Beschluss vom Oberlandesgericht Stuttgart - 8 W 10/05

Tenor

1. Auf die weiteren Beschwerden der Beteiligten 2, 13 und 14 wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hechingen vom 14.12.2004

a u f g e h o b e n

und die Sache zur weiteren Behandlung und neuen Entscheidung an das Landgericht Hechingen

z u r ü c k v e r w i e s e n.

2. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens bleibt dem Landgericht vorbehalten.

Geschäftswert der weiteren Beschwerde des Beteiligten 2: 500.000,-- EUR

Geschäftswert der weiteren Beschwerde der Beteiligten 13 und 14: je 30.000,-- EUR.

Gründe

 
I.
Gegenstand des Erbscheinsverfahrens ist die Erbfolge nach dem am 20.7.1951 verstorbenen Kronprinzen Wilhelm von Preußen (Erblasser), dem ältesten Sohn des 1941 verstorbenen ehemaligen Kaisers Wilhelm II.
Der Beteiligte 1 hatte beim Nachlassgericht in erster Linie die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der ihn als alleinigen Erben des Erblasser im Wege der Nacherbfolge ausweist, hilfsweise mit dem Zusatz, dass Testamentsvollstreckung angeordnet sei. Hilfsweise hatte er die Erteilung eines Erbscheins für seinen 1994 verstorbenen Großvater Dr. Louis Ferdinand Prinz von Preußen beantragt.
Der Beteiligte 2 hat beim Nachlassgericht einen Erbschein beantragt, der ihn als Nacherben des Erblassers ausweist. Der Beteiligte 3 hat beantragt, die Erbscheinsanträge der Beteiligten 1 und 2 zurückzuweisen.
Das Notariat - Nachlassgericht - Hechingen erteilte mit Beschluss vom 7.9.1995 den Vorbescheid, bei Ausbleiben eines Rechtsmittels zu beabsichtigen, aufgrund des weiteren Hilfsantrags des Beteiligten 1 einen Erbschein zu erteilen, wonach Alleinerbe des am 20.7.1951 verstorbenen Wilhelm Prinz von Preußen sein Sohn Dr. Phil. Louis Ferdinand Prinz von Preußen, geboren 9. November 1907, verstorben am 25.9.1994, geworden ist. Weiter kündigte das Nachlassgericht an, den Haupt- und den anderen Hilfsantrag des Beteiligten 1, den Antrag des Beteiligten 2 sowie die Anträge des Beteiligten 3 zurückzuweisen. Die anderen angekündigten Entscheidungen beschäftigen sich mit der Testamentsvollstreckung.
Auf die dagegen eingelegten Rechtsmittel und die Beschlüsse des Landgerichts Hechingen vom 17.2.1997, des Senats vom 19.8.1997 und des Bundesgerichtshofs vom 2.12.1998 entschied das Landgericht Hechingen auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesgerichtshofs erneut mit Beschluss vom 7.12.2000 über den Vorbescheid. Danach wurde der Beschluss des Nachlassgerichts vom 7.9.1995 aufgehoben und das Nachlassgericht angewiesen, dem Beteiligten 1 einen Erbschein zu erteilen, der ihn als Nacherben nach dem am 20.7.1951 verstorbenen Wilhelm Prinz von Preußen ausweist mit dem Vermerk, dass Testamentsvollstreckung angeordnet ist. Die dagegen eingelegten weiteren Beschwerden der Beteiligten 2 und 7 wurden mit Beschluss des Senats vom 21.11.2001 zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 31.1.2002 erklärte das Nachlassgericht, einer Erteilung des Erbscheins nach Weisung des Landgerichts Hechingen stünden keine Hindernisse entgegen. Am 27.2.2002 erteilte das Nachlassgericht dem Beteiligten 1 einen Erbschein, wonach dieser alleiniger Nacherbe des am 20. Juli 1951 verstorbenen Wilhelm Prinz von Preußen geworden und Testamentsvollstreckung angeordnet sei.
Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit der Entscheidung vom 22.3.2004 den Beschluss des Senats vom 21.11.2001, den Beschluss des Landgerichts Hechingen vom 7.12.2000 und den Beschluss des BGH vom 2.12.1998 aufgehoben und die Sache an das Landgericht Hechingen zurückverwiesen hatte, beantragte der Beteiligte 2, im Wege der einstweiligen Anordnung den Erbschein vom 27.2.2002 einzuziehen, hilfsweise dem Beteiligten 1 aufzugeben, den Erbschein zu den Akten des Nachlassgerichtes einstweilen zurückzugeben. Mit Beschluss vom 14.5.2004 ordnete die 3. Zivilkammer des Landgerichts Hechingen die Herausgabe des Erbscheins durch den Beteiligten 1 an, ohne die Einziehung anzuordnen. Zur Zuständigkeit führte das Landgericht in diesem Beschluss aus, in dem bei der Kammer anhängigen Hauptsacheverfahren sei nicht über die Einziehung des Erbscheins, sondern über die Beschwerden gegen den Vorbescheid des Nachlassgerichts vom 7. September 1995 zu entscheiden.
Am 14.12.2004 beschloss die 3. Zivilkammer des Landgerichts Hechingen, dass die Beschwerden der Beteiligten 1, 2, 13 und 14 gegen den Beschluss des Nachlassgerichts vom 7.9.1995 zurückgewiesen werden und die Beteiligten 1 und 2 die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens der Beteiligten 3, 7 bis 12 und 16 und 22 zu jeweils einem Drittel und die Beteiligten zu 13 und 14 diese Kosten zu jeweils einem Sechstel zu erstatten haben. Soweit in dem Beschluss des Nachlassgerichts vom 7.9.1995 die Zurückweisung von Erbscheinsanträgen angekündigt werde, liege, unbeschadet der Frage der Rechtsmittelfähigkeit, ein Vorbescheid nicht vor, wie auch der Erbschein vom 27.2.2002, seiner Funktion entsprechend, keine Bewandtnis für im Erbscheinsverfahren erfolglose Anträge habe. Dieser Erbschein sei ohne Einfluss auf die Zulässigkeit der Beschwerden. Das Verfahren über die Beschwerde gegen einen Erbscheinsvorbescheid erledige sich nur durch den Erlass eines Erbscheins mit dem angekündigten Inhalt und könne dann bei entsprechendem Antrag mit dem Ziel der Einziehung des erteilten Erbscheins weitergeführt werden. Da hier ein anderslautender Erbschein als im Vorbescheid angekündigt ergangen sei und materielle Rechtskraft im gesamten Erbscheinsverfahren nicht entstehe, sei der Erbschein vom 27.2.2002 für das vorliegende Verfahren ohne rechtliche Bedeutung. Gegebenenfalls unterliege er der Einziehung, über die in einem eigenständigen nachlassgerichtlichen Verfahren, zunächst in erster Instanz, zu entscheiden sei.
Die Erbunfähigkeitsklausel im Erbvertrag aus dem Jahr 1938 sei wegen eines Verstoßes gegen Treu und Glauben rechtlich unbeachtlich. Bei Wegfall dieser Klausel seien die erbvertraglichen Bestimmungen unter weitestmöglicher Beachtung des hypothetischen Erblasserwillens dahin auszulegen, dass Prinz Louis Ferdinand zum Vollerben eingesetzt und seine Belastung mit der Nacherbschaft und Testamentsvollstreckung weggefallen sei. Zu den Beteiligten 13 und 14 führte das Landgericht aus, die Enterbung ihres Vaters sei von der Testierfreiheit gedeckt.
10 
Dagegen wendet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten 2, der die Auffassung vertritt, nach Wegfall der Ebenbürtigkeitsklausel dürfte diese auch nicht mittelbar eine Rolle spielen. Bei zutreffender Auslegung des Erbvertrags müsse es bei der angeordneten Vor- und Nacherbfolge bleiben mit der Folge, dass er als ältester Sohn des Prinzen Louis Ferdinand Nacherbe geworden sei.
