Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 18 B 16/21
Tenor
Die Sache wird unter Aufhebung des angegriffenen Beschlusses an das Verwaltungsgericht Düsseldorf zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Die Beschwerde hat im aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
3Die Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und die Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht Düsseldorf beruhen auf dem in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entsprechend anwendbaren § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.
4Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 1. Februar 2021 - 18 B 2004/20 -, juris, Rn. 2 f., m. w. N.
5Danach darf das Oberverwaltungsgericht die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Beschlusses und des Verfahrens an das Verwaltungsgericht zurückverweisen, wenn dieses noch nicht in der Sache selbst entschieden hat und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
6Das Erfordernis einer weiteren Verhandlung bezieht sich - zumal in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - nicht auf eine mündliche Verhandlung. Durch diese Voraussetzung soll vielmehr die Möglichkeit der Zurückverweisung als Ausnahme von der nach § 130 Abs. 1 VwGO grundsätzlich gebotenen Herstellung der Entscheidungsreife auf Konstellationen beschränkt werden, in denen die Entscheidungsreife im Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts noch nicht gegeben ist, für eine endgültige Entscheidung in der Sache also eine weitere Aufklärung des Sachverhalts zu erfolgen hat. Daran fehlt es, wenn die Sache entscheidungsreif ist. Denn mit dem Interesse der Verfahrensbeschleunigung, dem der Gesetzgeber mit der im Rahmen des Rechtsmittelbereinigungsgesetzes erfolgten Neuregelung des § 130 VwGO Rechnung tragen wollte, wäre es unvereinbar, wenn das Oberverwaltungsgericht die Sache an die Vorinstanz zurückverwiese, obwohl seiner eigenen Entscheidung nichts mehr im Wege stünde. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen hiergegen nicht, weil ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf zwei Tatsacheninstanzen nicht besteht.
7Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. November 2007- 9 B 52.07 -, juris, Rn. 4; OVG NRW, Beschluss vom 1. Februar 2021 - 18 B 2004/20 -, juris, Rn. 5 f.
8In der Sache selbst noch nicht entschieden hat das Verwaltungsgericht insbesondere dann, wenn es unzutreffend keine Sachentscheidung über den Streitgegenstand getroffen, sondern etwa ein Prozessurteil erlassen hat. Eine sinngemäße Anwendung des § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist allerdings auch in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, wenn das Verwaltungsgericht zum eigentlichen Gegenstand des Streits deshalb nicht vorgedrungen ist, weil es in einer rechtlichen Vorfrage eine Weiche falsch gestellt hat.
9Vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. September 2014- 4 B 30.14 -, juris, Rn. 15; OVG NRW, Beschluss vom 1. Februar 2021 - 18 B 2004/20 -, juris, Rn. 9 f.
10Davon ausgehend kommt die vom Antragsteller beantragte Zurückverweisung hier in Betracht.
11Das Verwaltungsgericht hat über den Rechtsschutzantrag des Antragstellers noch nicht in der Sache selbst entschieden. Es hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der Begründung abgelehnt, es fehle an einer „(nachprüfbaren)“ ladungsfähigen Anschrift des Antragstellers. Folglich hat das Verwaltungsgericht- von seinem Ansatz her konsequent - die erforderliche Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung vom 24. September 2020 nicht vorgenommen.
12Diese Annahme hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
13Gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO, der auch in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzuwenden ist, bedarf es für die Zulässigkeit eines Antrags einer natürlichen Person grundsätzlich der Angabe einer „ladungsfähigen Anschrift“, also der (Wohnungs-) Anschrift, unter der der Beteiligte tatsächlich zu erreichen ist. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Antragsteller von einem Prozessbevollmächtigten vertreten wird. Die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift ist nur ausnahmsweise entbehrlich, wenn der Angabe der Anschrift unüberwindliche oder nur schwer zu beseitigende Schwierigkeiten oder schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen entgegenstehen oder wenn der Antragsteller glaubhaft nicht über eine Anschrift verfügt. In diesen Ausnahmefällen müssen dem Gericht die insoweit maßgebenden Gründe unterbreitet werden, damit es prüfen kann, ob ausnahmsweise auf die Mitteilung der ladungsfähigen Anschrift verzichtet werden kann.
14Vgl. BVerwG, Urteile vom 3. August 2020 - 1 A 8.19 ‑, juris, Rn. 16, und vom 13. April 1999 - 1 C 24.97 -, juris, Rn. 30 ff., sowie Beschluss vom 28. Mai 2020 - 1 VR 2.19 -, juris, Rn. 15; OVG NRW, Beschluss vom 29. September 2020 - 18 B 1144/20 ‑.
