Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht (3. Zivilsenat) - 3 Wx 15/13

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Amtsgerichts Husum vom 7. Dezember 2012 geändert:

Das Amtsgericht wird angewiesen, der Beteiligten zu 1) antragsgemäß einen Erbschein zu erteilen, der sie als Alleinerbin nach der Erblasserin ausweist.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Kostenerstattung findet nicht statt.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 55.000 €.

Gründe

I.

1

Die am 06.11.2011 verstorbene Erblasserin und ihr 1912 geborener sowie 1999 vorverstorbener Ehemann verfassten am 23.11.1980 ein gemeinschaftliches handschriftliches Testament. Darin heißt es:

2

„...Wir setzen uns gegenseitig als Erben ein, mit der Maßgabe, daß der Überlebende Alleinerbe des Zuerstverstorbenen wird. Sollten wir beide zusammen sterben, oder der überlebende Teil noch kein neues Testament gemacht haben, so bestimmen wir Folgendes:

G, geboren am 12. April 1934…soll unser Alleinerbe sein!...“

3

Aus der Ehe der Eheleute ist ein bereits in der Geburtswoche verstorbenes Kind hervorgegangen. Die Erblasserin hatte keine weiteren Kinder. Ihre Eltern und Ihre Schwester sind vorverstorben, weitere Geschwister nicht vorhanden.

4

Herr G ist ein Neffe des Ehemannes der Erblasserin. Auch er ist vorverstorben, und zwar am 20.02.2010. Die Beteiligte zu 1) ist die Ehefrau des Herrn G und dessen Alleinerbin. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind die beiden Kinder der Beteiligten zu 1) und des Herrn G.

5

Zur Ur.Nr.: 215/2012 des Notars … hat die Beteiligte zu 1) am 27.08.2012 einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins gestellt, der sie als Alleinerbin der Erblasserin ausweisen soll. Ihre Erbeinsetzung ergebe sich aus gebotener Auslegung des Testamentes als Ersatzerbin nach dem dort ausdrücklich genannten Schlusserben, ihrem vorverstorbenen Ehemann. Dies habe den Hintergrund dass die Erblasserin und ihr Ehemann am engsten mit Herrn G und ihr selbst, der Beteiligten zu 1), befreundet gewesen seien. Die Ehepaare hätten ein sehr vertrauensvolles Verhältnis gehabt. Neben der engen Freundschaft der beiden Ehepaare hätte die jeweiligen Ehemänner das engste bestehende Verwandtschaftsverhältnis verbunden. Nach dem Tod des Ehemannes hätte die Erblasserin die Beteiligte zu 1) als ihre Alleinerbin angesehen und sich in diesem Sinne auch mehrfach gegenüber dritten Personen geäußert, insbesondere gegenüber ihrer Betreuerin. Sie sei der Überzeugung gewesen, ein neues Testament in diesem Sinne nicht errichten zu müssen, weil sich diese Folge bereits aus der Schlusserbeneinsetzung des gemeinschaftlichen Testamentes mit ihrem Ehemann ergebe. Der reine Nachlasswert betrage ca. 55.000 €.

6

Die Beteiligte zu 1) hat über den Notar im Erbscheinsverfahren noch die Kopie einer handschriftlichen Generalvollmacht/Vorsorgevollmacht vom 08.04.1999 vorgelegt, die die Erblasserin und ihr damals noch lebender Ehemann Herrn G und Ehefrau E (Beteiligte zu 1) einerseits und Herr B und Ehefrau U andererseits erteilt haben. Diese (die Herren G und B) werden dort (ersichtlich von dem Ehemann der Erblasserin) als „meine Neffen“ bezeichnet.

