akte befindet sich eine Mitteilung des Insolvenzverwalters vom 22. Januar 2010, wonach dieser mit Schreiben vom 21.März 2009 (gemeint offensichtlich 2006) das Insolvenzgericht über die Freigabe des Grundstücks informiert habe.

2

Liquidatorin der Beteiligten zu 1) ist die durch den Nachtragsliquidator vertretene Komplementärin. Diese wurde durch Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 15. Juli 2004 aufgelöst.

3

Mit notariellem Vertrag vom 17. Dezember 2009 hat die Beteiligte zu 1) das Grundstück an den Beteiligten zu 2) veräußert, diesem eine Belastungsvollmacht erteilt und ihm eine Vormerkung zur Sicherung der Eigentumsübertragung bewilligt. Mit notarieller Urkunde vom 8. Februar 2010 hat die Beteiligte zu 1), vertreten durch den Beteiligten zu 2), der Beteiligten zu 3) eine Grundschuld über 50.000,00 € bestellt und deren Eintragung bewilligt. Der beurkundende Notar hat am 23. August 2012 für die Beteiligten die Eintragung der Grundschuld sowie der Vormerkung beantragt.

4

Mit Zwischenverfügung vom 7. November 2012 hat die Rechtspflegerin den Beteiligten aufgegeben, binnen sechs Wochen die Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters sowie zum Nachweis der Liquidatorstellung der Komplementärin den Gesellschaftervertrag vom 14. Februar 1991 (Urkunde des Notars C. S. URNr. 70/1991 (..)) und die dazu gehörige Anlage (Urkunde des Notars C. S. URNr. 880/1992 (..)) vorzulegen.

5

Gegen diese Zwischenverfügung hat der Notar unter Vorlage einer beglaubigten Abschrift der Urkunde des Notars S. URNr. 70/1991 (..) Beschwerde eingelegt und die Auffassung vertreten, dass die Freigabe offenkundig sei. Dies ergebe sich aus vorangehenden Beschlüssen des Grundbuchamts, in denen bereits von einer Freigabe des Grundstücks ausgegangen worden sei. Zudem sei die Freigabe durch ein in den Akten befindliches Schreiben des Insolvenzgerichts bestätigt worden, wonach aufgrund der Freigabe die Löschung des Insolvenzvermerks mit Ersuchen vom 10.Mai 2006 veranlasst worden sei.

6

Die Rechtspflegerin hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

7

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Zwischenverfügung der Rechtspflegerin ist nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen für den Erlass einer Zwischenverfügung haben vorgelegen (§ 18 Abs. 1 Satz 1 GBO). Danach hat das Grundbuchamt einen Antrag unter Angabe der Gründe zurückzuweisen oder dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Behebung des Hindernisses zu bestimmen, wenn einer beantragten Eintragung ein Hindernis entgegensteht. So liegt es auch hier. Denn die Eintragung soll nach § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Solche Erklärungen sind, vom reinen Eintragungsantrag sowie der Antragsvollmacht abgesehen, alle Erklärungen, deren es nach den Vorschriften des Grundbuchrechts zur Eintragung bedarf (z. B. Demharter, Rn. 8 zu § 29 GBO). Dazu gehört im Falle einer Insolvenz auch die Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters. Entsprechend des sich auch aus § 727 ZPO ergebenden Rechtsgedankens ist es erforderlich, die Wirksamkeit der Freigabe als "Rechtsnachfolge" (im Sinne von Rückübertragung der Verfügungsbefugnis) durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen, was in grundbuchrechtlicher Sicht dem Formerfordernis des § 29 GBO entspricht. Hintergrund für dieses Erfordernis ist, dass wegen der mit dem öffentlichen Glauben nach § 892 BGB verbundenen Gefahren Eintragungen im Grundbuch zur Sicherung des Rechtsverkehrs nur dann vorgenommen werden sollen, wenn ihre Voraussetzungen dem Grundbuchamt in der strengen Form des Urkundenbeweises dargetan sind (z. B. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rd. 152). Eine privatschriftliche Freigabeerklärung ist daher als Nachweis ungeeignet, da hierdurch nicht nachgewiesen werden kann, dass die Erklärung auch von der richtigen Person ausgestellt worden ist (z. B. OLG Naumburg, Beschluss vom 28. Februar 2011, Geschäfts-Nr. 12 Wx 14/11). Die in der Akte befindliche Mitteilung vom 22. Januar 2010 genügt diesen Erfordernissen erkennbar nicht.

8

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ist die Freigabe des streitgegenständlichen Grundstücks auch nicht offenkundig. Denn offenkundig ist eine Tatsache nur dann, wenn sie der Allgemeinheit ohne Weiteres bekannt ist, wobei genügt, dass die Tatsache zumindest dem Grundbuchamt zweifelsfrei bekannt ist (z.B. BGH RPfleger 2005, 611; Demharter, Rd. 60 zu § 29 GBO). Die Löschung des Insolvenzvermerks auf Ersuchen des Insolvenzgerichts genügt hierfür nicht. Bei der Eintragung des Insolvenzvermerkes im Grundbuch und der Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters über die Gegenstände der Insolvenzmasse handelt es sich um zwei unabhängig voneinander bestehende Angelegenheiten (OLG Naumburg a. a. O.). So hat der Insolvenzvermerk lediglich deklaratorischen Charakter (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn. 1638). Aus dem Fehlen des Vermerks folgt daher nicht, dass die Verfügungsbefugnis des Verwalters nicht oder nicht mehr besteht (z. B. Münchener Kommentar/Schmahl, Rn. 63 zu § 32 InsO; LG Berlin Rpfleger 2004, 158). Soweit die Rechtspflegerin in den vorangehenden Zwischenverfügungen ohne nähere Begründung darauf abgestellt hat, dass das Grundstück freigegeben sei, ergibt sich daraus weder eine Bindungswirkung noch eine Offenkundigkeit der nachzuweisenden Erklärung.

9

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Rechtspflegerin die vollständige Vorlage des Gesellschaftsvertrages -also einschließlich der Anlage UR 880/1992 (St) -in der nach § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO erforderlichen Form verlangt, da die Komplementärin hierauf ihre Vertretungsmacht als Liquidatorin gründet. Dieser Aufforderung sind die Beteiligten bislang nicht nachgekommen.

III.

10

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 80, 84 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 131 Abs. 4, 31 Abs.1, 30 Abs. 1 KostO, den der Senat mit den geschätzten Kosten für die Beseitigung des Hindernisses bemessen hat.


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