11 
Die Beteiligten 13 und 14 begründen die von ihnen eingelegte weitere Beschwerde damit, dass sie bereits mit Erklärung vom 25.7.1997 ihre weitere Beschwerde zurückgenommen und dies mit Schriftsatz vom 28.3.2002 ausdrücklich klargestellt hätten. Die Kostenentscheidung gegen die Beteiligten 13 und 14 müsse deshalb aufgehoben werden, hilfsweise zumindest insoweit, als Kosten nach dem 25.7.1997 entstanden sind.
12 
Der Beteiligte 7 hat auf die Verfügung des Senats vom 17.3.2005 die Auffassung vertreten, der inzwischen erteilte Erbschein sei in einem gesonderten Verfahren durch das Nachlassgericht einzuziehen und könne nicht zum Gegenstand dieses Verfahrens gemacht werden. Vorliegend sei weiter über den Vorbescheid vom 7.9.1995 zu entscheiden. Eine Zurückverweisung des Verfahrens an das Beschwerdegericht scheide deshalb aus.
II.
13 
Die zulässigen weiteren Beschwerde der Beteiligten 2, 13 und 14 führen zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung des Landgerichts und zur Zurückverweisung.
14 
Entgegen der Auffassung des Landgerichts war der im Vorbescheid des Nachlassgerichts vom 7.9.1995 angekündigte Erbschein nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.
1.
15 
Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die im Vorbescheid angekündigte Abweisung von Anträgen nicht Gegenstand einer inhaltlichen Überprüfung durch das Beschwerdegericht sein kann. Sind mehrere einander widersprechende Erbscheinsanträge gestellt worden und kündigt das Nachlassgericht an, einen Erbschein nach einem bestimmten Antrag erteilen zu wollen, so liegt darin zugleich die Eröffnung, dass es die abweichenden Anträge ablehnen werde (BGHZ 20, 255, 257; BayObLGZ 1981, 69, 70).
16 
Ein unrichtiger Erbschein kann wegen seiner Publizitätswirkung beträchtlichen Schaden zur Folge haben. Dieses Bedürfnis rechtfertigt den Erlass eines im Gesetz nicht vorgesehenen Vorbescheids (BGH a.a.O.). Weil die Ablehnung eines Erbscheinsantrags die Publizitätswirkung nicht hat, fehlt für eine in Beschlussform gekleidete Ankündigung der Ablehnung eines Erbscheinsantrags jegliches Bedürfnis (OLG Hamm NJW 1974, 1827; Rpfleger 1977, 208; KG OLGZ 1975, 85, 86; BayObLG NJW-RR 1992, 1223, 1225; NJW-RR 1994, 906; OLG Hamm NJW-RR 1995, 1414, 1415; Palandt-Edenhofer BGB 64. Aufl., § 2353 RN 26; KKW-Kahl FGG 15. Aufl., § 19 RN 15a; vgl. auch OLG Stuttgart Rpfleger 2002, 203; BayObLG NJW-RR 2003, 649). Wenn die Ankündigung der Ablehnung von Erbscheinsanträgen mit der Ankündigung des Erlasses eines bestimmten Erbscheins verbunden ist, führt eine Beschwerde gegen die angekündigte Ablehnung von Erbscheinsanträgen nicht zu einer inhaltlichen Überprüfung der Anträge.
17 
Durch die Beschwerden der vom Vorbescheid betroffenen Beteiligten gegen die Erteilung des angekündigten Erbscheins soll jedoch eine inhaltliche Überprüfung durch das Beschwerde- und Rechtsbeschwerdegericht ermöglicht werden. Der Beteiligte 2 hat deshalb mit seiner Beschwerde sowohl die Aufhebung des Vorbescheids angestrebt, soweit mit diesem der Erlass eines Erbscheins angekündigt worden war, als auch seinen Erbscheinsantrag weiterverfolgt (vgl. BayObLGZ 1981, 69, 70; BayObLG NJW-RR 1992,1223, 1225; OLG Hamm Rpfleger 1977, 208).
