Urteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 10 D 31/18.NE
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 von Hundert des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 von Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan "I.-E.-Straße (ehem. PH) Nr." (im Folgenden: Bebauungsplan). Sie sind Eigentümer eines östlich an das Plangebiet grenzenden Wohngrundstücks.
3Der Bebauungsplan überplant das circa 3,3 ha große Gelände der ehemaligen Pädagogischen Hochschule nördlich der I.-E.-Straße und setzt sowohl ein reines Wohngebiet als auch ein südlich davon gelegenes, in vier Teilbereiche gegliedertes allgemeines Wohngebiet fest, um weitere Wohnbebauung im Stadtteil S. zu entwickeln.
4Dem Bebauungsplan liegt eine konkrete Vorhabenplanung zugrunde, die eine bis zu sechsgeschossige Bebauung mit einer Bruttogeschossfläche von insgesamt 34.000 qm sowie eine Tiefgarage vorsieht, die zusammen mit einer Stellplatzanlage im südöstlichen Teil des Plangebiets den kompletten privaten Stellplatzbedarf der Baugebiete decken soll. Außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen setzt der Bebauungsplan eine Gemeinschaftsanlage mit der Zweckbestimmung "Quartiersplatz und Quartierserschließung" fest.
5Nach Nr. 2.2.1 der textlichen Festsetzungen darf die zulässige Grundfläche (Grundflächenzahl – GRZ – 0,4) durch Garagen und Stellplätze mit ihren Zufahrten, Nebenanlagen und baulichen Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche bis zu einer Grundfläche von 0,9 überschritten werden.
6Der Rat beschloss nach Durchführung eines beschleunigten Verfahrens gemäß § 13a BauGB in seiner Sitzung am 22. November 2017 den Bebauungsplan als Satzung. Die öffentliche Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses erfolgte im Amtsblatt vom 15. Dezember 2017.
7Die Antragsteller haben am 16. April 2018 den Normenkontrollantrag gestellt. Ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Aussetzung der Vollziehung des Bebauungsplans hat der Senat mit Beschluss vom 11. Juli 2018 – 10 B 526/18.NE – abgelehnt.
8Zur Begründung tragen die Antragsteller vor: Der Bebauungsplan sei in wesentlicher Hinsicht unbestimmt. Die sich überlagernden Festsetzungen des Allgemeines Wohngebiet mit einer GRZ von 0,4 und einer Geschossflächenzahl (GFZ) von 1,2 einerseits sowie der Gemeinschaftsanlage – Quartiersplatz und Quartierserschließung – andererseits und der Fläche für Stellplätze widersprächen sich. Es sei auch nicht hinreichend klar, welcher Art von Nutzungen der Quartiersplatz dienen solle. Ausweislich des im Aufstellungsverfahren eingeholten Immissionsschutzgutachtens solle er insbesondere als Besucherparkplatz zur Verfügung stehen. Zudem seien in dem Allgemeinen Wohngebiet die nach § 4 Abs. 2 BauNVO zulässigen Nutzungen so umfassend ausgeschlossen, dass die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets nicht mehr gewahrt sei.
9Der Bebauungsplan beruhe auch auf erheblichen Abwägungsmängeln. Die Annahmen des Rates zu der Zahl der im Plangebiet voraussichtlich entstehenden Wohnungen und zu der mit diesen Wohnungen verbundenen Verkehrsentwicklung seien nicht belastbar. Es gebe keine sachgerechte Prognose zu dem planbedingten Lärm, der auf die benachbarten Grundstücke außerhalb des Plangebiets einwirken werde. Der Rat habe nicht erkannt, dass der Lärm, der von der im Osten des Plangebiets festgesetzten Stellplatzanlage sowie von der Zufahrt zur Tiefgarage auf ihr eigenes Grundstück einwirken werde, nicht als Verkehrslärm, sondern als Lärm, der von einer baulichen Anlage verursacht werde, zu bewerten sei. Vor diesem Hintergrund sei es nicht ausgeschlossen, dass ihnen auf ihrem Grundstück bei der Umsetzung des Bebauungsplans unzumutbare Lärmeinwirkungen drohten. Weshalb das Immissionsschutzgutachten lediglich von 42 oberirdischen Stellplätzen auf dem Besucherparkplatz im Plangebiet ausgehe, sei unklar. Der Bebauungsplan stelle auch nicht sicher, dass der Besucherparklatz, wie es das Immissionsschutzgutachten zugrunde lege, asphaltiert werde, sodass dessen Berechnung insoweit nicht auf der sicheren Seite liege. Soweit der Rat die Festlegung der Anzahl der Stellplätze und der Lage der Ein- und Ausfahrten der Tiefgarage dem nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren überlassen habe, verstoße der Bebauungsplan gegen das Gebot der planerischen Konfliktbewältigung.
10Die Antragsteller beantragen,
11den Bebauungsplan "I.-E.-Straße (ehem. PH) Nr." der Stadt F. für unwirksam zu erklären.
