Beschluss vom Hamburgisches Oberverwaltungsgericht (5. Senat) - 5 Bf 201/14.Z

Tenor

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 4. November 2014 wird abgelehnt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 25.819,56 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

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Der Kläger, ein ehemaliger Soldat auf Zeit, begehrt die Gewährung von Übergangsgebührnissen für einen Zeitraum von zwei Jahren anstelle des seitens der Beklagten bewilligten Zeitraums von einem Jahr.

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Der Kläger verpflichtete sich nach Ableistung seines am 1. Juli 2000 begonnenen Grundwehrdienstes als Soldat auf Zeit für eine Dauer von insgesamt 12 Jahren; das Dienstzeitende war für den 30. Juni 2012 vorgesehen. In der Zeit von Oktober 2001 bis Juni 2005 studierte er Luft- und Raumfahrttechnik an der Universität der Bundeswehr in München; er schloss das Studium mit der Diplomprüfung ab. Für die Zeit vom 8. März 2010 bis zum 7. August 2010 bewilligte die Beklagte ihm mit Bescheid vom 11. September 2009 Elternzeit unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge; darin wurde dem Kläger mitgeteilt, dass sich sein Dienstzeitende gemäß § 40 Abs. 4 SG um die Dauer der Elternzeit verlängere. Mit Schreiben vom 15. September 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass seine Dienstzeit mit Ablauf des 30. November 2012 ende. Auf Antrag des Klägers verkürzte die Beklagte im April 2012 die Dienstzeit des Klägers gemäß § 40 Abs. 7 SG auf den 30. Juni 2012; der Kläger begann ab dem 1. Juli 2012 ein Angestelltenverhältnis bei einer Softwareentwicklungsfirma.

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Mit Bescheid vom 20. Mai 2012 bewilligte die Beklagte dem Kläger gemäß § 11 SVG Übergangsgebührnisse für die Zeit vom 1. Juli 2012 bis zum 30. Juni 2013; sie ging dabei von einer „anrechenbaren Wehrdienstzeit“ von 11 Jahren und 7 Monaten aus. Der Kläger erhob dagegen am 18. Juni 2012 Beschwerde: Ihm stehe gemäß § 11 Abs. 2 SVG eine Anspruchsdauer von zwei Jahren zu, da er gemäß § 2 SVG eine Wehrdienstzeit von 12 Jahren aufzuweisen habe anstatt von 11 Jahren und 7 Monaten. Mit Beschwerdebescheid vom 7. Dezember 2012 wies die Beklagte die Beschwerde zurück: Nachdem seinem Antrag auf Dienstzeitverkürzung auf den 30. Juni 2012 entsprochen worden sei, habe er lediglich eine Dienstzeit von 11 Jahren und 7 Monaten erfüllt.

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Nach Zustellung des Beschwerdebescheids am 13. Dezember 2012 hat der Kläger am (Montag, dem) 14. Januar 2013 die vorliegende Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 4. November 2014 stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger Übergangsgebührnisse für insgesamt zwei Jahre zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der dahingehende Anspruch des Klägers ergebe sich aus § 11 Abs. 2 Satz 2 und Satz 1 Nr. 4 SVG. Seine Dienstzeit im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 SVG betrage 12 Jahre; die fünfmonatige Elternzeit fließe in die Dienstzeit mit ein. Mit der „Dienstzeit“ meine § 11 Abs. 2 Satz 1 SVG sprachlich verkürzt die Wehrdienstzeit im Sinne des § 2 SVG; diese betrage im Fall des Klägers 12 Jahre. Dies ergebe sich auch aus der Kürzungsregelung des § 13 b SVG, welche die Gesamtdienstzeit durch den diesbezüglichen Klammerzusatz „(§ 2)“ als die Wehrdienstzeit definiere. Dieses Ergebnis werde bestätigt durch die Überlegung, dass die Kürzungsregelung in § 13 b SVG hinsichtlich der Übergangsgebührnisse überflüssig wäre, wenn Urlaubszeiten ohne Besoldung wie die Elternzeit schon gar nicht in die Berechnung der Dienstzeit nach § 11 Abs. 2 Satz 1 SVG eingingen. Dies könne der Gesetzgeber nicht gewollt haben. Vielmehr solle § 13 b SVG den Begriff der (Wehr-) Dienstzeit von § 11 Abs. 2 SVG aufnehmen und dazu spezielle Regelungen für die Berechnung der Bezugsdauer im Falle von Beurlaubungen ohne Dienstbezüge treffen. So bestimme etwa § 13 b Abs. 2 Nr. 2 SVG, dass die Kürzung für die Zeit einer Elternzeit entfalle. Nach alldem zähle auch die Elternzeit zu der insgesamt zwölfjährigen Dienstzeit des Klägers.

