Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht (5. Zivilsenat) - 5 W 24/08
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Der Antragsgegner zu 1 wendet sich gegen eine Vorschussanforderung.
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Mit Beherrschungsvertrag vom 06.01.1998 unterstellte die Firma A AG (damals firmierend als B AG) der Firma C AG gemäß § 291 Abs.1 S.1 AktG die Leitung ihrer Gesellschaft.
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Am 06.05.1998 (Antragstellerin zu 2, Bl.26) bzw. unter dem 11.06.1998 (Antragstellerin zu 1, Bl.1) haben die Antragstellerinnen als außenstehende Aktionärinnen der Firma A AG bei dem Landgericht die gerichtliche Bestimmung der ihnen vertraglich zu gewährenden Abfindung nach § 305 Abs.5 S.2 AktG sowie des vertraglich geschuldeten Ausgleichs nach § 304 Abs.3 S.3 AktG beantragt, wobei sie ihre Anträge ausdrücklich gegen beide Parteien des Beherrschungsvertrages gerichtet haben.
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Das Amtsgericht Darmstadt eröffnete am 01.12.2002 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma C AG (Bl.148) und am 02.12.2002 auch das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma A AG (Bl.157). Zugleich verlieh es den beiden Antragsgegnern ihr Amt.
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Mit Beschluss vom 27.12.2007 (Bl.190) hat das Landgericht gemäß § 306 Abs.4 S.2 AktG a.F. für die übrigen außenstehenden Aktionäre den gemeinsamen Vertreter bestellt. Mit dem angefochtenen Beschluss (Bl.220) hat es gemäß § 306 Abs.4 S.8 AktG aF dem Antragsgegner zu 1 aufgegeben, an den gemeinsamen Vertreter einen Vorschuss von 3.167,78 € zu leisten, den es auf der Grundlage des am selben Tag auf 400.000,00 € festgesetzten Geschäftswertes berechnet hat.
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Der Antragsgegner zu 1 hält diesen Beschluss für offenkundig rechtswidrig. Er meint, das Spruchverfahren sei analog § 240 S.1 ZPO durch die Eröffnung des ersten Insolvenzverfahrens, also des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Firma C AG unterbrochen worden. Das Landgericht habe ihm aber auch deshalb keine Vorschusszahlung aufgeben dürfen, weil er als Insolvenzverwalter nicht Beteiligter des Spruchverfahrens sei. Schließlich sei allenfalls das beherrschende, nicht aber das beherrschte Unternehmen vorschusspflichtig, folglich erst recht nicht er - der Antragsgegner zu 1 - als Insolvenzverwalter über das Vermögen des beherrschten Unternehmens.
II.
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1. Die Beschwerde ist nach §§ 1 Nr.1, 17 Abs.1 SpruchG i.V.m. §§ 19 Abs.1, 20ff FGG statthaft (vgl. Bürgers/Körber, AktG, Anh.§ 306/§ 6 SpruchG Rn.8; Hüffer, AktG, 8.Aufl. Anh.§ 305, § 6 SpruchG Rn.5; Simon, SpruchG, § 17 Rn.24) und auch im Übrigen zulässig. Da die angefochtene Entscheidung eine solche des Landgerichts ist, steht § 19 Abs.2 FGG der Zuständigkeit des Oberlandesgerichts für die Entscheidung über die Beschwerde nicht entgegen (vgl. Bassenge u.a., FGG, 10.Aufl. § 20 Rn.36).
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2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
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Zu Recht hat das Landgericht auf das konkludente Verlangen des gemeinsamen Vertreters vom 14.01.2008 (Bl.201) mit dem angefochtenen Beschluss dem Antragsgegner zu 1 gemäß § 306 Abs.4 S.8 AktG a.F. i.V.m. § 17 Abs.2 S.1 SpruchG aufgegeben, an den gemeinsamen Vertreter einen Vorschuss zu zahlen, dessen Höhe sich aus dem am selben Tag auf 400.000,00 € festgesetzten und als solchem nicht beanstandeten Geschäftswert ergibt. Insoweit wird zunächst auf die Hinweise des Landgerichts vom 29.07.2003 (Bl.150), vom 27.12.2007 (Bl.192) und vom 22.01.2008 (Bl.205) verwiesen, ferner auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses.
