Beschluss vom Oberlandesgericht Stuttgart - 6 W 76/06

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Vorsitzenden der 35. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 4. August 2004 - 35 O 24/04 KfH -

abgeändert.

Der Streitwert wird auf 23.887,41 EUR festgesetzt.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

 
Die gemäß § 25 Abs. 3 GKG a. F. zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
1. Anwendbar ist gemäß § 72 Nr. 1 Halbsatz 1 GKG n. F. das Gerichtskostengesetz in der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung, weil der Rechtsstreit am 13. Februar 2004 anhängig geworden ist. § 72 Nr. 1 Halbsatz 2 GKG n.F. gilt nur Rechtsmittel in der Hauptsache, nicht dagegen für die im Gerichtskostengesetz geregelten Rechtsbehelfe gegen die Streitwertfestsetzung oder den Kostenansatz (BGH, Beschluss vom 17. Mai 2006 - XII ZB 233/05 = BGHReport 2006, 1138).
2. Die Beschwerde ist zulässig.
Die Beschwerde ist fristgerecht innerhalb der Frist des § 25 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. i.V.m. Abs. 2 Satz 3 GKG a. F. erhoben worden. Weil das Landgericht den Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der Sechsmonatsfrist nach § 25 Abs. 2 Satz 3 GKG a. F. wirksam festgesetzt hat, die Festsetzung sogar erst nach Ablauf dieser Frist erfolgt ist (zur Bemessung in diesem Fall vgl. Hartmann, Kostengesetze, 33. Aufl., § 25 GKG Rn. 67), konnte die Beschwerde noch am 14. August 2006 erhoben werden. Der Streitwertbeschluss ist nämlich frühestens an diesem Tage wirksam geworden.
Bei gerichtlichen Beschlüssen ist zwischen Existentwerden und Wirksamwerden zu unterscheiden. Existent geworden und damit „erlassen“ ist ein Beschluss bereits dann, wenn er den inneren Bereich des Gerichts verlassen, das Gericht sich also des Beschlusses entäußert hat (Geimer/Vollkommer in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 329 Rn. 6). Für die Existenz des Beschlusses kommt es auf seinen Zugang an die Parteien nicht an, da diesen ein bereits existenter Beschluss mitgeteilt wird. Spätestens existent und damit anfechtbar ist der Beschluss mit seiner Übermittlung per Telefax an die Beklagte am 14. August 2006 geworden. Ob er bereits existent geworden ist, als er nicht nur unterschrieben zu den Akten gelangt ist, sondern darüber hinaus Grundlage für die nachfolgende Kostenrechnung vom 25. August 2004 geworden ist, erscheint zweifelhaft. Mit der beiden Parteien zugegangenen Kostenrechnung ist keine Mitteilung des endgültigen Streitwertbeschlusses erfolgt. In dieser ist zwar der Streitwert für die Verfahrensgebühr mit 48.682,15 EUR angegeben; der Kostenrechnung ist jedoch nicht zu entnehmen, ob sich dieser Wert lediglich aus einer vorläufigen oder einer endgültigen Streitwertfestsetzung ergibt.
Frühestens mit seiner Übermittlung an die Beklagte am 14. August 2006 ist der Beschluss auch wirksam geworden; erst mit dem Wirksamwerden können Rechtsmittelfristen in Lauf gesetzt werden (Geimer/Vollkommer in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 329 Rn. 11). Es kann dahinstehen, ob die Frist des § 25 Abs. 3 Satz 3 GKG keine eigentliche Rechtsmittelfrist, sondern eine Ausschlussfrist ist und ob außer in dem nicht vorliegenden Fall des § 107 ZPO eine formlose Mitteilung des Beschlusses genügt (so Markl/Meyer, Gerichtskostengesetz, 5. Aufl., § 25 Rn. 26; Meyer, Gerichtskostengesetz, 7. Aufl., § 63 Rn. 27; Hamburgisches Oberwaltungsgericht, Beschluss vom 24. Juli 1992 - Bs VI 62/92 = NVwZ-RR 1993, 167; a. A. Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., Rn. 32 zu § 63 GKG n.F.). Denn nach § 25 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GKG a.F.) kann ein Streitwertbeschluss jedenfalls noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Feststellungsbeschlusses eingelegt werden, wenn die Streitwertfestsetzung später als einen Monat nach Ablauf der Sechsmonatsfrist festgesetzt worden ist.
Da der Streitwertbeschluss frühestens am 14. August 2006 wirksam geworden ist, kann zuvor eine Festsetzung nicht erfolgt sein. Die Frist des § 25 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GKG a.F. ist daher eingehalten.
Im Übrigen besteht Einigkeit darüber, dass im Falle der Beteiligung mehrerer Parteien im landgerichtlichen Verfahren die Rechtsmittelfrist für jede Partei erst mit der Mitteilung an sie beginnt. Es folgt aus Art. 103 Abs. 1 GG, die Rechtsfolgen einer gerichtlichen Entscheidung gegenüber einer betroffenen Partei nicht eintreten zu lassen, bevor die Entscheidung dieser auch mitgeteilt worden ist (Kammergericht, Beschluss vom 21. Dezember 1999 - 1 W 1578/99 = NJW-RR 2000, 1239; BVerfG, Beschluss vom 4. August 1993 - 1 WvR 279/93 = NJW-RR 1994, 254).
2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
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Bei einem negativen Feststellungsantrag richtet sich der Streitwert nach § 9 ZPO, der für eine Leistungsklage umgekehrten Rubrums gälte (BGH, Beschlüsse vom 4. April 2005 - II ZR 107/04 und II ZR 192/04; II ZR 157/03 - Urteil vom 21. März 2005; Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 310/03 = NJW 2005,1784; Urteil vom 11. April 2004 - II ZR 299/03).
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Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ergibt sich ein Wert des Feststellungsantrags in Höhe von 8.680,95 EUR. Danach beträgt der Streitwert 23.887,41 EUR (Zahlungsantrag in Höhe von 15.206,46 EUR + Feststellungsantrag in Höhe von 8.680,95).
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Mit dieser pauschalen Regelung ist auch das Interesse des Klägers abgegolten, nicht auf Nachschüsse in Anspruch genommen zu werden, soweit Ratenzahlungen aus Entnahmen finanziert wurden. Soweit Nachschusspflichten wegen Entnahmen finanzierter Raten entstehen, kommt dies für den Anleger wirtschaftlich nicht bezahlten Raten gleich. Das gilt unabhängig davon, ob die Raten auf die Erstbeteiligung oder im Rahmen des Steigermodells auf die Beteiligung an einem weiteren Segment (unter Freistellung für die Erstbeteiligung) geleistet werden. Etwaige hieraus resultierende Nachschusspflichten sind daher nicht gesondert zu bewerten.
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3. Die Entscheidung ergeht nach § 25 Abs. 4 GKG a.F. gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

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