7

Die Beteiligte zu 1) hat über den Notar weiter eine schriftliche Erklärung der Frau U vom 19.10.2012 vorgelegt, die auch von ihrem Ehemann B unterzeichnet worden ist. Darin führt Frau U aus, sie hätte für die Zeit vom 16.11.1999 bis 06.11.2011 (Todestag) die Betreuung für die Erblasserin übernommen und sei vom AG Husum entsprechend bestellt worden. In dem gemeinsamen Testament der Erblasserin mit ihrem Ehemann sei Herr G als alleiniger Erbe genannt worden. Die Erblasserin habe in vielen Gesprächen, bei denen auch Herr B dabei gewesen sei, immer Günter und Edelgard als Erben genannt. Ihr - Frau U - und ihrem Mann sei nach den Gesprächen klar gewesen, dass nach dem Tod von Herrn G seine Frau E die Erbin sein solle.

8

Das Amtsgericht hat den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) mit Beschluss vom 07.12.2012 zurückgewiesen. Die allenfalls analog heranziehbare Auslegungsregel des § 2069 BGB gebe eine Ersatzerbenstellung der Ehefrau des Herrn G nicht her, zumal Abkömmlinge (des Herrn G) vorhanden seien. Auch über eine ergänzende Auslegung lasse sich eine Ersatzerbenberufung der Beteiligten zu 1) nicht begründen. Zwar halte das Gericht deren Darstellung, dass die Erblasser bei Bedenken des Falles des Vorversterbens des eingesetzten Schlusserben die Beteiligte zu 1) als Ersatzerbin eingesetzt hätten, für plausibel. Weil eigene Abkömmlinge der Erblasserin und ihres Ehemannes und lebende engere Verwandte nicht vorhanden seien, erscheine nachvollziehbar, dass die Erblasserin als Erbin die Ehefrau des eingesetzten Erben, mit der sie selbst freundschaftlich verbunden gewesen wäre, eingesetzt hätte. Dies Argument sei aber nicht so zwingend, dass auf eine Andeutung im Testament verzichtet werden könne, die indes fehle. Das Motiv der Eheleute für die Einsetzung des G finde im Testament keine Erwähnung.

9

Gegen diesen ihr am 13.12.2012 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte zu 1) am 12.01.2013 Beschwerde eingelegt. Sie beantragt,

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ihr unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses einen Alleinerbschein zu erteilen,

hilfsweise einen Erbschein dahin zu erteilen, dass die Beteiligten zu 2) und 3) Erben zu je ½ Anteil geworden sind.

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Zur Begründung wird ausgeführt:

12

Es sei durch ergänzende Testamentsauslegung der hypothetische Erblasserwille zu erforschen. Weil hier der im Testament bedachte Schlusserbe eine den Testierenden nahestehende Person sei, lege die Lebenserfahrung die Prüfung nahe, ob die Testierenden eine Ersatzerbenberufung entweder der Abkömmlinge oder der Ehefrau gewollt hätten. Hier hätten die Erblasserin und ihr vorverstorbener Ehemann aufgrund der engen familiären Beziehung gewollt, dass anstelle des vorverstorbenen Schlusserben dessen Ehefrau Erbin werde. Diesen Willen habe die Erblasserin auch immer wieder gegenüber verschiedenen Personen geäußert. Die Zuwendung habe insoweit also nicht nur Herrn G persönlich gegolten. Die Beteiligte zu 1) hätte die Sachlage aber auch mit den Beteiligten zu 2) und 3) - ihren Kindern - besprochen. Wenn das Verwandtschaftsverhältnis ausschlaggebend sei und die Zuwendung Herrn G als erstem seines Stammes gegolten hätte, wären Ersatzerben die Beteiligten zu 2) und 3). Wenn das enge Näheverhältnis der Erblasserin und ihres Ehemannes zu Herrn G und seiner Frau ausschlaggebend sei, wäre Ersatzerbin die Beteiligte zu 1). Welche Rechtsfolge die richtige sei, möge das Gericht entscheiden.

13

Das Amtsgericht hat dieser Beschwerde gemäß Verfügung vom 30.01.2013 mangels relevanten neuem Sachvortrags nicht abgeholfen und darauf hingewiesen, über den Hilfsantrag betreffend die Erteilung eines Erbscheins für die Beteiligten zu 2) und 3) könne erst nach Entscheidung über die Beschwerde entschieden werden.

II.

