Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 4 A 4700/19
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das auf die mündliche Verhandlung vom 15.10.2019 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin betrieb in einem Gebäude in der P. straße 1 in F. ursprünglich sechs miteinander im Verbund stehende Spielhallen. Dafür waren ihr jeweils am 22.3.2011 unbefristete gewerberechtliche Erlaubnisse gemäß § 33i GewO erteilt worden.
3Sie beantragte bei der Beklagten zum Ablauf der gesetzlichen Übergangsfrist nach § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV im Jahr 2017 für alle sechs Spielhallen die Erteilung glücksspielrechtlicher Erlaubnisse nach § 24 Abs. 1 GlüStV i. V. m. § 16 AG GlüStV NRW für die Dauer von 15 Jahren, gegebenenfalls bis zum 30.6.2021, hilfsweise zur Vermeidung unbilliger Härten nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV unter Befreiung vom Verbundverbot. Zur Begründung der Härtefälle machte sie im Wesentlichen geltend: Ihr Vertrauen in den Bestand der gewerberechtlichen Erlaubnisse sei schutzwürdig. Der Mietvertrag für das Gebäude laufe bis zum 31.3.2023. Bei seinem Abschluss im Jahr 2009 sei nicht erkennbar gewesen, dass sich der Glücksspielstaatsvertrag verändern und eine Befristung der Erlaubnisse eintreten werde. Nutzungsalternativen seien unter keinem denkbaren Gesichtspunkt gegeben. Insbesondere habe der Vermieter erklärt, dass er die Betreiberin der Spielhallen nicht aus dem Mietvertrag entlassen werde. Ein Ausstieg aus dem Mietvertrag mit der Begründung, dass Erlaubnisse nicht mehr erteilt würden, sei nach der gängigen Rechtsprechung nicht möglich. Bei Eröffnung der Spielstätte im Juni 2010 sei die Gesellschaft Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 3,567 Mio. Euro eingegangen. Das dafür im Jahr 2010 aufgenommene Darlehen habe im Jahr 2016 Herr V. T. übernehmen müssen. Der Geschäftsführer der Klägerin, Herr B. M. , habe sich als persönlicher selbstschuldnerischer Bürge unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage verpflichtet. Diese Finanzierungserweiterung, Umschuldung und Aufstockung der Verbindlichkeiten sei erforderlich geworden, weil die Gesellschaft einen bedeutenden Verlust aufgewiesen habe und andernfalls insolvent geworden wäre. Die Verbindlichkeiten hätten im Laufe der Geschäftstätigkeit bis Ende 2017 auf 1,372 Mio. Euro zurückgeführt werden können. Die erheblichen Investitionen in den Standort seien noch nicht vollumfänglich abgeschrieben; diese seien bis zum Jahr 2026 kalkuliert worden. Am 30.6.2017 bestehe ein Restbuchwert in Höhe von 1.808.496,00 Euro. Des Weiteren müssten 13 sozialversicherungspflichtig beschäftigte Mitarbeiter im Falle der Schließung entlassen werden. Die Spielhallen dienten ferner der Altersabsicherung des Geschäftsführers der Klägerin. Aufgrund der hohen finanziellen Verpflichtungen und der langen Bindung im Mietvertrag für den gesamten Gebäudekomplex entstünde bei der vorzeitigen Schließung der Spielhallen ein Schaden in Höhe von 2,2 Mio. Euro. Die Insolvenz der Klägerin und des Geschäftsführers wären die Folge. Es bestehe allerdings die Bereitschaft, den Spielhallenbetrieb zum 1.1.2019 auf fünf und zum 1.1.2020 auf vier Konzessionen zu reduzieren.
