Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (1. Senat) - 1 M 134/08
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts A-Stadt vom 9. Oktober 2008 – 8 B 257/08 – zu Ziffer 1. geändert:
Die aufschiebende Wirkung der Klage 8 A 762/04 wird hinsichtlich der die Veranlagungsjahre 1993 bis 1999 betreffenden Abwasserabgabenbescheide der Antragsgegnerin vom 17. Dezember 1998 (Veranlagungsjahre 1993 bis 1997), 18. Dezember 2002 (Veranlagungsjahr 1998) und 16. Oktober 2003 (Veranlagungsjahr 1999) angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Antragsgegnerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht auf 8.302,25 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
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Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit verschiedener Abwasserabgabenbescheide, die für die Einleitung von verschmutztem Regenwasser in den Nuddelbach in A-Stadt erteilt worden sind.
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Die Antragsgegnerin (unter der seinerzeitigen Behördenbezeichnung „Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Schwerin“) erhob mit Bescheiden jeweils vom 17. Dezember 1998 Abwasserabgaben für die Jahre 1993 bis 1996 in Höhe von jeweils 12.571,20 DM (6.427,55 €) und für das Jahr 1997 in Höhe von 14.666,40 DM (7.498,81 €), jeweils fällig einen Monat nach Zustellung des Bescheides. Im Anschriftenfeld der Bescheide war die „AA GmbH“ genannt. Die Antragstellerin erhob dagegen mit Schreiben vom 23. Dezember 1998 unter ihrer früheren Firma „BB Systems“ „für die AA Kunststoffverarbeitung GmbH und für die BB Systems Deutschland GmbH“ Widerspruch und beantragte unter dem 12. März 1999 bei der Antragsgegnerin, die Vollstreckung der Abgabenbescheide vom 17. Dezember 1998 auszusetzen. Für das Jahr 1998 setzte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 18. Dezember 2002 gegenüber der Antragstellerin Abwasserabgaben in Höhe von 14.666,40 DM (7.498,81 €) fest und für das Jahr 1999 mit Bescheid vom 16. Oktober 2003 Abgaben in Höhe von 10.080,00 DM (5.153,00 €). Die Antragstellerin beantragte für beide Bescheide, die Vollziehung auszusetzen.
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Die Antragsgegnerin wies die von der Antragstellerin erhobenen Widersprüche gegen die für die Jahre 1993 bis 1997 erteilten Abwasserabgabenbescheide mit Bescheid vom 12. März 2003 zurück. Zur Begründung ist u.a. ausgeführt, der Anspruch auf Zahlung der Abgabe sei nicht verjährt. Die Bescheide seien im Dezember 1998 zugestellt worden, so dass die Fälligkeit im Januar 1999 eingetreten sei. Ende der mit Ablauf des Jahres 1999 eingetretenen 5-jährigen Zahlungsverjährung sei damit erst der 31. Dezember 2004. Die Antragstellerin erhob dagegen Klage vor dem Verwaltungsgericht A-Stadt (8 A 1087/03). Die Widersprüche der Antragstellerin gegen die Bescheide vom 18. Dezember 2002 (Veranlagungsjahr 1998) und 16. Oktober 2003 (Veranlagungsjahr 1999) wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2004 zurück. Dagegen erhob die Antragstellerin Klage vor dem Verwaltungsgericht (8 A 762/04), die mit dem Verfahren 8 A 1087/03 verbunden wurde.
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Mit Schreiben an die Antragstellerin vom 7. März 2008 bat die Antragsgegnerin um Überweisung der für die Jahre 1993 bis 1999 festgesetzten Beträge (insgesamt 61.747,28 €).
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Die Antragstellerin begehrte am 20. Juni 2008 die Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes. Das Verwaltungsgericht A-Stadt ordnete daraufhin mit Beschluss vom 9. Oktober 2008 – der Antragstellerin per Fax zugegangen ebenfalls am 9. Oktober 2008 - die aufschiebende Wirkung der Klage 8 A 762/04 hinsichtlich der die Veranlagungsjahre 1998 und 1999 betreffenden Abgabenbescheide der Antragsgegnerin an, weil Einleiterin von Abwasser bei summarischer Wertung nicht die Antragstellerin gewesen sei, sondern die Landeshauptstadt A-Stadt. Diese habe die tatsächliche Sachherrschaft über den Einleitpunkt ausgeübt. Im Übrigen (Veranlagungsjahre 1993 bis 1997) lehnte das Gericht den Antrag ab, da es insoweit an einem Aussetzungsantrag im Sinne des § 80 Abs. 6 VwGO fehle.