5

Gegen dieses Urteil richtet sich der vorliegende Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung.

II.

6

Der zulässige, insbesondere fristgemäß gestellte und begründete Zulassungsantrag der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Aus der Antragsbegründung ergeben sich die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (1.) bzw. der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (2.) nicht.

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1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind regelmäßig dann begründet, wenn gegen dessen Richtigkeit angesichts der Begründung des Zulassungsantrags nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen, wovon etwa auszugehen ist, wenn durch die Begründung des Zulassungsantrags ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 23.6.2000, NVwZ 2000, 1163, 1164; BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 33 S. 7, 10; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 124 Rn. 7). So liegt es hier nicht.

8

a) Die Beklagte trägt in diesem Zusammenhang vor, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Annahme, dass unter der „Dienstzeit“ im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 SVG die Wehrdienstzeit gemäß § 2 SVG zu verstehen sei, weil § 13 b SVG auf § 2 SVG Bezug nehme, übersehen, dass § 13 b SVG den Begriff der „Gesamtdienstzeit“ verwende, der sich von den Begriffen der „Dienstzeit“ und der „Wehrdienstzeit“ unterscheide. Es erschließe sich nicht, weshalb der Gesetzgeber diese unterschiedlichen Begriffe verwende, falls sie dasselbe meinten. Die bestehende Differenzierung zwischen der „Dienstzeit“ einerseits und der „Gesamtdienstzeit/Wehrdienstzeit“ anderseits sei vielmehr im Lichte der engen rechtlichen Verzahnung von Soldatengesetz und Soldatenversorgungsgesetz (§ 30 Abs. 1 SG) zu betrachten. § 40 Abs. 4 SG sehe vor, dass sich die Dauer der Berufung eines Soldaten, dessen militärische Ausbildung vor dem Beginn einer Elternzeit nach § 28 Abs. 7 SG bereits mehr als sechs Monate mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden sei oder gewesen sei, sich ohne die Beschränkungen von § 40 Abs. 1 SG um die Dauer der Elternzeit verlängere. Gemäß § 40 Abs. 7 SG könne die Dienstzeit eines Soldaten auf dessen Antrag verkürzt werden, wenn dies im dienstlichen Interesse liege. Sie, die Beklagte, habe aber gerade nicht gemäß § 40 Abs. 8 SG auf die Erfüllung der Nachdienzeiten verzichtet; der Kläger könne daher nur eine Dienstzeit von 11 Jahren und 7 Monaten aufweisen.

