Beschluss vom Oberlandesgericht Stuttgart - 16 UF 212/19

Tenor

1. Die Beschwerde der … GmbH & Co. KG gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Biberach an der Riß vom 27.9.2019 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass in Ziff. 2 Abs. 4 der Beschlussformel das Anrecht in Höhe von 49.954,17 EUR nach Maßgabe der Versorgungsordnung 1998 und der Teilungsordnung des Versorgungsträgers in der Fassung vom 10.1.2017 übertragen wird.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beschwerdeführerin.

Beschwerdewert: 1.327 EUR

Gründe

 
I
Die Antragstellerin und der Antragsgegner haben am … die Ehe geschlossen. Der Scheidungsantrag wurde am … zugestellt.
In der gesetzlichen Ehezeit … haben beide Eheleute jeweils Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie weitere Anrechte erlangt. Insbesondere hat der Antragsgegner ein arbeitgeberfinanziertes Anrecht der betrieblichen Altersvorsorge bei der … GmbH & Co. KG erlangt. Der Versorgungsträger hat mitgeteilt, dass der Barwert der Versorgungsanwartschaft 100.658,34 EUR betrage. Als Ausgleichswert hat der Versorgungsträger einen Barwert der Versorgungsanwartschaft von 49.954,17 EUR vorgeschlagen. Zudem hat der Versorgungsträger mitgeteilt, dass der korrespondierende Kapitalwert dem Ausgleichswert entspreche. Für den Versorgungsausgleich hat der Versorgungsträger eine Tenorierung vorgeschlagen, wonach im Wege der internen Teilung ein Anrecht (Bezugsgröße Barwert der Versorgungsanwartschaft) mit einem Kapitalbetrag in Höhe von 49.954,17 EUR bezogen auf den 30.4.2019 zu übertragen sei, was einer monatlichen Rentenanwartschaft von 296,67 EUR brutto (bei 12 Zahlungen) entspreche.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 27.9.2019 hat das Amtsgericht - Familiengericht die Ehe der Eheleute geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Insbesondere hat das Amtsgericht im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der … GmbH & Co. KG zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 49.954,17 EUR nach Maßgabe der Versorgungsordnung 1998 und der Teilungsordnung des Versorgungsträgers in der Fassung vom 11.6.2010, bezogen auf den 30.4.2019, übertragen.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die … GmbH & Co. KG gegen die Übertragung des Anrechts in Höhe von 49.954,17 EUR. Sie macht geltend, dass im Wege der internen Teilung vielmehr ein Anrecht im Wert von 49.954,17 EUR (= Barwert der Versorgungsanwartschaft) zu übertragen sei. Zur Begründung führt die … GmbH & Co. KG aus, dass es ein deutlicher Unterschied sei, ob das Anrecht einen entsprechenden Wert oder eine entsprechende Höhe habe. Gehe man von dem im Beschluss genannten Betrag als Jahresbetrag aus, ergebe sich eine monatliche Versorgung für die Ausgleichsberechtigte von 4.162,85 EUR brutto. Demgegenüber ergebe sich aus einem Wert des einzurichtenden Anrechts von 49.954,17 EUR lediglich eine monatliche Versorgung in Höhe von 296,67 EUR brutto.
Zu weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf die Schriftsätze vom 9.10.2019 (Bl. 27 f. d.A.) und vom 5.11.2019 (Bl. 43 d.A.) verwiesen.
Die beteiligten Eheleute hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
II
Die zulässige Beschwerde der … GmbH & Co. KG hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Gem. § 5 Abs. 3 VersAusglG unterbreitet der Versorgungsträger dem Familiengericht einen Vorschlag für die Bestimmung des Ausgleichswerts. Dabei berechnet der Versorgungsträger den Ehezeitanteil des Anrechts gem. § 5 Abs. 1 VersAusglG in Form der für das jeweilige Versorgungssystem maßgeblichen Bezugsgröße, insbesondere also in Form von Entgeltpunkten, eines Rentenbetrags oder eines Kapitalwerts.