14

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist nach den §§ 58 ff FamFG zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt worden. Über sie kann der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 14. Januar 2010, 3 Wx 92/09, FGPrax 2010, 106 ff = FamRZ 2010, 1178 ff; zustimmend KG, Beschluss vom 29. Juni 2010, 1 W 161/10, bei juris Rn. 10 ff).

15

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kann im Wege ergänzender Testamentsauslegung die Ersatzerbenberufung der Beteiligten zu 1) festgestellt werden. Das gemeinschaftliche Testament der Erblasserin und ihres Ehemannes enthält mit der Berufung des den Eheleuten nahestehenden, aber vorverstorbenen G die erforderliche Andeutung. Die Ersatzerbenberufung der Beteiligten zu 1) wird durch die vorhandene schriftliche Erklärung der beiden Zeugen U und B gestützt. Dadurch wird deutlich, dass die weiteren Angaben der Beteiligten zu 1) in ihrem notariellen Antrag plausibel und verlässlich sind. Eine förmliche Beweisaufnahme ist nach den §§ 29 f FamFG im Erbscheinsverfahren nicht zwingend erforderlich, wenn eine Überzeugungsbildung auch auf andere Weise möglich erscheint. Das ist hier der Fall.

16

Haben (wie hier) Erblasser keine Abkömmlinge, sondern - etwa weil sie kinderlos geblieben sind - einen anderen Verwandten zum Schlusserben berufen, der dann aber vorverstorben ist, geht der Senat bei der Frage der im Testament nicht ausdrücklich angesprochenen Ersatzerbenberufung bislang von folgenden Grundsätzen aus (Senat, FamRZ 2012, 666 ff, bei juris Rn. 20 ff):

17

(1.) Das Recht der Ersatzerben geht dem Anwachsungsrecht vor (§ 2099 BGB). Mithin ist zunächst aufgrund Auslegung zu prüfen und festzustellen, ob eine Ersatzerbenregelung von den Testierenden gewollt gewesen ist.

18

(2.) Die für die Berufung von Abkömmlingen geltende Auslegungsregel des § 2069 BGB kann im Fall der Berufung von anderen nahen Verwandten, z.B. von Geschwisterkindern nicht entsprechend angewendet werden (BGH NJW 1973, 240; Palandt-Weidlich, BGB, 70. Aufl., § 2069 Rdnr. 8).

19

(3.) In einem solchen Fall ist durch Auslegung zu ermitteln, ob in der Einsetzung des Erben zugleich die Kundgabe des Willens gesehen werden kann, die Abkömmlinge des Bedachten als Ersatzerben zu berufen. Dabei ist primär zu prüfen, ob der Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments an die Möglichkeit eines vorzeitigen Wegfalls des von ihm eingesetzten Erben tatsächlich gedacht hat und was er für diesen Fall wirklich oder mutmaßlich gewollt hat.

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(4.) Wenn der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Erblassers nicht festgestellt werden kann, ist eine ergänzende Auslegung in Betracht zu ziehen. Danach ist zu prüfen, was von dem Erblasser zur Zeit der Errichtung des Testaments als gewollt anzusehen ist, wenn er vorausschauend das spätere Ereignis bedacht haben würde.

21

(5.) Ist der Bedachte eine dem Erblasser nahe stehende Person, so legt die Lebenserfahrung die Prüfung nahe, ob der Erblasser eine Ersatzerbenberufung der Abkömmlinge des Bedachten gewollt hat oder gewollt haben würde. Entscheidend ist, ob die Zuwendung dem Bedachten als Ersten seines Stammes oder nur ihm persönlich gegolten hat.

22

(6.) Dabei kann die erforderliche Andeutung im Testament schon in der Tatsache der Berufung der ihm nahestehenden Person zum Erben gesehen werden (vgl. BGH NJW 1973, 240; BayObLG FamRZ 1988, 986, 988 und FamRZ 1997, 641; ZEV 1999, 353; ZEV 2004, 463; 2007, 93; Hausmann/Hohloch, Handbuch des Erbrechts, IV Rdnr.42; MünchKomm-Leipold, BGB, 5. Aufl., § 2069 Rdnr. 33/34; Palandt-Weidlich, aaO., § 2069 Rdnr. 9/10; Staudinger/Otte, BGB, Neubearbeitung 2003, § 2060 Rdnr. 26 ff).