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Die Antragstellerin erhob am 13. Oktober 2008 gegen den Beschluss Beschwerde, die sie mit am 6. November 2008 bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz begründete. Bislang sei man davon ausgegangen, dass seinerzeit die Aussetzung der Vollziehung nicht beantragt worden sei. Eine eingehende Aktendurchsicht habe aber ergeben, dass man mit Schreiben vom 12. März 1999 bezüglich der streitgegenständlichen Bescheide die Aussetzung der Vollziehung doch beantragt habe.
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Die Antragsgegnerin nimmt den Standpunkt ein, das von der Antragstellerin nunmehr angesprochene Schreiben sei zwar tatsächlich am 16. März 1999 bei ihr eingegangen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach nicht die Antragstellerin, sondern die Antragsgegnerin Einleiterin gewesen sei, sei jedoch unzutreffend. Ein von dem Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang in den Blick genommener Rechtsträgerwechsel habe sich auf ein Schmutzwasserpumpwerk nebst Zubehör bezogen. Für die Regenwasserbeseitigungsanlage und die Einleitstelle sei die Antragstellerin verantwortlich geblieben.
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Die Beteiligten hatten auf gerichtliche Nachfrage mehrfach mitgeteilt, dass man um einen Vergleich bemüht sei, dessen Abschluss aber noch ausstehe. Im Zusammenhang mit einer mündlichen Verhandlung in dem Verfahren 8 A 762/04 haben die Beteiligten u. a. die Frage der Zahlungsverjährung erörtert.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
II.
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Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den im Tenor näher bezeichneten Beschluss, die mit am 13. Oktober 2008 eingegangenem Schriftsatz fristgemäß (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) eingelegt und auch fristgerecht (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) begründet worden ist, hat Erfolg.
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Das Beschwerdevorbringen weckt ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Beschlusses. Dieser ist abzuändern und dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz stattzugeben.
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Der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklage ist zulässig auch soweit sich die Klage gegen die Veranlagungsbescheide der Antragsgegnerin für die Veranlagungsjahre 1993 bis 1997 richtet (Bescheide vom 17. Dezember 1998). Die Annahme des Verwaltungsgerichtes, die Antragstellerin habe vor Stellung ihres Antrages bei Gericht keinen auf diese Bescheide gerichteten Aussetzungsantrag nach § 80 Abs. 6 VwGO gestellt, trifft nicht zu. Wie die Beteiligten im Beschwerdeverfahren letztlich übereinstimmend vorgetragen haben, hatte die Antragstellerin unter ihrer damaligen Firma („BB Systems“) mit Schreiben an die Landeshauptstadt A-Stadt vom 12. März 1999 beantragt, die Vollziehung der Abgabenbescheide vom 17. Dezember 1998 auszusetzen. Dass die Antragstellerin diesen Umstand erst im Beschwerdeverfahren vorgetragen und zunächst im erstinstanzlichen Verfahren ausgeführt hatte, einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nicht gestellt zu haben, steht der Berücksichtigung dieses Umstandes im Beschwerdeverfahren nicht entgegen (vgl. Guckelberger in: Sodan/Ziekow, VwGO 3. Aufl., § 146, Rn. 83).
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Die Antragstellerin dürfte unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles auch als Adressatin der streitigen Abwasserabgabenbescheide anzusehen sein. Nach der Veräußerung des Betriebes der „AA Kunststoffverarbeitung GmbH“ an die Antragstellerin mit notariellem Vertrag vom 31. Juli 1998 hat sich diese selbst als Rechtsnachfolgerin der „AA Kunststoffverarbeitung GmbH“ und offenbar auch als Adressatin der Bescheide angesehen. Die Beteiligten haben – soweit ersichtlich – zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt, dass die Bescheide an die Antragstellerin gerichtet sein sollten. Dies kommt u.a. darin zum Ausdruck, dass die Antragsgegnerin bei Schreiben an die Antragstellerin die Firmennamen „BB Systems“ und „AA Kunststoffverarbeitung GmbH“ zugleich verwendet hat (vgl. Schreiben vom 27. Januar 1999), die Antragstellerin die Widersprüche für beide Firmen eingelegt hat und der Widerspruchsbescheid schließlich an die Antragstellerin (unter ihrer neuen Firmenbezeichnung) gerichtet worden ist. Für die Auslegung von Verwaltungsakten und damit auch für die Frage des Abgabenschuldners kommt es bei entsprechender Anwendung von § 133 BGB darauf an, wie der Inhaltsadressat selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt des Bescheides unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste (vgl. VGH Mannheim, 28.04.2010 - 2 S 2312/09 -, juris, Rn. 26f).