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Diese Rüge greift nicht durch. Der in §13 b SVG verwendete Begriff der „Gesamtdienstzeit“ stellt keinen eigenständigen Begriff gegenüber der „Dienstzeit“ dar; die „Gesamtdienstzeit“ ist vielmehr ein sprachliches Synonym für die „gesamte Dienstzeit“, lediglich in Gestalt eines substantivischen Ausdrucks. Die Notwendigkeit, in § 13 b SVG im Zusammenhang mit der Dienstzeit den Begriff „Gesamt“ zu verwenden, ergibt sich aus dem Ziel dieser Norm, die Bezugsdauer der dortigen Versorgungsleistungen in dem Verhältnis zu kürzen, das der Zeit der Beurlaubung ohne Dienstbezüge zur gesamten Dienstzeit (oder eben „Gesamtdienstzeit“) entspricht. Dabei handelt es sich jeweils um die „Dienstzeit“, unter der, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, die „Wehrdienstzeit“ im Sinne des § 2 SVG zu verstehen ist. Letzteres ergibt sich zum einen aus den Klammerzusätzen „(§ 2)“ hinter dem Begriff „Gesamtdienstzeit“ in § 13 b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 SVG. Zum anderen ist in § 11 Abs. 1 Satz 1 SVG als Voraussetzung für den Bezug von Übergangsgebührnissen ausdrücklich von einer „Wehrdienstzeit“ von mindestens vier Jahren die Rede; diese Grundvoraussetzung wird sodann in Absatz 2 hinsichtlich der Anspruchsdauer für die Gewährung der Übergangsgebührnisse nach der jeweiligen Dauer der „Dienstzeit“ des Soldaten mit der Maßgabe spezifiziert, dass die kürzeste Anspruchsdauer (von sieben Monaten) nach einer Dienstzeit von vier und weniger als sechs Jahren gilt und sich die Anspruchsdauer bei längeren Dienstzeiten stufenweise erhöht. Es spricht angesichts all dessen nichts dafür, dass die in § 11 Abs. 2 Satz 1 SVG genannte „Dienstzeit“ eine andere Bedeutung als die in §§ 11 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 Satz 1 SVG genannte „Wehrdienstzeit“ haben könnte (vgl. dazu außerdem die nachstehenden Ausführungen unter „d)“). Dem entspricht es, dass auch das Bundesverwaltungsgericht mit bemerkenswerter Selbstverständlichkeit davon ausgeht, dass unter der Dienstzeit in § 11 Abs. 2 SVG die „Wehrdienstzeit“ zu verstehen sei (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.7.2011, Buchholz 239.2 § 11 SVG Nr. 7, juris Rn. 9).

10

Die von der Beklagten herangezogenen Regelungen in § 40 Abs. 4, 7 und 8 SG über die Verlängerung der Dauer der Berufung bzw. die Verkürzung der Dienstzeit führen zu keinem anderen Ergebnis. Auch wenn sich die Dauer einer Berufung nach § 40 Abs. 4 Satz 1 SG in der dort genannten Fallkonstellation um die Dauer einer Elternzeit verlängert bzw. nach § 40 Abs. 8 Satz 1 SG von dieser Verlängerung abgesehen kann, ändert dies nichts daran, dass die Elternzeit ebenfalls zur Wehrdienstzeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SVG und damit zur Dienstzeit im Sinne des § 11 Abs. 2 SVG gehört (vgl. zu alldem auch die nachstehenden Ausführungen unter „c)“ und „d)“). Die von der Beklagten gemäß § 40 Abs. 7 SG verfügte Verkürzung der Dienstzeit auf den 30. Juni 2012 hat lediglich die zunächst gemäß § 40 Abs. 4 SG kraft Gesetzes eingetretene Verlängerung der Dienstzeit in entsprechendem Umfang wieder beseitigt und damit einen Zustand hergestellt, der ohne die Verlängerung gemäß § 40 Abs. 4 SG eingetreten wäre.

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b) Die Beklagte meint, auch die Betrachtung des § 13 b SVG durch das Verwaltungsgericht sei nicht schlüssig. Das Verwaltungsgericht übersehe, dass § 13 b SVG zwischen der Bemessung der Versorgungsansprüche und der Berechnung der Übergangsgebührnisse und Übergangsbeihilfe differenziere. So blieben nach § 13 b Abs. 3 SVG die Nachdienzeiten bei der Bemessung der Versorgungsansprüche unberücksichtigt.

