Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 4 A 1938/16
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 25.8.2016 wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 15.000,00 EUR festgesetzt.
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Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
2Aus den Darlegungen der Klägerin ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Zweifel in diesem Sinne sind anzunehmen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden.
3Vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 –, NVwZ 2000, 1163 = juris, Rn. 15.
4Gemessen daran weckt das Zulassungsvorbringen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der entscheidungstragenden Annahme des Verwaltungsgerichts, der von der Klägerin begehrten Gaststättenerlaubnis für ein Bistro im Erdgeschoss des Gebäudes C. -C1. -Straße 4 in C2. H. stehe der Versagungsgrund des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG entgegen. Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, der Betrieb des Bistros mit Alkoholausschank widerspreche im Hinblick auf seine örtliche Lage oder auf die Verwendung der Räume dem öffentlichen Interesse, insbesondere der Vorschrift des § 3 Abs. 3 SpielV, weil der für den Bistrobetrieb vorgesehene Raum mit der im Erdgeschoss desselben Gebäudes angrenzenden Spielhalle, in der bereits mehr als drei Spielgeräte betrieben würden, aufgrund der baulichen Gestaltung eine betriebliche Einheit bilde, wird von der Klägerin nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt.
5Sie macht geltend, die Anzahl der in der benachbarten Spielhalle aufgestellten Spielgeräte stelle keinen Versagungsgrund im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG dar. Selbst wenn man eine betriebliche Einheit zwischen vorhandener Spielhalle und geplanter Gaststätte unterstelle, resultiere daraus allein eine Beschränkung der zulässigen Anzahl von Geldspielgeräten gemäß § 3 Abs. 2 bzw. Abs. 3 SpielV, die von der Beklagten gegebenenfalls ordnungsbehördlich durchzusetzen sei. § 3 Abs. 3 SpielV stehe indes nicht im Sinne des öffentlichen Interesses der Erteilung der begehrten Gaststättenerlaubnis entgegen. Die Anzahl der zulässigerweise aufzustellenden Geldspielgeräte sei nicht Bestandteil dieser Gaststättenerlaubnis. Ob und wie viele Geldspielgeräte in welcher gewerblichen Nutzung aufgestellt werden dürften, regelten ausschließlich die einschlägigen gewerberechtlichen Vorschriften. Insoweit bedürfe es gegebenenfalls eines gesonderten Antrags. Im Übrigen existiere weder eine gesetzliche Vorschrift noch ein Rechtssatz, wonach die Erteilung einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis für einen als Spielhalle genutzten Betrieb unzulässig sei.
6Dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung.
7Dass die Ausübung des Gaststättengewerbes (vgl. § 1 GastG) in einer Spielhalle oder die Erteilung einer entsprechenden gaststättenrechtlichen Erlaubnis schlechthin unzulässig wäre, hat das Verwaltungsgericht nicht angenommen.
8Vgl. zur grundsätzlichen Zulässigkeit derartiger kombinierter Betriebe – jeweils für nach § 33i GewO erlaubnisbedürftige Spielhallen – BVerwG, Urteil vom 4.10.1988 – 1 C 59.86 –, GewArch 1989, 23 = juris, Rn. 12; Michel/Kienzle/Pauly, GastG, 14. Auflage 2003, § 1 Rn. 53a, § 2 Rn. 24, § 4 Rn. 53.
9Ausgehend von seiner durch das Zulassungsvorbringen nicht angegriffenen Einschätzung, Spielhalle und Bistro der Klägerin bildeten eine betriebliche Einheit, wobei die Ausgabe von Speisen und Getränken nach den gesamten Umständen als untergeordneter Nebenzweck anzusehen sei, während der Hauptzweck der Lokalität im Spielangebot liege, hat das Verwaltungsgericht vielmehr – lediglich – befunden, dass unter diesen Bedingungen die beantragte Gaststättenerlaubnis zu versagen sei, weil die nach § 3 Abs. 3 SpielV in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen, in denen alkoholische Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden, zulässige Höchstzahl von drei Geld- oder Warenspielgeräte überschritten sei; die Klägerin betreibe in ihrer Spielhalle bereits mehr als drei Geldspielgeräte.
10Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass eine Überschreitung der zulässigen Höchstzahl von Spielgeräten nach § 3 Abs. 3 SpielV einen Versagungsgrund gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GastG darstellt. Dabei kann es auf sich beruhen, ob Nummer 2 oder Nummer 3 des § 4 Abs. 1 Satz 1 GastG einschlägig ist, weil jedenfalls einer der beiden Tatbestände erfüllt ist. Während nach der Nummer 2 die Erlaubnis unter anderem zu versagen ist, wenn die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Ausstattung für den Betrieb nicht geeignet sind, insbesondere den zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung notwendigen Anforderungen nicht genügen, ist der Versagungsgrund nach Nummer 3 unter anderem dann erfüllt, wenn der Gewerbebetrieb im Hinblick auf die Verwendung der Räume dem öffentlichen Interesse widerspricht.
11Vgl. zum Verhältnis der in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 GastG geregelten Versagungsgründe Metzner, GastG, 6. Auflage 2002, § 4 Rn. 179, 218; Michel/Kienzle/Pauly, GastG, 14. Auflage 2003, § 4 Rn. 36.
12Die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Interesse ist beeinträchtigt, wenn in den zur Ausübung des Gaststättengewerbes bestimmten Räumen Geld- oder Warenspielgeräte in einer nach § 3 SpielV nicht zulässigen Anzahl aufgestellt sind.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 4.10.1988 – 1 C 59.86 –, GewArch 1989, 23 = juris, Rn. 13.
14Der Einwand der Klägerin, die Anzahl der zulässigerweise aufzustellenden Geldspielgeräte sei nicht Bestandteil der Gaststättenerlaubnis, sondern richte sich ausschließlich nach den einschlägigen gewerberechtlichen Vorschriften, nach denen es gegebenenfalls eines gesonderten Antrags bedürfe, greift deshalb nicht durch. Zwar ist Erlaubnisinhalt nur die auf bestimmte Räume und eine bestimmte Betriebsart bezogene (vgl. § 3 Abs. 1 GastG) Berechtigung des Erlaubnisinhabers zur Ausübung eines erlaubnispflichtigen Gaststättengewerbes. Die Tatsache, dass die Anzahl der zulässigerweise aufzustellenden Geldspielgeräte also nicht Gegenstand einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis ist, ändert jedoch nichts daran, dass ein Verstoß gegen § 3 SpielV einen ‒ vom Erlaubnisinhalt zu unterscheidenden ‒ Versagungsgrund nach § 4 Abs. 1 GastG darstellt. In Bezug auf die Versagungsgründe entfaltet die gaststättenrechtliche Erlaubnis zudem keine der Baugenehmigung vergleichbare Feststellungswirkung,
15vgl. BVerwG, Urteil vom 17.10.1989 – 1 C 18.87 –, BVerwGE 84, 11 = juris, Rn. 24; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.4.1990 – 8 S 2906/89 –, NVwZ 1990, 1094 = juris, Rn. 21, jeweils in Bezug auf den Versagungsgrund zu befürchtender schädlicher Umwelteinwirkungen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG,
16so dass auch insoweit die Anzahl der zulässigerweise aufzustellenden Geldspielgeräte nicht Bestandteil der Gaststättenerlaubnis ist. Deshalb wird die Entscheidung über die Erteilung einer – unabhängig von einem etwaigen gaststättenrechtlichen Erlaubniserfordernis erforderlichen – Geeignetheitsbestätigung nach § 33c Abs. 3 GewO durch die Gaststättenerlaubnis nicht dadurch präjudiziert, dass im gaststättenrechtlichen Erlaubnisverfahren auch die Einhaltung der Vorgaben des § 3 SpielV geprüft wird.
