Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 13 B 1616/19
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster vom 14. November 2019 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
3Die durch den Antragsteller für die Beschwerde fristgemäß angeführten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, gebieten keine Änderung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat es auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens zu Recht abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren des Verwaltungsgerichts – 11 K 2645/19 – die Taxikonzession O…. bzw. eine mit dieser identische Genehmigung für den Zeitraum ab dem 31. Oktober 2019 zu erteilen, weil der Antragsteller einen hierauf gerichteten Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat.
4Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dies setzt gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO voraus, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch (ein subjektiv öffentliches Recht auf das begehrte Verwaltungshandeln) und einen Anordnungsgrund (die besondere Eilbedürftigkeit) glaubhaft macht. Ist der Antrag wie im vorliegenden Fall auf eine – wenn auch zeitlich begrenzte – Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, sind an die Glaubhaftmachung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch erhöhte Anforderungen zu stellen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt dann nur in Betracht, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und dem Antragsteller ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten.
5Vgl. etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 22. März 2018 – 13 B 1583/17 –, juris, Rn. 2; vom 9. November 2017 – 13 B 1187/17 – juris, Rn. 3 und vom 10. März 2017 – 13 B 94/17 – juris, Rn. 2.
6Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Verwaltungsgericht zutreffend damit verneint, dass der Antragsteller aller Voraussicht nach keinen Anspruch auf die Erteilung einer Genehmigung für die Durchführung des Gelegenheitsverkehrs mit einem Taxi hat, weil er sich den zwingenden Versagungsgrund des § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG entgegenhalten lassen muss, ohne dass sich die durch die Antragsgegnerin aufgeworfene weitere Frage, ob und ggf. inwieweit die Vorschrift des § 15 Abs. 4 PBefG, nach der die Genehmigung nicht vorläufig erteilt werden darf, dem Erlass der hier begehrten einstweiligen Anordnung grundsätzlich entgegensteht, als entscheidungserheblich erweist.
7Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 10. März 2017 – 13 B 94/17 – juris, Rn. 4; BayVGH, Beschluss vom 7. Dezember 2016 – 11 ZB 16.1703 –, juris, Rn. 17; OVG Hamburg, Beschluss vom 23. Mai 2007 – 1 Bs 92/07 –, juris, Rn. 4; Nds. OVG, Beschluss vom 1. September 2003 – 7 ME 156/03 –, juris, Rn. 4.
8Gemäß § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG ist die Versagung der Genehmigung geboten, wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch beeinträchtigt werden, dass durch die Ausübung des beantragten Verkehrs das örtliche Taxengewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedroht wird.
91. Ohne Erfolg rügt der Antragsteller die Verfassungswidrigkeit von § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG. In der Rechtsprechung auch des Senats ist anerkannt, dass es sich bei der Vorschrift des § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG um eine verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässige Beschränkung der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit handelt.
10Vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2008 – 3 B 77.07 –, juris, Rn. 7 m.w.N.; OVG NRW, Beschlüsse vom 27. August 2019 – 13 A 196/18 –, juris, Rn. 5 ff., und vom 8. Mai 2007 – 13 A 3388/03 –, juris, Rn. 24.
11Dabei steht im Ausgangspunkt außer Frage, dass der Versagungsgrund des § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG eine nicht an die persönliche Qualifikation des Berufsanwärters anknüpfende und damit objektive Berufszugangsregelung ist, welche einen besonders gravierenden Eingriff in die Berufsfreiheit darstellt und die nur dann zulässig ist, wenn sie zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut zwingend geboten ist. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist jedoch im Grundsatz geklärt, dass die Existenz- und Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes in diesem Sinne als ein schutzwürdiges Gemeinschaftsgut anzusehen ist, weil der Gelegenheitsverkehr mit Taxen eine notwendige und von keinem anderen Verkehrsträger übernehmbare Ergänzung des öffentlichen Linien- und des Straßenbahnverkehrs darstellt.