12Die Antragsgegnerin beantragt,
13den Antrag abzulehnen.
14Sie verweist zur Begründung auf ihr Vorbringen im zugehörigen Eilverfahren.
15Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
16den Antrag abzulehnen.
17Zur Begründung trägt sie vor: Der Normenkontrollantrag sei bereits unzulässig. Der für das Grundstück der Antragsteller maximal zu erwartende Lärmzuwachs sei so gut wie nicht wahrnehmbar. Ein zu ihren Lasten gehender Abwägungsmangel sei daher auszuschließen. Jedenfalls sei der Normenkontrollantrag unbegründet. Die durch den Bebauungsplan im Hinblick auf Nebenanlagen eingeräumte Möglichkeit zur Überschreitung der festgesetzten Grundflächenzahl bleibe bei der Ermittlung der für die Wahl des beschleunigten Verfahrens maximal zulässigen Grundfläche außer Betracht. Die Grundflächen der Bebauungspläne C und D spielten für die Ermittlung der Grundfläche schon deshalb keine Rolle, weil sie nicht im beschleunigten Verfahren aufgestellt würden. Der Bebauungsplan berücksichtige sowohl die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse als auch die umweltbezogenen Auswirkungen der Planung auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt. Für die Überschreitung der Orientierungswerte der DIN 18005 gebe es gewichtige städtebauliche Gründe. Die Festsetzungen von passiven Schallschutzmaßnahmen seien geeignet, den Konflikt zwischen planbedingtem Verkehrslärm und gesunden Wohnverhältnissen zu bewältigen. Schließlich seien auch mit Blick auf die planbedingten Erhöhungen der Lärmpegel außerhalb des Plangebiets keine Abwägungsfehler ersichtlich. An den untersuchten Fassaden der Bebauung an der I.-E.-Straße sowie an der X.-straße lägen die Beurteilungspegel bereits im Prognose-Null-Fall über den Orientierungswerten der DIN 18005. Die maximalen planbedingten Erhöhungen der Beurteilungspegel lägen bei 2,5 dB(A) tags und 2,1 dB(A) nachts. Die gesundheitlich kritischen Werte von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts würden allein an der Fassade des Gebäudes X.-straße 6 hinsichtlich des Tag-Wertes überschritten, was aber bereits für den Prognose-Null-Fall gelte. Die planbedingte Erhöhung des Beurteilungspegels an der Fassade dieses Gebäudes betrage tags maximal 0,1 dB(A). Somit seien die durch den Bebauungsplan hervorgerufenen zusätzlichen Lärmbelastungen außerhalb des Plangebiets gerade auch aufgrund der bereits erheblichen Vorbelastungen nur geringfügig und durch die mit der Planung verfolgten städtebaulichen Ziele gerechtfertigt. Sie lägen weitestgehend in einem Bereich, der für den Menschen subjektiv nicht oder kaum wahrnehmbar sei. Eine alternative Möglichkeit der verkehrlichen Erschließung des Plangebiets sei unter Abwägung der Lärmimmissionen nicht in Betracht gekommen.
18Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Aufstellungsvorgänge Bezug genommen (Beiakten Hefte 1 bis 6).
20Entscheidungsgründe:
21Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
22Der Normenkontrollantrag hat keinen Erfolg.
23Die Antragsteller sind antragsbefugt.
24Erforderlich, aber auch ausreichend für die Antragsbefugnis ist, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung sind grundsätzlich auch dann keine höheren Anforderungen zu stellen, wenn es – wie hier – um das subjektive Recht des Antragstellers aus § 1 Abs. 7 BauGB auf fehlerfreie Berücksichtigung seiner privaten Belange im Rahmen der Abwägung geht. Auch insoweit reicht es aus, dass der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung seiner Belange in der Abwägung als möglich erscheinen lassen. Antragsbefugt ist hiernach, wer sich auf einen abwägungserheblichen privaten Belang, das heißt ein mehr als nur geringfügig schutzwürdiges Interesse, berufen kann. Denn wenn es einen solchen Belang gibt, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass der Plangeber ihn bei der Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat. Die bloße Behauptung einer theoretischen Rechtsverletzung mag allerdings im Einzelfall dann nicht zur Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO genügen, wenn diese Behauptung nur vorgeschoben erscheint, tatsächlich eine Rechtsverletzung aber offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausscheidet.
25Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. Juli 2013 – 4 BN 13.13 –, juris, Rn. 4, und vom 17. Dezember 2012 – 4 BN 19.12 –, juris, Rn. 3 m.w.N.
26So ist es hier nicht. Die von den Antragstellern befürchteten Auswirkungen der Planung auf ihr Wohngrundstück sind grundsätzlich abwägungsrelevant.
27Dass es sich dabei um ein mehr als nur geringfügig schutzwürdiges Interesse der Antragsteller handelt, liegt angesichts der gegebenen Lärmvorbelastung ihres Wohngrundstücks auf der Hand.