17Ohne Erfolg bleibt auch der weitere Einwand der Klägerin, § 3 Abs. 3 SpielV setze voraus, dass in der betreffenden Spielhalle tatsächlich alkoholische Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht würden, während mit der beantragten Gaststättenerlaubnis zwar das Recht, keineswegs aber eine Verpflichtung zum Alkoholausschank verbunden sei. Die Erlaubnis ist gerade deshalb zu versagen, weil die beantragte gaststättenrechtliche Erlaubnis der Klägerin den Ausschank alkoholischer Getränke in Räumlichkeiten gestatten würde, die nach der von ihr nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Zweifel gezogenen Einschätzung des Verwaltungsgerichts einheitlich als Spielhalle im Sinne von § 3 Abs. 3 SpielV einzustufen und bereits mit mehr als den danach höchstens zulässigen drei Geldspielgeräten ausgestattet sind. Gegenstand der Beurteilung, ob einer der Versagungsgründe des § 4 Abs. 1 GastG vorliegt, ist die Ausübung des Gaststättengewerbes in der von dem Gastwirt in seinem Erlaubnisantrag bestimmten und hierdurch zur Erlaubniserteilung gestellten Form. Die Klägerin begehrt eine Gaststättenerlaubnis, die sie auch zum Ausschank alkoholischer Getränke berechtigen würde. Der Senat versteht das Zulassungsvorbringen nicht dahin, dass die Klägerin von dieser Berechtigung gar keinen Gebrauch mehr zu machen beabsichtigt; hierdurch wäre ‒ ungeachtet der Regelung in § 1 Abs. 2 Nr. 4 SpielV ‒ im Hinblick auf die Erlaubnisfreiheit der verbleibenden Ausübung des Gaststättengewerbes ohne Alkoholausschank gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 3 GastG das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin in Frage gestellt. Die beantragte Erlaubnis würde ihr ein Recht verleihen – die Berechtigung zum Alkoholausschank –, dessen Ausübung nach den gegebenen Umständen einen Verstoß gegen die Rechtsordnung – die in § 3 Abs. 3 SpielV festgelegte zulässige Höchstzahl von Spielgeräten – zur Folge hätte. Auf eine solche Erlaubnis kann, auch nach dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung, kein Anspruch bestehen.
18Schließlich führt der Hinweis der Klägerin auf die Bindungswirkung der ihr unter dem 5.6.2014 erteilten Baugenehmigung zur Nutzungsänderung eines Teilbereichs der Spielstätte in zwei Bistros nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Zwar entfaltet die baurechtliche Genehmigung einer Gaststätte, solange die Genehmigung besteht und die Verhältnisse sich nicht rechtserheblich ändern, Bindungswirkung dahin, dass die Gaststättenbehörde die entsprechende Gaststättenerlaubnis nicht aus baurechtlichen Gründen versagen darf.
19Vgl. OVG NRW, Urteil vom 23.5.2018 – 4 A 2588/ 14 –, BauR 2018, 1853 = juris, Rn. 80 f., m. w. N.
20Diese Bindungswirkung der Baugenehmigung vom 5.6.2014 umfasst aber nicht die Zulässigkeit des von der Klägerin nunmehr beabsichtigten Gaststättenbetriebs mit Alkoholausschank im Hinblick auf § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder 3 GastG i. V. m. § 3 Abs. 3 SpielV. Dies gilt schon deshalb, weil Gegenstand der Baugenehmigung vom 5.6.2014 ein Betrieb ohne Alkoholausschank ist. Das ergibt sich aus der von der Klägerin im Baugenehmigungsverfahren eingereichten, durch behördlichen Zugehörigkeitsvermerk („Grünstempel“) zum Bestandteil der Baugenehmigung gemachten Betriebsbeschreibung. Diese enthält zu „Arbeitsabläufe[n]“ in den zur Genehmigung gestellten Bistros den Eintrag: „Getränkeausschank von versch. Kaffeesorten, alkoholfreie Getränke“.
21Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
22Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
23Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
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Referenzen
- §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG 3x (nicht zugeordnet)
- SpielV § 3 1x
- SpielV § 1 1x
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 152 1x
- § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- 1 BvR 830/00 1x (nicht zugeordnet)
- 8 S 2906/89 1x (nicht zugeordnet)