2.
18 
Das Beschwerdeverfahren, das gegen den Vorbescheid eingeleitet wurde, ist durch die Erteilung des Erbscheins vom 27.2.2002 gegenstandslos geworden (BGH NJW 2002, 1126; OLG Hamm Rpfleger 2003, 504, 505; BayObLG FamRZ 1991, 618; Staudinger-Schilken BGB Bearbeitung 2004 § 2353 RN 89; KKW-Winkler, a.a.O. § 84 RN 4). Der Vorbescheid dient der Vorbereitung einer Erbscheinserteilung. Diese Funktion verliert der Vorbescheid, wenn ein Erbschein tatsächlich erteilt ist, auch wenn er inhaltlich nicht dem angekündigten Erbschein entspricht (vgl. OLG Hamm a.a.O.).
19 
Dem steht nicht entgegen, dass materielle Rechtskraft im gesamten Erbscheinsverfahren nicht entsteht. Dies betrifft nicht den hier zur Entscheidung anstehenden Sachverhalt. Das Nachlassgericht hat nach Erteilung des Erbscheins vom 27.2.2002, der aufgrund des Beschwerdeverfahrens gegen den Vorbescheid ergangen ist, nicht erkennen lassen, dass es nun doch einen neuen Erbschein entsprechend der Ankündigung im Vorbescheid vom 7. 9.1995 erteilen möchte. Eine solche Ankündigung wäre im Übrigen ein neuer Vorbescheid, gegen den eigenständig Beschwerde eingelegt werden könnte und der nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens wäre.
3.
20 
Nach der Erteilung eines Erbscheins kann das Beschwerdeverfahren gegen den Vorbescheid aus Gründen der Prozessökonomie mit dem Ziel der Einziehung des Erbscheins fortgeführt werden (BGH a.a.O.; OLG Hamm a.a.O.; BayObLGZ 1982, 236, 239; FamRZ 1991, 618; OLG Karlsruhe FamRZ 1970, 255, 256; KKW-Winkler a.a.O.; Staudinger-Schilken a.a.O. RN 92). Mit dem Antrag auf Einziehung des Erbscheins kann auch der Antrag auf Erteilung eines anderen Erbscheins verbunden werden (KKW-Winkler a.a.O.; Staudinger-Schilken a.a.O. RN 98).
21 
Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind Anträge der Beteiligten grundsätzlich so auszulegen, dass sie nach Möglichkeit zu dem erstrebten Ergebnis führen (BayObLGZ 1982, 236, 239). Das Landgericht hätte deshalb prüfen müssen, ob die zur Entscheidung anstehende Beschwerde in einen Antrag auf Einziehung des erteilten Erbscheins vom 27.2.2002 und gegebenenfalls auf Erteilung eines abweichenden Erbscheins gemäß dem Antrag des Beschwerdeführers ausgelegt werden kann. Wenn eine solche Auslegung vom Beschwerdegericht nicht für möglich gehalten worden wäre, wäre es verpflichtet gewesen, dem Beschwerdeführer Gelegenheit zu geben, sachgerechte Anträge zu stellen (KKW-Schmidt a.a.O. § 12 RN 57).
4.