28Der Normenkontrollantrag ist nicht begründet.
29Der Bebauungsplan weist keinen beachtlichen Verfahrensfehler auf.
30Die Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB liegen vor. Danach kann ein Bebauungsplan für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung (Bebauungsplan der Innenentwicklung) im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden.
31Die Vorschrift bezweckt die Verringerung der Flächeninanspruchnahme durch eine verstärkte Innenentwicklung mittels vereinfachter Bebauungsplanverfahren. Nach dem Willen des Gesetzgebers sind Bebauungspläne der Innenentwicklung solche, die der Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung oder dem Umbau vorhandener Ortsteile dienen. In Betracht kommen soll insbesondere die Überplanung im Zusammenhang bebauter Ortsteile im Sinne des § 34 BauGB und innerhalb des Siedlungsbereichs gelegener brachgefallener Flächen oder die erneute Überplanung bereits überplanter Gebiete, wo die alten Bebauungspläne wegen notwendiger Anpassungsmaßnahmen geändert oder durch neue Bebauungspläne abgelöst werden sollen.
32Danach ist die Einordnung des Bebauungsplans als ein solcher der Innenentwicklung im Sinne des § 13a BauGB nicht zweifelhaft.
33Auch die im Hinblick auf das Flächenmaß bestehende quantitative Grenze des § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB ist hier nicht überschritten.
34Die durch den Bebauungsplan festgesetzte zulässige Grundfläche liegt unterhalb des Schwellenwertes von 20.000 qm. Die Baugrundstücke in allen festgesetzten Baugebieten haben nach den Berechnungen der Antragsgegnerin insgesamt eine Fläche von 31.600 qm. Daraus ergibt sich bei einer festgesetzten Grundflächenzahl von 0,4 eine zulässige Grundfläche im Sinne des § 19 Abs. 2 BauNVO von 12.640 qm.
35Bei der Ermittlung des Schwellenwertes nach § 13a Abs. 1 Satz 2 BauGB sind über die Summe der nach § 19 Abs. 2 BauNVO zulässigen Grundflächen hinaus mögliche Überschreitungen nach § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO nicht zu berücksichtigen.
36Vgl. zu dieser in der Rechtsprechung bislang offen gelassen Frage: BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 CN 4.16 –, juris, Rn. 27, und Urteil des Senats vom 25. Februar 2019 – 10 A 2557/16 –, juris, Rn. 64 ff. Gegen eine Berücksichtigung Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch. Kommentar, § 13a Rn. 41 (Stand: August 2013); siehe auch Gierke/Scharmer, in: Brügelmann, Baugesetzbuch. Kommentar, § 13a Rn. 70 f. (Stand Oktober 2018), jeweils mit weiteren Nachweisen auch zur gegenteiligen Auffassung.
37Dafür lassen sich insbesondere Aspekte der Praktikabilität bei der Anwendung dieser pauschalierenden Regelung anführen, zumal der Plangeber bei einer Aufstellung des Bebauungsplans in der Regel keine konkreten Überlegungen zur Summe der Grundflächen von möglichen Nebenanlagen anstellt und regelmäßig auch offen bleibt, inwieweit durch die Errichtung von Nebenanlagen weitere Grundstücksbereiche tatsächlich versiegelt werden. Zu Recht weist die Antragsgegnerin im Verfahren 10 D 2/18.NE zudem darauf hin, dass andernfalls ein Bebauungsplan, der Baugrundstücke mit einer Fläche von mehr als 25.000 qm umfasst, bei einer festgesetzten Grundflächenzahl von 0,4 wegen der möglichen Überschreitung der zulässigen Grundfläche um bis zu 50 vom Hundert nach § 19 Abs. 4 BauGB nicht mehr im beschleunigten Verfahren nach § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB aufgestellt werden könnte. Anhaltspunkte für einen Willen des Gesetzgebers, den Anwendungsbereich dieser Vorschrift derart einzuschränken, vermag der Senat nicht zu erkennen. Vielmehr hat der Gesetzgeber zu einer gleichlauteten Formulierung im UVPG 2001 in der Begründung des Gesetzentwurfs,
38vgl. BT-Drs 14/4599, S. 121,
39ausdrücklich ausgeführt, dass Überschreitungsmöglichkeiten nach § 19 Abs. 4 BauNVO bei der Berechnung der Grundfläche unberücksichtigt blieben. Es ist somit davon auszugehen, dass nach der Systematik des Gesetzes das gesamte Ausmaß künftiger Versiegelung durch den Schwellenwert für die Festsetzungen zur zulässigen Grundfläche bestimmt wird, wobei die typischerweise hinzutretende Versiegelung durch Anlagen nach § 19 Abs. 4 BauNVO und Verkehrsflächen bereits berücksichtigt ist.
40Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 CN 4.16 –, juris, Rn. 25.
