Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 20 A 3187/17
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
Der Streitwert beträgt auch im Berufungszulassungsverfahren 5.000,00 Euro.
1
G r ü n d e
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
3Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn einer der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe fristgerecht dargelegt (§124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) ist und vorliegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Das ist hier nicht der Fall.
4Das Verwaltungsgericht hat der Beklagten durch das angefochtene Urteil untersagt, die Wasserführung des namenlosen Bachs am I. in B. -I1. so umzuleiten, dass das Wasser nicht mehr über das im Eigentum der Kläger stehende Grundstück "Alt-I2. -Straße 255, 52080 B. " fließt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Bei dem Bach handele es sich, soweit er über das Grundstück der Kläger fließe, um ein oberirdisches Gewässer im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 3 Nr. 1 WHG. Er fließe im Bereich des Grundstücks in einem offenen Gewässerbett und erfülle ökologische Funktionen. Durch seine Verrohrung außerhalb des Grundstücks sei er nicht dem natürlichen Wasserkreislauf entzogen. Die ohne Beteiligung der Kläger und ohne förmliches Verfahren beabsichtigte Umleitung des Wasserlaufs greife in das Eigentumsrecht der Kläger an ihrem Grundstück ein.
5Dem setzt die Beklagte mit ihrem Zulassungsvorbringen nichts entgegen, was einen Zulassungsgrund ergibt.
6Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht.
7Die Beklagte erschüttert nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Wasserlauf sei auf dem Grundstück der Kläger ein oberirdisches Gewässer.
8Das Verwaltungsgericht hat die Bejahung der Anforderungen an ein oberirdisches Gewässer auf vor Ort getroffene Feststellungen zur Führung des Wassers und seiner Funktion als Lebensraum für Tiere gestützt. Die von ihm angelegten Kriterien und deren Anwendung stimmt mit § 3 Nr. 1 WHG überein. Durch diese Vorschrift sind oberirdische Gewässer definiert als das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser.
9Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass der Wasserlauf auf dem Grundstück der Kläger über ein Bett im Sinne von § 3 Nr. 1 WHG verfügt, in dem ständig oder zeitweilig Wasser fließt oder steht. Das Wasser befindet sich dort, wie auch in weiteren Abschnitten des Wasserlaufs zwischen der Straße "Am I. " und dem Einlaufbauwerk zum Regenwasserkanal "F.----weg " sowie im Oberlauf ab der Quelle in einer seiner Fortleitung dienenden Eintiefung an der Erdoberfläche. Dabei fließt das Wasser entsprechend den Geländeverhältnissen im freien Gefälle. Dem Vorhandensein eines Betts im Bereich des Grundstücks der Kläger steht nicht entgegen, dass das Wasser nach Angaben der Beklagten in den offenen Fließstrecken unterhalb der Straße "Am I. " durch künstliche Baustoffe eingefasst ist. Denn die das Bett eines Gewässers kennzeichnende Begrenzung des Wassers kann natürlich entstanden oder künstlich geschaffen worden sein.
10Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Januar 2011
11- 7 C 3.10 -, NVwZ 2011, 696, und vom 15. Juni 2005 - 9 C 8.04 -, NVwZ-RR 2005,
12739; Czychowski/ Reinhardt, WHG, 11. Aufl.,
13§ 3 Rn. 13.
14Die für die Eigenschaft als Gewässer zentrale Einbindung des Wassers in den natürlichen Wasserkreislauf, die sich in der Teilhabe an den Gewässerfunktionen zeigt,
15vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Januar 2011
16- 7 C 3.10 -, a. a. O., und vom 15. Juni 2005
17- 9 C 8.04 -, a. a. O.; OVG NRW, Beschluss vom
1820. März 2014 - 20 A 293/11 -, juris; Czychowski/Reinhardt, a. a. O., § 2 Rn. 7,
19kann zwar (auch) bei einer offenen Wasserfläche bzw. -führung als Folge der unteren/seitlichen Eingrenzung des Wassers durch künstliche Baustoffe fehlen. Die Teilhabe an natürlichen Prozessen wie Verdunstung und Aufnehmen von Regenwasser, die auch bei nach unten und zur Seite wasserundurchlässig abgedichteten Behältnissen mit Wasseransammlungen in technischen Anlagen stattfinden können, reicht unter Umständen nicht für die gebotene Einbindung des Wassers in den Wasserkreislauf aus.
20Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Dezember 1995 - 20 B 2805/95 -; Czychowski/Reinhardt, a. a. O., § 2 Rn. 8; Faßbender in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 2 WHG Rn. 28, 33.
21Jedoch führt nicht jede Einschränkung oder Beeinträchtigung der Gewässerfunktionen dazu, dass die Gewässereigenschaft fehlt. Sogar das Wasser in geschlossen verrohrten Teilstrecken von Gewässern ist nur dann vom natürlichen Wasserhaushalt abgesondert, wenn dies eine funktionsbezogene, wertende Betrachtung ergibt.
22Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Januar 2011
23- 7 C 3.11 -, a. a. O., und vom 31. Oktober 1975
24- IV C 43.73 -, ZfW 1976, 282.
25Die Beklagte verdeutlicht keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass das Wasser des Wasserlaufs im Bereich des Grundstücks der Kläger entgegen dem angefochtenen Urteil aufgrund der Beschaffenheit der Sohle und/oder der seitlichen Einfassung nicht am natürlichen Wasserkreislauf teilhat. Sie ist der Ansicht, die frühere Eigenschaft des Wasserlaufs als oberirdisches Gewässer sei bei wertender Betrachtung oberhalb des Grundstücks durch Verrohrung und räumliche Verlegung entfallen, und tritt der Annahme des Verwaltungsgerichts, der Wasserlauf weise im Bereich der offenen Wasserführung am Grundstück der Kläger die natürlichen Funktionen eines oberirdischen Gewässers in Bezug auf Verdunstung, Versickerung, Aufnahme von Niederschlagswasser und ökologische Gesichtspunkte auf, nicht substantiiert entgegen. Ihre sinngemäße Auffassung, die ökologische Wertigkeit der vom Verwaltungsgericht hervorgehobenen offenen Fließstrecken des Wasserlaufs sei für ein Gewässer zu gering, setzt Anforderungen an die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit von oberirdischen Gewässern voraus, die an dem im gegebenen Regelungszusammenhang ausschlaggebenden Kriterium der Steuerbarkeit des Wassers mit dem im Wasserhaushaltsgesetz enthaltenen wasserwirtschaftlichen Instrumentarium vorbeigehen. Die Qualität des ökologischen Zustands von oberirdischen Gewässern ist, zumal in - wie hier - von Bebauung oder sonstiger Nutzung beeinflussten Gebieten, vielfach weit entfernt von ökologisch wertvollen, annähernd naturnahen Verhältnissen und in dieser Beschaffenheit Bezugspunkt der Gewässerbewirtschaftung. Die begrenzte Ausdehnung der offenen Fließstrecken im Wechsel mit verrohrten Teilstrecken trägt ebenfalls nicht den Schluss, dass das Wasser im Bereich des Grundstücks der Kläger nicht den für ein Gewässer notwendigen Zusammenhang zum Wasserhaushalt aufweist.
26Ferner beginnt der Wasserlauf oberhalb des Grundstücks der Kläger am I. mit einer Quelle. Er führt im Bereich des Grundstücks unter anderem das Wasser der Quelle mit der Folge, dass er die für ein fließendes oberirdisches Gewässer charakteristische Funktion als Vorfluter für das in seinem Einzugsbereich anfallende Niederschlagswasser und das aus dem Untergrund hervortretende Grundwasser hat. Die Darstellung der Beklagten, das Wasser der Quelle sammele sich diffus in einer Bodensenke und laufe größtenteils ohne Bettung über die vernässten Wiesen unterhalb des I3. zum Grundstück "Alt-I2. -Straße 309", schließt für Teilmengen des Quellwassers einen Abfluss in einem Bett durch die/oberhalb der vernässten Wiesen ein. Damit übereinstimmend ist der Wasserlauf in dem der Begründung des Zulassungsantrags der Beklagten beigefügten Lageplan von der Örtlichkeit bis zum Beginn der Verrohrung auf dem Grundstück "Alt-I2. -Straße 309" linienförmig mit blauer Farbe als offene gebündelte Wasserführung gekennzeichnet. Zudem gehört die Aufnahme von aus Quellen bzw. dem Gelände "wild" abfließendem Wasser in das Bett eines oberirdischen Gewässers zu dessen naturgegebenen Funktionen hinsichtlich der Entwässerung des Einzugsgebiets.
