Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 2 B 826/20
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 15.000,- Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
3Die in der Beschwerdebegründung fristgerecht dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der angefochtenen Entscheidung, mit der es das Verwaltungsgericht abgelehnt hat, die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die der Beigeladenen von der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung für den Neubau eines Haus- und Gartencenters für Landhandel mit Regallager und Tankstelle auf dem Grundstück O. 2 anzuordnen. Auch unter Zugrundelegung des Beschwerdevorbringens spricht vielmehr mindestens Überwiegendes dafür, dass die angegriffene Genehmigung Rechte der Antragstellerin nicht berührt. Jedenfalls fällt angesichts dessen die nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderliche Interessenabwägung – zumal vor dem Hintergrund des § 212a BauGB – zu Lasten der Antragstellerin aus, wie es das Verwaltungsgericht eingehend und mit zutreffendem Ergebnis dargelegt hat. Die fristgerecht eingegangenen Ausführungen in der Beschwerdebegründung geben keine Veranlassung zu einer abweichenden Bewertung; Anhaltspunkte für eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung wegen der Verletzung von auch die Antragstellerin schützenden Normen ergeben sich daraus nicht.
4Dies gilt schon deshalb, weil im vorliegenden Eilverfahren der Bebauungsplan Nr. – O. „Raiffeisenmarkt“ grundsätzlich als wirksam zugrundezulegen ist. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des beschließenden Gerichts.
5Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 26. September 2016 - 2 B 660/16 -, juris. Rn. 27.
6Das Verwaltungsgericht hat im Sinne einer Alternativbetrachtung diese Frage zwar letztlich offengelassen, jedoch festgestellt, dass das Vorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht. Dem setzt die Beschwerde nichts entgegen. Sie behauptet insbesondere nicht, dass das Vorhaben mit diesen Festsetzungen nicht vereinbar wäre; angesichts dessen fehlt es jedenfalls an einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung zu ihren Lasten.
7Unbeschadet dessen ergibt sich dies aber auch im Übrigen nicht aus den einzelnen Angriffen gegen die erstinstanzliche Entscheidung. Dass sich die Antragstellerin auf einen Gebietsgewährleistungsanspruch berufen kann, hat das Verwaltungsgericht mit umfassender Begründung und offensichtlich zu Recht ausgeschlossen. Selbst wenn man dem Vortrag der Antragstellerin hinsichtlich berücksichtigungsfähiger Grundstücke in allen Bereichen folgte, bildeten die allenfalls 8 Gebäude bzw. Teile von Gebäudekomplexen, von denen mindestens eines seit fast 10 Jahren nicht mehr existiert, jedenfalls keinen Ortsteil im Sinne von § 34 BauGB. Dazu reicht hier schon ihre Zahl nicht aus, um ein „gewisses Gewicht“ in Abgrenzung zu einer Splittersiedlung zu begründen.
8Vgl. dazu nur OVG NRW, Beschluss 22. Mai 2019 ‑ 2 A 2785/18 -, m. w. N.
9Dass hier aufgrund siedlungsstruktureller Besonderheiten in M. etwas anderes gelten könnte, ist nicht zu erkennen und wird von der Antragstellerin auch nicht ansatzweise aufgezeigt.
10Vgl. erneut OVG NRW, Beschluss 22. Mai 2019 - 2 A 2785/18 -, m. w. N.
11Hinzu kommt, dass die teils großen Abstände zwischen den bestehenden Gebäuden schwerlich die Annahme einer zusammenhängenden Bebauung rechtfertigen können, zu dem das Vorhabengrundstück bei unterstellter Unwirksamkeit des Bebauungsplans gehören könnte. Die als wahllos und ungeregelt erscheinende Bebauung auf im Wesentlichen zwei Grundstücken, wobei sich auf dem einen jedenfalls im Schwerpunkt gewerbliche Nutzungen finden und auf dem anderen dagegen Wohnnutzungen, kann ersichtlich nicht den Eindruck einer organischen Siedlungsstruktur erwecken, zumal sie auch in größerer Entfernung keine Entsprechung findet.
