Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 B 1350/20
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme etwaiger außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen, welche dieser selbst trägt.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf die Wertstufe bis 13.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.
3Die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts fristgerecht vorgebrachten Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen es nicht, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und dem sinngemäß gestellten Antrag zu entsprechen,
4der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, den mit der Besoldungsgruppe A 9Z bewerteten Dienstposten „Bürosachbearbeiterin/Bürosachbearbeiter (m/w/d) Vorbeugender Brandschutz bei der Beschäftigungsdienststelle BAIUDBw Abteilung Infrastruktur in I. “ mit einer anderen Mitbewerberin/einem anderen Mitbewerber, insbesondere mit dem Mitbewerber Hauptbrandmeister Q. , zu besetzen, und der Antragsgegnerin aufzugeben, alles zu unterlassen, was eine Ernennung und Beförderung einer Mitbewerberin/eines Mitbewerbers in die vorgenannte Stelle bewirken könnte, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden und eine Frist von zwei Wochen nach Mitteilung der erneuten Entscheidung an den Antragsteller abgelaufen ist.
5Zur Begründung seiner ablehnenden Entscheidung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, der Antragsteller habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. An einem solchen fehle es jedenfalls deshalb, weil der Antragsteller auch im Falle einer neuen, etwaige Rechtsfehler vermeidenden Auswahlentscheidung chancenlos wäre. Die Auswahlentscheidung sei dahingehend zu verstehen, dass sie sich nicht nur auf die Besetzung des streitbefangenen Dienstpostens, sondern auch auf die Vergabe des entsprechenden Statusamts der Besoldungsgruppe A 9 mit Zulage beziehe (sog. einaktiges Verfahren). Ob diese Auswahlentscheidung rechtswidrig sei, bedürfe keiner Vertiefung. Der Auswahl des Antragstellers in einem neuen Auswahlverfahren stünde jedenfalls § 22 Abs. 3 BBG entgegen, nach dem bei Beförderungen Ämter, die nach der Gestaltung der Laufbahn regelmäßig zu durchlaufen seien, nicht übersprungen werden dürften. Bei einem Amt einer Besoldungsgruppe mit Amtszulage handele es sich um ein anderes statusrechtliches Amt als bei einem Amt der gleichen Besoldungsgruppe ohne Amtszulage. Vor diesem Hintergrund komme eine Auswahl des Antragstellers nicht in Betracht, weil dieser sich in einem Amt der Besoldungsgruppe A 8 befinde. Bevor ihm das streitige Statusamt der Besoldungsgruppe A 9 mit Amtszulage verliehen werden dürfen, bedürfe es zunächst einer Beförderung des Antragstellers in ein Amt der Besoldungsgruppe A 9.
6Mit der Beschwerde wendet sich der Antragsteller in erster Linie gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin beziehe sich nicht lediglich auf die Übertragung des Beförderungsdienstpostens, sondern betreffe zugleich die – allerdings erst nach erfolgter Bewährung zu vollziehende – Beförderung selbst. Die Antragsgegnerin habe ein solches einheitliches Verfahren erst nach einem ausführlichen Hinweis des Gerichts angenommen. Bereits deshalb bestünden daran berechtigte Zweifel. Auch das Verwaltungsgericht habe zunächst keine Anhaltspunkte für ein solches Verfahren erkennen können. Daran könnten auch die Ausführungen der Antragsgegnerin auf den Hinweis des Verwaltungsgerichts hin nichts ändern. Die Ausführungen hinsichtlich eines einaktigen Verfahrens seien „sehr weit hergeholt und konstruiert“.
7Dieses Vorbringen greift nicht durch. Auch in Anbetracht des Beschwerdevorbringens ist die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden, die streitgegenständliche Auswahlentscheidung betreffe nicht nur die Besetzung des in Rede stehenden Dienstpostens, sondern auch schon die zukünftige Beförderung des ausgewählten Beamten im Falle seiner Bewährung, sodass einer Berücksichtigung des Antragstellers das Verbot der Sprungbeförderung (§ 22 Abs. 3 BBG) entgegenstehe. Der Antragsteller hat weiterhin nicht glaubhaft gemacht, dass sich die Auswahlentscheidung allein auf die Übertragung des fraglichen Dienstpostens bezogen hat und nicht zugleich auf eine Vorwegnahme der Beförderungsentscheidung für den Fall der Bewährung des ausgewählten Bewerbers gerichtet ist.