27Die geringe Menge der Schüttung der Quelle von nach Angaben der Beklagten lediglich zwei bis drei Liter je Sekunde ändert nichts daran, dass das in der Quelle zu Tage tretende Wasser, sofern es nicht - was nicht dargetan ist - vorher versickert oder verdunstet, den offenen Bereich des Wasserlaufs am Grundstück der Kläger durchfließt und dadurch an der ihm im Naturhaushalt zukommenden Funktion als Vorfluter teilhat. Von einem bestimmten Umfang der Wasserführung hängt die Eigenschaft als oberirdisches Gewässer nicht ab. Auch das von der Beklagten angenommene "minimale Rinnsal" ist ein Gewässer, sofern die Voraussetzungen von § 3 Nr. 1 WHG erfüllt sind, was bei dem ein Rinnsal kennzeichnenden Fließen von Wasser in einem Bett der Fall ist. § 2 Abs. 2 Satz 1 WHG, wonach die Länder kleine Gewässer von wasserwirtschaftlich untergeordneter Bedeutung von den Bestimmungen des Wasserhaushaltsgesetzes ausnehmen können, zeigt, dass auch Kleingewässer vorbehaltlich besonderer Vorschriften dem Wasserhaushaltsrecht unterliegen. Dem Vorbringen der Beklagten sind auch keine Tatsachen zu entnehmen, die den Schluss tragen würden, der Wasserlauf werde von der hierzu ergangenen landesrechtlichen Ausnahmeregelung nach § 2 Abs. 2 Satz 2 LWG erfasst.
28Die Führung des Wassers, das als Niederschlag im Einzugsgebiet des Wasserlaufs niedergeht und ihm "wild" von höher gelegenen vernässten Stellen im Gelände zufließt oder in ihn durch Aufsteigen von Grundwasser gelangt, gehört ebenso zum natürlichen Wasserkreislauf. Der Abfluss dieses Wassers im Wasserlauf entspricht seiner durch die topografischen Verhältnisse und naturgegebenen Niederschlagsverhältnisse bestimmten Funktion als Vorfluter. Eine Annahme, die Abführung des Niederschlagswassers aus dem Bereich des vernässten Grünlands oberhalb der Straße "Am I. " stehe nicht im direkten Zusammenhang mit dem natürlichen Wasserhaushalt, ließe außer Acht, dass Gewässer von Natur aus der Entwässerung ihres Einzugsgebiets hinsichtlich des in sie ohne Benutzung im Sinne von § 9 WHG gelangenden Wassers dienen. Insoweit ist auch nicht erkennbar, warum sich an dieser Funktion etwas durch die oberhalb des Grundstücks der Kläger stattgefundene Verrohrung von Teilstrecken des Wasserlaufs und seiner abschnittsweisen Verlegung aus dem ursprünglichen Bachbett, die die Beklagte als Ursachen für den Verlust der auch nach ihrem Dafürhalten früher gegebenen Gewässereigenschaft des Wasserlaufs anführt, geändert haben könnte.
29Nichts anderes gilt für dasjenige im Bereich des Grundstücks der Kläger fließende Wasser, das dem Wasserlauf nach Angaben der Beklagten oberhalb des Grundstücks aus Niederschlags-, Regen- und Grundwasser "zugeführt" bzw. "zugeleitet" wird. Dabei kann auf sich beruhen, ob und inwieweit es sich bei diesen Vorgängen um zielgerichtete Maßnahmen im Sinne der Benutzung von Gewässern handelt oder um naturgegebene Prozesse des Zuflusses und der Zusickerung von Wasser. Denn unabhängig davon, wie das in Rede stehende Wasser in den Wasserlauf gelangt und woher es ursprünglich stammt, ist bezogen auf § 3 Nr. 1 WHG entscheidend, dass es tatsächlich in einem Bett fließt oder steht. Dementsprechend ist auch unerheblich, ob die Menge des vom Wasserlauf im Bereich des Grundstücks der Kläger geführten Wassers überwiegend aus Regen- und Grundwasser herrührt und die Menge dieses Wassers diejenige des aus der Quelle stammenden Wassers übersteigt.