12Im Übrigen kann von einer fortprägenden Wirkung der seit mindestens 2012 entfernten Baulichkeiten des Bauunternehmens L. wohl keine Rede sein. Die Antragstellerin hat vielmehr selbst im Normenkontrollverfahren 2 D 67/19.NE dezidiert die zwischenzeitliche Entwicklung betont, wonach sich dort eine „Ruderalfläche mit Vegetationsstrukturen“ entwickelt habe, die die 2012 noch bestehende „Schotterfläche ohne Grünstrukturen“ abgelöst habe, und deren Nichtberücksichtigung einen durchgreifenden Abwägungsmangel begründen soll. Angesichts dessen und vor dem Hintergrund, dass die beabsichtigte Bauleitplanung zwischenzeitlich über mehrere Jahre gestoppt worden war, erschließt sich nicht, dass die Verkehrsauffassung mit einer Wiedererrichtung von Baulichkeiten noch gerechnet hätte. Dies gilt umso mehr, als der hierfür im Außenbereich vom Bundesverwaltungsgericht angenommene Regelzeitraum von zwei Jahren,
13vgl. dazu nur BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1995 - 4 C 20.94 -, BVerwGE 98, 240, und Beschluss vom 5. Mai 2015 - 4 BN 2.15 -, juris Rn. 14 ff.,
14zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung – und auch zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplanes – seit langem abgelaufen war. Selbst die Siebenjahresfrist des § 42 Abs. 2 BauGB war zu diesem Zeitpunkt bereits verstrichen. Anders als in der von der Antragstellerin angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. September 1986 - 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34, handelt es sich auch nicht um eine Innenbereichslage oder eine Außenbereichsinsel.
15Selbst wenn man – was wie gesagt fernliegt – einen Bebauungszusammenhang von hinreichendem Gewicht zwischen den Häusern nördlich der B 236 und den Baulichkeiten der Antragstellerin annehmen wollte, nähme das Vorhabengrundstück hieran jedenfalls nicht teil. Der Bebauungszusammenhang endete jedenfalls an den Außenmauern vorstehender baulicher Anlagen; es ist auch weder dargelegt noch ersichtlich, dass dies ausnahmsweise aufgrund besonderer topographischer Verhältnisse oder aus sonstigen Gründen hier anders zu beurteilen wäre.
16Vgl. in diesem Zusammenhang nur OVG NRW, Beschluss vom 25. Februar 2020 - 2 A 3368/19 -, juris Rn. 9 ff., und Urteil vom 7. März 2019 - 2 A 2312/17 -, DVBl. 2019, 1342 = juris Rn. 27 ff.
17Die Befürchtung der Antragstellerin, aufgrund der Verwirklichung des genehmigten Vorhabens entstehe eine unzumutbare Erschließungssituation ihres Grundstücks, lässt sich so nicht nachvollziehen. Dies gilt schon deshalb, weil die hierauf zu beziehenden Ausführungen der Beschwerde offenbar weitestgehend gar nicht sie, sondern die ebenfalls von den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin vertretene Antragstellerin im Verfahren 2 B 691/20 betreffen. Jedenfalls ist das Grundstück der Antragstellerin nach Aktenlage nicht nur 10 m breit (so aber S. 7 der hiesigen Beschwerdebegründung) und liegt auch nicht der Straße O. gegenüber (so aber S. 6). Ein etwaiger von Fahrzeugen, die von der B 236 zum genehmigten Markt links abbiegen, verursachter Rückstau beträfe ihr Grundstück von vornherein nicht. Die Linksabbieger erreichen das Vorhabengrundstück über die Bundesstraße aus östlicher Richtung, die Einfahrt zum Grundstück der Antragstellerin liegt jedoch ca. 90 m westlich. Dass sich demgegenüber beim Rechtsabbiegen auf das Vorhabengrundstück nennenswerte Rückstaus – geschweige denn solche mit einer Länge von mehr als 90 m - bilden könnten, ist mindestens fernliegend. Dies ließe sich im Übrigen auch nicht mit der Annahme der Antragstellerin in Übereinstimmung bringen, die Bundesstraße habe keine trennende Wirkung.