41Auf die voraussichtlich versiegelte Fläche im Sinne des § 13a Abs. 1 Satz 3 BauGB ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, a.a.O., Rn 18 ff., insoweit nicht abzustellen. Die Regelung gilt nur für den Fall, dass eine zulässige Grundfläche oder eine Größe der Grundfläche nicht festgesetzt ist.
42Die Wahl des beschleunigten Verfahrens war hier auch unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Falles zulässig.
43Der Bebauungsplan ist insoweit besonders, als er der Umsetzung eines konkreten Vorhabens der Beigeladenen dient. Bereits im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses war die Planung des Vorhabens weitestgehend abgeschlossen, sodass für den Rat absehbar war, dass die Umsetzung des Vorhabens zu einer nahezu vollständigen Versiegelung des über 3 ha großen Plangebiets durch Wohnbebauung, Tiefgarage, Erschließungsanlagen und Quartiersplatz führen wird. Gleichwohl ist die Wahl des beschleunigten Verfahrens nicht missbräuchlich.
44Das Ausmaß der Versiegelung durch die vollständige Ausnutzung der festgesetzten überbaubaren Grundstücksflächen von insgesamt 12.640 qm sowie durch die zusätzlich ermöglichten Tiefgaragen und Stellplätze mit insgesamt 11.376 qm hält sich mit zusammen circa 24.000 qm in dem Rahmen, den ein Bebauungsplan nach § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB nach den vorstehenden Ausführungen vorgibt. Bei einer zulässigen Grundfläche im Sinne von § 19 Abs. 2 BauNVO von knapp unter 20.000 qm zuzüglich der nach § 19 Abs. 4 BauNVO zulässigen Anlagen können auf der Grundlage von im beschleunigten Verfahren aufgestellten Bebauungsplänen auch deutlich größere Flächen versiegelt werden. Dass hier der Bebauungsplan eine nahezu vollständige Versiegelung des Plangebiets zulässt, ändert nichts an der vergleichsweise bescheidenen Flächeninanspruchnahme insgesamt.
45Schließlich sind auch nicht die Grundflächen der Bebauungspläne C und D mitzurechnen. Sie verfolgen nach den Angaben der Antragsgegnerin allein das Ziel, zentrenrelevanten Einzelhandel auszuschließen und sind auch nicht im beschleunigten Verfahren aufgestellt worden, sodass es jedenfalls an einem engen sachlichen Zusammenhang mit dem Bebauungsplan fehlt.
46Der Bebauungsplan hat auch keine materiellen Fehler.
47Er ist nicht etwa unbestimmt, weil sich die einander überlagernden Festsetzungen als WA mit einer GRZ von 0,4 und einer GFZ von 1,2 einerseits und als Gemeinschaftsanlage – Quartiersplatz und Quartierserschließung – sowie als Fläche für Stellplätze andererseits widersprechen würden. Aus der zeichnerischen Darstellung in der Planurkunde ergibt sich, dass innerhalb des festgesetzten WA die überbaubaren Grundstücksflächen durch Baugrenzen bestimmt sind und die Gemeinschaftsanlage und die Stellplätze nur für die nicht überbaubaren Grundstücksflächen festgesetzt sind. Es besteht daher kein Zweifel, worauf sich die Festsetzungen zur Grundflächenzahl und zur Geschossflächenzahl jeweils beziehen.
48Gegen die Bestimmtheit der auf § 9 Abs. 1 Nr. 22 BauGB gestützten zeichnerischen Festsetzung der "Gemeinschaftsanlage – Quartiersplatz und Quartierserschließung" bestehen ebenfalls keine Bedenken.
49Ebenso wenig ist ersichtlich, inwieweit sich die Festsetzungen zu der Stellplatzanlage und zu der Gemeinschaftsanlage widersprechen könnten. Die oberirdische Stellplatzanlage im östlichen Teil des Plangebiets ist nach der Planbegründung für Besucherstellplätze vorgesehen, während der Stellplatzbedarf der künftigen Bewohner nach der Planbegründung in Tiefgaragen gedeckt werden soll. Die Antragsteller übersehen bei ihrem Vortrag, dass im östlichen Bereich der festgesetzten Gemeinschaftsanlage Stellplätze nur zulässig sind, soweit auf der Planurkunde durch gestrichelte Linien in roter Farbe eine Fläche für Nebenanlagen, Stellplätze und Tiefgarage umgrenzt wird. Dass im Einzelfall auf dieser Fläche auch Märkte oder Quartiersfeste stattfinden können, stellt die Bestimmtheit der Festsetzung nicht in Frage.
50Die Beschränkung der Grundfläche für Nebenanlagen auf 7,5 qm bezieht sich erkennbar auf die jeweilige Nebenanlage.
51Keinen rechtlichen Bedenken unterliegt auch die auf § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB gestützte Festsetzung des Allgemeinen Wohngebiets. Entgegen der Annahme der Antragsteller bleibt trotz der einschränkenden textlichen Festsetzung Nr. 1.2.1 der Charakter eines allgemeinen Wohngebiets im Sinne von § 4 Abs. 1 und 2 BauNVO insgesamt noch gewahrt.