23

Im vorliegenden Fall lässt sich nicht bereits durch erläuternde Auslegung des Ehegattentestamentes nach § 2084 BGB (dazu Palandt/Weidlich, BGB, 72. A. 2013, § 2084 Rn. 1) als realer gemeinsamer Wille der Testierenden im Testierzeitpunkt (vgl. dazu Palandt/Weidlich, BGB, 72. A. 2013, vor § 2265 Rn. 9) erkennen, dass im Falle des Vorversterben des ausdrücklich benannten Schlusserben G dessen Ehefrau Ersatzerbin sein soll. Zwar war die Beteiligte zu 1) wohl schon damals (1980) Ehefrau des Herrn G, denn die gemeinsamen Kinder sind 1964 bzw. 1967 geboren worden. Indes lässt sich den in dem notariellen Erbscheinsantrag und dem Schreiben der Zeugen U und B wiedergegebenen (späteren) Äußerungen der Erblasserin nicht entnehmen, dass dies seinerzeit zwischen den Eheleuten konkret besprochen oder bedacht worden sein sollte. Herr G war im Zeitpunkt der Testamentserrichtung erst 46 Jahre alt und eine Generation jünger als die 1912 bzw. 1917 geborenen Erblasser. Diese hatten daher seinerzeit auch keine zwingende Veranlassung zu konkreten Gedanken über Ersatzerben.

24

Führt eine erläuternde Auslegung aber zu keinem eindeutigen Ergebnis hinsichtlich des realen Erblasserwillens, ist hypothetisch zu fragen, wie die beiden Erblasser seinerzeit entschieden hätten, wenn sie denn bedacht hätten, dass der eingesetzte Schlusserbe vor ihnen versterben könnte. Da es sich nicht um ein notarielles Testament handelt, liegt nahe, von einer unbewussten Lücke auszugehen. Es gibt keinen Hinweis, dass die Eheleute den Fall des Vorversterbens des Schlusserbens tatsächlich bedacht haben und ungeregelt lassen wollten.

25

Es kann - im Sinne des Prüfungsschritts 5 - nach den auch vom Amtsgericht für plausibel gehaltenen Angaben im notariellen Erbscheinsantrag davon ausgegangen werden, dass Herr G nicht nur wegen seines verwandtschaftlichen Verhältnisses als Neffe des Erblassers sondern auch wegen des freundschaftlichen Näheverhältnisses zwischen den beiden Ehepaaren eine beiden Erblassern nahestehende Person war. Was die dann nach der Lebenserfahrung naheliegende Frage angeht, ob die Erblasser eine Ersatzerbenberufung der Abkömmlinge gewollt haben, ist aber zu bedenken, dass durchaus im Einzelfall auch die Ersatzerbenberufung des Ehepartners einer eingesetzten, den Erblassern nahestehenden Person in Betracht kommt. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Einsetzung einer dem Erblasser nahestehenden Person hinreichender Anhaltspunkt sein kann, um im Wege ergänzender Auslegung zur Ersatzerbenberufung des Ehepartners dieser Person zu gelangen, wenn der Erblasser die Zuwendung nicht gerade ausschließlich der Person als solcher machen wollte. War für seine Berufung als Erbe nicht nur die verwandtschaftliche Beziehung als solche ausschlaggebend, kann unter Berücksichtigung außerhalb der Testamentsurkunde vorliegender Anhaltspunkte als hypothetischer Erblasserwille auch die Ersatzerbenberufung des Ehepartners des zunächst eingesetzten Erben erkannt werden. Maßgebliche Hinweise können dabei konkrete Äußerungen eines Erblassers und seit Jahrzehnten auch gerade auch zu diesem Ehepartner - wie zu dem Eingesetzten - bestehende gute Beziehungen sein (BayObLGZ 1982, 159, 166 f; OLG Hamm NJW-RR 1991, 1483 ff bei juris Rn. 36).

