Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (1. Senat) - 1 L 40/12

Tenor

Der Antrag der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts B-Stadt vom 1. Februar 2012 – 5 A 1968/05 – wird abgelehnt.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um eine Grenzfeststellung.

2

Die Kläger und die Beigeladene sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Der Landrat des Landkreises Uecker-Randow hob mit Abhilfebescheid vom 16. März 2000 eine in einem Grenztermin am 25. September 1998 erfolgte Grenzfeststellung und die darauf ergangenen Abmarkungen mit der Begründung auf, aus den im Widerspruchsverfahren aufgefundenen Archivunterlagen ergebe sich, dass eine eindeutige Herstellung des Grenzverlaufs zwischen den Grundstücken der Beteiligten nicht möglich sei. Die daraufhin von den Klägern erhobene Klage auf Grenzscheidung gemäß § 920 BGB wies das Amtsgericht F-Stadt mit Urteil vom 14. September 2004 – 5 C 154/04 – ab, weil nach dem eingeholten Sachverständigengutachten feststehe, dass keine Grenzverwirrung vorliege und sich die Grenze feststelle ließe.

3

In einem weiteren Grenztermin am 9. März 2005 stellte der Landrat des Landkreises Uecker-Randow die Grenze erneut fest und markte mehrere Grenzpunkte ab. Den Widerspruch der Kläger gegen diese Bescheide wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. August 2005 zurück. Am 29. September 2005 haben die Kläger dagegen Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 1. Februar 2012 – 5 A 1968/05 – die Grenzfeststellung und Abmarkung des Landrats des Landkreises Uecker-Randow vom 9. März 2005 und den Widerspruchsbescheid vom 29. August 2005 aufgehoben. Das Urteil ist der Beigeladenen am 20. Februar 2012 zugestellt worden. Am 5. März 2012 hat die Beigeladene beantragt, die Berufung gegen dieses Urteil zuzulassen. Die Begründung des Zulassungsantrags ist am 20. April 2012 beim Oberverwaltungsgericht eingegangen.

II.

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1. Der fristgemäß gestellte (§ 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) und begründete (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) Antrag der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht. Dabei berücksichtigt der Senat, dass die Voraussetzungen an eine Berufungszulassung mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG nicht überspannt werden dürfen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.11.2013 – 2 BvR 1895/11 –, juris Rn. 14).

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a) Die Berufung der Beigeladenen ist nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen.

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Eine Divergenz ist dargelegt, wenn der konkrete Nachweis geführt wird, welcher der vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten und diese tragenden Rechtssätze einer Rechts- oder Tatsachenfrage widerspricht, die eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte in tragender Weise gegenteilig beantwortet hat (OVG Greifswald, Beschl. v. 23.02.2016 – 1 L 105/12 –, juris Rn. 14; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage, § 124 Rn. 11, § 132 Rn. 14). Eine Abweichung bzw. Divergenz im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist dabei grundsätzlich nur anzunehmen, wenn das Verwaltungsgericht in seinem Urteil mit einem seine Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift von einem in der Rechtsprechung der in der Vorschrift genannten Gerichte aufgestellten Rechtssatz abweicht. Nach diesen Maßstäben ist der Zulassungsgrund nicht dargelegt.

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Das gilt zunächst für die vorgetragene Abweichung der angefochtenen Entscheidung vom Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 20. Juni 2006. In dieser obergerichtlichen Entscheidung ist in tragender Weise der Rechtssatz aufgestellt worden, dass die Feststellung einer Grundstücksgrenze sich in Übereinstimmung mit dem Liegenschaftskataster zu halten hat, das aus dem Katasterzahlenwerk, dem Katasterbuchwerk und dem Katasterkartenwerk besteht. Tritt zwischen diesen ein Widerspruch auf, ist dieser zunächst unter Auswertung aller Unterlagen aufzuklären (OVG Greifswald, Urt. v. 20.06.2006 – 3 L 52/01 –, juris Rn. 34). Die Zulassungsbegründung legt nicht dar, dass das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung einen hiervon abweichenden Rechtssatz aufgestellt hätte. Das Verwaltungsgericht hat seine stattgebende Entscheidung vielmehr auf die Annahme gestützt, dass sich der festgestellte Widerspruch innerhalb des Katasterzahlenwerks auch unter Würdigung der übrigen Unterlagen des Liegenschaftskatasters nicht auflösen lasse. Das steht in Übereinstimmung mit der zitierten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts, wonach die Feststellung der Grenze abzulehnen und die bisherige Grenzdarstellung im Vermessungsriss und in der Flurkarte als „strittige Grenze“ zu kennzeichnen ist, wenn sich die Widersprüche nicht zur Überzeugung des Gerichts aufklären lassen und zwischen den Beteiligten keine Einigung erzielt werden kann. Diese sind dann auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen. Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung verfahren. Ob die vom Oberverwaltungsgericht aufgestellten Rechtssätze im vorliegenden Einzelfall zutreffend angewandt worden sind, ist keine der Divergenzrüge zugängliche Frage.

