Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 6 E 856/15
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen.
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G r ü n d e
2Die gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 4 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 GVG, § 146 Abs. 1 VwGO zulässige Beschwerde ist unbegründet.
3Das Verwaltungsgericht hat zu Recht gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und die Streitsache an das örtlich und sachlich zuständige Landgericht Düsseldorf verwiesen. Es handelt sich nicht um eine der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte unterliegende öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Vielmehr liegt eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit vor, für die nach § 13 GVG der ordentliche Rechtsweg eröffnet ist.
4Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass für die Klage der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten weder nach § 126 Abs. 1 BRRG, § 54 Abs. 1 BeamtStG noch nach § 40 Abs. 1 Satz VwGO eröffnet sei, weil das Rechtsverhältnis, auf das der Kläger als ehemaliger Geschäftsführer des C. des Landes Nordrhein-Westfalen (C. NRW) seinen Klageanspruch [Gewährung von Rechtsschutz nach Maßgabe des Gemeinsamen Runderlasses des Innenministeriums – 24-1.42 - 2/08 – und des Finanzministeriums – IV – B 1110 – 85.4 – IV A 2 – des beklagten Landes vom 7. Juli 2008 (im Folgenden: Erlass)] stütze, ein vertraglich vereinbartes privatrechtliches Dienstverhältnis zu dem beklagten Land sei, aus dem der Kläger nachwirkend Rechtsfolgen herleite. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen sei ebenfalls nicht gegeben, weil der Kläger nach den Regelungen des von ihm mit dem beklagten Land geschlossenen Arbeitsvertrags kein Arbeitnehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG gewesen sei und auch die Voraussetzungen eines sog. „sic-non-Falles“ nicht vorgelegen hätten.
5Diese Wertungen des Verwaltungsgerichts werden durch den im Schriftsatz vom 21. August 2015 enthaltenen Beschwerdevortrag nicht durchgreifend in Frage gestellt.
6In seinem zum Gegenstand der Beschwerdebegründung gemachten Schriftsatz vom 13. Januar 2015 ist nichts dafür dargetan, dass für die Klage der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet, mithin das Verwaltungsgericht Düsseldorf für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig ist.
7Darin vertritt der Kläger die Auffassung, dass es für die den Rechtsweg bestimmende Natur des streitgegenständlichen Rechtsverhältnisses darauf ankomme, ob dem Landesbeschäftigten im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit hoheitliche Befugnisse übertragen seien oder nicht. Davon hänge das Risiko ab, für das jeweils Rechtsschutz gewährt werde. Einem Arbeitnehmer, der z.B. die Tätigkeit eines Kraftfahrers ausübe, drohe ein anderes Risiko als dem hoheitliche Aufgaben und Befugnisse ausübenden Beschäftigten. Die Regelungen des Erlasses hätten Geltung für alle Landesbediensteten gleichermaßen, unabhängig davon ob es sich um Angestellte, Beamte oder in einem besonderen Anstellungsverhältnis stehende Personen handele. Dabei gehe es um eine arbeitsrechtliche Streitigkeit, wenn der Mitarbeiter des Landes etwa als Kraftfahrer eingesetzt sei, und um eine Verwaltungsrechtsstreitigkeit, wenn ihm das Land einen Teil seiner Befugnisse übertrage, die ein Sonderrisiko oder eine Sonderbelastung hervorrufen könnten.
8Diese Ansicht trifft die Rechtslage nicht. Zuzustimmen ist dem Kläger, dass sich die Frage, ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, nach der Natur des Rechtsverhältnisses richtet, aus dem der geltend gemachte Anspruch hergeleitet wird.
9Vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 10. April 1986 – GmS-OGB 1/85 –, BVerwGE 74, 368 = BGHZ 97, 312 = juris, Rn. 10; BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1994– 5 C 33.91 –, BVerwGE 96, 71, sowie Beschluss vom 17. November 2008 – 6 B 41.08 –, NVwZ-RR 2009, 308 = juris, Rn. 4.