22 
Nachdem sich der Vorbescheid des Nachlassgerichts vom 7.9.1995 durch Erteilung des Erbscheins vom 27.2.2002 vor der Beschwerdeentscheidung vom 14.12.2004 erledigt hatte, sieht sich der Senat daran gehindert, in der Sache selbst zu entscheiden, und hat deshalb das Verfahren an das Beschwerdegericht zur weiteren Behandlung und neuen Entscheidung zurückverwiesen. Ansonsten müsste das Rechtsbeschwerdegericht ohne Änderung der Sach- und Rechtslage nach dem Erlass der Beschwerdeentscheidung über einen neuen Verfahrensgegenstand entscheiden und würde damit den Beteiligten eine Instanz nehmen. Darüber hinaus müssten in der Rechtsbeschwerdeinstanz neue Sachanträge gestellt bzw. die bisherigen Anträge neu ausgelegt werden und auf der Basis dieser Anträge eine neue Entscheidung getroffen werden, was dem Wesen der Rechtsbeschwerde widerspricht. Die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts darf deshalb nicht auf Verfahrensgegenstände ausgedehnt werden, über die die Vorinstanz nicht entschieden hat (KKW-Sternal a.a.O. § 25 RN 9; KKW-Meyer-Holz a.a.O. § 27 RN 3).
5.
23 
Entgegen der Auffassung des Beteiligten 7 ist der Erbschein 27.2.2002 nicht schon aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22.3.2004 (NJW 2004, 2008) einzuziehen. Das Bundesverfassungsgericht hat das Verfahren zur erneuten Prüfung und Entscheidung an die letzte Tatsacheninstanz zurückverwiesen und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Frage, ob bei Annahme einer Sitten- oder Treuwidrigkeit der Ebenbürtigkeitsklausel auch die Anordnung der Vor- und Nacherbfolge unwirksam wäre, allein auf der Ebene des einfachen Rechts liege und für die verfassungsrechtliche Prüfung irrelevant sei (BVerfG a.a.O., 2011).
24 
Falls das Landgericht wiederum zur Unwirksamkeit der Ebenbürtigkeitsklausel gelangt, wird es in seine anschließenden Überlegungen mit einzubeziehen haben, ob an Stelle der auflösenden Bedingung der Ebenbürtigkeit im Weg der ergänzenden Auslegung (§ 2084 BGB) bzw. Umdeutung (§ 140 BGB) nicht auch eine auflösende Potestativbedingung treten könnte, wonach z.B. derjenige nicht Nacherbe sein kann, der nicht zum neuen Chef des Hauses oder zum Erben des Vorerben bestimmt wird, und ob eine solche Vor- und Nacherbschaft oder eine Alleinerbschaft dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Erblassers entsprochen hätte. Die derzeitige Aktenlage drängt solche Überlegungen auf.
25 
Eine Bedingung in einer letztwilligen Verfügung kann auch das Tun oder Unterlassen des Bedachten oder eines Dritten sein, selbst wenn der Eintritt der Bedingung vom Willen des Bedachten oder eines Dritten abhängt (so genannte Potestativbedingung; vgl. Staudinger-Otte BGB Bearb. 2003, § 2065 RN 13; § 2074 RN 27; MünchKomm-Leipold BGB 4. Aufl., § 2074 RN 14, Soergel-Loritz BGB 13. Aufl., § 2065 RN 11; BGHZ 15, 199, 201f; 59, 220, 223; BayObLG FamRZ 1997, 705, 710; 2000, 380, 383). Allerdings ist § 2065 Abs. 2 BGB i.V.m. § 2279 Abs. 1 BGB zu beachten. Danach darf die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung erhalten soll, vom Erblasser nicht einem anderen überlassen werden. Die Potestativbedingung darf nicht auf eine Vertretung im Willen hinauslaufen. Deshalb sind nach herrschender Meinung nur solche Potestativbedingungen zulässig, bei denen der Erblasser seinen Willen vollständig gebildet hat und in seine Überlegungen das mögliche, wenn auch willensabhängige künftige Ereignis einbezogen hat. Es muss also dieses Ereignis allein genommen für den Entschluss des Erblassers und seine Vorstellungen Bedeutung haben, nicht lediglich der darin zum Ausdruck kommende Wille des Dritten als solcher (MünchKomm-Leipold a.a.O. § 2065 RN 10). Ein Erblasser hat für den Fall des Nichteintritts oder Eintritts der Bedingung in der Regel einen bestimmten, die Gültigkeit der Verfügung oder der Person des Bedachten betreffenden Willen gehabt, wenn er am Eintritt oder Nichteintritt der Bedingung interessiert war oder den Inhalt seiner Verfügung auf die Sachlage abstellen wollte, die durch das als Bedingung gesetzte Verhalten realisiert wird (BGHZ 15, 199, 201 f; Staudinger-Otte, a.a.O. § 2065 RN 14).