12Vgl. grundlegend BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 1960 – 1 BvL 53/55 –, BVerfGE 11, 168 = juris, Rn. 68 f., sowie im Nachgang BVerfG, Beschlüsse vom 4. November 1999 – 1 BvR 2310/98 –, NJW 2000, 1326 = juris, Rn. 3, und vom 14. November 1989 – 1 BvL 14/85 –, BVerfGE 81, 70 = juris, Rn. 54; BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2008 – 3 B 77.07 –, juris, Rn. 7, und Urteil vom 30. Juni 2005 – 3 C 24.04 –, BVerwGE 124, 26 = juris, Rn. 18.
13Der mit der Beschwerde geltend gemachte Einwand, die durch den Gesetzgeber bejahte Erforderlichkeit einer Kontingentierungsmöglichkeit sei offenbar nicht durch ökonomische Analysen oder sonstige Untersuchungen unterlegt, ist bereits nicht hinreichend substantiiert. Dem Gesetzgeber kommt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein Einschätzungs- und Prognosespielraum nicht nur im Hinblick auf die Auswirkungen eines Gesetzes zu, sondern auch bei der Beurteilung einer Bedrohungslage für das Gemeinschaftsgut, zu dessen Schutz er im konkreten Fall tätig wird. Auch bei objektiven Berufszugangsvoraussetzungen hat daher die vom Gesetzgeber getroffene Einschätzung der Gefahrenlage und des Grades der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts im Rahmen der verfassungsgerichtlichen Prüfung besonderes Gewicht. Von den Vorstellungen über die Möglichkeit eines gefahrbringenden Verlaufs des Geschehens, die der Gesetzgeber im Rahmen seines Einschätzungsspielraums entwickelt hat, kann nur dann nicht mehr ausgegangen werden, wenn sie in einem Maße wirtschaftlichen Gesetzen oder praktischer Erfahrung widersprechen, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen abgeben können.
14Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 2010 – 1 BvR 2011/07 –, BVerfGE 126, 112 = juris, Rn. 96 m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 27. August 2019 – 13 A 196/18 –, juris, Rn. 17.
15Der Antragsteller zeigt mit seinem Beschwerdevorbringen nicht auf, dass der Gesetzgeber diesen Einschätzungs- und Prognosespielraum überschritten hätte. Seine Ausführungen beschränken sich insoweit auf die Wiedergabe einer in der Tat kritischen Bewertung der Monopolkommission in ihrem Zwanzigsten Hauptgutachten aus den Jahren 2012/2013. Mit diesen schon im Ausgangspunkt nur selektiven Ausführungen ist indes noch nicht dargetan, dass die Einschätzung des Gesetzgebers, die Regelung des § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG sei zur Sicherung der Existenz- und Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes notwendig, im vorstehenden Sinne unhaltbar wäre.
162. Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung habe die Antragsgegnerin eine Bedrohung der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes im Sinne von § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu Recht bejaht, greift der Antragsteller mit seinem Beschwerdevorbringen nicht in substantiierter Weise an. Die durch § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG verlangte Gefahr einer Übersetzung des Gewerbes mit der Folge ruinösen, das örtliche Taxengewerbe in seiner Existenz und damit in seiner Funktionsfähigkeit bedrohenden Wettbewerbs muss konkret beweisbar eingetreten oder nach der sorgfältig begründeten Beurteilung der Verwaltungsbehörde in drohende Nähe gerückt sein. Gefordert ist eine prognostische Einschätzung der Verwaltungsbehörde über die Zahl der ohne Gefahr für die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes höchstens zuzulassenden Taxen, also eine Prognose dazu, welche Zahl neuer Taxen das örtliche Taxengewerbe „verträgt“, ohne in seiner vom öffentlichen Verkehrsinteresse her zu bestimmenden Funktionsfähigkeit bedroht zu sein. Die Annahme einer solchen, die Versagung weiterer Genehmigungen rechtfertigenden Bedrohung setzt voraus, dass die Behörde die von ihr prognostizierte Gefahr für die Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes anhand der dafür maßgeblichen Gesichtspunkte, von denen in § 13 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 bis 4 PBefG einige beispielhaft aufgeführt sind, konkret belegt.
17Vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2008 – 3 B 77.07 –, juris, Rn. 7 m.w.N., OVG NRW, Beschluss vom 27. August 2019 – 13 A 196/18 –, juris, Rn. 24.
18Konkrete Einwände gegen die durch das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang herangezogenen rechtlichen Maßstäbe enthält das Beschwerdevorbringen nicht. Gleiches gilt im Hinblick auf die durch das Verwaltungsgericht gewonnene Einschätzung, nach den voraussichtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des durch Antragsgegnerin in Auftrag gegebenen Gutachtens über die Funktionsfähigkeit des Taxi- und Mietwagengewerbes in der Stadt N. vom 31. März 2017 sei gegenwärtig und in der Zukunft von einer Bedrohung der Funktionsfähigkeit des Gewerbes mit der Folge auszugehen, dass die Zahl der bestehenden Taxikonzessionen von gegenwärtig 254 Konzessionen signifikant auf 233 Konzessionen reduziert werden müsse.
193. Der Antragsteller muss den Versagungsgrund des § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG und die hiernach allein verbleibende Aufnahme seines Antrags in die von der Antragsgegnerin nach näherer Maßgabe von § 13 Abs. 5 PBefG geführte Warteliste auch gegen sich gelten lassen. Er kann sich insbesondere als bisheriger Pächter der bis zum 31. Oktober 2019 befristeten und ab diesem Zeitpunkt neu zu vergebenden Konzession O…. nicht auf einen vorrangigen Besitzstandsschutz für Altunternehmer gemäß § 13 Abs. 3 PBefG berufen.
20a) Entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts folgt dies allerdings nicht schon daraus, dass die Regelung des § 13 Abs. 3 PBefG im Fall eines – wie hier – nach § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG erschöpften Kontingents nicht auf die Wiedererteilung einer Taxigenehmigung anwendbar wäre. Es entspricht der vorherrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass der in § 13 Abs. 3 PBefG geregelte und bereits seinem Wortlaut nach alle Verkehrsarten umfassende Besitzstandsschutz für Altunternehmer auch für die Wiedererteilung einer Taxigenehmigung gilt.
21Vgl. etwa OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29. August 2017 – 7 A 11067/17 –, juris, Rn. 14; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 5. Juli 2017 – 9 S 8/16 –, juris, Rn. 58; OVG NRW, Beschluss vom 3. September 2015 – 13 B 655/15 –, juris, Rn. 20; Bidinger, Personenbeförderungsrecht, Stand: Dezember 2019, § 13 Rn. 81; Fielitz/Grätz, Personenbeförderungsrecht, Stand: September 2019, § 13 Rn. 54.
22Von diesem Verständnis geht im Übrigen auch die jahrzehntelange Verwaltungspraxis der Genehmigungsbehörden in Nordrhein-Westfalen aus, wie Ziffer 3 der bis zu ihrem ersatzlosen Außerkrafttreten im April 2019 geltenden Richtlinien zur Durchführung des Taxen- und Mietverkehrs nach den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes vom 20. November 1987 inzidiert.
23Siehe den Runderlass des Ministers für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr vom 20. November 1987 – II C 6 – 33 – 32 – (MBl. NRW 1988, S. 7), aufgehoben durch Runderlass des Ministeriums für Verkehr vom 12. April 2019 – II B 3 – 33 – 32 – (MBl. NRW 2019, S. 176).