30Das trifft auch zu für das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen gesammelt abfließende und in den Wasserlauf gelangende Niederschlagswasser. Die Eigenschaft dieses Wassers als Abwasser (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG) steht nicht seiner Beschaffenheit als Wasser entgegen. Außerdem stellt die Einleitung auch von Abwasser in ein Gewässer eine Gewässerbenutzung dar, die, wie § 57 Abs. 1 WHG voraussetzt, als solche nicht zum Wegfall der Eigenschaft als Gewässer führt. Insoweit kommt es zudem nicht darauf an, ob ein oberirdisches Gewässer gleichzeitig eine Abwasseranlage sein kann. Denn die Einleitung von Niederschlagswasser im Sinne von § 54 Abs. 1 WHG und dessen Abfluss in einem offen fließenden Wasserlauf heben nicht seinen unmittelbaren Zusammenhang mit dem natürlichen Wasserkreislauf auf. Im Gegenteil bleibt bzw. wird derartiges Niederschlagswasser Teil des Wasserkreislaufs. Auf die Vorflutfunktion des Wasserlaufs wirkt sich die Einleitung solchen Niederschlagswassers nicht aus.
31Die Verrohrung des Wasserlaufs oberhalb des Bereichs des Grundstücks der Kläger führt zwar dazu, dass es insoweit an einem Gewässerbett fehlt. Das hat aber nicht zur Folge, dass die Gewässereigenschaft dort entfällt, wo, wie nach dem Vorstehenden im Bereich des Grundstücks der Kläger, ein solches Gewässerbett vorhanden ist. Bereits die Gewässereigenschaft verrohrter Teilabschnitte eines im Übrigen offen verlaufenden Gewässers entfällt nicht ohne weiteres. Entscheidend ist insoweit, wie ausgeführt, ob durch die Verrohrung bei wertender Betrachtung der Zusammenhang des vom Wasserlauf geführten Wassers mit dem natürlichen Wasserhaushalt aufgehoben wird. Ist Letzteres vorliegend für den verrohrten Teilabschnitt des Wasserlaufs beiderseits der Straße "Am I. " zu bejahen, was das Verwaltungsgericht mit seiner Betrachtung der Situation im Bereich des Grundstücks der Kläger hat dahinstehen lassen, fehlt es insoweit an der Gewässereigenschaft. Das bestimmt aber nicht die Gewässereigenschaft des gesamten Wasserlaufs oder zumindest der Teilstrecke des Wasserlaufs im Bereich des Grundstücks der Kläger, in dem das Wasser nach dem Vorstehenden nicht vom natürlichen Wasserhaushalt abgesondert ist, sondern an den Gewässerfunktionen teilhat. Ob ein Wasserlauf ein oberirdisches Gewässer ist, kann für einzelne Strecken unterschiedlich beurteilt werden. Der gedankliche Ausgangspunkt der Beklagten, das Wasser habe oberhalb des Grundstücks der Kläger durch die Verrohrung und die Verlegung aus dem ursprünglichen Bachbett die frühere Gewässereigenschaft verloren, die im Bereich der offenen Wasserführung am/auf dem Grundstück der Kläger nicht wieder "auflebe", setzt eine räumlich übergreifende Wirkung der Verrohrung voraus, durch Entscheidungserheblichkeit nicht im Einklang mit dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck von § 3 Nr. 1 WHG steht. Die Überlagerung der Voraussetzungen dieser Vorschrift im Bereich des Grundstücks durch die Gegebenheiten oberhalb desselben findet in der bereits genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Wegfall der Gewässereigenschaft durch Absonderung des Wassers vom natürlichen Wasserhaushalt,
32vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Januar 2011
33- 7 C 3.10 -, a. a. O., vom 15. Juni 2005
34- 9 C 8.04 -, a. a. O., und vom 31. Oktober 1975
35- IV C 43.73 -, a. a. O. -,
36an deren Grundsätzen sich das Verwaltungsgericht orientiert hat und die die Beklagte selbst für maßgeblich erachtet, keine tragfähige Stütze. Die Rechtsprechung betrifft die Fortdauer der Gewässereigenschaft im Bereich eines streckenweise unterirdischen Verlaufs der Wasserführung oder einer technischen Anlage, nicht den umgekehrten Fall des Verlusts der Gewässereigenschaft im Bereich eines streckenweise vorhandenen Gewässerbetts mit (dort) gegebener Einbindung in den Wasserhaushalt. Soweit sich Wasser in einem Gewässerbett befindet und dort an den Gewässerfunktionen teilhat, steht es im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Wasservorkommen in der Natur und soll es dem Regime des Wasserrechts unterliegen. Es ist der Steuerung nach Maßgabe wasserwirtschaftlicher Kriterien auch zugänglich.