4Mit Anhörungsschreiben vom 19.4.2018 wies die Beklagte die Klägerin unter anderem darauf hin, dass sie keine Stellungnahme des Vermieters vorgelegt habe. Zudem sei sie mit Kreditvertrag vom 31.12.2015 weitere Verbindlichkeiten in Höhe von 2,0 Mio. Euro eingegangen, als bereits erkennbar gewesen sei, dass Mehrfachkonzessionen dauerhaft keinen Bestand haben würden. Unter Berücksichtigung der nachgewiesenen Zuverlässigkeit der Klägerin als Spielhallenbetreiberin komme allerdings eine befristete Befreiung vom Verbundverbot mit der Auflage, die Spielgeräte in den Spielhallen 2 bis 6 sukzessive abzubauen, in Betracht. Nach nochmaliger Korrespondenz akzeptierte die Klägerin – ausweislich eines Telefonvermerks der Beklagten – ein von ihr zuletzt vorgeschlagenes, von der Beklagten modifiziertes Abschmelzungskonzept. Sie kündigte gleichwohl an, gegen die Befristung der Erlaubnisse Klage erheben zu wollen, weil sie die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelungen anzweifle. Dadurch solle Schäden vorgebeugt werden, falls das Gesetz bis 2021 für verfassungswidrig erklärt werde bzw. Änderungen zugunsten der Spielhallenbetreiber erfolgten.
5In Umsetzung des abgestimmten Abschmelzungskonzepts erteilte die Beklage der Klägerin mit Bescheiden vom 9.7.2018 folgende Erlaubnisse: Für die Spielhalle 1 wurde eine Erlaubnis gemäß § 24 Abs. 1 GlüStV i. V. m. § 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW für die Errichtung und den Betrieb einer Spielhalle befristet bis zum 30.6.2021 erteilt. Hierfür setzte die Beklagte eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 3.000,00 Euro fest. Für die Spielhallen 2, 3, 4, 5 und 6 wurde jeweils eine Härtefallerlaubnis erteilt, und zwar befristet bis zum 31.12.2018 (Halle 3), bis zum 31.12.2019 (Halle 4), bis zum 31.12.2020 (Halle 5) und bis zum 30.6.2021 (Halle 2 und 6). Hierfür setzte die Beklagte jeweils eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 3.500,00 Euro fest.
6Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen an: Wegen des Verbundverbots könne die Klägerin nur für die Spielhalle 1 die Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV i. V. m. § 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW erhalten. Diese sei gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 GlüStV zu befristen. Nach § 16 Abs. 2 Satz 5 AG GlüStV NRW dürfe diese Befristung längstens bis zum Außerkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags erfolgen; zurzeit sei dies gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 GlüStV der 30.6.2021. Durch die gewählte Befristung werde die bislang festgeschriebene Geltungsdauer des Glücksspielstaatsvertrags voll ausgeschöpft. Hinsichtlich der Spielhallen 2 bis 6 lägen die Voraussetzungen einer unbilligen Härte im Sinne des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV vor. Eine Schließung dieser fünf Spielhallen bereits im Jahr 2018 wäre aufgrund der bestehenden Miet- und Kreditverpflichtungen mit unzumutbaren wirtschaftlichen Nachteilen für die Klägerin und ihren Geschäftsführer verbunden, auch wenn keine Anstrengungen der Klägerin ersichtlich seien, den grundsätzlich rechtswidrig gewordenen Betrieb einer Verbundspielhalle rechtzeitig zu beenden. Nach pflichtgemäßem Ermessen könne eine Befreiung vom Verbundverbot für einen angemessenen Zeitraum entsprechend dem abgestimmten Konzept gewährt werden. Die Gebührenfestsetzungen lägen im mittleren Bereich des Gebührenrahmens und berücksichtigten den erhöhten rechtlichen Prüfaufwand. Die Härtefallentscheidungen hätten eines besonders erhöhten Prüfaufwandes bedurft, der einen Zuschlag in Höhe von 500,00 Euro rechtfertige.
7Gegen die nur befristete Erteilung der Erlaubnisse und die Gebührenfestsetzungen hat die Klägerin Klage erhoben. Unter Wiederholung ihres Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren macht sie im Wesentlichen geltend, die Befristung der Erlaubnisse sei verfassungs- und unionsrechtswidrig.