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Der Antrag ist in dem im vorliegenden Beschwerdeverfahren allein noch streitigen Umfang (Veranlagungsjahre 1993 bis 1997) auch begründet.
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Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ganz oder teilweise anordnen. Die gerichtliche Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ergeht auf der Grundlage einer Interessenabwägung. Gegenstand der Abwägung sind das private Interesse des Antragstellers, vorläufig vom Vollzug des Verwaltungsaktes verschont zu bleiben (Aussetzungsinteresse), und das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsaktes (Vollziehungsinteresse). Im Rahmen der Interessenabwägung ist der Gesichtspunkt der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bzw. der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. In der Regel überwiegt das öffentliche Vollziehungsinteresse, wenn sich der angegriffene Verwaltungsakt nach dem Prüfungsmaßstab des - summarischen - vorläufigen Rechtsschutzverfahrens als rechtmäßig erweist und der Rechtsbehelf in der Hauptsache ohne Aussicht auf Erfolg sein dürfte. Demgegenüber überwiegt grundsätzlich das private Aussetzungsinteresse, wenn sich der Verwaltungsakt nach diesem Maßstab als rechtswidrig erweist; an der Vollziehung eines rechtswidrigen Bescheides besteht regelmäßig kein schutzwürdiges öffentliches Interesse. Lässt sich die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht in diesem Sinne klären bzw. ist der Ausgang der Hauptsache offen, bedarf es einer Abwägung der (sonstigen) wechselseitigen Interessen.
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Hier sind die die Jahre 1993 bis 1997 betreffenden Veranlagungsbescheide der Antragsgegnerin nach dem bisherigen Erkenntnisstand als rechtswidrig anzusehen. Das Verwaltungsgericht hat in seinem angefochtenen Beschluss im Zusammenhang mit den Veranlagungsbescheiden für die Jahre 1998 und 1999 ausgeführt, die Antragstellerin sei bei summarischer Betrachtung nicht Einleiterin von Abwasser und damit nicht abgabenpflichtig, weil sie nicht die tatsächliche Sachherrschaft über den Einleitungspunkt besessen habe. Dieser Bewertung ist die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren entgegengetreten. Ihr Vortrag, die Antragstellerin habe nicht aufgrund eines Rechtsträgerwechsels die Zuständigkeit für die Regenwasserbeseitigungsanlage verloren, sondern sei abgabenpflichtige Einleiterin geblieben, führt jedoch nicht zur Rechtmäßigkeit der angefochtenen Abgabenbescheide und damit nicht zur Richtigkeit des Ergebnisses des angefochtenen Beschlusses, nämlich der Ablehnung des Antrages auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Denn die in den angefochtenen Bescheiden der Antragsgegnerin festgesetzten Forderungen dürften der Zahlungsverjährung unterliegen. Nach § 10 des zum Zeitpunkt der Erteilung der Bescheide geltenden Ausführungsgesetzes zum Abwasserabgabengesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 23. März 1993 (GVOBl. 1993, S. 243 - AbwAG M-V) verjährt der Anspruch auf Zahlung der Abwasserabgabe in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe fällig geworden ist.
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Fällig wird die Abgabe nach § 9 Abs. 4 AbwAG M-V vom 23. März 1993 am 1. Februar des Veranlagungsjahres, frühestens einen Monat nach Zustellung des Abgabenbescheides. Danach sind die von der Antragsgegnerin für die Veranlagungsjahre 1993 bis 1997 mit Bescheiden vom 17. Dezember 1998 geforderten Abwasserabgaben im Januar 1999 fällig geworden. Somit begann der Lauf der Zahlungsverjährung mit Ablauf des Jahres 1999. Die Verjährung ist eingetreten mit Ablauf des Jahres 2004. Eine Unterbrechung der Verjährung hat nicht stattgefunden.
