Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht - 1 U 50/12

Tenor

Die an den Sachverständigen für das Gutachten vom 14.06.2018 auszuzahlende Vergütung wird auf 5.553,37 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Sachverständige ist Geschäftsführer einer Unternehmensberatung und als Sachverständiger nicht öffentlich bestellt und vereidigt. Er verfügt über wenig Erfahrung im Bereich gerichtlicher Sachverständigengutachten. Durch Beschluss des Senates wurde er als Sachverständiger ernannt und mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt, das im Schwerpunkt betriebswirtschaftliche Vergleichsrechnungen für eine in den Jahren 2004 und 2005 errichtete und in Betrieb gegangene Biogasanlage umfasste. Die Übersendungsverfügung des Senatsvorsitzenden enthielt zwar eine Belehrung, dass der Sachverständige mitzuteilen habe, wenn voraussichtlich Kosten entstehen, die erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstandes stehen nebst der möglichen Sanktionen gem. § 8a Abs. 4 JVEG. Einen Hinweis auf die Höhe des eingezahlten Vorschusses und die Konsequenzen einer erheblichen Überschreitung des Vorschusses war hingegen nicht enthalten.

2

Der Sachverständige rechnete für seine Tätigkeit 5.553,37 € ab. Der eingezahlte Vorschuss betrug 2.000,00 €. Auf die Verfügung des Senatsvorsitzenden hin gab er eine Stellungnahme ab, in der er mitteilte, dass er der in der Übersendungsverfügung enthaltenen Belehrung nachgekommen sei, mit dem Ergebnis, dass seine voraussichtliche Vergütung nicht in einem Missverhältnis zum Streitwert von über eine Million Euro stehe. Er habe schon vor seiner Ernennung zum Gutachter darauf hingewiesen, kein geübter Gerichtsgutachter zu sein. Er sei daher davon ausgegangen, dass es sich beim eingezahlten Vorschuss tatsächlich nur um einen Vorschuss handele und dass hiermit keine Vergütungsobergrenze verbunden sei. Er sei allein anhand des Aktenumfanges von mehr als 3.000,00 Blatt davon ausgegangen, dass kein Sachverständiger für 2.000,00 € ein derartiges Gutachten erstellen könne. Den Parteien ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

II.

3

Die auch im Übrigen nicht zu beanstandende Rechnung des Sachverständigen ist in voller Höhe auszugleichen. Die Vergütung ist nicht gem. § 8a Abs. 4 JVEG zu kürzen. Nach dieser Vorschrift erhält ein Berechtigter die Vergütung nur in Höhe des Auslagenvorschusses, wenn die Vergütung den angeforderten Auslagenvorschuss erheblich überschreitet und der Berechtigte hierauf nicht rechtzeitig nach § 407a Abs. 4 Satz 2 der Zivilprozessordnung hingewiesen hat. Diese Bestimmung findet gem. § 8a Abs. 5 JVEG jedoch dann keine Anwendung, wenn der Berechtigte die Verletzung seiner Mitteilungspflicht nicht zu vertreten hat. Dies ist im vorliegenden Fall jedoch anzunehmen.

4

Zwar wird bei öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen angenommen, dass diese die ihrer Tätigkeit zugrundeliegenden Normen und damit auch die Vorschriften des JVEG kennen müssen, und dass diese eine entsprechende Unkenntnis stets zu vertreten hätten (LG Heidelberg Beschl. v. 5.2.2015 - 3 T 4/15, BeckRS 2015, 03291, beck-online). Diese Annahme trifft indes auf Sachverständige ohne öffentliche Bestellung nicht ohne weiteres zu. Vielmehr hatte der Sachverständige im vorliegenden Verfahren den Senat auf den Umstand hingewiesen, über keine besondere Erfahrung mit der Fertigung von Gutachten für Gerichte zu verfügen. Er wurde vom Gericht auch über die für diesen Fall wesentliche Vorschrift im Gegensatz zu weiteren Verpflichtungen nicht belehrt. Seine Vorstellung, der eingezahlte Vorschuss würde ohne sein Zutun nach Erstellung des Gutachtens ergänzt werden, bzw. hätte keine für seine Vergütung begrenzende Funktion, führte damit nicht zu einem fahrlässigen Unterlassen des Hinweises. Vielmehr handelte er frei von Verschulden. Denn bei einem nicht öffentlich bestellten und vereidigtem Sachverständigen besteht keine Verpflichtung und auch keine Vermutung für eine Kenntnis aller für seine Tätigkeit relevanten Vorschriften des JVEG.

5

Hinzukommt, dass der Sachverständige davon ausgehen durfte, die abzusehende Überschreitung des Vorschusses werde im Hinblick auf den Streitwert von über 1 Mio. € vermutlich nicht zu einer Entscheidung der Parteien führen, auf die Erstellung des Gutachtens zu verzichten (vgl. zur Frage der Kausalität BeckOK KostR/Bleutge JVEG, § 8a, Rn. 27-33, beck-online).


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