18Welchen Einfluss die Qualität der bestehenden Einmündungssituation der Straße O. zur B 236 auf die – ausreichende – Erschließung des westlich davon anzufahrenden Grundstücks haben könnte, erschließt sich im Weiteren nicht. Die Einstufung der Leistungsfähigkeit des O1. nach Verwirklichung des Vorhabens der Beigeladenen und Anlage einer Linksabbiegespur auf der B 236 in die Kategorie D, die ohnehin immer noch ausreichenden Verkehrsfluss indiziert, beruht laut der im Bebauungsplanverfahren eingeholten Verkehrsprognose auf der prognostizierten Wartezeit für Linksabbieger aus dem O. in die Bundesstraße. Hiervon wird der sich rechts davon abspielende Zu- und Abgangsverkehr der Betriebe der Antragstellerin jedenfalls nicht tangiert.
19Lediglich klarstellend weist der Senat in diesem Zusammenhang darauf hin, dass zur hinreichenden Erschließung eines Grundstücks jedenfalls nicht gehört, dass man dieses ohne nennenswerte Wartezeiten zu einer Bundesstraße hin verlassen oder anfahren kann. Dass der Ausbau der B 236 nicht Gegenstand der in Rede stehenden Baugenehmigung ist, ist deshalb nicht einmal von Belang. Im Übrigen steht aber die Aufnahme der Nutzung auf dem Vorhabengrundstück ohnehin unter der Bedingung, dass die Beigeladene den für den Ausbau der B 236 und die Anlage der Linksabbiegespur erforderlichen Grunderwerb vollzogen hat. Aus welchen Gründen sich dann der Ausbau selbst bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. als nicht hinreichend gesichert darstellen sollte, erschließt sich nicht. Hierauf geht auch die Antragstellerin nicht ein. Soweit sie darüber hinaus bemängelt, die im Verkehrsgutachten verwerteten Verkehrszahlen aus dem Jahr 2012 seien veraltet, dürfte dies – ungeachtet der Frage, welche Konsequenzen dies für die (Nachbarrechtswidrigkeit der) Baugenehmigung haben könnte – nicht zutreffen. Denn das Gutachten aus Mai 2012 enthält auf S. 5 einen Vergleich der DTV seit dem Jahr 2000, die es – zutreffend – als „ überaus konstant“ (2000: 12.266 Kfz/24h, 2005: 12.455 Kfz/24h, 2010: 12.212 Kfz/24h) erfasst. Dass und warum sich dies in den letzten Jahren signifikant geändert haben könnte, ist nicht zu erkennen. Indizien hierfür nennt auch die Antragstellerin nicht.
20Die umfangreichen Ausführungen der Antragstellerin zu ihr drohenden unzumutbaren Lärmbelastungen überzeugen ebenfalls nicht. Das auf Seite 10 der Beschwerdebegründung angeführte Zitat, mit der sich die Beschwerde auf etwa zwei Seiten beschäftigt, findet sich in dem hier angefochtenen Beschluss bereits so nicht, sondern entstammt demjenigen im Verfahren 2 B 691/20. Offenbar geht es auch hier allein um Belange der Antragstellerin im dortigen Verfahren, deren Perspektive etwa im Hinblick auf die vermeintliche Unbestimmtheit des nur im Verfahren 2 B 691/20 gewählten Begriffs des Nachbargrundstücks auch im Folgenden beibehalten wird. Ob die weiteren Ausführungen gleichwohl (auch) die hiesige Antragstellerin betreffen sollen, ist danach offen, wird vom Senat im Folgenden aber unterstellt. Eine der Antragstellerin unzumutbare Immissionssituation nach Verwirklichung des genehmigten Vorhabens ergibt sich daraus indes nicht.
21Das gilt zunächst, soweit die Antragstellerin mit ihren Ausführungen auf den Seiten 10 – 12 der Beschwerdebegründung den für ihr Grundstück angesetzten Immissionsrichtwert für Gewerbegebiete als unangemessen in Abrede stellen sollte. Dass die dort genehmigten Nutzungen – eine Werkstatt für Busse, Lkw und Pkw mit 30 Mitarbeitern, ein Bike-Shop und eine Dekra-Niederlassung – bei typisierender Betrachtung nicht mehr mischgebietsverträglich sind, liegt auf der Hand. Irrelevant ist insoweit, ob dieser Betrieb auch zur Nachtzeit stattfindet.