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Zwar hält das Ausführungsgesetz zum Abwasserabgabengesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 23. März 1993 selbst keine Regelungen zu einer Unterbrechung der Zahlungsverjährung bereit. Jedoch sind auch auf die Erhebung der Abwasserabgaben durch die Gemeinden die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes (KAG M-V) anwendbar (§ 1 Abs. 4 KAG M-V), da diese Sonderabgaben (vgl. dazu Kotulla, Abwasserabgabengesetz, Einf., Rn. 2), wie nach § 1 Abs. 4 KAG M-V gefordert, von der Landeshauptstadt A-Stadt nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 AbwAG M-V vom 23. März 1993 i.V.m. § 3 Abs. 1 Kommunalverfassung (KV M-V) bzw. § 13 Abs. 1 Satz 2 AbwAG M-V vom 19. Dezember 2005 im übertragenen Wirkungskreis erhoben werden. Nach § 12 Abs. 1 KAG M-V wiederum sind die Vorschriften der Abgabenordnung (AO) entsprechend anzuwenden, wenn – wie im Falle der Abwasserabgabe für die Verjährungsunterbrechung - keine anderweitigen Regelungen bestehen.
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Auch nach den Regelungen des zum Zeitpunkt der Erteilung der angefochtenen Bescheide geltenden Kommunalabgabengesetzes waren für die Frage der Unterbrechung der Zahlungsverjährung die Bestimmungen der Abgabenordnung anwendbar. § 1 Abs. 3 KAG (a.F.) erfasste bereits die Erhebung der Abwasserabgabe durch die Gemeinden als Wasserbehörden auf der Grundlage von § 13 Abs. 1 Nr. 2 AbwAG M-V vom 23. März 1993. Ohne diese gesetzliche Anordnung hätte es im Übrigen nahegelegen, die Verjährungsvorschriften der Abgabenordnung in analoger Anwendung als sachnahe Bestimmungen heranzuziehen (vgl. dazu BVerwG, 21.10.2010 – 3 C 4.10 -, juris, Rn. 14; vgl. zur landesrechtlichen Geltung der Abgabenordnung für die Verjährung der Abwasserabgabe: Kotulla, a.a.O., Einf. Rn. 21).
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Nach § 231 Abs. 1 AO wird die Verjährung unterbrochen etwa durch schriftliche Geltendmachung des Anspruchs, durch Zahlungsaufschub, durch Stundung, durch Aussetzung der Vollziehung, durch Sicherheitsleistung, durch Vollstreckungsaufschub und durch eine Vollstreckungsmaßnahme. Die Aufzählung der Maßnahmen, die verjährungsunterbrechende Wirkung haben, ist abschließend (BFH, 21.06.2010 – VII R 27/08 -, juris, Rn. 26; Koch/Scholz, AO, 5. Aufl., § 231, Rn. 3). Nur die ausdrücklich in § 231 Abs. 1 AO aufgeführten Maßnahmen führen zur Unterbrechung der Zahlungsverjährung. Insbesondere genügen Anträge und Stellungnahmen des Abgabengläubigers im Rechtsstreit über die Abgabenfestsetzung grundsätzlich nicht (BFH, 26.04.1990 – V R 90/87 -, juris, Rn. 16). Die vorliegenden Akten lassen nicht erkennen, dass die Antragsgegnerin hier innerhalb der Zahlungsverjährungsfrist eine der gesetzlich geregelten Maßnahmen ergriffen hätte.
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Eine schriftliche Geltendmachung der streitigen Abgabenforderungen binnen der fünfjährigen Verjährungsfrist fehlt. Die schriftliche Geltendmachung des Anspruches ist die an den Schuldner gerichtete ausdrückliche, ein Zahlungsgebot enthaltende schriftliche Aufforderung, den Anspruch zu erfüllen. Erforderlich ist der konkrete Wille, die Begleichung der Abgabenschuld zu verlangen (BFH, 04.08.2009 – VII B 16/09, juris, Rn. 5; Pahlke/König, AO, 2. Aufl., § 231, Rn. 13; Koch/Scholz, a.a.O., Rn. 4). Einzige dafür in Betracht kommende schriftliche, an die Antragstellerin nach Erlass der streitigen Abgabenbescheide und vor Ablauf der fünfjährigen Frist des § 10 AbwAG M-V gerichtete Äußerung ist der Widerspruchsbescheid des Umweltministeriums Mecklenburg-Vorpommern vom 12. März 2003. Dieser erfüllt die eben genannten Anforderungen an eine schriftliche Geltendmachung jedoch nicht. Er enthält kein Zahlungsgebot und ihm ist auch sonst nicht der erforderliche konkrete Wille nach Begleichung der Abgabenschuld zu entnehmen. Seine Begründung enthält zwar Ausführungen zur Zahlungsverjährung. Diese gehen jedoch über die rechtliche Herleitung, dass Verjährung zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung noch nicht eingetreten, sondern dies erst Ende des Jahres 2004 der Fall sei, nicht hinaus. Sein Regelungsgehalt erschöpft sich vielmehr in der Zurückweisung der gegen die streitigen Bescheide vom 17. Dezember 1998 erhobenen Widersprüche.