24Anhaltspunkte dafür, dass sich die Verwaltungspraxis seit der Aufhebung der Richtlinien insoweit grundlegend geändert haben könnte, sind dem Senat bislang nicht bekannt geworden. Inhaltlich stimmt diese Handhabung zudem mit der Kommentierung von § 13 Abs. 3 PBefG in den Allgemeinen Grundsätzen des Bund-Länder-Fachausschusses Straßenpersonenverkehr zur Durchführung des Taxen- und Mietwagenverkehrs vom 15. Juli 1987 überein.
25Siehe den Abdruck bei Fielitz/Grätz, Personenbeförderungsrecht, Stand: September 2019, § 13 Rn. 67.
26Die systematische Stellung von § 13 Abs. 3 PBefG vor § 13 Abs. 4 und 5 PBefG sowie die Gesetzgebungshistorie stehen dem nicht entgegen. Die genannten Regelungen gehen in ihrer heutigen Fassung auf das Fünfte Änderungsgesetz zum Personenbeförderungsgesetz vom 25. Februar 1983 (BGBl. I S. 196) zurück. Der ursprüngliche Gesetzentwurf zu dieser sog. Taxinovelle vom 24. November 1982 (BT-Drs. 9/2128) sah ergänzend zu den tatsächlich Gesetz gewordenen Regelungen in § 13 Abs. 4 und 5 PBefG einen weiteren Absatz 6 vor. Dieser bestimmte, dass Genehmigungen für den Taxenverkehr, deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist, dem bisherigen Genehmigungsinhaber – abweichend von § 13 Abs. 4 und 5 PBefG – wiedererteilt werden, wenn er seinen Betriebs- und Beförderungspflichten nachgekommen ist und die (persönlichen Erteilungs-) Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt. Nach dem Willen der Entwurfsverfasser sollte allein im Hinblick auf diese eigenständige Regelung des Besitzstandsschutzes für Taxiunternehmer in Absatz 6 ein bis dahin in § 13 Abs. 4 PBefG a.F. – der damaligen und durch den Entwurf als § 13 Abs. 3 PBefG übernommenen Regelung zum Besitzstandsschutz für Altunternehmer – enthaltener ausdrücklicher Verweis auf dessen Geltung auch für den seinerzeit noch in § 13 Abs. 3 PBefG a.F. geregelten Taxiverkehr entfallen (BT-Drs. 9/2128, S. 8). Der im Gesetzentwurf vorgesehene Absatz 6 wurde dann zwar – möglicherweise in der Folge eines Redaktionsfehlers – nicht in den Beschlussentwurf des Verkehrsausschusses vom 9. Dezember 1982 (BT-Drs. 9/2266) übernommen, ohne den ausdrücklichen Verweis auf die Geltung des Besitzstandsschutzes für den Taxiverkehr in § 13 Abs. 3 PBefG (wieder) aufzunehmen. Dem zugehörigen Ausschussbericht können aber keinerlei Anhaltspunkte dafür entnommen werden, dass der Gesetzgeber den Besitzstandsschutz für Altunternehmer im Taxigewerbe gänzlich hätte aufgeben wollen, so dass diese mit Ablauf der Gültigkeit ihrer Genehmigungen im Fall eines erschöpften Kontingents stets auf die Warteliste zu verweisen wären. Im Gegenteil folgt auch aus der Begründung zum Beschlussentwurf des Verkehrsausschusses, dass § 13 Abs. 4 und 5 PBefG lediglich auf die Ausgabe „neuer“ Taxigenehmigungen zielen (BT-Drs. 9/2266, S. 6).
27Vgl. zum Ganzen eingehend OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29. August 2017 – 7 A 11067/17 –, juris, Rn. 15; Bidinger, Personenbeförderungsrecht, Stand: Dezember 2019, § 13 Rn. 81, Buchst. b) bis e).