Handelt es sich bei dem Anrecht - wie vorliegend der Fall - um ein Anrecht im Sinne des Betriebsrentengesetzes (BetrAGV), so ist gem. § 45 Abs. 1 VersAusglG der Wert als Rentenbetrag nach § 2 BetrAVG oder der Kapitalwert nach § 4 Abs. 5 BetrAVG maßgeblich. Dem Versorgungsträger steht nach allgemeiner Auffassung ein Wahlrecht zwischen diesen beiden Bezugsgrößen zu. Er muss sich aber für eine Bezugsgröße entscheiden (BGH Beschluss vom 27.6.2018 - XII ZB 499/17 - FamRZ 2018, 1574 Rn. 8 mwN).
10 
Bestehen keine Bedenken hinsichtlich der vom Versorgungsträger gewählten Bezugsgröße, gleicht das Familiengericht in der Beschlussformel ein Anrecht in der vorgeschlagenen Bezugsgröße aus.
11 
2. In Anwendung dieser Grundsätze hat das Familiengericht zu Recht zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der … GmbH & Co. KG zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 49.954,17 EUR übertragen.
12 
a) In ihrer Auskunft vom 1.8.2019 hat die … GmbH & Co. KG das Anrecht des Antragsgegners ausdrücklich als Barwert der Versorgungsanwartschaft, mithin als Kapitalwert nach § 4 Abs. 5 BetrAVG berechnet und damit zum Ausdruck gebracht, dass für das Anrecht der Kapitalwert maßgeblich sei.
13 
b) Demgemäß hat das Familiengericht zutreffend das Anrecht als Kapitalwert ausgeglichen. Das Familiengericht war nicht gehalten, entsprechend des von der … GmbH & Co. KG formulierten Tenorierungsvorschlags sowohl den Kapitalbetrag als auch den Rentenbetrag in die Beschlussformel aufzunehmen. Eine derartige alternative Fassung sieht das Gesetz nicht vor, vielmehr hat der Versorgungsträger sich auf eine Bezugsgröße festzulegen (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 24.7.2012 - 16 UF 133/12).
14 
c) Es ist nicht zu beanstanden, dass das Familiengericht ein Anrecht in Höhe von 49.954,17 EUR übertragen hat.
15 
Bereits nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 VersAusglG überträgt das Familiengericht ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts.
16 
Zudem macht es entgegen der Auffassung der … GmbH & Co. KG keinen Unterschied, ob ein Anrecht „im Wert von“ oder „in Höhe von“ übertragen wird. Beide Begriffe können jedenfalls im konkreten Sachzusammenhang synonym gebraucht werden (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 11.9.2019 - 16 UF 174/19 und Senatsbeschluss vom 24.7.2012 - 16 UF 133/12). Insbesondere hat die vom Familiengericht gewählte Formulierung „in Höhe von“ nicht zur Folge, dass die … GmbH & Co. KG eine jährliche Rente von 49.954,17 EUR zu gewähren hat. Dies gilt umso mehr, als jede Beschlussformel unter Heranziehung der Entscheidungsgründe des Beschlusses zu interpretieren ist. Aus den Entscheidungsgründen des Beschlusses des Amtsgerichts Biberach vom 27.9.2019 ergibt sich ebenfalls unzweifelhaft, dass ein Kapitalbetrag und nicht ein Rentenbetrag übertragen werden soll.
17 
3. Die Beschwerde ist mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass das zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der … GmbH & Co. KG zugunsten der Antragstellerin zu begründende Anrecht nach Maßgabe der Teilungsordnung des Versorgungsträgers in der Fassung vom 10.1.2017 zu übertragen ist.
18 
Mit Schriftsatz vom 5.11.2019 hat die … GmbH & Co. KG die derzeit gültige Teilungsordnung (Konzernbetriebsvereinbarung) vom 10.1.2017 vorgelegt (vgl. Bl. 44 ff. d.A.). Ausweislich der Schlussbestimmungen unter X. der Teilungsordnung ersetzt diese Vereinbarung vom 10.1.2017 die Fassung vom 11.6.2010. Dem entsprechend hat auch die interne Teilung nach Maßgabe der aktuellen Teilungsordnung vom 10.1.2017 zu erfolgen.
19 
4. Der Senat hat gem. § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen. Das Familiengericht hat in erster Instanz mit den Beteiligten mündlich verhandelt. Von einer erneuten mündlichen Verhandlung sind keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten.
20 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

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