15Nach diesen Maßgaben kann das Fehlen einer ladungsfähigen Anschrift während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht festgestellt werden. Dies ergibt sich aus Folgendem:
16Die Ordnungsverfügung vom 24. September 2019 benennt die Anschrift des Antragstellers mit „H. Str. 4, 7. Etage [sic!], O.“. Ausweislich des in den Verwaltungsvorgängen der Antragsgegnerin befindlichen „Empfangsbekenntnis und Zustellungsnachweis“, das von einem Mitarbeiter der Antragsgegnerin und einem Dolmetscher unterschrieben wurde, ist diese Ordnungsverfügung dem Antragsteller an diesem Tage um 15:25 Uhr persönlich übergeben worden. In dem „Empfangsbekenntnis und Zustellnachweis“ ist die Anschrift des Antragstellers mit „H. Straße 4, O.“ bezeichnet. Die Antragsgegnerin ging danach augenscheinlich selbst davon aus, es handele sich hierbei um eine (ladungsfähige) Anschrift des Antragstellers. Am 25. September 2020 stellte der anwaltlich vertretene Antragsteller bei dem Verwaltungsgericht einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und gab als ladungsfähige Anschrift „H. Straße 4, O.“ an. Mit Schriftsatz vom 4. November 2020 teilte der Bevollmächtigte des Antragstellers auf entsprechende Aufforderung des Verwaltungsgerichts (erneut) mit, die ladungsfähige Anschrift des Antragstellers laute „H. Straße 4, O.“.
17Diese ausnahmslos übereinstimmenden Angaben werden durch sonstige Umstände nicht ansatzweise in Zweifel gezogen.
18Soweit der Außendienst der Antragsgegnerin am 7. Juli 2020 beauftragt worden ist, zu überprüfen, ob der Antragsteller unter der Anschrift „H. Straße 2, O.“ wohnhaft ist, geht dies an der Frage vorbei, ob die ladungsfähige Anschrift des Antragstellers „H. Straße 4, O.“ lautet. Dasselbe gilt mit Blick auf das Ergebnis der entsprechenden Nachforschung des Außendienstes der Antragsgegnerin vom 14. Juli 2020. Danach wird mit Blick auf die Anschrift „H. Straße 2, O.“ festgehalten, Briefkasten und Klingelschild seien nicht vorhanden; der Hausmeister habe behauptet [sic!], der Antragsteller sei unbekannt verzogen.
19Ebenso ist unerheblich, dass die Antragsgegnerin den Antragsteller unter der Anschrift „H. Straße 2, O.“ bereits am 7. Juli 2020 abgemeldet hat. Auf welcher tatsächlichen Grundlage die Antragsgegnerin den Antragsteller überdies (wohl) am 9. Juli 2020 von der Anschrift „H. Straße 4, O.“ abgemeldet hat, lässt sich den (lückenhaften) Verwaltungsvorgängen nicht ansatzweise entnehmen. Bemerkenswert ist insoweit bereits, dass in den Verwaltungsvorgängen eine Anmeldung unter dieser Adresse nicht zu finden ist. Sollte die Abmeldung auf der vorstehend beschriebenen Behauptung eines für die Anschrift „H. Straße 2, O.“ zuständigen Hausmeisters beruhen, fehlt es an belastbaren Angaben dazu, wieso dieser auch Aussagen für die Anschrift „H. Straße 4, O.“ treffen konnte. Vor diesem Hintergrund lässt auch das Ergebnis der vom Verwaltungsgericht am 6. November 2020 durchgeführten „EMA-Abfrage“, wonach der Antragsteller von Amts wegen nach unbekannt abgemeldet worden sei, nicht den Schluss zu, der Antragsteller verfüge über keine ladungsfähige Anschrift. Vielmehr lässt die im Klageverfahren von der Antragsgegnerin übersandte Klageerwiderung befürchten, dass dort ausländerrechtliche und melderechtliche Fragen in unzulässiger Weise vermischt werden, wenn es dort heißt:
20„Nach seiner ausländerrechtlich unzulässigen Anmeldung [Hervorhebung durch den Senat] konnte er unter der mitgeteilten Wohnanschrift H. Straße 2 in O. durch den Außendienst des Ordnungsamtes sowie den beteiligten Hausmeister nicht ermittelt werden.