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Soweit sich die Beigeladene auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 21. Februar 2006 – 2 L 69/06 – beruft, ist damit kein divergenzfähiges Gericht benannt, das im Instanzenzug über dem entscheidenden Verwaltungsgericht stehen würde. Gleiches gilt für die Berufung auf den Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 13. April 2010 – 1 A 476/09 –, mit der die Beigeladene ebenfalls einen Zulassungsgrund darlegen will. Im Übrigen beziehen sich die in diesen Entscheidungen aufgestellten Rechtssätze nicht auf dieselbe Rechtsvorschrift, die vom Verwaltungsgericht angewandt worden ist. § 16 des Vermessungs- und Katastergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Juli 2002 (GVOBl. M-V S. 524) war eine landesrechtliche Vorschrift, die deshalb in den genannten Entscheidungen der anderen Oberverwaltungsgerichte nicht anzuwenden war. Zwar kann zulassungsrechtlich eine Divergenz auch dann anzunehmen sein, wenn die Entscheidungen auf der Grundlage von zwar verschiedenen, aber in der Sache inhaltsgleichen Rechtsnormen ergangen sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.09.2014 – 5 PB 2/14 –, juris Rn. 2). Eine solche Inhaltsgleichheit legt die Zulassungsbegründung aber nicht dar, zu dieser Frage verhält sie sich gar nicht. Dies wäre aber schon deshalb erforderlich gewesen, weil das anzuwendende Landesrecht von der Besonderheit gekennzeichnet war, dass eine streitige Grenzfeststellung die „geometrisch eindeutige Erfassung“ der Grenze erforderte.

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Daher vermögen die Divergenzrügen der Beigeladenen die Zulassung der Berufung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zu begründen. Zwar wird vielfach vertreten, dass die Abweichung eines verwaltungsgerichtlichen Urteils von einer Entscheidung eines anderen als des übergeordneten Oberverwaltungsgerichts regelmäßig den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO begründen wird (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage, § 124, Rn. 12 m.w.N.). Eine Abweichung ist jedoch von der Zulassungsantragstellerin gerade nicht dargetan worden.

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b) Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht hinreichend dargelegt bzw. liegt jedenfalls der Sache nach nicht vor.

11

Nach Maßgabe der ständigen Rechtsprechung des Senats muss sich ein auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel gestützter Antrag im Hinblick auf das Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im Einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernsthaften Zweifeln bezüglich ihrer Richtigkeit begegnen. Erforderlich dafür ist, dass sich unmittelbar aus der Antragsbegründung sowie der angegriffenen Entscheidung selbst schlüssig Gesichtspunkte ergeben, die ohne Aufarbeitung und Durchdringung des gesamten bisherigen Prozessstoffes – vorbehaltlich späterer Erkenntnisse – eine hinreichend verlässliche Aussage dahingehend ermöglichen, das noch zuzulassende Rechtsmittel werde voraussichtlich zum Erfolg führen (vgl. OVG Greifswald Beschl. v. 23.07.2015 – 1 L 28/13 –, juris Rn. 8).

