Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 2 A 43/20
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 6.000,- Euro festgesetzt.
Gründe:
1Der auf die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
21. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ergeben sich aus dem insoweit maßgeblichen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) Zulassungsvorbringen nicht.
3Zur Darlegung des Zulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bedarf es einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts. Dabei ist in substantiierter Weise an der Gedankenführung des Verwaltungsgerichts orientiert aufzuzeigen, dass und warum das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis ernstlich zweifelhaft sein soll. In der Sache liegen ernstliche Zweifel vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Sie sind (nur) begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt.
4Derartige Zweifel weckt das Antragsvorbringen nicht.
5Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem Antrag,
6die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 31. Juli 2017 zu verpflichten, dem Kläger eine Baugenehmigung für die Errichtung von drei Kfz-Stellplätzen auf dem Grundstück Gemarkung E. , Flur .., Flurstück .. (T.------straße 11) gemäß seinem Bauantrag vom 21. März 2016/21. April 2016/27. Februar 2017 zu erteilen,
7im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, das Vorhaben widerspreche den Festsetzungen des einschlägigen Bebauungsplanes Nr. …… vom 13. März 1990. Die Festsetzungen dieses Bebauungsplanes seien für den hier fraglichen Bereich wirksam, obwohl der Bebauungsplan in anderen Teilen hinsichtlich der textlichen Festsetzung zur Zulässigkeit von Wohnen im festgesetzten Kerngebiet unter durchgreifenden Rechtsmängeln leide.
8Diese Festsetzung nach der in dem Kerngebiet sonstiges Wohnen allgemein zugelassen worden sei, sei mangels Rechtsgrundlage unwirksam. Dies führe jedoch nicht zur Gesamtunwirksamkeit des Planes, weil die übrigen Regelungen, Maßnahmen und Festsetzungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken könnten und nach dem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen der Gemeinde diese im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte. Das Vorhabengrundstück liege nicht in dem festgesetzten Kerngebiet, sondern in einem östlich angrenzenden allgemeinen Wohngebiet. Für diesen Bereich seien Festsetzungsmängel nicht zu erkennen oder vorgetragen. Aus den Aufstellungsunterlagen sei auch eindeutig erkennbar, dass der Plangeber die für den hier fraglichen Bereich getroffenen Regelungen auch dann beschlossen hätte, wenn ihm die Unwirksamkeit der allgemeinen Zulassung von Wohnungen im benachbarten Kerngebiet bekannt gewesen wäre. Die Begründung weise ausdrücklich darauf hin, dass der traditionelle Wohnstandort im östlichen Plangebiet mit seiner zum Teil im Erdgeschoss befindlichen Gewerbenutzung sowie die im rückwärtigen Anschluss genutzten Hausgärten unbedingt zu erhalten seien und das Gesamtquartier als Wohngebiet sehr bedeutungsvoll sei. Die Sicherung des vorhandenen Wohnbestandes werde sowohl für das Plangebiet als auch für die Funktionsfähigkeit der inneren historischen Altstadt als besonders wichtig angesehen. Ebenfalls ohne Weiteres anwendbar sei in diesem Gebiet die Festsetzung, wonach Stellplätze nur innerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen und in den besonders für diesen Zweck gekennzeichneten Flächen zulässig seien. Das Vorhaben solle indes außerhalb solcher Flächen verwirklicht werden. Diese Festsetzung sei auch nicht funktionslos. Zwar sei auf dem benachbarten Flurstück .. eine Stellplatzanlage vorhanden, bei der ein Teil der 12 Stellplätze außerhalb der für eine solche Nutzung offen stehenden Flächen liege. Diese Anlage sei jedoch nicht genehmigt und werde lediglich faktisch geduldet. Ihre Existenz hindere damit nicht, die Bestimmungen des Bebauungsplanes noch umzusetzen. Soweit ersichtlich, handele es sich auch um die einzige einschlägige Abweichung von dieser Festsetzung im allgemeinen Wohngebiet. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung. Dem stehe bereits entgegen, dass eine Befreiung für sein Vorhaben die Grundzüge der Planung berührte. Die Beschränkung der Zulässigkeit von Stellplätzen auf bestimmte Flächen gehöre hier zum Kern des Planungskonzepts. Der Plangeber habe durch die zurückhaltende Ausweisung von Stellplatzflächen deutlich gemacht, dass die Erhaltung der historisch gewachsenen Strukturen und die damit verbundene Beschränkung des Kfz-Verkehrs zu den wesentlichen Planungszielen gehöre. Für die Anlage von Stellplätzen habe er nur einzelne Flächen in den etwas weniger empfindlichen Bereichen der Grundstücke vorgesehen. Ausweislich der Begründung habe er auch erkannt und in seine Entscheidung einbezogen, dass damit im Plangebiet der vorhandene Stellplatzbedarf nicht gedeckt werden könne. Dies sei ausdrücklich mit Rücksicht auf die besondere städtebauliche Situation der Altstadt von E. hingenommen worden. Hinzu komme hier eine Vorbildwirkung. Bei einer Zulassung des Vorhabens könnten Anträge anderer Grundstückseigentümer auf Genehmigung von Stellplätzen auf nicht dafür ausgewiesenen Flächen kaum mehr abgelehnt werden. Dies gelte namentlich für die auf dem benachbarten Grundstück vorhandene Stellplatzanlage, für die es bisher keine Genehmigung gebe. Es würde mithin eine Entwicklung eingeleitet, die ein ungeordnetes Anlegen von Stellplätzen auf allen anfahrbaren Freiflächen ermögliche und damit eine Verwirklichung der bauplanerischen Festsetzungen zum Erhalt der historischen Stadtstruktur im Plangebiet auf Dauer in Frage stellte.