21Demzufolge erfolgte die Registerbereinigung für das Einwohnermeldewesen. Angeblich ist der Antragsgegner widerrechtlich [Hervorhebung durch den Senat] unter der Adresse H. Str. 4 aufhältig, wie dem anwaltlichen Vorbringen entnommen wird.“
22Für das Melderecht - und auch das Vorliegen einer ladungsfähigen Anschrift - ist indes ohne Belang, ob die betreffende Person an einem bestimmten Ort unter ausländerrechtlichen Gesichtspunkten wohnen darf oder nicht. Dies folgt bereits aus § 2 Abs. 1 BMG. Danach haben die Meldebehörden die in ihrem Zuständigkeitsbereich wohnhaften Personen (Einwohner) zu registrieren, um deren Identität und deren Wohnungen feststellen und nachweisen zu können. Es kommt damit auf das tatsächliche Wohnen an.
23Vor diesem Hintergrund ist - anders als das Verwaltungsgericht meint - auch nicht von maßgeblicher Bedeutung, dass der Antragsteller „die - ohne erheblichen Aufwand zu bewältigende - melderechtliche Erfassung nicht vollzogen“ hat.
24Inwiefern - so das Verwaltungsgericht - der Umstand, dass der Antragsteller seit September 2020 nicht mehr bei der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin vorgesprochen haben soll, für das Vorliegen einer ladungsfähigen Anschrift von Bedeutung sein soll, erschließt sich dem Senat nicht.
25Ebenso lässt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts die „Aufenthaltsbiographie“ des Antragstellers in den Jahren 2017 und 2018 keinen Rückschluss auf das Nichtvorliegen einer ladungsfähigen Anschrift im Jahr 2020 zu.
26Ohne dass es nach dem Vorstehenden noch entscheidungserheblich darauf ankommt, sei darauf hingewiesen, dass der Antragsteller im Beschwerdeverfahren eine von der Antragsgegnerin ausgestellte Meldebescheinigung nachgereicht hat. Danach ist er seit dem 1. Dezember 2020 unter der Anschrift „H. Straße 4, O.“ gemeldet.
27Mit diesem Vorbringen ist er im Übrigen auch nicht ausgeschlossen.
28Die Berichterstatterin des Verwaltungsgerichts hat den Antragsteller zwar mit signierter Verfügung vom 29. Oktober 2020,
29vgl. zum Unterschrifts- bzw. Signaturerfordernis bei Aufforderungen nach § 82 Abs. 2 Satz 2 VwGO OVG NRW, Urteil vom 7. Dezember 2020 - 18 A 2146/19 ‑, juris, Rn. 32 ff., m. w. N., sowie Buchheister, in: Wysk, VwGO, Kommentar, 3. Aufl. 2020, § 55a VwGO Rn. 23; Ulrich, in: Schoch/Schneider, VwGO, Kommentar, 39. Egl. Juli 2020, § 55a VwGO Rn. 108; Braun Binder, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 5. Aufl. 2018, § 55a VwGO Rn. 129,
30aufgefordert, eine ladungsfähige Anschrift unter Vorlage einer aktuellen amtlichen Meldebescheinigung mitzuteilen. Diese Aufforderung ist indes gegenstandslos. Unter Berücksichtigung der obigen Erwägungen des Senats verfügte der Antragsteller während des gesamten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zweifellos über eine ladungsfähige Anschrift. Daher bestand schon kein Anlass für eine auf § 82 Abs. 2 Satz 2 VwGO gestützte Aufforderung. Die gleichwohl ergangene Aufforderung geht daher ins Leere.
31Die Sache ist für den Senat derzeit nicht entscheidungsreif, so dass i. S. v. § 130 Abs. 2 VwGO ihre weitere Verhandlung erforderlich ist. Die Beschwerde hat sich in nicht zu beanstandender Weise auf Darlegungen zum Bestehen einer ladungsfähigen Anschrift und damit zur Zulässigkeit des Aussetzungsantrags beschränkt, weil sich auch die Ausführungen des Verwaltungsgerichts ausschließlich damit befasst haben. Ergibt die auf die dargelegten Gründe beschränkte Prüfung des Beschwerdegerichts (§ 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO), dass die tragende Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, hat es umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist. Denn der Senat prüft den Rechtsfall innerhalb des durch § 146 Abs. 4 Satz 6 VGO gezogenen Rahmens im gleichen Umfang wie das Verwaltungsgericht.
32Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 1. Februar 2021 - 18 B 2004/20 -, juris, Rn. 17.
33Der Ausgang des Verfahrens hängt damit von der nicht auf die dargelegten Gründe beschränkten Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung vom 24. September 2020 ab.