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In der Sache sieht der Senat diesen Zulassungsgrund als gegeben an, wenn die Zulassungsschrift – gegebenenfalls in Verbindung mit einem weiteren innerhalb der Antragsfrist eingegangenen Schriftsatz – Anlass gibt, das Ergebnis der angefochtenen Entscheidung in Zweifel zu ziehen. Damit ist gesagt, dass sich der Begriff der ernstlichen Zweifel nicht ausschließlich auf die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung beziehen kann, sondern zusätzlich das Ergebnis, zu dem das Verwaltungsgericht gelangt ist, mit in den Blick zu nehmen hat. So liegen etwa in den Fällen, in denen zwar die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung ersichtlich unzutreffend ist, eine andere tragfähige Begründung sich dem Senat aber ohne Weiteres aufdrängt, ernstliche Zweifel im Sinne des Zulassungsrechts nicht vor (vgl. OVG Greifswald Beschl. v. 11.11.2014 – 1 L 55/10 –, juris Rn. 8). Wird, wie in der Sache teilweise hier, die Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht in Frage gestellt, reicht es für einen Erfolg des Berufungszulassungsantrages nicht aus, dass das Oberverwaltungsgericht die nach zutreffenden Maßstäben gewürdigte Sachlage nach einer eigenen Beweisaufnahme möglicherweise anders beurteilen könnte als das Verwaltungsgericht zuvor. Sonst wäre die Berufung gegen Urteile, die aufgrund einer Beweisaufnahme ergangen sind, im Regelfall nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, was mit Sinn und Zweck der Zulassungsberufung nicht vereinbar wäre (vgl. nur OVG Greifswald, Beschl. v. 08.03.2010 – 1 L 2/10 –; OVG Bautzen, Beschl. v. 08.01.2010 – 3 B 197/07 –, juris, Rn. 2).

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Nach diesen Maßstäben bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

14

Die Darlegungen in der Zulassungsschrift zu diesem Zulassungsgrund leiden allgemein daran, dass sie sich nicht hinreichend mit den rechtlichen Grundannahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen. Das Verwaltungsgericht ist entscheidungstragend davon ausgegangen, dass das Katasterzahlenwerk, aus dem heraus der Rechtsvorgänger der Beklagten die Grenzfeststellung vorgenommen hat, widersprüchlich ist und sich diese Widersprüche nicht auflösen lassen. Dies stehe einer streitigen öffentlich-rechtlichen Grenzfeststellung entgegen. Dieser rechtliche Ausgangspunkt steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts im bereits zitierten Urteil vom 20. Juni 2006. Eine Grenzfeststellung als Positiventscheidung hat zu unterbleiben, wenn über den katastermäßigen Grenzverlauf keine zweifelsfreie und zuverlässige Entscheidung möglich ist, weil die Katasternachweise versagen (sog. Katasterversagen, vgl. dazu Kriegel/Herzfeld, Katasterkunde in Einzeldarstellungen, Stand Juni 2009, Heft 6, Abschn. 2.8). Das Zulassungsvorbringen vermag diesen zutreffenden Ansatz des Verwaltungsgerichts, der dessen Beweiswürdigung zugrunde liegt, nicht zu erschüttern. Ein Widerspruch im Liegenschaftskataster ist erst dann überzeugend aufgelöst, wenn hinreichend sicher angenommen werden kann, dass der anderen Bestandteilen entgegenstehende Teil des Liegenschaftskatasters unrichtig ist, etwa weil die Fehlerhaftigkeit des Bestimmungsstücks offenkundig ist. Für die Auflösung des Widerspruchs genügt es dagegen noch nicht, dass eine Deutung der Katasternachweise wahrscheinlicher oder plausibler als die andere ist.

15

Aus der Begründung der angefochtenen Bescheide und den Erläuterungen der Beklagten im Erörterungstermin vom 10. November 2011 ergibt sich, dass die Vermessungsbehörde den Grenzpunkt A nach dem Feldbuch von 1883 und den Grenzpunkt B nach der Unterteilungsvermessung 2 von 1863 bestimmt hat. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil dargelegt, dass sich diese Unterlagen in den Katasterzahlen für die Grenzlänge zwischen den Grenzpunkten D und A in einer erheblichen Weise voneinander unterscheiden, ohne dass sich sicher sagen ließe, welche der beiden Zahlen unrichtig ist. Diese Darlegungen sind für den Senat anhand der vorliegenden Katasterunterlagen nachvollziehbar. Gleiches gilt für den von der Vorinstanz angeführten Widerspruch der in den Unterteilungsvermessungen 1 und 2 von 1863 angegebenen Grenzlängen zwischen den Grenzpunkt A und B und für das im Feldbuch verzeichnete Endmaß für das Flurstück A.

