Beschluss vom Oberlandesgericht Rostock (1. Zivilsenat) - 1 U 3/08

Tenor

I. Gegen den Sachverständigen Dipl.-Kaufmann xxx wird wegen Versäumung der Frist zur Vorlage seines Gutachtens ein Ordnungsgeld in Höhe von 300,00 € festgesetzt.

II. Dem Sachverständigen wird aber- und letztmals eine Frist von einer Woche zur Einreichung des Gutachtens (zusammen mit den Verfahrensakten) bei Gericht gesetzt. Ihm wird angekündigt und angedroht, dass er bei Nichteinhaltung der Frist mit seiner entschädigungslosen Abberufung als Sachverständigengutachter zu rechnen hat.

III. Den Parteien wird zu der unter Ziff. II angekündigten Maßnahme Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von einer Woche eingeräumt.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 12.11.2007 - Az.: 6 U 32/07 - ordnete der (vormalige) 6. Zivilsenat eine Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens an. Nachdem die Industrie- und Handelskammer Mecklenburg Vorpommern, um deren Mitwirkung ersucht worden war, den Sachverständigen xxx als Gutachter vorgeschlagen hatte, wurde dieser nach Anhörung der Parteien und mit deren grundsätzlichem Einverständnis zum Sachverständigen bestellt (Beschluss vom 10.06.2008). Mit Schreiben vom 10.06.2008 sind dem Sachverständigen die Verfahrensakten zur Erstellung des Gutachtens zugeleitet worden; sie gingen ihm am 20.06.2008 zu. Da die Akten kurzfristig im Kostenfestsetzungsverfahren benötigt wurden, erforderte die Geschäftsstelle des Senats diese vom Sachverständigen zurück. Dieser überließ die Verfahrensakten mit Schreiben vom 10.11.2008 und teilte hierin - außer der Einforderung eines weiteren Kostenvorschusses - mit, "nach erfolgter Rücksendung der Akten werde ich das Gutachten innerhalb von vier Wochen dem Gericht vorlegen können". Am 03.12.2008 gelangten die Akten an den Sachverständigen zurück; der verlangte weitere Kostenvorschuss wurde eingezahlt. Auf telefonische Anfrage der Geschäftsstelle vom 24.03.2009 erklärte der Sachverständigen, die Akten würden in etwa drei Wochen mit dem Gutachten zurückgesandt werden.

2

Unter dem 05.06.2009 setzte der Vorsitzende des Senats dem Sachverständigen eine Frist von vier Wochen zur Vorlage des Gutachtens. Er bat darum, anderenfalls die Hinderungsgründe mitzuteilen und glaubhaft zu machen. Weiter erging die Ankündigung, dass anderenfalls die Auferlegung eines Ordnungsgeldes oder die Entziehung des Gutachterauftrages in Betracht zu ziehen sein werde. Diese Verfügung wurde dem Gutachter am 09.06.2009 zugestellt.

3

Am 20.07.2009 nahm die stellvertretende Vorsitzende des Senats telefonisch Kontakt zu dem Sachverständigen auf. Er erklärte auf Nachfrage, auf das Hinweisschreiben vom 05.06.2009 nicht reagiert zu haben, weil er im Urlaub gewesen sei. Gleichzeitig sicherte er zu, das Gutachten binnen zehn Tagen vorzulegen. Die stellvertretende Vorsitzende erneuerte die angedrohten Zwangsmittel.

4

Bis zum heutigen Tage ist ein Eingang des Gutachtens zu den Gerichtsakten nicht zu verzeichnen.

II.

1.