22Dass die damit anzusetzenden Immissionsrichtwerte von 65 dB(A) tags an dem zu Wohnzwecken genutzten Gebäudeteil auf dem Grundstück der Antragstellerin hier überschritten werden könnten, erschließt sich dann aus den weiteren Ausführungen der Beschwerde nicht. Das von der Antragsgegnerin zugrunde gelegte Immissionsgutachten C. /C1. /X. aus März 2014, das im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens zum Bebauungsplan Nr. erstellt wurde, prognostiziert hier mit 57,9 dB(A) eine um mehr als 7 dB(A) niedrigere Belastung, die zudem deutlich unter der Irrelevanzschwelle der Nr. 3.2.1 Abs. 2 der TA Lärm bleibt. Welche maßgeblichen Vorbelastungen mit Ausnahme der Eigenbelastung durch die auf dem Grundstück der Antragstellerin selbst ausgeübten Gewerbe bestehen könnten, erschließt sich dabei aus der Örtlichkeit nicht und wird von der Antragstellerin auch nicht konkret aufgezeigt. Schon aufgrund des erheblichen „Puffers“, der mehr als eine Verdoppelung des dem Betrieb der Beigeladenen zuzuordnenden Lärmgeschehens problemlos abdeckte, liegt eine relevante Fehleinschätzung der Belastungssituation durch die erteilte Genehmigung fern.
23Unbeschadet dessen gehen die einzelnen Kritikpunkte der Antragstellerin an den gutachterlich angesetzten Emissionsansätzen fehl. Soweit sie in erster Linie bemängelt, die Zahl der genehmigten Parkplätze liege deutlich höher als die gutachterlich betrachteten und deshalb sei mit einem fast doppelt so hohen Kundenaufkommen zu rechnen, geht das an den Annahmen des Gutachtens bereits im Grundsatz vorbei. Dieses berechnet die Zahl der Kunden nachvollziehbar und methodisch korrekt anhand der Verkaufsfläche und nicht auf der Grundlage der vorhandenen Stellplätze. Diese Verkaufsfläche wird dabei mit 2.500 m² auch deutlich höher angesetzt als die hier genehmigte von 2.070 m², und zwar „im Sinne einer Schätzung zur sicheren Seite“ (dort S. 9). Auf wie viele Parkplätze sich diese Kunden verteilen, ist für die resultierenden Emissionen hingegen irrelevant. Da das Gutachten, wie aus dem Übersichtsplan S. 6 ersichtlich ist, die Parkplätze so dicht wie denkbar an das Grundstück der Antragstellerin heran modelliert, ergibt sich auch unter Verteilungsgesichtspunkten aus einem größeren Stellplatzangebot auch keine Verschlechterung ihrer Immissionssituation; im Gegenteil dürfte diese dadurch geringer ausfallen, weil auch Parkflächen genutzt werden, die weiter von ihrem Grundstück entfernt liegen.
24Nichts anderes ergibt sich aus Lage und Zahl der Mitarbeiterparkplätze. Zwar trifft es zu, dass die im Südwesten gelegene gesonderte Stellfläche in den genehmigten Bauvorlagen nicht ausdrücklich so bezeichnet ist. Am beabsichtigten und nach Lage der Dinge einzig in Betracht kommenden Nutzerkreis ändert dies jedoch nichts. Sie sind durch ein Tor abgetrennt und auch im Übrigen abgesetzt. Warum Kunden diese anfahren sollten (selbst wenn sie das Tor passieren könnten), um dann den relativ weiten Weg zum Eingang zurückzulaufen, ist angesichts des augenscheinlich ausreichenden Stellplatzangebots im Eingangs- und Zufahrtsbereich nicht zu erklären. Im Übrigen liegt die gutachterliche Betrachtung dieser besonders nah an der genehmigten Wohnung auf dem Grundstück der Antragstellerin gelegenen Anlage auch mehr als nur auf der sicheren Seite. Denn die Zahl der laut Betriebsbeschreibung tätigen Mitarbeiter liegt nur bei der Hälfte der begutachteten (15 statt 30 Mitarbeiter).
25Da sich die Zahl der Kunden nicht nach der Zahl der Stellplätze bemisst, sondern nach der hier großzügig angesetzten Verkaufsfläche, resultiert aus dem größeren Angebot von Parkplätzen auch kein entsprechend höherer Einsatz von Einkaufswagen. Eine Verdoppelung war insofern nicht einzustellen.