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Soweit das Zulassungsvorbringen dagegen einwendet, der Rechtsvorgänger der Beklagten und der Sachverständige hätten die Katasternachweise anders als das Verwaltungsgericht interpretiert und bewertet, ist damit noch nicht gesagt, dass sie es von demselben rechtlichen Ausgangspunkt aus getan haben. Im Übrigen war der Sachverständige im Erörterungstermin anders als die Beklagte der Auffassung, die Katasternachweise seien für eine streitige Grenzfeststellung nicht ausreichend, da es an Sicherungsmaßen fehle. Die Beigeladene setzt somit nur ihre eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Verwaltungsgerichts. Damit werden Zweifel an der Beweiswürdigung des erstinstanzlichen Gerichts nicht geweckt.

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Wenn die Beigeladene sich der Vermutung des Katasteramtes, die Eintragung in der Unterteilungsvermessung aus dem Jahr 1863 sei undeutlich erfolgt, anschließt, ist damit noch nichts für eine zweifelsfreie Auflösung des Widerspruchs der Katasterzahlen dargelegt. Aus der Vermutung einer Fehlschreibung allein kann keine hinreichende Überzeugung der Unrichtigkeit der Katasterzahl gewonnen werden. Weder die Beteiligten noch das Gericht trifft im Übrigen eine in der Zulassungsschrift behauptete Beweislast dafür, dass die Vermessung von 1883 eine Grenzänderung beinhaltete. Rechtlich maßgeblich ist allein, ob sich die Unsicherheit darüber sicher auflösen lässt, welche der beiden verschiedenen Grenzlängen zutreffend ist. Wenn dies nicht möglich ist, muss eine Grenzfeststellung ohne Zustimmung der betroffenen Grundstückseigentümer ausscheiden. Das ist keine Frage einer Darlegungs- oder Beweislast.

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Aus dem erstmalig im Zulassungsverfahren vorgelegten Feldbuch vom Juli 1899 ergibt sich nicht, dass Grenzpunkte der hier streitgegenständlichen Grenze festgestellt worden sind. Der diesbezügliche Vortrag der Beigeladenen in der Begründung des Zulassungsantrags ist nicht nachvollziehbar. Festgestellt wurden offenbar nur die Grenzen des Flurstücks 86. Auch wenn sich im Feldbuch von 1899 eine Grenzlänge zwischen den Grenzpunkt D und C findet, die mit der aus dem Feldbuch von 1883 annähernd übereinstimmt, ist der Widerspruch der Katasterzahlen aus den Vermessungen von 1863 und 1883 damit noch nicht in einer eindeutigen Weise aufgelöst.

19

Soweit die Beigeladene der Auffassung ist, dass der vom Verwaltungsgericht aufgezeigte Widerspruch zwischen den Katasterzahlen der Unterteilungsvermessungen 1 und 2 nicht bestehe und allein die Unterteilungsvermessung 2 heranzuziehen sei, sind auch damit keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils dargelegt. Das Gericht hat selbst ausgeführt, dass die Einschätzung der Beklagten, die Unterteilungsvermessung 2 sei vorzugswürdig, nachvollziehbar sei und lediglich darauf verwiesen, dass die Abweichungen der Rutenzahlen zwischen den Grenzpunkt A und B einen weiteren Widerspruch im Katasterzahlenwerk begründen könnten. Jedenfalls ist mit diesem Teil der Zulassungsbegründung die tragende Erwägung der Vorinstanz, die Grenzlänge zwischen den Grenzpunkt D und A sei nicht geometrisch eindeutig erfasst, nicht erschüttert.