5

Gegen den Sachverständigen xxx war nach § 411 Abs. 2 ZPO ein Ordnungsgeld (vgl. Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 30. Aufl., § 380 Rn. 6), jedoch keine Ordnungshaft (Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 411 Rn. 7) festzusetzen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift (dazu allgemein Thomas/Putzo/Reichold, a.a.O., § 411 Rn. 2) sind erfüllt.

a)

6

Dem Gutachten ist mit Verfügung vom 05.06.2009 eine Frist zur Erstattung seines Gutachtens gesetzt worden, dabei wurde ihm die Auferlegung eines Ordnungsgeldes für den Fall der Nichtvorlage des Gutachtens angedroht. Diese Androhung ist fernmündlich durch die stellvertretende Vorsitzende am 20.07.2009 wiederholt worden (§ 411 Abs. 2 Satz 2 ZPO); der Setzung einer Nachfrist zur Einreichung des Gutachtens - durch Zustellung einer entsprechenden Verfügung des Vorsitzenden oder der stellvertretenden Vorsitzenden in seiner Vertretung (dazu Zöller/Greger, a.a.O., § 411 Rn. 11) - bedurfte es hier nicht; ein solches Verfahren wäre zur reinen Förmelei geraten. Der Sachverständige hatte von sich aus zugesichert, das Gutachten binnen 10 Tagen vorzulegen. Diese selbst gesetzte Frist ging mit dem Anliegen des Senats konform, für eine alsbaldige Vorlage des Gutachtens Sorge zu tragen; davon musste auch der Sachverständige - nach den mehrmaligen Aufforderungen zur Einreichung des Gutachtens und seinen eigenen Versicherungen - ausgehen. Die von ihm zugesicherte Fristeinhaltung stimmte mithin überein mit einer zu setzenden Frist.

b)

7

Wegen der Versäumung der Frist ist danach - in entsprechender Anwendung von §§ 380, 390 ZPO (vgl. Thomas/Putzo/Reichold, a.a.O., § 411 Rn. 4 und § 409 Rn. 4 u. 5) - ein Ordnungsgeld zu verhängen. Dieses kann der Höhe nach von 5 bis 1.000,00 € festgesetzt werden (Thomas/Putzo/Reichold, a.a.O., § 380 Rn. 6). Angesichts der - entgegen eigenen Zusicherungen des Sachverständigen - außerordentlich verzögerlichen Bearbeitung des Gutachtenauftrages, der verstrichenen Zeit (die zu Lasten der Parteien geht) und der mehrfachen Nichteinhaltung von Fristen erachtet der Sache das festgesetzte Ordnungsgeld - unter Berücksichtigung der anzunehmenden Vermögensverhältnisse des Sachverständigen - sowohl dem Grunde wie der Höhe nach für angemessen und auch für verhältnismäßig.

2.

8

Der Senat setzt dem Sachverständigen eine letzte Nachfrist zur Erstattung seines Gutachtens. Die Frist von einer Woche erscheint hierbei - unter Berücksichtigung der schon längere Zeit ausstehenden Fertigstellung des Gutachtens und der (mehrfach) selbst geäußerten Erwartung des Sachverständigen, das Gutachten unmittelbar vorlegen zu können - ausreichend. Sollte auch in dieser Frist das Sachverständigengutachten nicht eingehen, verbleibt als ultima ratio nur die entschädigungslose Abberufung des Sachverständigen (§ 409 ZPO), da seine hartnäckigen Fristversäumungen als Weigerung zur Gutachtenerstellung einzustufen wären (vgl. Thomas/Putzo/Reichold, a.a.O., § 411 Rn. 4; Zöller/Greger, a.a.O., § 409 Rn. 4; OLG Brandenburg, MDR 2005, 1131, Tz. 5, zit. nach juris); es wird sodann die Beauftragung eines neuen Sachverständigen erforderlich werden; ein (nicht oder unvollständig fertig gestelltes) Gutachten des bisherigen Sachverständigen verlöre seinen Wert, mit der Folge, dass diesem keine Entschädigung zusteht. Als Alternative bleibt dem Sachverständigen einzig - was der Senat anheimstellt -, dass er den Gutachterauftrag von sich aus zurückgibt.

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