26Ebenso wenig deuten die Einwände der Beschwerde zum begutachteten Lieferverkehr auf eine relevante Unterschätzung des Lärmgeschehens hin. Insbesondere trifft es – soweit ersichtlich - nicht zu, dass nur ein Drittel der tatsächlichen Fahrten eingerechnet worden wären. Die in dem Gutachten aus März 2014 angesetzten 8 Fahrten betreffen augenscheinlich allein die zum Grundstück der Antragstellerin gelegene TF 1 – mithin den Raiffeisen-Verbrauchermarkt – und dort auch nur die Anfahrt mit schweren Lkw. Weitere Anlieferungen finden indes auch zum deutlich weiter nach Osten abgesetzten Schüttgutlager der TF 2 statt, die für die Immissionsbelastung der Antragstellerin von allenfalls untergeordneter Bedeutung sind. In diesem Zusammenhang ist zudem zu berücksichtigen, dass sich die genehmigte Ladezone an der Südseite des Verbrauchermarktes befindet, die durch das Gebäude weitgehend vom Grundstück der Antragstellerin abgeschirmt wird, während das Immissionsgutachten eine Ecklage nach Südwesten betrachtet hat und so mit der Westfassade auch den für das Grundstück der Antragstellerin ungünstigsten Emissionsort.
27Soweit die Antragstellerin weiter die Betrachtung des Schüttgutlagers als unzureichend ansieht, ergibt sich hieraus schon deshalb nichts für ihre Rechtsposition, weil sich dieses auf dem von ihrem Grundstück am weitesten entfernten Teil des Betriebsgeländes der Beigeladenen befindet. Selbst wenn hier zu niedrige Emissionsansätze gewählt worden wären, könnte sich dies allenfalls marginal auf die zu erwartenden Immissionen an der auf dem Grundstück der Antragstellerin befindlichen Wohnung auswirken. Unbeschadet dessen ist aber ein solcher Mangel hier nicht ersichtlich. Die Art der Schüttgüter ergibt sich aus der Betriebsbeschreibung, Schotter gehört dazu nicht und musste deshalb auch nicht betrachtet werden.
28Angesichts dessen ist auch nicht zu erkennen, dass durch einen – unterstellt in relevanter Weise unterbliebenen – Ansatz der durch Entsorgungseinrichtungen und -fahrzeuge verursachten Geräusche die zulässigen Immissionsrichtwerte am Grundstück der Antragstellerin auch nur näherungsweise erreicht würden. Angesichts der oben dargestellten Umstände ist vielmehr zu erwarten, dass der nur außerhalb der Nacht- und etwaiger Ruhezeiten genehmigte Betrieb des Haus- und Gartencenters die gutachterlich errechneten Werte, die bereits unterhalb der Irrelevanzschwelle bleiben, nicht einmal erreichen wird.
29Hinsichtlich einer unzuträglichen nächtlichen Immissionsbelastung ergibt sich nichts anderes. Der Haus- und Gartenmarkt wird - wie gesagt - zur Nachtzeit nicht betrieben und auch nicht beliefert; dass allein durch die durchgängig betriebenen technischen Anlagen der für ein Gewerbegebiet geltende Immissionsrichtwert überschritten werden könnte, ist nicht zu erkennen. Soweit die Beschwerde pauschal auf „regelmäßige Richtwertüberschreitungen großflächiger Einzelhandelsbetriebe“ verweist, geht das an der hiesigen Situation im Kern vorbei. Denn zum einen gelten hier – anders als in „Regelfällen“ – nur die Richtwerte eines Gewerbegebietes, zum anderen handelt es sich jedenfalls deshalb um einen untypischen Einzelhandel, weil er etwa keine zu kühlenden Lebensmittel anbietet.
30Demgegenüber ist nach den gutachterlichen Feststellungen, denen die Antragstellerin nicht, jedenfalls nicht substantiiert entgegen getreten ist, ein nächtlicher Betrieb der Tankstelle nicht mit relevanten Lärmbelastungen auf ihrem Grundstück verbunden. Aus diesem Grund kann auch dahingestellt bleiben, ob dieser genehmigt oder durch die jedenfalls Fragen aufwerfenden grüngestempelten Betriebsbeschreibungen hinreichend bestimmt ausgeschlossen worden ist, woran bereits das Verwaltungsgericht berechtigte Zweifel geäußert hat.