20

Die Begründung des Zulassungsantrags stellt noch einmal dar, auf welchem Weg der Gutachter zur Bestimmung der Lage des Grenzpunktes B gelangt ist. Der geltend gemachte Zulassungsgrund ist damit schon deshalb nicht dargelegt, weil der Beklagte den Grenzpunkt auf eine andere Weise, namentlich aus der Unterteilungsvermessung 2, örtlich bestimmt hat. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass die Richtigkeit der Eintragungen in dieser Katasterunterlage nicht mit der notwendigen Gewissheit feststeht, weil diese in Widerspruch zu anderen Bestandteilen des Liegenschaftskatasters stehen. Wie bereits gezeigt, ist dieser Widerspruch nicht schon dadurch aufzulösen, dass angenommen wird, eine Katasterzahl sei mit höherer Wahrscheinlichkeit richtig ist als die andere. Darauf laufen die Überlegungen der Beigeladenen im Zulassungsvorbringen jedoch hinaus.

21

Ohne dass es für diese Zulassungsentscheidung entscheidungserheblich wäre, weist der Senat darauf hin, dass sich der Zulassungsantrag hier zum eigenen Vorbringen in Widerspruch setzen dürfte: Wenn man der Beklagten bei der Grenzfeststellung einen Beurteilungsspielraum zugestehen wollte, wie es die Beigeladene meint, käme es auf die vermessungsfachliche Herleitung durch die Behörde selbst an, nicht auf die des Sachverständigen. Entsprechendes gilt für das im Feldbuch eingetragene Endmaß von 30,40 Metern für das Flurstück A. Zwischen den Beteiligten und dem Sachverständigen besteht Einigkeit, dass diese Eintragung mit den übrigen Katasterzahlen nicht vereinbar ist und die vorgenommene Grenzfeststellung nur unter Außerachtlassung dieses Maßes möglich war. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass auch insoweit der Widerspruch in den Katasterunterlagen besteht, der nicht aufgelöst ist, weil mangels einer schlüssigen Erklärung nicht zur Überzeugungsgewissheit festgestellt werden kann, dass dieses Endmaß falsch ist. Dafür mag zwar einiges sprechen, rechtlicher Maßstab für die Grenzfeststellung ist jedoch die geometrisch eindeutige Erfassung der Grenze.

22

Soweit sich die Beigeladene zur Darlegung des Zulassungsgrunds nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuletzt auf das Urteil des Amtsgerichts Pasewalk beruft, fehlt es an einer Darlegung, warum diese Entscheidung ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils begründet. Das Urteil des Amtsgerichts ist vom Verwaltungsgericht nicht übergangen, sondern im Tatbestand ausdrücklich erwähnt worden. Mit dem Sachverständigengutachten, das im zivilgerichtlichen Verfahren entscheidungstragend war, hat sich das Verwaltungsgericht inhaltlich auseinandergesetzt. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht von seinem zutreffenden Rechtsstandpunkt aus zu anderen rechtlichen Schlussfolgerungen als der Sachverständige gekommen ist, begründet für sich genommen noch keine Richtigkeitszweifel im Sinne des Zulassungsrechts. Zu eventuellen Rechtskraftwirkungen des Urteils vom 14. September 2004 verhält sich der Zulassungsantrag nicht, insbesondere nicht zu der Frage, ob die Rechtskraft auch gegenüber der Beklagten wirkt.

23

c) Der geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO schließlich ist nicht hinreichend dargelegt.

24

Die Beigeladene rügt insoweit den Umstand, dass das Verwaltungsgericht über die Befragung eines Sachverständigen hinaus keinen Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Prüfung der Plausibilität der Grenzpunkte erhoben hat. Damit ist ein Verfahrensfehler nicht dargetan. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung bzw. weiteren Maßnahmen im Rahmen der Amtsermittlung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat und die sich auch nicht aufdrängen. Der Beweisantrag ist förmlich spätestens in der mündlichen Verhandlung zu stellen. Die Aufklärungsrüge kann nicht dazu dienen, erforderliche förmliche Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter unterlassen hat (OVG Greifswald, Beschl. v. 03.03.2016 – 1 L 142/14 –, juris Rn. 45 m.w.N.).

25

Einen förmlichen Beweisantrag hat die anwaltlich vertretene Beigeladene in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt. Es ist auch nicht dargelegt, dass sich die Einholung eines Sachverständigengutachtens angesichts der äußerst umfangreichen Amtsermittlung und Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten und dem Sachverständigen für das Verwaltungsgericht aufdrängen musste.

26

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2 GKG.

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