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Die Beschwerdebegründung rechtfertigt keine andere Beurteilung.
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a) Das Spruchverfahren ist nicht analog § 240 S.1 ZPO unterbrochen. Diese Vorschrift gilt jedenfalls im Bereich der hier nach 17 Abs.2 S.1 SpruchG anwendbaren §§ 305 Abs.5 S.2, 306 AktG a.F. deshalb nicht, weil die von den Antragstellerinnen beantragte gerichtliche Entscheidung - anders als etwa ein späteres Leistungsurteil nach § 16 SpruchG - keine unmittelbare Leistungspflicht begründet, sondern die rückwirkende und nach § 13 S.2 SpruchG für alle Anteilsinhaber wirkende Umgestaltung des Beherrschungsvertrages (vgl. OLG Frankfurt, AG 2006, 206; Bassenge a.a.O. Einleitg Rn.69; Simon a.a.O. § 17 Rn.19; Zöller/Greger, ZPO, 26.Aufl. § 240 Rn.2; ferner für die Konkurseröffnung Jansen, FGG, 2.Aufl., vor § 8 Rn.38; aA nur - soweit ersichtlich - Bilda in: Münchener Kommentar zum AktG, 2.Aufl. § 306 Rn.32, allerdings ohne Begründung).
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b) Entgegen der Beschwerdebegründung steht nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der vorschusspflichtigen Gesellschaft i.S.d. § 306 Abs.4 S.8 AktG a.F. der Insolvenzverwalter selbst dieser Gesellschaft gleich (also nicht erst dadurch, dass der Antrag ausdrücklich gegen ihn gerichtet wird, wie dies die Antragstellerin zu 1 mit Schriftsatz vom 21.01.2008, Bl.203, getan hat; ebenso wird der Insolvenzverwalter nach neuem Recht Antragsgegner i.S.d. § 6 Abs.2 S.1 SpruchG und damit Zahlungsverpflichteter i.S.d. § 6 Abs.2 S.4 SpruchG).
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Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 11.09.2000 (NJW 2001,224), der eine unzulässige außerordentliche Beschwerde gegen einen Berichtigungsbeschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts als Beschwerdegericht betraf, die dort angefochtene, durch ein Vollstreckungshindernis veranlasste Änderung der Bezeichnung der vorschusspflichtigen Person von „Gemeinschuldnerin, vertreten durch den Konkursverwalter“ in „Konkursverwalter“ immerhin für „nicht nur vertretbar, sondern sogar nahe liegend“ gehalten (weshalb jedenfalls eine die außerordentliche Beschwerde zulässig machende „greifbare Gesetzwidrigkeit“ fehle). Der Senat hält dieses Ergebnis auch für richtig. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird nämlich der Insolvenzverwalter kraft Amtes selbst zum Beteiligten des - nicht unterbrochenen (s.o. a) - Spruchverfahrens (vgl. OLG Frankfurt a.a.O.; dass es dort nicht um einen Beherrschungsvertrag, sondern um eine Verschmelzung ging, erscheint für die Unterbrechungsfrage nicht bedeutsam; ferner Hüffer a.a.O. Anh. § 305 Rn.2). Die Insolvenzschuldnerin verliert durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ihre Parteifähigkeit und auch die Insolvenzmasse selbst hat keine eigene Rechtspersönlichkeit (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O. § 19a Rn.4; vor § 50 Rn.21; § 50 Rn.28; § 51 Rn.7). Schließlich ist der Insolvenzverwalter kein gesetzlicher Vertreter (vgl. Graeber in: Münchener Kommentar zur InsO § 56 Rn.105ff).