9Diesen eingehenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts setzt das Zulassungsvorbringen nichts Erhebliches entgegen, das im oben genannten Sinne zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der Entscheidung führen könnte.
10Der ausführliche Vortrag zu den aufgrund des Sanitär- und Heizungsbetriebs des Vaters des Klägers unabdingbaren Stellplätzen führt hier schon deshalb nicht auf einen Genehmigungsanspruch des Klägers, weil sich dieser Betrieb nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben der Beklagten nicht in dem fraglichen allgemeinen Wohngebiet, sondern in dem benachbarten Kerngebiet befindet. In allgemeinen Wohngebieten sind Stellplätze nach § 12 Abs. 2 BauNVO jedoch nur für den (dort) durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig. Die Anlage von Stellplätzen auf dem Vorhabengrundstück für den Sanitär- und Heizungsbetrieb wäre daher von vornherein unzulässig. Deshalb mag auf sich beruhen, dass bisher die Notwendigkeit für die geplanten Stellplätze aus der Nutzung des Gebäudes T.------straße 11 – konkret der dortigen Boutique - hergeleitet wurde. Ergänzend ist lediglich anzumerken, dass mit diesem Vortrag die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Zulassung der Stellplätze im Wege der Befreiung berühre Grundzüge der Planung, ohnehin nicht in Frage gestellt werden könnte. Sind nämlich solche berührt, wäre auch bei einem dringenden Bedarf eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB unzulässig.
11Soweit der Kläger ferner unter IV. der Begründung des Zulassungsantrages – erneut ‑ die Willkürlichkeit der getroffenen Ausweisungen für Stellplätze rügt, bleibt dies ohne nachvollziehbare Begründung. Insbesondere legt er nicht dar, dass die hierfür gegebene Begründung, es handele sich um weniger sensible Bereiche im Hinblick auf die erhaltenswerte besondere Struktur der E1. Altstadt, in der sich ausweislich der Planurkunde unzutreffend oder vorgeschoben sein könnte. Dass sich der Plangeber seinerzeit auch an artikulierten Nutzungswünschen der betroffenen Eigentümer orientiert haben mag, deutet ebenfalls auf keinen willkürlichen Umgang mit diesem Festsetzungsinstrument hin. Im Ergebnis käme hier im Übrigen ohnehin allenfalls ein Abwägungsmangel in Betracht, der indes durch Zeitablauf geheilt wäre.
12Die Ausführungen unter V. der Begründung des Zulassungsantrages lassen nicht erkennen, dass die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Unwirksamkeit der Kerngebietsausweisung lasse ausweislich der Planbegründung jedenfalls die Wohngebietsfestsetzungen unberührt, unzutreffend sein könnte. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, warum das als solches ausdrücklich und konkret betrachtete allgemeine Wohngebiet mit seinen besonderen Strukturen als traditioneller Wohnstandort mit wohngebietsverträglicher Gewerbenutzung im Erdgeschoss nicht "selbständig städtebaulich lebensfähig" sein könnte. Dieser Charakter ist jedenfalls mangels nachvollziehbarer Begründung nicht abhängig davon, dass im angrenzenden Kerngebiet (ebenfalls) allgemein gewohnt werden kann.
13Schließlich hat das Verwaltungsgericht ausdrücklich offen gelassen, ob ein Verstoß gegen die einschlägige Gestaltungssatzung der Stadt E. vorliegt. Insofern sind die hieran geäußerten Zweifel des Klägers von vornherein nicht geeignet, die Richtigkeit der Entscheidung in Frage zu stellen.
142. Angesichts dessen weist die Rechtssache auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) auf. Weitergehende, noch nicht unter 1. erschöpfend behandelte Aspekte enthält das Zulassungsvorbringen insoweit nicht. Der Vortrag des Klägers soll vielmehr offensichtlich ohne Differenzierung für beide angesprochenen Zulassungsgründe gelten.
15Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
16Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 3 GKG und folgt der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung und ihrer Begründung.
17Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist das angefochtene Urteil rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.
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Referenzen
- §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 3 GKG 4x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 124 4x
- BauNVO § 12 Stellplätze und Garagen 1x
- § 31 Abs. 2 BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 152 1x
- VwGO § 124a 1x