31Ebenso wenig kann sich die Antragstellerin bei dieser Sachlage auf vermeintliche Verfahrensfehler wegen aus ihrer Sicht fehlender, aber erforderlicher Gutachten zu Verkehr und Lärm berufen – unbeschadet des Umstandes, dass die Frage, ob alle erforderlichen Bauvorlagen eingereicht wurden, jedenfalls für sich genommen regelmäßig nicht nachbarschützend ist.
32Zugleich erschließt sich auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens – unbeschadet des Umstandes, dass es bei den einschlägigen Ausführungen (S. 16 – 18) offenbar erneut allein um die Antragstellerin im Verfahren 2 B 691/20 geht, jedenfalls war bisher nicht die Rede davon, dass auch die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens eine Tankstelle eröffnen möchte (S. 18) - hiernach nicht, dass das genehmigte Vorhaben der Antragstellerin in unzumutbarer Weise die Möglichkeit nehmen könnte, auf ihrem Grundstück ihrerseits weitergehende emittierende Nutzungen zu etablieren. Dabei unterstellt der Senat, dass der derzeitige Betrieb vollumfänglich genehmigt wurde und sich das faktische Betriebsgeschehen im genehmigten Rahmen hält. Die genehmigte Nutzung wird durch die angefochtene Genehmigung indes nicht beschränkt, Beeinträchtigungen hat die Antragstellerin dadurch nicht zu gewärtigen. Konkretisierte Planungen zur Erweiterung der bestehenden Betriebe behauptet sie indes selbst nicht. Die Antragstellerin kann aber jedenfalls nicht zulasten der Beigeladenen ein Freihalteinteresse prophylaktisch geltend machen. Sie ist vielmehr darauf verwiesen, bei eigenen Erweiterungsplänen die dann vorhandene legale Vorbelastung zu berücksichtigen, wie dies die Beigeladene etwa auch im Hinblick auf den bestehenden Betrieb der Antragstellerin bei ihrem Vorhaben tun musste. Dass ihr damit jegliche weitergehende bauliche Nutzung allein aus immissionsschutzrechtlichen Gründen versagt wäre, ist – nicht zuletzt vor dem Hintergrund von Nr. 3.2.1 Abs. 2 und 2.2 a) TA Lärm – auch nicht ansatzweise ersichtlich. Im Übrigen wäre das von ihr als alternativlos betrachtete Instrument der Festsetzung von Lärmemissionskontingenten im Bebauungsplan Nr. von vornherein zur Lösung eines solchen Konflikts ungeeignet.
33Vgl. zur Funktion als ausschließlich planinternes „Verteilungsinstrument OVG NRW, Urteil vom 17. August 2020 - 2 D 25/18.NE -, juris; dazu eingehend auch Vietmeier, BauR 2018, 766 f.; Heilshorn/Kohnen, UPR 2019, 81, 85 f.
34Die Antragstellerin kann sich schließlich auch nicht auf eine fehlende Erlaubnis nach § 18 BetrSichV berufen. Angesichts der Entfernung der Tankstelle von der gemeinsamen Grundstücksgrenze ist bereits mindestens zweifelhaft, dass sich die dortigen – noch weiter entfernten Gebäude – noch im „Gefahrenbereich“ der Anlage befinden. Ebenso wenig liegt auf der Hand, dass das Genehmigungserfordernis trotz der Inpflichtnahme allein eines „Arbeitgebers“ auch insoweit Drittschutz vermitteln könnte. Unbeschadet dessen ist aber jedenfalls im vorliegenden Eilverfahren davon auszugehen, dass die explosionsgefährdete Anlage nicht in Betrieb genommen wird, bevor nicht die zwischenzeitlich beantragte Erlaubnis nach § 18 BetrSichV erteilt wurde. Gründe für die Annahme, die Beigeladene werde sich sehenden Auges über die gesetzlichen Anforderungen an den Betrieb ihrer Tankstelle hinwegsetzen, vermag der Senat nicht zu erkennen; äußerstenfalls wäre dann aber ein Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO denkbar und zum Schutz der Antragstellerin ausreichend.
35Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil diese im Beschwerdeverfahren einen Sachantrag gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
36Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG und folgt der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung.
37Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.
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