37Eine vollständige Einbeziehung des Wasserlaufs in eine Abwasseranlage, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
38- BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2011 - 7 C 3.10 -,
39a. a. O. -
40das Ende der Gewässereigenschaft herbeiführt, ist von der Beklagten nicht dargetan. Allein die geltend gemachte Einleitung von Niederschlagswasser als Abwasser zusätzlich zu dem im Wasserlauf befindlichen sonstigen Wasser und dessen Abfluss bewirken keine solche Einbeziehung. Dieses Abwasser stammt nach der von der Beklagten vorgenommenen Beendigung der Zuführung des auf der "Alt-I2. Straße" anfallenden Niederschlagswassers von Anliegergrundstücken des Wasserlaufs, ohne dass dessen weitergehende funktionale Eingliederung in das technische Abwassernetz der Beklagten erkennbar ist. Des Weiteren gibt hinsichtlich der Gewässereigenschaft insofern, wie ausgeführt, den Ausschlag, ob der Wasserlauf vom natürlichen Wasserhaushalt abgesondert wird. Das kommt unter dem Blickwinkel einer Funktion zur Ableitung von Abwasser in Betracht, wenn das Wasser des Wasserlaufs in technisch geschlossenen Leitungen einer Abwasserbehandlungsanlage zugeführt wird.
41Vgl. hierzu Sächs.OVG, Urteil vom 23. März 2017
42- 5 A 241/16 -, NVwZ-RR 2017, 680; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 22. Februar 2017
43- OVG 9 N 106.16 -, juris; Bay. VGH, Beschluss
44vom 17. November 2016 - 8 ZB 14.543 - juris; Czychowski/Reinhard, a. a. O., § 2 Rn. 8, § 3 Rn. 25 f.; Faßbender in Landmann/Rohmer, a. a. O., § 2 Rn. 34.
45Im Bereich des Grundstücks der Kläger verläuft der Wasserlauf indessen nicht in einer geschlossen Leitung. Die Verrohrung des gesamten Verlaufs des Wasserlaufs bis zur Abwasserbehandlungsanlage beginnt unterhalb des Grundstücks. Die Vorflutfunktion des Wasserlaufs ist im Bereich des Grundstücks nicht aufgehoben.
46Die von der Beklagten gesehenen besonderen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) weist die Rechtssache danach nicht auf. Die für die Beurteilung der von der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil hervorgebrachten Einwände wesentlichen rechtlichen Fragen sind, wie ausgeführt, hinreichend im Sinne des erstinstanzlichen Urteils geklärt. Die von der Beklagten in tatsächlicher Hinsicht aufgeworfenen Fragen beziehen sich nicht auf Gesichtspunkte, die nach den maßgeblichen rechtlichen Kriterien entscheidungserheblich sind.
47Die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegen nicht vor.