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Die Maßnahmealternativen der Stundung und des Zahlungsaufschubs, letzterer bezieht sich auf § 223 AO (vgl. Pahlke/König, a.a.O., Rn. 16), scheiden vorliegend zur Unterbrechung der Zahlungsverjährung aus. Gleiches gilt für die Sicherheitsleistung, die Vollstreckungsmaßnahme und den Vollstreckungsaufschub (vgl. § 258 AO). Die vorliegenden Akten geben auf all das keinen Hinweis.
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Schließlich scheidet auch die Aussetzung der Vollziehung als verjährungsunterbrechende Maßnahme aus. Eine solche Reaktion der Antragsgegnerin auf den Aussetzungsantrag der Antragstellerin vom 12. März 1999 ist den Akten nicht zu entnehmen. Dass es eine solche auch nicht gegeben haben dürfte, ergibt sich daraus, dass den Beteiligten im erstinstanzlichen Verfahren zunächst nicht einmal deutlich gewesen ist, dass die Antragstellerin die Aussetzung der Vollziehung überhaupt beantragt hatte.
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Damit stellt sich das Schreiben der Antragsgegnerin vom 7. März 2008 als erstmalige Zahlungsaufforderung nach Erlass der Bescheide vom 17. Dezember 1998 dar.
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Ist danach unter Zugrundelegung des vorliegenden Akteninhaltes von einem Eintritt der Zahlungsverjährung auszugehen, so bewirkt diese nach § 232 AO das Erlöschen des Abgabenanspruches. Die im Streit befindlichen Bescheide vom 17. Dezember 1998 sind danach mit Eintritt der Zahlungsverjährung rechtswidrig geworden. Dies rechtfertigt es, im Rahmen der gerichtlichen Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin Vorrang gegenüber dem öffentlichen Vollziehungsinteresse einzuräumen.
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Der Senat sieht sich nicht gehindert, im Rahmen der vorliegenden Beschwerdeentscheidung dem Gesichtspunkt der Zahlungsverjährung maßgebliche Bedeutung beizumessen. Zwar hat die Antragstellerin diesen Aspekt in der Beschwerdebegründungsfrist nicht angesprochen (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO). Dazu hatte sie jedoch auch keine Veranlassung, da das Verwaltungsgericht die angefochtenen Bescheide, soweit sie die Veranlagungsjahre 1998 und 1999 betrafen, bereits aus inhaltlichen, auch für die früheren Bescheide vom 17. Dezember 1998 maßgeblichen Gründen (mangels Einleitereigenschaft) für rechtswidrig gehalten hatte. Da das Verwaltungsgericht den begehrten vorläufigen Rechtsschutz für die Veranlagungsjahre 1993 bis 1997 nur deshalb abgelehnt hatte, weil es insoweit an einem Aussetzungsantrag gem. § 80 Abs. 6 VwGO zu fehlen schien, konnte die Antragstellerin annehmen, mit dem Nachweis der Stellung des Antrages vom 12. März 1999 alles für einen Erfolg im Beschwerdeverfahren Erforderliche vorgetragen zu haben. Nachdem sich die erstinstanzliche Entscheidung aufgrund der Vorlage des Aussetzungsantrages im Beschwerdeverfahren als insoweit unrichtig herausgestellt hatte, hatte der Senat zu überprüfen, ob der angefochtene Beschluss aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist. Dazu hat die Antragsgegnerin Stellung genommen und ihre Ansicht zur Frage der Verantwortlichkeit der Einleitereigenschaft vorgetragen. Ob diese Ansicht – entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts - die Rechtmäßigkeit der Abwasserabgabenbescheide begründen kann, hängt auch davon ab, ob die Bescheide nicht schon aus anderen Gründen rechtswidrig sind. Die dafür auch maßgebliche Frage der Zahlungsverjährung ist mehrfach zwischen den Beteiligten problematisiert worden und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausdrücklich Gegenstand der Aufklärungsverfügung des Berichterstatters vom 14. August 2008 gewesen. Den Beteiligen war die Bedeutung der Verjährungsproblematik für den vorliegenden Fall mithin geläufig.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG und § 53 Abs. 2 GKG. Der Senat hat gemäß ständiger Rechtsprechung in Abgabensachen den Gesamtbetrag der Abgabenbescheide für die Jahre 1993 bis 1997 (64.951,20 DM bzw. 33.209,02 €) geviertelt.
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- VwGO § 154 1x
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