10Das maßgebliche Rechtsverhältnis besteht hier in dem zwischen dem Kläger und dem beklagten Land am 24. April 2001 begründeten und zum 30. April 2011 beendeten Dienstverhältnis. Denn nur aus diesem kann sich die Stellung des Klägers als „Beschäftigter“ des beklagten Landes im Sinne des Erlasses (vgl. dessen Nr. I.1.) und damit der vom Kläger unter Berufung auf diesen Erlass geltend gemachte Anspruch auf Gewährung von Rechtsschutz und Zahlung eines Vorschusses auf die notwendigen Kosten der Verteidigung ergeben. Dieses Rechtsverhältnis ist aber zweifelsfrei zivilrechtlicher Art. Dass die dem Kläger damit übertragenen Aufgaben des Geschäftsführers des C. NRW auch der Umsetzung baupolitischer Ziele des Landes und damit auch öffentlichen Zwecken gedient hat, ändert daran nichts. Insbesondere kann daraus nicht geschlossen werden, dass es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO handelt. Der Staat kann sich zur Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben auch der Organisations- und Handlungsformen des Privatrechts bedienen, wie es das beklagte Land hier mit einer nur wirtschaftlichen Beteiligung an einem aus dem Haushalt ausgegliederten und haushaltsrechtlich selbstständigen Sondervermögen getan hat. Der C. NRW ist nicht Teil der unmittelbaren Staatsverwaltung, sondern stellt ein gegenüber dem Land rechtlich teilweise verselbständigtes Sondervermögen dar (§ 1 Abs. 1 des Bau- und Liegenschaftsbetriebsgesetz – BLBG - vom 12. Dezember 2000, GV NRW. S. 754). Er wird nach kaufmännischen Grundsätzen geführt und erledigt seine Aufgaben – unbeschadet ihrer öffentlichen Zwecke – in den Formen des Zivilrechts. Dass das beklagte Land bei der Umsetzung des Erlasses öffentlich-rechtlichen Bindungen – insbesondere dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG - unterliegt, führt ebenfalls nicht dazu, dass das hier streitige Rechtsverhältnis als öffentlich-rechtlich anzusehen ist. Jede staatliche Stelle hat unabhängig von der Handlungsform den Gleichheitssatz zu beachten. Diese Bindung kann daher für die Qualifizierung eines Rechtsverhältnisses als öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich nicht entscheidend sein. Andernfalls wäre jedes Rechtsverhältnis zwischen der öffentlichen Verwaltung und dem Bürger wegen der umfassenden Grundrechtsbindung als öffentlich-rechtlich anzusehen eine Annahme, die offensichtlich fehl geht.
11Soweit der Kläger jedenfalls statt der ordentlichen Gerichtsbarkeit die Arbeitsgerichtsbarkeit gemäß § 2 ArbGG i.V.m. § 5 Abs. 1 ArbGG für zuständig erachtet, fehlt es an jeder die Erwägungen des Verwaltungsgerichts in Frage stellenden Begründung. Im Schriftsatz vom 13. Januar 2015 hat er die gegenteilige Auffassung vertreten. Der Senat sieht auch sonst keinen Anlass, die von dem Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Ausführungen des Arbeitsgerichts Düsseldorf (Urteil vom 23. Juli 2012 – 14 Ca 7125/10 – in dem Verfahren gleichen Rubrums) in Zweifel zu ziehen.
12Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 173 Satz 1 VwGO, 17a Abs. 4 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 GVG, 146 ff. VwGO i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO, da es sich bei der Anfechtung der Entscheidung über die Verweisung um ein selbständiges Verfahren handelt, in dem nach allgemeinen Vorschriften eigenständig über die Kosten zu befinden ist.
13Vgl. BGH, Beschluss vom 18. Mai 1995 – I ZB 22/94 -, juris.
14Der Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht (Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses [Anl. 1] zum GKG).
15Die Voraussetzungen für die Zulassung der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht liegen nicht vor (§ 17a Abs. 4 Satz 5 GVG).
16Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG unanfechtbar.
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Referenzen
- VwGO § 40 4x
- ArbGG § 5 Begriff des Arbeitnehmers 2x
- BeamtStG § 54 Verwaltungsrechtsweg 1x
- GVG § 13 1x
- VwGO § 154 1x
- GVG § 17a 1x
- I ZB 22/94 1x (nicht zugeordnet)
- Urteil vom Arbeitsgericht Düsseldorf - 14 Ca 7125/10 1x
- ArbGG § 2 Zuständigkeit im Urteilsverfahren 1x