52Nach den Festsetzungen des Bebauungsplans sind in dem Allgemeinen Wohngebiet WA Teil 1 Schank- und Speisewirtschaften, nicht störende Handwerksbetriebe sowie Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke nicht zulässig (§ 1 Abs. 5 und 8 BauNVO). Neben Wohngebäuden sind dort Anlagen für soziale Zwecke und ausnahmsweise die der Versorgung des Gebietes dienenden Läden zulässig. Im WA Teil 2 und 4 sind Wohngebäude und Anlagen für soziale Zwecke zulässig, während in dem kleinen WA Teil 3 nur Anlagen für gesundheitliche und sportliche Zwecke zulässig sind.
53Durch die Nutzungsausschlüsse ist das Spektrum der für die Gebietsart allgemeines Wohngebiet typischen baulichen Nutzungen zwar deutlich beschränkt, doch geht dadurch die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets, nämlich vorwiegend dem Wohnen zu dienen, nicht verloren. Das verbleibende Nutzungsspektrum ermöglicht noch die für ein allgemeines Wohngebiet typische Struktur und erlaubt insbesondere die Abgrenzung zu einem reinen Wohngebiet oder einem Mischgebiet.
54Dabei reicht es aus, dass das gegliederte Baugebiet bei einer Gesamtbetrachtung noch seinen durch die Baunutzungsverordnung vorgegebenen Gebietscharakter wahrt.
55Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12. Juli 2011 – 3 S 698/11 –, juris, Rn. 10 f.; Bay VGH, Urteil vom 3. August 2000 – 1 B 98.3122 –, juris, Rn. 18; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 1989 – 4 NB 32/89 –, juris, Rn. 11.
56Unter "Baugebiet" sind sämtliche jeweils als einheitlicher Baugebietstyp nach den §§ 2 bis 11 BauNVO festgesetzten Flächen innerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans zu verstehen.
57VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12. Juli 2011 – 3 S 698/11 –, a.a.O., Rn. 11.
58Schließlich ist auch die textliche Festsetzung Nr. 6 von einer einschlägigen Ermächtigungsgrundlage getragen und hinreichend bestimmt. Sie hat, ebenso wie die daran anknüpfende Vorgabe zum Einbau schallgedämpfter Lüftungssysteme für den Falle der Überschreitung von bestimmten Innenraumpegeln, bauliche und sonstige technische Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB zum Gegenstand. Die damit begründete Verpflichtung des jeweiligen Bauherrn, die Einhaltung von nach bestimmten Raumarten differenziert vorgegebenen Innenraumpegeln (Mittelungspegel gemäß VDI-Richtlinie 2719) vorrangig durch die Anordnung der Baukörper und/oder geeignete Grundrissgestaltung und andernfalls durch bauliche Maßnahmen an Außentüren, Fenstern, Außenwänden und Dächern der Gebäude sicherzustellen, begegnet ebenso wenig Bedenken wie die Festlegung von Immissionswerten zur näheren Konkretisierung dieser baulichen oder sonstigen technischen Vorkehrungen. Diese Verbindung stellt – anders als die Festsetzung isolierter Immissionsgrenzwerte – keine von § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB nicht gedeckte bloße Zielvorgabe dar.
59Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Mai 2017 – 10 D 2/16.NE –, juris, Rn. 27 ff., vom 19. August 2005 – 7 D 108/04.NE –, juris, Rn. 45 ff., und vom 2. Juli 2003 – 7a D 6/02.NE –, juris, Rn. 6 und 25.
60Der Bebauungsplan beruht auch nicht auf beachtlichen Fehlern bei der nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen Abwägung.
61Gemäß § 1 Abs. 7 BauGB sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot umfasst als Verfahrensnorm das Gebot zur Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials (§ 2 Abs. 3 BauGB) und stellt inhaltlich Anforderungen an den Abwägungsvorgang und an das Abwägungsergebnis. Es ist verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungserfordernis genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet.
62Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. September 2015 – 10 D 82/13.NE –, juris, Rn. 30.
63Der Rat hat die Belange des Lärmschutzes in der konkreten Planungssituation fehlerfrei abgewogen.
64Sollen Wohngebiete in eine nach üblichen Maßstäben unzumutbare, insbesondere durch den Straßenverkehr verursachte Immissionssituation hineingeplant werden, muss der Rat auch die Abwägungsdirektive des § 50 BImSchG berücksichtigen. Allerdings wird es häufig nicht möglich sein, in dicht besiedelten Gebieten allein durch die Wahrung von Abständen zu vorhandenen Straßen die davon ausgehenden schädlichen Umwelteinwirkungen auf Wohngebiete zu vermeiden. Wenn gleichwohl ein gewichtiges städtebauliches Interesse besteht, in einem solchen Gebiet ein neues Wohngebiet vorzusehen, obwohl die eigentlich erforderlichen Abstände zu den emissionsträchtigen Straßen nicht eingehalten werden können, ist durch geeignete bauliche und technische Vorkehrungen dafür zu sorgen, dass keine ungesunden Wohnverhältnisse entstehen.