48Das Verwaltungsgericht hat nicht gegen seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) verstoßen. Nach der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die entscheidend für die Reichweite der Aufklärungspflicht ist, kommt es auf die Frage, ob es sich bei dem im Wasserlauf auf dem Grundstück der Kläger vorhandenen Wasser weit überwiegend um reines Niederschlagswasser handelt, nicht an. Entsprechendes gilt für die von der Beklagten erstinstanzlich unter Beweis gestellte Behauptung, dass es sich bei dem im Wasserlauf befindlichen Wasser mehrheitlich um Niederschlagswasser aus dem vernässten Grünland oberhalb der Straße "Am I. " handelt. Damit beruht die Ablehnung des Beweisantrags auf Gründen, die im Prozessrecht eine tragfähige Grundlage finden. Der Sache nach wendet sich die Beklagte mit der Aufklärungsrüge gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts zu den rechtlichen Kriterien für das Vorliegen eines oberirdischen Gewässers.
49Das Verwaltungsgericht hat es nicht pflichtwidrig versäumt, die Eigentümer der Grundstücke, auf denen der Wasserlauf unter Gebäuden verrohrt verläuft, beizuladen. Die Eigentümer waren entgegen dem Vorbringen der Beklagten nicht gemäß § 65 Abs. 2 VwGO notwendig beizuladen. Notwendig beizuladen im Sinne von § 65 Abs. 2 VwGO sind Dritte, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Das setzt voraus, dass die begehrte Sachentscheidung aus Rechtsgründen nicht wirksam ergehen kann, ohne dass dadurch gleichzeitig unmittelbar und zwangsläufig Rechte des Beizuladenden gestaltet, bestätigt, festgestellt, verändert oder aufgehoben werden.
50Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 18. Juni 2013
51- 6 C 21.12 -, Buchholz 310 § 142 VwGO Nr. 18, und vom 7. Februar 2011 - 6 C 11.10 -, NVwZ-RR 2011, 382.
52Letzteres trifft bezogen auf die in Rede stehenden Grundstückseigentümer nicht zu. Sie sind an dem Rechtsverhältnis, das den mit der Klage verfolgten Anspruch der Kläger betrifft, nicht beteiligt. Die Kläger begehren keine Maßnahmen der Beklagten gegenüber Dritten, sondern das Unterlassen von die Wasserführung des Wasserlaufs beeinflussenden Maßnahmen durch die Beklagte. Ebenso bezieht sich der Anspruch der Kläger auf die Wasserführung des Wasserlaufs auf ihrem eigenen Grundstück. Ferner betrifft die erstrebte Verurteilung der Beklagten die Eigentümer anderer Grundstücke an dem Wasserlauf nicht unmittelbar in ihrer Rechtsstellung. Allenfalls in tatsächlicher Hinsicht mag es so sein, dass das von den Klägern beanspruchte Unterbleiben von die Wasserführung des Wasserlaufs auf ihrem Grundstück hindernden/mindernden Maßnahmen Auswirkungen auf andere Grundstücke hat. Dadurch werden die Eigentümer dieser Grundstücke aber lediglich faktisch betroffen. Die von der Beklagten angeführte Beurteilung der Gewässereigenschaft des Wasserlaufs im Bereich des Grundstücks der Kläger bildet nicht den Streitgegenstand des Begehrens der Kläger, sondern betrifft lediglich eine Vorfrage.
53Darüber hinaus wird die Beklagte durch das Unterbleiben der Beiladung nicht in eigenen Rechten berührt. Eine Betroffenheit in eigenen Rechten ist aber auch unter dem Gesichtspunkt eines Verfahrensmangels Voraussetzung für die Zulassung der Berufung.
54Vgl. hierzu BVerwG, Beschlüsse vom 14. April 2010 - 4 B 78.09 -, NVwZ 2010, 1026, und vom 6. September 2009 - 8 B 75.09 -, NVwZ-RR 2010, 37.
55Eine notwendige Beiladung dient dem Schutz von Rechten des Beizuladenden und der Prozessökonomie. Sie bezweckt dagegen nicht den Schutz anderer Verfahrensbeteiligter wie der Beklagten. Diese können ihre Rechte im Verfahren ungeachtet einer Beiladung wahrnehmen und damit auf den Ausgang des Verfahrens Einfluss nehmen.
56Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 2 GKG.
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