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Entgegen den Ausführungen des Antragsgegners zu 1 in seinem Schriftsatz vom 10.01.2008 (Bl.199) enthält die genannte Entscheidung des OLG Frankfurt nicht deshalb einen Widerspruch, weil hiernach die beantragte gerichtliche Bestimmung einerseits keine unmittelbare Leistungspflicht begründet (und deshalb das Spruchverfahren nicht unterbrochen wird), andererseits aber die Insolvenzmasse durchaus betrifft (und deshalb der Insolvenzverwalter Beteiligter ist). Es bedarf auch keiner prozessualen Vorschrift, die ausdrücklich bestimmt, dass der Antragsgegner zu 1 als Beteiligter an die Stelle der Firma A AG tritt. Eine solche Vorschrift gibt es auch in den Verfahren nach der Zivilprozessordnung nicht. Die jedenfalls dort allgemein anerkannte Eigenschaft des Insolvenzverwalters als Partei kraft Amtes lässt sich insbesondere weder der Bestimmung des § 240 S.1 ZPO unmittelbar entnehmen noch derjenigen der §§ 85, 86 InsO.
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c) Der angefochtene Beschluss ist schließlich auch nicht deshalb zu Unrecht ergangen, weil er sich gerade gegen den Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der beherrschten Gesellschaft richtet und nicht (auch) gegen den Antragsgegner zu 2 als Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der beherrschenden und deshalb ausgleichs- und abfindungspflichtigen (vgl. Bürgers/Körber a.a.O. § 304 Rn.17; § 305 Rn.10) Gesellschaft.
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Dass auch die beherrschte Gesellschaft Antragsgegnerin war, ergibt sich zunächst daraus, dass die Antragstellerinnen ihre Anträge ausdrücklich auch gegen diese Gesellschaft gerichtet haben und dies nach dem gemäß § 17 Abs.2 S.1 SpruchG maßgebenden alten Recht, welches insoweit - anders als nunmehr § 5 Nr.1 SpruchG - keine ausdrückliche Regelung enthielt , auch geboten war, da vertraglich festgelegte Leistungen im Spiel sind (vgl. Bilda a.a.O. § 306 Rn.52; ferner Lutter, UmwG, 3.Aufl., § 5 SpruchG Rn.2, wonach die insoweit neue Regelung in § 5 Nr.1 SpruchG eine Abweichung von der bisher geltenden Rechtslage darstellt, nach der Antragsgegner beide Parteien des Unternehmensvertrages waren). Hieraus folgt, dass sich der streitige Vorschussanspruch aus § 306 Abs.4 S.8 AktG a.F. i.V.m. § 17 Abs.2 S.1 SpruchG jedenfalls auch gegen den Antragsgegner zu 1 als Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der beherrschten Gesellschaft richtet. „Gesellschaft“ i.S.d. § 306 Abs.4 S.8 AktG a.F., ist nicht das beherrschende, sondern das beherrschte Unternehmen (vgl. Bilda a.a.O. Rn.96 m.w.N.).
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Zwar sind nach § 6 Abs.2 S.4 SpruchG nur die „Zahlungsverpflichteten“ auch vorschusspflichtig, also die Antragsgegner i.S.d. § 6 Abs.2 S.1 SpruchG, mithin der andere Vertragsteil i.S.d. § 5 Nr.1 SpruchG, und dies ist das beherrschende Unternehmen (vgl. Hüffer a.a.O. Anh.§ 305 § 5 SpruchG Rn.2; § 6 SpruchG Rn.7; Simon a.a.O. § 5 Rn.4). Indessen sind diese Vorschriften nach § 17 Abs.2 S.1 SpruchG nicht anwendbar. § 17 Abs.2 S.2 SpruchG steht dem nicht entgegen, da sich diese Vorschrift nicht auf unselbstständige verfahrensrechtliche Beschwerden nach § 19 FGG richtet, sondern auf solche gemäß § 12 SpruchG (vgl. Bungert/Mennicke, BB 2003, 2021,2022; Simon a.a.O. § 17 Rn.24; Rosskopf in: Kölner Kommentar zum AktG, SpruchG § 17 Rn.16).
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Ob sich ein Vorschussanspruch auch gegen den Antragsgegner zu 2 richtet, bedarf nicht der Entscheidung.
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