65Welche Lärmbelastung einem Wohngebiet zugemutet werden darf, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Orientierungswerte der DIN 18005-1 "Schallschutz im Städtebau" können zur Bestimmung der zumutbaren Lärmbelastung eines Wohngebiets im Rahmen einer gerechten Abwägung lediglich als Orientierungshilfe herangezogen werden. Je weiter die Orientierungswerte der DIN 18005 vermutlich überschritten werden, desto gewichtiger müssen allerdings die für die Planung sprechenden städtebaulichen Gründe sein und umso mehr muss der Plangeber die ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten zur Festsetzung von baulichen und technischen Vorkehrungen auszuschöpfen, um diese Auswirkungen zu verhindern. Jedenfalls dann, wenn im Innern der Gebäude durch die Anordnung der Räume und die Verwendung schallschützender Außenbauteile ein angemessener Lärmschutz gewährleistet ist, kann es im Ergebnis mit dem Gebot gerechter Abwägung vereinbar sein, Wohngebäude mit ihrer der Emissionsquelle zugewandten Seite Außenpegeln auszusetzen, die deutlich über den Orientierungswerten der DIN 18005 liegen. Im Einzelfall kann beispielsweise auch in die Abwägung eingestellt werden, dass durch eine geschlossene Bebauung in dem künftigen Wohngebiet die rückwärtigen Flächen derselben Grundstücke und gegebenenfalls weitere Grundstücke gegenüber der Emissionsquelle wirksam abgeschirmt werden.
66Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 2007 – 4 CN 2.06 – juris, Rn. 7 ff.
67Nach diesen Grundsätzen hat der Rat die Lärmschutzbelange der künftigen Bewohner der Häuser im Plangebiet und der Anwohner außerhalb des Plangebiets, die von dem bisher auf ihre Grundstücke einwirkenden Straßenverkehrslärm und dem planbedingten zusätzlichen Straßenverkehrslärm in besonderem Maße betroffen sind, rechtsfehlerfrei bewertet und sie mit dem ihnen zustehenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Er hat insbesondere die mit der planbedingten Zunahme des Straßenverkehrs zu erwartende Zunahme der auf die in unmittelbarer Nähe des Plangebiets liegenden Wohnhäuser einwirkenden verkehrsbedingten Lärmimmissionen und die damit einhergehende Überschreitung der Orientierungswerte der DIN 18005 erkannt und in nicht zu beanstandender Weise abgewogen.
68Die Antragsteller im Verfahren 10 D 2/18.NE rügen die prognostizierte Belastung der Außenwohnbereiche auf den Grundstücken im südlichen Teil des Plangebiets durch den von der A und der I.-E.-Straße stammenden Straßenverkehrslärm mit Immissionspegeln von bis zu 63 dB(A).
69Eine angemessene Nutzung von Außenwohnbereichen ist nach der Rechtsprechung nur gewährleistet, wenn diese keinem Dauerschallpegel ausgesetzt sind, der einen Wert von 62 dB(A) tags überschreitet, denn dieser Wert markiert die Schwelle, bis zu der unzumutbare Störungen der Kommunikation und der Erholung nicht zu erwarten sind.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 – 4 A 1075.04 –, juris, Rn. 362 und 368, sowie OVG NRW, Urteil vom 13. März 2008 – 7 D 34/07.NE –, juris, Rn. 155 f.
71Der Rat hat angenommen, dass insoweit aktiver Lärmschutz weder notwendig noch aus städtebaulicher Sicht sinnvoll sei. Außenlärmpegel oberhalb von 62 dB(A) seien nur für den Bereich der Stirnseiten der zur I.-E.-Straße ausgerichteten Baukörper prognostiziert. Eine Anordnung von Außenwohnbereichen in Form von Terrassen oder Balkonen an diesen Stirnseiten gebe der Bebauungsplan nicht vor. Für die fraglichen Baukörper seien verschiedene Grundrissgestaltungen möglich, sodass Außenwohnbereiche an den seitlichen Fassaden geschaffen werden könnten.
72Die Kritik der Antragsteller im Verfahren 10 D 2/18.NE, eine abschirmende Wirkung künftiger Gebäude dürfe bei den Lärmprognosen nicht berücksichtigt werden, weil weder sichergestellt sei, dass diese Gebäude tatsächlich errichtet noch dass sie auf Dauer erhalten würden, überzeugt angesichts des konkreten Bauvorhabens, dessen Verwirklichung der Bebauungsplan dienen soll, nicht. Die in diesem Zusammenhang von den Antragstellern zitierte Rechtsprechung betrifft eine andere Fallgestaltung, nämlich eine Planung mit umfänglichen und komplexen Festsetzungen im Rahmen eines Schallschutzkonzepts, deren lückenlose Umsetzung auf der Ebene der Planverwirklichung erforderlich erscheint, sodass der Plangeber durch Festsetzungen nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BauGB eine zeitliche Staffelung der vorgesehenen Bebauung vorgibt. In einem solchen Fall muss, um zum Beispiel planbedingte Konflikte des Immissionsschutzes sachgerecht zu lösen, eine bestimmte Bebauung bereits verwirklicht sein, bevor eine weitere Bebauung folgen kann.