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Diese Rüge greift nicht durch. Es wird nicht deutlich, inwiefern sich aus der Bestimmung des § 13 b Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 SVG ergeben soll, dass Zeiten der Elternzeit keine Dienstzeit im Sinne des § 11 Abs. 2 SVG wäre. Der Umstand, dass der Gesetzgeber es für erforderlich hält, ausdrücklich anzuordnen, dass Nachdienzeiten nach § 40 Abs. 4 Satz 2 SG (sofern diese bewirken, dass Teilzeitbeschäftigungszeiten entgegen § 13 b Abs. 3 Satz 1 SVG nicht zur Kürzung der Übergangsgebührnisse führen) bei der Bemessung von Versorgungsansprüchen unberücksichtigt bleiben, lässt darauf schließen, dass solche Nachdienzeiten an sich zur versorgungsrechtlich erheblichen Dienstzeit gehören. Daraus folgt aber nicht, dass Zeiten der Elternzeit keine Dienstzeit wären.

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c) Die Beklagte trägt vor, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts würde auch nicht ein Großteil des Regelungsbereichs von § 13 b SVG ins Leere laufen, wenn sich die Berechnung der Dienstzeit in § 11 Abs. 2 Satz 1 SVG nach § 40 SG richte. Konkret davon betroffen wären lediglich die Fälle des § 40 Abs. 4 SG und damit der Personenkreis, für den der Gesetzgeber keine Privilegierung der Elternzeit vorgesehen habe, sondern den dienstlichen Interessen an einer Nutzung der in den Soldaten investierten Ausbildung und damit einer entsprechenden Stehzeit den Vorrang eingeräumt habe. Zweck des § 40 Abs. 4 SG sei es, dass den Streitkräften diejenigen Soldaten eine angemessene Zeit (sog. Stehzeit) zur Verfügung stünden, die eine vom Dienstherrn finanzierte kostspielige Ausbildung durchlaufen hätten. Zu einer gesetzlichen Verlängerung der Dienstzeit wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit komme es aber erst dann, wenn die Elternzeit in einen Zeitraum falle, zu dem der Soldat dem Dienstherrn fertig ausgebildet zur Verfügung stehe.

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Auch dieser Vortrag erschüttert nicht die Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Das Argument des Verwaltungsgerichts (UA S. 7), dass die Kürzungsregelung in § 13 b Abs. 1 SVG und die diesbezügliche Ausnahme für die Elternzeit in § 13 b Abs. 2 Nr. 2 SVG hinsichtlich der Übergangsgebührnisse überflüssig wären, wenn die Elternzeit schon keine Dienstzeit im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 SVG wäre, wird dadurch bereits nicht substantiiert angegriffen. Dieses Vorbringen der Beklagten steht aber auch ansonsten nicht im Einklang mit der gesetzlichen Systematik. Zeiten der Beurlaubung ohne Bezüge werden nicht bereits in § 11 Abs. 2 SVG von der zu Grunde zu legenden Dienstzeit abgezogen (eine solche Maßgabe entspräche sinngemäß der Regelung über die ruhegehaltsfähigen Wehrdienstzeiten in § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SVG), sondern erst in der Kürzungsregelung des § 13 b SVG berücksichtigt. Der Umstand, dass der Dienstherr eine kostspielige Ausbildung eines Soldaten finanziert hat, wird wiederum versorgungsrechtlich durch die Bestimmungen der § 5 Abs. 9 Satz 2 und § 11 Abs. 2 Satz 2 SVG behandelt, nach denen sich in solchen Fällen die allgemeine Förderungsdauer und die Anspruchsdauer für den Bezug von Übergangsgebührnissen deutlich verringern. Der Umstand, dass § 40 Abs. 4 Satz 1 SG, sofern die militärische Ausbildung des Soldaten mehr als sechs Monate mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, die Verlängerung der „Dienstzeit“ (so wird die dort genannte „Dauer der Berufung“ in der Ausnahmeregelung des § 40 Abs. 8 Satz 1 SG definiert) um die Dauer einer Elternzeit gemäß § 28 Abs. 7 SG bestimmt, führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Daraus ergibt sich (auch im soldatenrechtlichen Sinne) nicht, dass Zeiten der Elternzeit keine Dienstzeit wären. Abgesehen davon, dass schon der Begriff „Verlängerung“ gegen eine solche Sichtweise spricht, wird jedenfalls durch die Gewährung unbesoldeten Urlaubs in Gestalt der Elternzeit der Status als Soldat auf Zeit nicht geändert und die Berufung in ein solches Dienstverhältnis (vgl. § 40 Abs. 1 und 4 SG) nicht unterbrochen.