28Vor diesem Hintergrund überzeugt auch die Erwägung des Verwaltungsgerichts nicht, eine Anwendung von § 13 Abs. 3 PBefG auf die Wiedererteilung von Taxikonzessionen müsse jedenfalls im Fall eines bereits ausgeschöpften Kontingents deshalb ausscheiden, weil eine durch diese Vorschrift geforderte „angemessene Berücksichtigung“ des Besitzstandsschutzes gegenüber dem zwingenden Versagungsgrund des § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG methodisch unmöglich sei. Vielmehr geht der durch § 13 Abs. 3 PBefG geforderte Besitzstandsschutz für Altunternehmer dem Versagungstatbestand des § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG ebenso wie der Regelung zum Vergabeverfahren für Neuerteilungen in § 13 Abs. 5 PBefG vor, welche sich von vornherein nicht auf die Wiedererteilung von Genehmigungen an den Altunternehmer beziehen.
29Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29. August 2017 – 7 A 11067/17 –, juris, Rn. 25; OVG NRW, Beschluss vom 3. September 2015 – 13 B 655/15 –, juris, Rn. 13 ff. zu § 13 Abs. 5 PBefG; Bidinger, Personenbeförderungsrecht, Stand: Dezember 2019, § 13 Rn. 81, Buchst. g); Rn. 90, Buchst. f); Rn. 91 Buchst. a); vgl. im Übrigen auch die Kommentierung zu § 13 Abs. 3 PBefG in den Allgemeinen Grundsätzen des Bund-Länder-Fachausschusses Straßenpersonenverkehr zur Durchführung des Taxen- und Mietwagenverkehrs vom 15. Juli 1987, a.a.O.
30In der Rechtsprechung des Senats ist in diesem Zusammenhang allerdings ebenfalls geklärt, dass sich § 13 Abs. 3 PBefG – auch bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des Besitzstandsschutzes – nicht die Aussage entnehmen lässt, dass die beantragte Genehmigung dem Altunternehmer stets wiedererteilt werden müsste. Vielmehr ist die Behörde gehalten, die für den Besitzschutz sprechenden Umstände gegen etwaige Versagungsgründe abzuwägen und dabei auch die Interessen anderer Unternehmer zu berücksichtigen.
31Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3. September 2015 – 13 B 655/15 –, juris, Rn. 24 f. unter Bezugnahme auf u.a. BVerwG, Urteile vom 12. Dezember 2013 – 3 C 30.12 –, BVerwGE 148, 321, = juris, Rn. 43, und vom 11. Oktober 1968 – 7 C 16.66 –, juris, Rn. 47 ff.
32Eine allgemeine Regelung, wie diese Abwägung vorzunehmen ist, lässt sich hiernach zwar nicht aufstellen. Es ist aber sach- und systemgerecht, auch die in § 13 Abs. 5 Satz 3 PBefG für die Vergabe neuer Konzessionen geregelten Nachrangigkeitsgründe entsprechend heranzuziehen.
33Vgl. sogar eine unmittelbare Anwendung befürwortend VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 5. Juli 2017 – 9 S 8/16 –, juris, Rn. 62; Fielitz/Grätz, Personenbeförderungsrecht, Stand: September 2019, § 13 Rn. 60.
34Wird die Genehmigung „frei“, steht sie – innerhalb des nach Maßgabe von § 13 Abs. 4 PBefG ermittelten Kontingents – grundsätzlich zur Neuverteilung im Verfahren nach § 13 Abs. 5 PBefG an. Der auf der Vormerkliste erstplatzierte Bewerber hat damit vorbehaltlich des Vorliegens der Erteilungsvoraussetzungen im Übrigen seinerseits grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung der nunmehr neu auszugebenden Genehmigung.
35Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29. August 2017 – 7 A 11067/17 –, juris, Rn. 25; OVG NRW, Beschluss vom 3. September 2015 – 13 B 655/15 –, juris, Rn. 26, für den Fall eines nicht fristgemäß gestellten Wiedererteilungsantrags durch den Altunternehmer.