8Die Antragsgegnerin hat mit der Beschwerdeerwiderung vom 15. Oktober 2020 (Seite 6, erster Absatz) ausdrücklich vorgetragen, dass es im maßgeblichen Geschäftsbereich üblich sei, nach der Bewährung auf einem förderlichen Dienstposten keine weitere Auswahlentscheidung vor einer Beförderung zu treffen. Diese Praxis sei allseits bekannt. Dem mit der Ausschreibung adressierten Personenkreis sei bewusst, dass mit der Vergabe des förderlichen Dienstpostens zugleich auch über die Vergabe des Beförderungsamtes entschieden werde.
9Dass dieser – unmissverständliche – Vortrag keinen Bezug zu der getroffenen Auswahlentscheidung hat und daher wahrheitswidrig ist, ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht.
10Das gilt zunächst für das Argument des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe das Vorliegen eines einaktigen Verfahrens erst nach der richterlichen Aufklärungsverfügung vom 28. Mai 2020 behauptet, nach der es dem Verwaltungsgericht nicht klar war, ob die Auswahlentscheidung auch die Vergabe eines Beförderungsamtes betreffen sollte. Zwar hat die Antragsgegnerin in ihren der Hinweisverfügung vorausgegangenen Schriftsätzen vom 18. Februar 2020 und vom 17. März 2020 nicht den Fachbegriff des einaktigen Verfahrens verwendet. Sie hat jedoch bereits in diesen beiden Schriftsätzen der Sache nach deutlich gemacht, dass sie bei Bewerbern, die sich noch nicht in einem Statusamt der Besoldungsgruppe A 9Z befanden, zugleich über deren Beförderung entscheiden wollte.
11Mit ihrer Antragserwiderung vom 18. Februar 2020 hat sie nämlich betont, in ihre Auswahlentscheidung nur die bereits im Statusamt der Besoldungsgruppe A 9BBesO befindlichen Bewerber einbezogen zu haben, da sie "eine förderliche Auswahlentscheidung" habe treffen wollen. Die Einbeziehung rangniederer Beamter in die Auswahl scheide aus, weil diese wegen des Verbots sog. Sprungbeförderungen nach § 22 Abs. 3 BBG nicht unmittelbar in das zu vergebende Amt nach A 9 mZ "befördert" werden könnten (Seite 4, dritter Absatz). Weiter hat sie (zur Frage des Anordnungsgrundes) ausgeführt, dass der Ausschreibungssieger erst nach Ableisten der geforderten Verwendungsdauer im Amt nach A 9 BBesO (bei Vorliegen der laufbahnrechtlichen Voraussetzungen) befördert werden werde (Seite 5, dritter Absatz). Anknüpfend an ihren Vortrag aus dem Schriftsatz vom 18. Februar 2020 hat sie mit Schriftsatz vom 17. März 2020 ferner noch einmal betont, dass nur die Bewerber, die bereits ein Statusamt nach A 9 BBesO bekleideten,
12"nach erfolgreicher Bewährungszeit im Statusamt der Besoldungsgruppe A 9 BBesG die Voraussetzungen für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 mZ BBesG" (Hervorhebung nur hier)
13erfüllten.
14Auch schon die Ausschreibung selbst deutet darauf hin, dass mit der Auswahlentscheidung bei Bewerbern in einem Statusamt der Besoldungsgruppe A 9 zugleich über deren Beförderung entschieden werden sollte. So werden die Bewerberinnen und Bewerber, die noch nicht der Besoldungsebene A 9Z angehören, in den Bemerkungen unter Spiegelstrich 6 als "Förderungsbewerberinnen/Förderungsbewerber" bezeichnet, und unter dem nachfolgenden Spiegelstrich 7 heißt es:
15„Unter Berücksichtigung der Zentralen Dienstvorschrift A-1340/16 ist eine Beförderung erst nach Ablauf der geforderten Verwendungsdauer möglich.“
16Eines solchen Hinweises auf den Zeitpunkt des Vollzuges der Beförderung hätte es nicht bedurft, wenn nicht beabsichtigt gewesen wäre, schon mit der Auswahlentscheidung (auch) über die Beförderung zu entscheiden.