15

Im Übrigen hat die Beklagte durch die ihrerseits gemäß § 40 Abs. 7 SG gegenüber dem Kläger auf dessen Antrag verfügte Dienstzeitverkürzung selbst bewirkt, dass die Stehzeit des Klägers kürzer ausgefallen ist als in § 40 Abs. 4 Satz 1 SG vorgesehen. Will sie in derartigen Fällen von der vollen Stehzeit des von ihr ausgebildeten Soldaten profitieren, so hat sie – sofern einer solchen Dienstzeitverkürzung nicht ohnehin bereits auf der Tatbestandsseite der Norm ein dienstliches Interesse entgegensteht - nach pflichtgemäßem Ermessen die Möglichkeit, Anträge nach § 40 Abs. 7 SG abzulehnen. Gibt sie einem solchen Antrag allerdings statt, so führt dies nicht dazu, dass sich die für die Berechnung der Übergangsgebührnisse maßgebliche Dienstzeit um die Dauer der Elternzeit verringert.

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d) Das Berufungsgericht weist ergänzend darauf hin, dass auch die historische Entwicklung der Fassungen des § 11 SVG (und § 12 SVG) dafür spricht, dass unter der „Dienstzeit“ in § 11 Abs. 2 SVG nichts anderes als die „Wehrdienstzeit“ zu verstehen ist.

17

In der ersten Fassung des § 11 Abs. 2 SVG (vgl. das Soldatenversorgungsgesetz vom 26.7.1957, BGBl. I S. 785, 788 f.) war noch nicht von „Dienstzeit“, sondern von „Wehrdienstzeit“ die Rede; gleiches galt für die entsprechend strukturierte Regelung über die Übergangsbeihilfen in § 12 Abs. 2 SVG. Der Austausch des Wortes „Wehrdienstzeit“ durch das Wort „Dienstzeit“ in § 11 Abs. 2 SVG erfolgte mit dem Siebentem Gesetz zur Änderung beamtenrechtlicher und versorgungsrechtlicher Vorschriften (Dienstrechtlicher Teil des Familienlastenausgleichs) vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3716, 3720), ohne dass zugleich, was sich bei einem Willen des Gesetzgebers zu einer inhaltlichen Änderung bei der Berechnung der berücksichtigungsfähigen Dienstzeiten bei der Versorgung von Soldaten auf Zeit aufgedrängt hätte, auch bei § 12 Abs. 2 SVG ein entsprechender Begriffsaustausch vorgenommen wurde. Die Begründung des zugrundeliegenden Gesetzentwurfs der Bundesregierung lässt nicht erkennen, dass mit diesem Ausdruckswechsel in § 11 Abs. 2 Satz 1 SVG irgendein Wille zu inhaltlichen Änderungen verbunden gewesen wäre. Der Begründungsteil zum Entwurf der Änderung des § 11 Abs. 2 SVG bezog sich ausschließlich auf den völlig neu gestalteten Satz 2 des § 11 Abs. 2 SVG, durch dessen neue Fassung der damalige Wegfall des Kinderzuschlags berücksichtigt und dem Umstand Rechnung getragen werden sollte, dass auch die Empfänger von Übergangsgebührnissen an der geplanten vollen Weitergabe der kinderbezogenen Anteile des Ortszuschlags teilnehmen sollten; der Austausch der „Wehrdienstzeit“ durch die „Dienstzeit“ in Satz 1, der ansonsten unverändert blieb, wurde dagegen mit keinem Wort erwähnt (vgl. BT-Drs. 7/2861 v. 29.11.1974, S. 8 und 18, „Zu Art. V Absatz 1 Nummer 2“).