36b) Zutreffend ist das Verwaltungsgericht allerdings – selbständig tragend – davon ausgegangen, dass der Besitzstandsschutz für Altunternehmer nach § 13 Abs. 3 PBefG nicht auch dem Pächter einer Taxigenehmigung zusteht, dem durch den Inhaber der Konzession lediglich die Betriebsführung im Sinne von § 2 Nr. 3 PBefG übertragen worden ist.
37Der Besitzstandsschutz nach § 13 Abs. 3 PBefG erfordert, dass der Verkehr von einem Unternehmer betrieben worden ist. Die Eigenschaft als Unternehmer setzt dabei die Inhaberschaft an der Genehmigung voraus. Die bloße Betriebsführung genügt hierfür nicht. Dies ergibt sich daraus, dass das Personenbeförderungsgesetz grundsätzlich zwischen dem Begriff des Unternehmers und dem Begriff des Betriebsführers unterscheidet. So bestimmt § 3 Abs. 2 Satz 1 PBefG, dass der Unternehmer oder derjenige, auf den die Betriebsführung übertragen worden ist, den Verkehr im eigenen Namen, unter eigener Verantwortung und für eigene Rechnung betreiben muss. Aus der parallelen Benennung von Unternehmer und Betriebsführer ist zu schießen, dass der Unternehmer auch dann diese Qualifikation behält, wenn er die Betriebsführung übertragen hat. In dieselbe Richtung weist begrifflich § 2 Abs. 2 Nr. 2 PBefG. Danach bedarf der Genehmigung auch die Übertragung der Betriebsführung auf einen anderen. Dass diese Genehmigung neben die sog. Unternehmergenehmigung des § 2 Abs. 1 PBefG gestellt ist, spricht dafür, dass die Übertragung der Betriebsführung die Unternehmereigenschaft nicht beendet.
38Vgl. Bidinger, Personenbeförderungsrecht, Stand: Dezember 2019, § 13 Rn. 76; in diese Richtung auch BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 2006 – 3 C 33.05 –, BVerwGE 127, 42 = juris, Rn. 45.
39Eine andere Beurteilung ist entgegen dem Beschwerdevorbringen auch nicht nach dem Sinn und Zweck des § 13 Abs. 3 PBefG geboten. Zwar ist im Grundsatz anerkannt, dass sich der Unternehmer als Inhaber der Genehmigung nicht auf Besitzstandsschutz nach § 13 Abs. 3 PBefG berufen kann, wenn er die Betriebsführerschaft seit Jahren auf einen Pächter übertragen hat. Das Kriterium der jahrelangen erfolgreichen Verkehrsbedienung im Sinne von § 13 Abs. 3 PBefG verweist zum einen auf den im Gewerberecht bekannten Grundsatz „bekannt und bewährt“. Das entspricht einem berechtigten Verkehrsinteresse, bei der Erteilung einer neuen Genehmigung denjenigen zu bevorzugen, der in Jahren bewiesen hat, dass er den fraglichen Verkehr ordnungsgemäß betreibt. Darüber hinaus liegt der Regelung auch der Gedanke des Besitzstandsschutzes zugrunde. Die für die Durchführung eines rechtmäßigen Verkehrs getätigten Investitionen sollen nicht ohne Not entwertet werden. Unter beiden Gesichtspunkten ist eine Privilegierung des Unternehmers jedenfalls dann nicht mehr geboten, wenn er den Verkehr aufgrund einer Verpachtung seit Jahren nicht mehr eigenverantwortlich im eigenen Namen und auf eigene Rechnung betrieben hat.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 2006 – 3 C 33.05 –, BVerwGE 127, 42 = juris, Rn. 46 ff. für das Verhältnis zwischen Verpächter und Pächter; vgl. allgemein OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29. August 2017 – 7 A 11067/17 –, juris, Rn. 19 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 5. Juli 2017 – 9 S 8/16 –, juris, Rn. 66 ff.; Fielitz/Grätz, Personenbeförderungsrecht, Stand: September 2019, § 13 Rn. 54.