34Der Erlass einer Ausweisungsverfügung setzt u. a. die Abwägung aller Umstände des Einzelfalles voraus, vgl. § 53 Abs. 1 und 2 AufenthG. Dabei müssen die von der jeweiligen Behörde in die Abwägung eingestellten Umstände auch vom Gericht überprüft werden können. Dies erfordert eine - gewissen Mindestanforderungen genügende - Dokumentation der jeweiligen Umstände in den Verwaltungsvorgängen. Daran fehlt es hier. Die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin weisen erhebliche Lücken auf.
35In der Ordnungsverfügung vom 24. September 2020 wird angeführt, der Antragsteller sei bei einer am selben Tage durchgeführten Kontrolle zur Einhaltung der Corona-Schutzverordnung angetroffen worden. Ein Einsatzbericht hierzu findet sich in den Verwaltungsvorgängen nicht. Ferner will die Ordnungsverfügung aus Daten, die dem Handy des Antragstellers entstammen sollen, Informationen über (illegale) Aufenthalte des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland herleiten. Belege hierzu fehlen vollständig. In der Ordnungsverfügung wird überdies angenommen, der Betrag von 1.000 Euro, den der Antragsteller am 2. Januar 2018 überwiesen haben soll, stamme „dem Anschein nach nicht aus einer genehmigten Erwerbstätigkeit“. Auch hierzu befinden sich keine weiteren Dokumente in den Verwaltungsvorgängen. Außerdem hat der Antragsteller nach dem Inhalt der Ordnungsverfügung angegeben, an Diabetes zu leiden. Woher diese Information stammt, ist nicht nachvollziehbar. Zudem kann den Verwaltungsvorgängen nicht entnommen werden, ob der Antragsteller vor Erlass der Ordnungsverfügung - zumindest mündlich - angehört worden ist bzw. aus welchen Gründen dies unterlassen wurde. Ausweislich einer „Bescheinigung über die Vorsprache beim Integrationsamt“ der Antragsgegnerin vom 24. September 2020 hat der Antragsteller Kontakt zur Antragsgegnerin aufgenommen und dort von 14:30 bis 16:00 Uhr vorgesprochen. Unterlagen zum Inhalt dieses Vorsprachetermins fehlen vollständig.
36Abgesehen davon finden sich in den Verwaltungsvorgängen ein ausgefüllter Vordruck der Bundesagentur für Arbeit („Ergänzung zum Beschäftigungsverhältnis“), ein Anstellungsvertrag vom 20. Juli 2020 sowie eine Kopie einer auf den Namen des Antragstellers („Raza Usman“) ausgestellten Permesso di Soggiorno „Soggiornante Di Lungo Periodo-UE“ „Illimitata“.
37Vgl. in diesem Zusammenhang Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen i. d. F der Richtlinie 2011/51/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2011 zur Änderung der Richtlinie 2003/109/EG sowie Diesterhöft, in: HTK-AuslR, Stand: 2. Januar 2020, § 38a AufenthG Sprachenliste.
38Damit in Zusammenhang steht wohl der weitere Umstand, dass der Antragsteller im Klageverfahren mit Schriftsatz vom 4. November 2020 erklärt hat, er habe einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG (Aufenthaltserlaubnis für in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union langfristig Aufenthaltsberechtigte) gestellt. Auch zu diesem gesamten Vorgang schweigen die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin.
39Soweit in der Ordnungsverfügung vom 24. September 2020 schließlich die Anordnung der sofortigen Vollziehung u. a. mit der Erwägung begründet worden ist, der Antragsteller verfüge nicht über hinreichende finanzielle Mittel, um seinen Lebensunterhalt ohne Einkommen aus Erwerbstätigkeit zu bestreiten, fehlt es an entsprechenden Nachweisen im Verwaltungsvorgang.
40Liegen danach die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zurückverweisung der Sache vor, hat der Senat nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob er von dieser Möglichkeit Gebrauch macht. Weil das vom Antragsteller verfolgte Begehren nicht besonders eilbedürftig ist und dieser die Zurückverweisung beantragt hat, hält der Senat es für sachgerecht, den für Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in der Regel geltenden Beschleunigungsgrundsatz ausnahmsweise zurücktreten zu lassen. Insoweit ist hier dem erkennbaren schutzwürdigen Interesse des Antragstellers, gegebenenfalls in zwei Instanzen seine Rechtsansicht durch die jeweils zuständigen Spruchkörper überprüfen zu lassen, der Vorrang einzuräumen.
41Die Kostenentscheidung folgt aus § 17b Abs. 2 Satz 1 GVG.
42Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG.
43Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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Referenzen
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