73Vgl. Hess. VGH, Urteil vom 22. April 2010 – 4 C 327/09.N –, juris, Rn. 96 ff.
74Hier hat der Rat zutreffend darauf verwiesen, dass der jeweilige Grundstückseigentümer – ohne auf eine Abschirmung durch andere Gebäude angewiesen zu sein – hinreichende Möglichkeiten habe, auf seinem Grundstück Außenwohnbereiche so anzuordnen, dass sie angemessen genutzt werden könnten.
75Unzutreffend ist die Auffassung der Antragsteller im Verfahren 10 D 2/18.NE, dass keine städtebaulichen Gründe für die erhebliche Überschreitung der Orientierungswerte der DIN 18005 gegeben seien beziehungsweise der Rat solche nicht verlautbart habe. Das Gegenteil ist der Fall. In dem Abwägungsvorschlag der Verwaltung, den sich der Rat zu eigen gemacht hat, heißt es, dass die für die zukünftige Wohnentwicklung in F. notwendige Nachverdichtung es erforderlich mache, auch die von Lärm betroffenen Flächen des Plangebiets einer Bebauung zuzuführen. Auf diese Weise werde der städtebauliche Lückenschluss zwischen dem Plangebiet und der umgebenden Wohnbebauung geschaffen. Ihr Vorhandensein mache zudem deutlich, dass die städtebauliche Situation in diesem Bereich eine Wohnbebauung zulasse.
76Schließlich ist auch die Abwägung der Verkehrslärmimmissionen auf den Wohngrundstücken außerhalb des Plangebiets nicht zu beanstanden. Die durch den Bebauungsplan hervorgerufenen zusätzlichen Lärmbelastungen von Grundstücken außerhalb des Plangebiets sind unter Berücksichtigung der erheblichen Vorbelastungen dieser Grundstücke nur geringfügig. An den untersuchten Fassaden der Häuser an der I.-E.-Straße sowie an der X.-straße liegen die Immissionspegel bereits im Prognose-Null-Fall über den Orientierungswerten der DIN 18005. In den allermeisten Fällen werden dort die Immissionspegel planbedingt um weniger als 2 dB(A) ansteigen. Nur an den Fassaden des Hauses I.-E.-Straße 46 im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss sowie des Hauses I.-E.-Straße 54 im Erdgeschoss sind größere planbedingte Erhöhungen der Immissionspegel bis maximal 2,5 dB(A) tags und 2,1 dB(A) nachts prognostiziert. Die Einschätzung des Rates, dass vor diesem Hintergrund der planbedingte Anstieg der Lärmimmissionen auf den außerhalb des Plangebiets liegenden Wohngrundstücken angesichts der mit der Planung verfolgten städtebaulichen Ziele gerechtfertigt erscheine, lässt keine Rechtsfehler erkennen. Der Lärmzuwachs liegt nach den gutachterlichen Feststellung überwiegend in einem Bereich, der für den Menschen subjektiv nicht oder kaum wahrnehmbar ist. Die Wahrnehmbarkeitsschwelle ist nach ständiger Rechtsprechung, bezogen auf einen rechnerisch ermittelten Dauerschallpegel bei Pegelunterschieden von 1 bis 2 dB(A) anzusetzen. Auch wenn derart geringe Erhöhungen der Immissionspegel von den Lärmbetroffenen regelmäßig hinzunehmen sind, hängt die Zumutbarkeit von zusätzlichen Lärmimmissionen letztlich maßgeblich von der jeweiligen Vorbelastung ab. Es ist anerkannt, dass es den Anwohnern öffentlicher Straßen, die bereits deutlich über den Orientierungswerten der DIN 18005 liegenden verkehrsbedingten Immissionspegeln ausgesetzt sind, grundsätzlich zuzumuten ist, marginale Erhöhungen dieser Immissionspegel hinzunehmen, die weit unterhalb der Schwelle der Wahrnehmbarkeit liegen. Auch hohe Vorbelastungen schließen es grundsätzlich nicht aus, den Betroffenen zusätzliche Lasten aufzuerlegen.