41Dies bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass sich der Pächter unter diesen Umständen seinerseits auf Besitzstandsschutz nach § 13 Abs. 3 PBefG berufen könnte. Ein solcher Umkehrschluss ließe außer Acht, dass sich die Rechtsposition des Pächters nicht aus der befristet erteilten Genehmigung, sondern aus dem zivilrechtlichen Pachtverhältnis zum Genehmigungsinhaber ableitet. Eine Anwendung von § 13 Abs. 3 PBefG mit der Folge einer Genehmigungserteilung an den Pächter würde damit über den Zweck des Besitzstandsschutzes hinaus zu einer erheblichen Erweiterung seiner Rechtsstellung führen. Der Senat schließt sich damit den bereits in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und im Schrifttum geäußerten Bedenken an.
42Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 2006 – 3 C 33.05 –, BVerwGE 127, 42 = juris, Rn. 50; Bidinger, Personenbeförderungsrecht, Stand: Dezember 2019, § 2 Rn. 423.
434. Keiner Prüfung bedarf schließlich, ob die Antragsgegnerin die Konzession ON 247 dem bisherigen Inhaber für die Zeit ab dem 31. Oktober 2019 zu Recht wiedererteilt hat, nachdem dem dieser nach Kündigung des Pachtvertrages mit dem Antragsteller erklärt hatte, die Betriebsführung wieder selber übernehmen zu wollen. Gleiches gilt, soweit der Antragsteller mutmaßt, die Antragsgegnerin könnte auch in anderen Fällen Konzessionen zu Unrecht an Altunternehmer wiederteilt haben. Nach den mit der Beschwerde nicht beanstandeten Angaben der Antragsgegnerin sind in der Stadt N. gegenwärtig weiterhin 254 Taxikonzessionen ausgegeben, obwohl nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nur 233 Konzessionen „verträglich“ sind. Der Antragsteller selbst nimmt zudem lediglich Platz 61 auf der Warteliste für Erstbewerber ein. Selbst wenn der Antragsgegnerin in einzelnen Fällen Fehler bei der Wiedererteilung von Genehmigungen an Altunternehmer unterlaufen sein sollten und die Wiedererteilungen auch noch im Wege einer Drittanfechtung beseitigt werden könnten, hat der Antragsteller daher nicht mit einer den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigenden Wahrscheinlichkeit Aussicht darauf, selber zum Zuge zu kommen.
44Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
45Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG.
46Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- 13 B 655/15 4x (nicht zugeordnet)
- 13 B 94/17 2x (nicht zugeordnet)
- 9 S 8/16 3x (nicht zugeordnet)
- 1 BvL 53/55 1x (nicht zugeordnet)
- 1 BvR 2011/07 1x (nicht zugeordnet)
- Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (7. Senat) - 7 A 11067/17 5x
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 123 2x
- 7 ME 156/03 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 146 1x
- 13 A 3388/03 1x (nicht zugeordnet)
- 11 K 2645/19 1x (nicht zugeordnet)
- 13 A 196/18 3x (nicht zugeordnet)
- PBefG § 15 Erteilung und Versagung der Genehmigung 1x
- 13 B 1187/17 1x (nicht zugeordnet)
- PBefG § 3 Unternehmer 1x
- 1 Bs 92/07 1x (nicht zugeordnet)
- 1 BvR 2310/98 1x (nicht zugeordnet)
- 13 B 1583/17 1x (nicht zugeordnet)
- PBefG § 2 Genehmigungspflicht 3x
- ZPO § 920 Arrestgesuch 1x
- PBefG § 13 Voraussetzung der Genehmigung 36x
- 1 BvL 14/85 1x (nicht zugeordnet)