17Darüber hinaus lässt auch der Auswahlvorgang erkennen, dass die Antragsgegnerin sich für das sog. einaktige Verfahren entschieden hatte. Zwar dürfte der Antragsteller nach dem Auswahlvermerk vom 20. November 2019 mit berücksichtigt worden sein, da "20 Bewerber" betrachtet werden und diese Zahl nach der beiliegenden "Bewerberzusammenstellung" erst mit dem Antragsteller erreicht wird. Die Beschreibung der nach der Auswahlentscheidung beabsichtigten Personalmaßnahme in dem an den Gesamtpersonalrat gerichteten Schreiben vom 6. Dezember 2019 (Beiakte Heft 5, Blatt 12) ist aber deutlich:
18"Es ist beabsichtigt, den o. a. Beamten zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu versetzen, die höherwertigen Tätigkeiten zu übertragen und ihn nach Vorliegen aller Voraussetzungen zu befördern."
19Im Übrigen hat schon das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass auch der Antragsteller davon ausgegangen ist, mit der Auswahlentscheidung sei zugleich über die zukünftig zu vollziehende Beförderung entschieden worden. Anderenfalls hätte es des Antrags,
20„alles zu unterlassen, was eine Ernennung und Beförderung eines Mitbewerbers (…) in die vorgenannte Stelle bewirken könnte, (…)“
21nicht bedurft.
22Soweit der Antragsteller weiter ausführt, entgegen der Begründung des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Beschluss seien seine Ausführungen zur „Transparenz“ des Besetzungsverfahrens entscheidungserheblich, und er insoweit auf seine „Stellungnahme in der Sache“ verweist, verhilft dies der Beschwerde nicht zum Erfolg. Unklar bleibt schon, auf welche seiner erstinstanzlichen Stellungnahmen der Antragsteller Bezug nimmt. Im Übrigen setzt er sich mit diesem pauschalen Verweis auch nicht mit der rechtlichen Argumentation des Verwaltungsgerichts auseinander, dem diese Stellungnahmen bei Beschlussfassung bereits vorlagen. Zudem ist nicht ersichtlich, dass eine eventuelle Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung wegen fehlender Transparenz daran etwas zu ändern vermag, dass der Antragsteller wegen des Verbots der Sprungbeförderung aus § 22 Abs. 3 BBG nicht befördert werden könnte und er deshalb chancenlos ist.
23Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, die etwaigen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen gemäß § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären, weil dieser im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt hat und damit kein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
24Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG sowie § 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 4 i. V m. Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und 3 GKG. Auszugehen ist nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 GKG von dem Jahresbetrag der Bezüge, die dem jeweiligen Antragsteller nach Maßgabe des im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung (hier: 28. August 2020) bekanntgemachten, für Beamtinnen und Beamte des Bundes geltenden Besoldungsrechts unter Zugrundelegung der jeweiligen Erfahrungsstufe fiktiv für das angestrebte Amt im Kalenderjahr der Beschwerdeerhebung zu zahlen sind. Nicht zu berücksichtigen sind dabei die nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 GKG ausgenommenen Besoldungsbestandteile. Der nach diesen Maßgaben zu bestimmende Jahresbetrag ist wegen § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG und wegen der im Eilverfahren nur begehrten vorläufigen Sicherung auf ein Viertel zu reduzieren. Der nach den vorstehenden Grundsätzen zu ermittelnde Jahresbetrag beläuft sich hier angesichts des angestrebten Amtes der Besoldungsgruppe A 9Z und bei Zugrundelegung der Erfahrungsstufe 5 für das maßgebliche Jahr 2020 auf 45.121,86 Euro (Januar und Februar 2019 jeweils 3.727,23 Euro, für die übrigen Monate jeweils 3.766,74 Euro). Die Division des o. g. Jahresbetrages mit dem Divisor 4 (11.280,47 Euro) führt auf die im Tenor festgesetzte Streitwertstufe.
25Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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Referenzen
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 162 1x