26

Im vorliegenden Fall haben die Erblasser unter jedenfalls zwei Verwandten gerade denjenigen zum Schlusserben berufen, der mit ihnen - und zwar gemeinsam mit seiner Frau - auch in einem engen freundschaftlichen Verhältnis stand. Es spricht deshalb viel dafür, dass dieser Schlusserbe eben nicht nur wegen des verwandtschaftlichen Verhältnisses ausgewählt worden ist. Es kommt hinzu, dass die Erblasserin nach den Angaben der beiden Zeugen, nämlich des weiteren Neffen des Erblassers B und seiner Frau U in deren Schreiben vom 19. Oktober 2012, bei mehreren Gesprächen während der Jahre ab 1999, in denen Frau U die Erblasserin betreut hat, gerade beide Ehegatten G und E als Erben genannt hat und den beiden Zeugen deshalb nach diesen Gesprächen - so ihre plausiblen Angaben - klar war, dass die Beteiligte zu 1) nach dem Tod des Herrn G Erbin sein sollte.

27

Der Erblasserin hätte es angesichts der eindeutigen Formulierungen in dem Ehegattentestament freigestanden, nach dem Tod ihres Ehemannes 1999 hinsichtlich des Schlusserben ausdrücklich anderweitig zu testieren. Eine Bindung des Längerlebenden war in diesem Testament nämlich gerade nicht gewollt. Wenn die Erblasserin es aber nach dem Ausführungen der Beteiligten zu 1) in ihrem notariellen Erbscheinsantrag - insoweit in Übereinstimmung mit den Angaben der Zeugen - nach dem Tod des dort bezeichneten Schlusserben nicht für nötig gehalten hat, ein neues Testament errichten zu müssen, weil sich aus ihrer Sicht die Erbberechtigung der Beteiligten zu 1) als Ersatz für ihren Ehemann ausreichend aus dem gemeinschaftlichen Testament ergab, dann ist dieses Verhalten der Erblasserin auch ein Indiz, wie sie die Haltung ihres vorverstorbenen Ehemannes, hätte er denn das Vorversterben des Herrn G seinerzeit bedacht, eingeschätzt hat. Sie hat es eben nicht für erforderlich gehalten, von der Freiheit, anderweitig zu testieren, Gebrauch zu machen, weil die Nachfolge der Beteiligten zu 1) als Ersatz für den Verstorbenen für sie bereits in dem bestehenden Ehegattentestament angelegt war und sich für sie daraus ausreichend ergab.

28

Auch das Amtsgericht hat im Übrigen die Darstellung der Beteiligten zu 1) für plausibel gehalten, die Erblasser hätten - wenn seinerzeit das Vorversterben des eingesetzten Schlusserben bedacht worden wäre - die Beteiligte zu 1) als Ersatzerbin berufen. Zu Unrecht hat es die Berufung der Beteiligten zu 1) trotz dieser Feststellung aber allein an einer fehlenden Andeutung in der Testamentsurkunde scheitern lassen. Ausreichend ist es demgegenüber nämlich, wenn für die im Wege der ergänzenden Auslegung gefundene Willensrichtung eines Erblassers ein auch nur geringer Anhaltspunkt in seinem Testament zu finden ist, diese Willensrichtung dort auch noch so unvollkommen Ausdruck gefunden hat. Dafür ist kein gesonderter Hinweis auf die Person des Ersatzerben erforderlich, sondern reicht die Berufung der vorverstorbenen, dem Erblasser nahestehenden Person als solche (BayObLGZ 1982, 159, 163; BayObLG FamRZ 1988, 986, 988; OLG Hamm NJW-RR 1991, 1349 ff bei juris Rn. 36 und die weiteren Nachweise oben unter Prüfungsschritt 6).

29

Die Gerichtskostenfreiheit für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 131 Abs. 3 KostO. Kostenerstattung war nach § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG nicht anzuordnen, weil die Beteiligten zu 2) und 3) der Beschwerde nicht entgegengetreten sind, wie sich aus dem Hilfsantrag und seiner Begründung ergibt.

30

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren war in Höhe des reinen Nachlasswertes festzusetzen, §§ 131 Abs. 4, 107 Abs. 1 u. 2, 30 KostO.


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