26 
a) Mit der auflösenden Bedingung, dass derjenige nicht Nacherbe sein kann, der nicht zum Chef des Hauses bestimmt wird, wäre die Person des Nacherben durch die letztwillige Verfügung des Erblassers ausreichend bestimmt. Angesichts des Traditionsbewusstseins des Erblassers und seiner Sorge als Chef des Hauses um die Zukunft seiner Familie hätte der Erblasser durch eine solche letztwillige Verfügung einen bestimmten, die Gültigkeit der Verfügung betreffenden Willen gehabt und zu deren Grundlage eine Bedingung gemacht, an deren Eintritt oder Nichteintritt er selbst interessiert war. So stellte er seine letztwillige Verfügung auf eine künftige Sachlage ein.
27 
b) Eine auflösende Bedingung dahingehend, dass die Einsetzung des Abkömmlings durch den Vorerben zu seinem Erben unterbleibt, verstößt ebenfalls nicht gegen § 2065 BGB, weil hier nicht dem Vorerben die freie Wahl des Nacherben überlassen bleibt, sondern die Nacherbschaft von einem bestimmten Ereignis abhängig gemacht wird, nämlich der Erbeinsetzung in das sonstige Vermögen des Vorerben. Diese Potestativbedingung ist nicht lediglich von der Willensäußerung des Vorerben abhängig und deshalb nach ganz herrschender Meinung trotz des § 2065 BGB zulässig (vgl. BGHZ 59, 220, 223; MünchKomm.-Leipold a.a.O. § 2065 RN 19; Staudinger-Otte a.a.O. § 2065 RN 16; Palandt-Edenhofer BGB 64. Aufl., § 2065 RN 7; Otte ZEV 2001, 318; Ivo DNotZ 2002, 260, 264f; Keim FamRZ 2003, 137, 140; Frank MittBayNot 1987, 231, 235; a.A. Soergel-Lauritz BGB 13. Aufl., § 2065 RN 14). Dies würde jedenfalls dann gelten, wenn - wie hier - der Erblasser aufgrund seines Traditionsverständnisses ein eigenes Interesse für den Fall des Eintritts der auflösenden Bedingung an der Person des Nacherben hatte und er den Inhalt seiner letztwilligen Verfügung auf die Sachlage abstellen wollte, die durch die Erbeinsetzung des Nacherben verwirklicht wird (BGHZ 15, a.a.O.).
28 
c) Zwar wäre bei Aufnahme einer der genannten auflösenden Potestativbedingungen in den Erbvertrag 1938 die Frage der Ebenbürtigkeit auf die Erbfolge möglicherweise nicht völlig ohne Einfluss. Es macht jedoch einen entscheidenden Unterschied aus, ob ein Erblasser im konkreten Fall einen Sohn wegen seiner Ehepartnerin bevorzugt oder benachteiligt, wozu ihn die Testierfreiheit grundsätzlich berechtigt, oder ob er die Ebenbürtigkeit als (unzulässiges) generelles Kriterium aufstellt, das zwingend zu einem Ausschluss von der Erbfolge ohne Ansehung der Person führen muss (vgl. MünchKomm-Leipold a.a.O. § 2074 RN 26). Ermöglicht der Erblasser durch eine entsprechende Fassung auflösender Bedingungen für die Erbfolge eine ausreichende Flexibilität, ohne dabei § 2065 Abs. 2 BGB zu verletzen, entsteht für die als Erben in Betracht kommenden Abkömmlinge keine Situation, durch die ein unzumutbarer Druck auf ihre Eheschließungsfreiheit ausgeübt werden würde. Sie sind dann nicht schon wegen ihres Verstoßes gegen das althergebrachte, 1938 geltende Ebenbürtigkeitsprinzip von der Nacherbschaft ausgeschlossen.