18

In der Bestimmung des § 12 SVG über die Übergangsbeihilfen war im dortigen Absatz 2 noch 16 weitere Jahre lang von „Wehrdienstzeit“ statt von „Dienstzeit“ die Rede. Hier erfolgte ein entsprechender Begriffsaustausch erst im Rahmen des Gesetzes zur Regelung der Dauer des Grundwehrdienstes und des Zivildienstes vom 26. November 1990 (BGBl. I S. 2520, 2521). Dort wurden in § 12 Abs. 2 SVG die Übergangsbeihilfen für Soldaten auf Zeit nach einer „Dienstzeit“ von mehr als 18 Monaten aber weniger als vier Jahren erhöht. In der betreffenden Passage der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung hieß es, mit der Änderung solle ein zusätzlicher Anreiz geschaffen werden, sich auf eine längere „Wehrdienstzeit“ zu verpflichten; der im Wortlaut des § 12 Abs. 2 SVG erfolgende Austausch des Begriffs „Wehrdienstzeit“ durch „Dienstzeit“ wurde auch hier nicht erwähnt (vgl. die BT-Drs. 11/7840 v. 12.9.1990, S. 4 und 9, „Zu Artikel 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b (§ 12)“).

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All dies spricht ebenfalls dagegen, dass der Gesetzgeber mit dem Begriff „Dienstzeit“ in § 11 Abs. 2 SVG etwas anderes meinen könnte als die „Wehrdienstzeit“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SVG.

20

2. Der Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nicht gegeben. Hierunter sind Schwierigkeiten zu verstehen, die das Maß des in verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten Üblichen erheblich übersteigen (vgl. hierzu OVG Hamburg, Beschl. v. 26.7.1999, NordÖR 1999, 444, m. w. N.). Für die Darlegung der besonderen Schwierigkeiten ist dabei erforderlich, dass eine Begründung dafür gegeben wird, weshalb die Rechtssache an den entscheidenden Richter deutlich höhere Anforderungen stellt als im Normalfall.

21

Dem genügt das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten nicht. Die Beklagte trägt insoweit vor, besondere Schwierigkeiten ergäben sich bei der Beantwortung der entscheidungserheblichen Frage, wie der „Dienstzeit“-Begriff des § 11 Abs. 2 Satz 1 SVG zu verstehen sei. Aus ihren vorstehenden Ausführungen zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ergebe sich, dass sich diese Frage nicht ohne weiteres beantworten lasse.

22

Damit legt die Beklagte keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache dar. Dass sich eine Frage „nicht ohne weiteres“ beantworten lässt, ist typisch für eine Vielzahl von verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten; ist die fallentscheidende Rechtsfrage ohne weiteres nach dem Gesetz zu beantworten, wird es häufig gar nicht erst zu einem Rechtsstreit vor den Verwaltungsgerichten kommen. Die Notwendigkeit, einen bestimmten gesetzlichen Begriff auszulegen bzw. ihn in Beziehung zu anderen gesetzlichen Begriffen bzw. zur gesetzlichen Systematik zu setzen, übersteigt noch nicht erheblich das Maß des in verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten Üblichen; vielmehr ist dies eine übliche Anforderung im Alltag der verwaltungsgerichtlichen Tätigkeit. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat offensichtlich keine besonderen Schwierigkeiten bei der Auslegung des Dienstzeitbegriffs in § 11 Abs. 2 SVG gehabt, wie sich aus seiner oben bereits erwähnten Entscheidung ergibt (BVerwG, Urt. v. 28.7.2011, a. a. O.).

23

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Antragsverfahren beruht auf §§ 52 Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1 und 3 GKG; insoweit wird ergänzend auf die Schriftsätze des Klägervertreters vom 14. Januar 2013 (Klagschrift S. 4) und der Beklagten vom 22. April 2013 Bezug genommen.

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