77Auch geringe Immissionspegelerhöhungen können allerdings dann unzumutbar sein, wenn die Lärmvorbelastung bereits so hoch ist, dass sie sich der Schwelle zur Gesundheitsgefährdung nähert oder diese gar überschreitet, wenn sie sich mithin der Grenze nähert, jenseits derer grundrechtliche Schutzanforderungen greifen. Der Staat hat dafür Sorge zu tragen, dass er die Gesundheit des Einzelnen nicht durch staatliche Maßnahmen verletzt, was in diesem Zusammenhang bedeutet, dass zusätzliche Lärmbeeinträchtigungen, die auf hoheitlichen Planungen beruhen, nicht zu einer Gesamtbelastung führen dürfen, die eine Gesundheitsgefährdung darstellt. Für Wohngebiete wird sie regelmäßig bei Immissionspegeln von etwa 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts gesehen.
78Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. November 2018 – 10 D 35/16.NE –, juris, Rn. 131 m.w.N.
79Diese gesundheitlich kritischen Werte werden allein an der Fassade des Hauses X.-straße 6 überschritten und zwar tagsüber bereits im Prognose-Null-Fall. Die planbedingte Erhöhung des Immissionspegels wird dort tags maximal 0,1 dB(A) ausmachen. Nachts liegt der Immissionspegel unterhalb des kritischen Wertes. Im Übrigen hat der Rat auch in seine Erwägungen einbezogen, dass eine alternative Möglichkeit, das Plangebiet verkehrlich zu erschließen, nicht in Betracht kommt. Dass eine alternative Bebauung des Plangebiets mit Einfamilienhäusern, wie sie die Antragsteller für geboten halten, tatsächlich zu einer relevanten Verringerung der planbedingten zusätzlicher Lärmbelastung für die südlich des Plangebiets liegenden Wohngrundstücke führen würde, lässt sich auf der Grundlage der Lärmimmissionsprognose nicht feststellen. Letztlich kommt es darauf aber auch nicht entscheidend an, weil das Ergebnis der Planung nach den vorstehenden Ausführungen nicht zu beanstanden ist.
80Die Antragsteller haben behauptet, es gebe keine sachgerechte Prognose zu dem planbedingten Lärm, der auf die benachbarten bebauten Grundstücke, unter anderem auf ihr eigenes Haus und Grundstück einwirken werde. Diese pauschale Kritik ist nach dem Vorstehenden unzutreffend. Dass der Rat den Schutz der Wohnruhe in den benachbarten Baugebieten nicht erkannt und nicht angemessen abgewogen haben könnte, lässt sich nicht feststellen. Wie sich aus den oben dargestellten Grundsätzen ergibt, trifft es auch nicht zu, dass der Lärm, der von der im Osten des Plangebiets vorgesehenen Stellplatzanlage sowie von der Zufahrt zur Tiefgarage ausgeht, nicht als Verkehrslärm, sondern als Anlagenlärm zu bewerten ist. Im Übrigen lässt sich der Planbegründung entnehmen, dass auch die einschlägigen Werte der 16. BImSchV und der TA Lärm bei durchschnittlichen Verkehrserwartungen durch den von der Stellplatzanlage sowie von der Zufahrt zur Tiefgarage ausgehenden Lärm nicht überschritten werden. Soweit die Antragsteller mit Schriftsatz vom 1. April 2020 nochmals ausgeführt haben, dass das im Aufstellungsverfahren eingeholte Immissionsschutzgutachten insoweit nicht auf der sicheren Seite liege, beruht diese Annahme im Wesentlichen auf einem – wie bereits dargelegt – falschen Verständnis der zeichnerischen Festsetzungen. In Bezug auf den Einwand, dass offen sei, ob die Oberfläche der Stellplatzanlage aus dem Material bestehen werde, das der Gutachter seiner Berechnung zugrunde gelegt habe, geht es nicht – wie die Antragsteller offenbar meinen – um eine vorhabenbezogene worst-case Betrachtung. Im vorliegenden Zusammenhang der Bauleitplanung ist allein maßgeblich, dass durch das Immissionsschutzgutachten der Nachweis erbracht ist, dass eine Realisierung der Planung möglich ist, ohne dass es für die benachbarten Grundstücke zu einer unzumutbaren planbedingten Immissionsbelastung kommt.
81Schließlich überzeugt auch die Kritik der Antragsteller hinsichtlich fehlender Festsetzungen zur Lage der Ein- und Ausfahrten der Tiefgaragen nicht. Dass insoweit eine Konfliktlösung in einem nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren nicht möglich sein könnte, ist nicht ansatzweise ersichtlich.
82Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 159, 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO und den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
83Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
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Referenzen
- 10 D 82/13 1x (nicht zugeordnet)
- 10 D 2/18 4x (nicht zugeordnet)
- 10 A 2557/16 1x (nicht zugeordnet)
- 3 S 698/11 2x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 159 1x
- 10 B 526/18 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- 10 D 2/16 1x (nicht zugeordnet)
- 4 NB 32/89 1x (nicht zugeordnet)
- 10 D 35/16 1x (nicht zugeordnet)
- 7 D 108/04 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 162 1x
- 7a D 6/02 1x (nicht zugeordnet)
- 7 D 34/07 1x (nicht zugeordnet)
- 4 C 327/09 1x (nicht zugeordnet)