29 
d) Welche Gestaltung seiner letztwilligen Verfügung der Erblasser bei Kenntnis der teilweisen oder gänzlichen Nichtigkeit der Ebenbürtigkeitsklausel gewählt hätte, bestimmt sich nach den Zielen, die er mit dem Erbvertrag 1938 verfolgte. Wie vom Landgericht zutreffend festgestellt wurde, war ein wesentlicher Gesichtspunkt des Erblassers für die Gestaltung seiner letztwilligen Verfügung das Zusammenhalten des Hausvermögens in einer Hand. Das Landgericht wird deshalb gegebenenfalls zu berücksichtigen haben, dass der Eintritt des Nacherbfalls keinen neuen Erbfall und damit keine Pflichtteilsrechte auslöst. Demgegenüber würden, wenn der Sohn Louis Ferdinand des Erblassers Vollerbe geworden wäre, mit dessen Tod auch bezüglich des Hausvermögens neue Pflichtteilsrechte entstehen, weil dann ein neuer Erbfall eingetreten wäre. Das Hausvermögen wäre damit gegenüber der Anordnung von Nacherbfolge einmal mehr mit Pflichtteilsansprüchen belastet.
6.
30 
Die Beteiligten 13 und 14 haben durch die Rücknahme ihrer weiteren Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts vom 17.2.1997 mit Schriftsatz vom 25.7.1997 zu erkennen gegeben, dass sie eine gerichtliche Überprüfung des Vorbescheids vom 7.9.1995 selbst nicht weiterbetreiben wollen. Nach Zurückverweisung des Verfahrens durch den BGH an das Beschwerdegericht haben sich die Beteiligten 13 und 14 am Beschwerdeverfahren nicht mehr beteiligt und insbesondere ihren Beschwerdeantrag nicht mehr wiederholt. Das Beschwerdegericht durfte deshalb nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass nach der Zurückverweisung durch den Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 2.12.1998 aufgrund der weiteren Beschwerde eines anderen Beteiligten die ursprüngliche Beschwerde der Beteiligten 13 und 14 gegen den Vorbescheid wieder aufleben sollte. Mit Schriftsatz vom 28.3.2002 haben die Beteiligten 13 und 14 nochmals klargestellt, dass sie ihre Beschwerden gegen den Beschluss des Nachlassgerichts vom 7.9.1995 nicht aufrechterhalten haben. Soweit das Landgericht in seinem Beschluss vom 14.12.2004 Beschwerden der Beteiligten 13 und 14 zum Gegenstand der Entscheidung gemacht hat, war diese deshalb aufzuheben. Der Kostenentscheidung des Beschwerdegerichts konnte danach lediglich deren Beteiligung als Beschwerde- bzw. Rechtsbeschwerdeführer bis zum 28.7.1997 zugrunde gelegt werden. Danach waren die Beteiligten 13 und 14 lediglich weitere, nicht beschwerdeführende Beteiligte des Erbscheinsverfahrens. Insoweit wird das Beschwerdegericht eine neue Kostenentscheidung zu treffen haben.
7.
31 
Bezüglich der Beteiligten 13 und 14 orientiert sich der Geschäftswert der weiteren Beschwerde an ihrer Beteiligung an den gerichtlichen Auslagen, der Gerichtsgebühr und der ihnen durch die Entscheidung des Landgerichts vom 14.12.2004 auferlegten notwendigen außergerichtlichen Kosten anderer Beteiligter.
32 
Hinsichtlich des Geschäftswerts der weiteren Beschwerde des Beteiligten 2 folgt der Senat den bisherigen Festsetzungen.

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