Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (1. Senat) - 1 LZ 92/17

Tenor

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 11. Januar 2017 – 5 A 3569/16 As SN – wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, je zur Hälfte.

Gründe

I.

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Die Kläger, die nach ihren eigenen Angaben ukrainische Staatsangehörige sind, reisten am 26. März 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten hier am 1. April 2015 einen Asylantrag. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 24. November 2016 stellte die Beklagte das Verfahren ein und versagte die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG, nachdem die Kläger zum Anhörungstermin am 15. November 2016 nicht erschienen waren. Das Bundesamt hatte die Ladung an den (Prozess-)Bevollmächtigten der Kläger unter Hinweis auf die Folgen des Nichterscheinens aus § 33 Abs. 2 Nr. 1 AsylG zugestellt.

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Die gegen den Bescheid am 30. November 2016 erhobene Klage der Kläger hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 11. Januar 2017 – 5 A 3569/16 – abgewiesen.

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Das Urteil ist den Klägern am 16. Januar 2017 zugestellt worden. Am 31. Januar 2017 haben die Kläger beantragt, die Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil zuzulassen und zur Begründung ausgeführt, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die Zustellung an einen Bevollmächtigten und diese Zustellung mit eingeschriebenem Brief für zulässig und geeignet erachtet, die Wirkungen des § 33 AsylG auszulösen. § 33 Abs. 4 AsylG enthalte eine spezialgesetzliche Regelung, die den allgemeinen Zustellvorschriften verdrängend vorgehe. Die Vorschrift übe über die schlichte Dokumentation des Zustellvorganges hinaus eine Warnfunktion aus. Diese Funktion werde bei einem anderweitigen Nachweis des tatsächlichen Zugangs nicht ersetzt.

II.

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Der zulässige Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

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Die Berufung kann nicht wegen der hier allein geltend gemachten Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 Asylgesetz – AsylG –) zugelassen werden.

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Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache liegt vor, wenn die Rechtssache in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht eine Frage aufwirft, die im Rechtsmittelzug entscheidungserheblich und fallübergreifender Klärung zugänglich ist und deren Klärung der Weiterentwicklung des Rechts förderlich ist. Hierzu gehört, dass die klärungsbedürftige konkrete Rechtsfrage bezeichnet und dargestellt wird, woraus sich die grundsätzliche Bedeutung dieser speziellen Rechtsfrage ergibt.

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Nach diesem Maßstab kommt dem Verfahren die vom Kläger behauptete grundsätzliche Bedeutung nicht zu. Die vom Kläger aufgeworfene Frage,

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ob sich aus der Regelung des § 33 Abs. 4 AsylG ergibt, dass die dort vorgesehenen Hinweise an den Ausländer persönlich und gegen Empfangsbekenntnis zuzustellen sind, oder ob die Ladung und Hinweise auch an einen Bevollmächtigten und auch nach den allgemeinen Zustellungsvorschriften zugestellt werden können,

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ist im Umfang der Rüge des Klägers ohne Weiteres dahingehend zu beantworten, dass an den Bevollmächtigten zugestellt werden kann und bedarf zur Klärung nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens.

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Nach § 33 Abs. 5 Satz 1 AsylG stellt die Beklagte das Asylverfahren ein, wenn der Asylantrag als zurückgenommen gilt. Dies ist nach § 33 Abs. 1 AsylG dann der Fall, wenn der Ausländer das Verfahren nicht betreibt. Es wird vermutet, dass das Asylverfahren nicht betrieben wird, wenn der Asylantragsteller zu einer persönlichen Anhörung nicht erscheint (§ 33 Abs. 2 Nr. 1 AsylG). Nach § 33 Abs. 4 AsylG ist der Antragsteller auf die nach Abs. 1 und 3 eintretenden Rechtsfolgen schriftlich und gegen Empfangsbestätigung hinzuweisen.

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Der Wortlaut der Norm enthält anders als § 31 Abs. 1 Sätze 4 und 6 AsylG keine besondere Regelung, dass dem Ausländer selbst zuzustellen ist und wenn er durch einen Bevollmächtigten vertreten ist, diesem ein Abdruck der Entscheidung zugeleitet werden soll.

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Auch aus der Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zur späteren Neufassung des § 33 AsylG ergibt sich für eine gegenüber den Zustellungsvorschriften speziellere Regelung, die eine Zustellung an der Bevollmächtigten ausschließt, nichts anderes. Darin heißt es hinsichtlich der Änderung von § 33 Abs. 4 AsylG lediglich (BT-Drs. 18/7538 vom 16.02.2016, Entwurf eines Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren, S. 7 u. 17):

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„Absatz 4 regelt die Pflicht des Bundesamtes, den Ausländer auf die Rechtsfolgen der Absätze 1 und 3 hinzuweisen.“

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Zwar gehen die Kläger zutreffend davon aus, dass Sinn und Zweck der Norm des § 33 Abs. 4 AsylG auch eine Warnfunktion ist. Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass nur an den Ausländer persönlich zuzustellen ist. Vielmehr ist lediglich sicherzustellen, dass die gesetzliche Warnfunktion auch erfüllt wird. Warum diese Funktion bei einer Zustellung an den Bevollmächtigten der Kläger, einem Rechtsanwalt und damit auch einem Organ der Rechtspflege, nicht gewahrt ist, haben die Kläger weder dargelegt noch ist das für den Senat sonst ersichtlich. Insoweit ist es eine Obliegenheit des Rechtsanwalts aus dem Mandatsverhältnis mit dem Ausländer, an diesen die Hinweise auf die Rechtsfolgen der Absätze 1 bis 3 des § 33 AsylG nicht bloß weiterzuleiten, sondern dem Mandanten diese Hinweise auch verständlich zu machen. So reicht es aus, wenn bei einer Zustellung an den Verfahrensbevollmächtigten die Hinweise in deutscher Sprache erfolgen und nicht in einer für den Ausländer verständlichen Sprache (vgl. nur VG Minden, Beschl. v. 28.02.2017 – 10 L 162/17, juris Rn. 40; siehe auch BVerwG, Urt. v. 05.09.2013 – 10 C 1/13 –, BVerwGE 147, 329-347, zit. nach juris Rn. 39, für eine mit einer Betreibensaufforderung verbundenen Ladung).

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Nach alldem durfte die Beklagte gemäß der allgemeinen Vorschrift des § 14 Abs. 3 Satz 1 VwVfG, die bestimmt, dass die Behörde sich an den Bevollmächtigten wenden soll, wenn ein solcher bestellt worden ist, die Hinweise gemäß § 33 Abs. 4 AsylG in die Ladung zum Anhörungstermin an den Bevollmächtigten aufnehmen. Zumal sie sich gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 VwZG) im Falle der Zustellung an ihn zu wenden hat, wenn eine schriftliche Vollmacht vorgelegt wurde. Dass sich die Behörde wegen der Mitwirkungspflicht gemäß § 14 Abs. 3 Satz 2 VwVfG auch an den Ausländer persönlich wenden darf, bleibt davon unberührt.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

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Hinweis:

18

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

19

Mit der Bekanntgabe dieses Beschlusses wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

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