8Die Klägerin hat beantragt,
9die Befristung der sechs Erlaubnisse vom 9.7.2018 gemäß § 24 Abs. 1 GlüStV i. V. m. § 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW für die Errichtung und den Betrieb der sechs Spielhallen der Klägerin in der P. straße 0 in F. aufzuheben,
10hilfsweise, die Beklagte unter entsprechender teilweiser Aufhebung der sechs Bescheide vom 9.7.2018 zu verpflichten, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden,
11sowie die in den sechs Bescheiden vom 9.7.2018 enthaltenen Gebührenfestsetzungen aufzuheben.
12Die Beklagte hat beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie hat geltend gemacht, die Klage sei bereits unzulässig. Die vorliegende Befristung sei nicht anfechtbar, weil deren isolierte Aufhebung offenkundig ausscheide. Selbst wenn die geltend gemachten Einwände gegen die Wirksamkeit des Glücksspielstaatsvertrags durchgreifen sollten, würden diese nicht den vermeintlichen Anspruch auf eine unbefristete Erlaubnis stützen, sondern vielmehr das Erlaubniserfordernis entfallen lassen. Die Klage wäre aber auch unbegründet. Die Beklagte habe der Klägerin trotz des Verbundverbots für alle sechs Spielhallen befristete Erlaubnisse entsprechend des mit ihr abgestimmten Abschmelzungskonzepts erteilt.
15Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage gegen die Befristungen der sechs Erlaubnisse sei zulässig. Diese seien als Nebenbestimmungen selbstständig anfechtbar. Die Klage sei aber nicht begründet. Die in den sechs Bescheiden enthaltenen Befristungen der glücksspielrechtlichen Erlaubnisse seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten. Für die Befristungen der Härtefallerlaubnisse für die Spielhallen 2 bis 6 ergebe sich dies schon daraus, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis für den Betrieb einer Spielhalle wegen Verstoßes gegen das verfassungs- und unionsrechtskonforme Verbundverbot nicht vorlägen. Der Klägerin stehe auch kein Anspruch auf Erteilung glücksspielrechtlicher Erlaubnisse unter Befreiung vom Verbundverbot zu. Sie mache im Wesentlichen nur Umstände geltend, die keinen atypischen Einzelfall beschrieben, sondern sich allgemein als Konsequenz des Verbots der Mehrfachspielhallen darstellten. Unabhängig davon habe sie ohnehin nicht substantiiert und nachvollziehbar dargelegt, die fünfjährige Übergangsfrist zu einer Umstrukturierung oder schonenden Abwicklung ihres Geschäftsbetriebs genutzt zu haben. Die Klage sei auch nicht hinsichtlich der Befristung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis für die Spielhalle 1 begründet. Die Beklagte habe den Erlaubnisbescheid aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 16 Abs. 2 Satz 4 und 5 AG GlüStV NRW längstens bis zum 30.6.2021 befristen dürfen, weil der aktuelle Glücksspielstaatsvertrag gemäß § 35 Abs. 2 Halbsatz 1 GlüStV zu diesem Zeitpunkt außer Kraft trete. Durchgreifende verfassungsrechtliche oder europarechtliche Bedenken gegen diese Regelung habe die Kammer nicht. Seien die Befristungen rechtmäßig erteilt, führe auch das von der Klägerin hilfsweise erhobene Verpflichtungsbegehren nicht zum Erfolg. Schließlich bestünden keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Gebührenfestsetzung. Die Beklagte habe sich dabei innerhalb des gebührenrechtlich vorgegebenen Rahmens bewegt. Der für die Bearbeitung der Härtefallerlaubnisse erhobene Zuschlag von jeweils 500,00 Euro sei wegen des damit verbundenen erhöhten Prüfaufwands gerechtfertigt.
16Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung im Wesentlichen weiterhin vor, dass die Befristung der Erlaubnisse gegen höherrangiges Recht verstoße. Ausschließlich in Nordrhein-Westfalen bestehe die gesetzliche Vorgabe, Erlaubnisse längstens bis zum Auslaufen des Glücksspielstaatsvertrags zu befristen. Für eine Befristung gerade bis zum 30.6.2021 fehle aber eine gesetzliche Grundlage. Auch wenn gemäß § 35 Abs. 2 GlüStV der Glücksspielstaatsvertrag grundsätzlich mit Ablauf des 30.6.2021 außer Kraft trete, könne die Ministerpräsidentenkonferenz unter festgeschriebenen Bedingungen dessen Fortgelten beschließen. Im systematischen Vergleich mit § 4a Abs. 2 GlüStV zeige sich, dass eine generelle Befristung glücksspielrechtlicher Erlaubnisse vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen sei. Zudem liege eine Verletzung der Rechte der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 und 14 GG vor. Eine Spielhalle könne wirtschaftlich nur sinnvoll eröffnet und betrieben werden, wenn für den Unternehmer klar sei, dass sie über zehn bis fünfzehn Jahre betrieben werden dürfe. Durch die starre Befristung verkürze sich die Dauer der Erlaubnis, je später sie beantragt werde. Zum jetzigen Zeitpunkt könnten auch die Behörden die Geltungsdauer der Erlaubnis nicht verlängern, obwohl der Entwurf des Staatsvertrags zur Neuregelung des Glücksspielwesens in Deutschland vorsehe, dass wenigstens drei miteinander im Verbund stehende Spielhallen zulässig betrieben werden dürften. § 16 Abs. 2 Satz 5 AG GlüStV NRW sei auch wegen einer nicht gerechtfertigten Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit nach der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG nicht anwendbar. Spielhallenbetreiber könnten sich nach der erneut bestätigten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gegen nationale Beschränkungen auf die Dienstleistungsfreiheit berufen. Der Zugang zum deutschen Markt sei durch die starre Befristung faktisch nicht mehr vorhanden. Gleichzeitig erklärten sich die Länder damit einverstanden, trotz entgegenstehender rechtlicher Grundlagen nicht gegen Online-Casinos vorzugehen. Das Verfahren sei dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen und bis zu einer dortigen Entscheidung zum Ruhen zu bringen. Die Befristungen der Härtefallerlaubnisse seien überdies rechtswidrig, weil die Übergangsregelung des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV über den 30.6.2021 hinausgehen müsse, wenn wie hier eine Härtefallbefreiung erteilt worden sei. Unter Wiederholung ihres Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren macht sie insofern ergänzend geltend, dass ihr Vertrauen in den Bestand ihrer vor dem 28.10.2011 getätigten Investitionen schutzwürdig sei. Ein derart großes Investitionsvolumen könne nicht in fünf Jahren „abgearbeitet“ werden, weil die Umsatzzahlen – wie sich aus den vorgelegten Kontennachweisen und Investitionslisten ergebe – dies nicht hergäben. Die Klägerin sei ab dem 28.10.2011 keine neuen Verbindlichkeiten eingegangen. Bei einer Reduzierung der Verbundspielhalle auf nur eine Spielhalle verliere der Standort erheblich an Attraktivität mit der Folge der Abwanderung der Kunden in ein illegales Spiel oder in das unregulierte Online-Spiel sowie das nicht zu überprüfende Sportwettenangebot. Außerdem entstünden bei einer weiteren radikalen Reduzierung des Spielhallenangebots mehr scheingastronomische Betriebe mit Spielgeräten (sog. „Café-Casinos“) unter Umgehung der Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrags. Die Klägerin führe ihren Spielhallenbetrieb hingegen vorbildlich.
17Die Klägerin beantragt,
18das auf die mündliche Verhandlung vom 15.10.2019 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zu ändern und die Befristung in den Erlaubnissen für die sechs Spielhallen der Klägerin in der P. straße 0 in F. vom 9.7.2018 sowie die sechs Gebührenbescheide vom 9.7.2018 aufzuheben.
19Die Beklagte beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Sie macht insbesondere geltend, dass die Erlaubnis für den Betrieb einer Spielhalle nach § 24 Abs. 2 Satz 2 GlüStV zwingend zu befristen sei. § 35 Abs. 2 Satz 1 GlüStV sei nicht durch Art. 1 § 2 Abs. 3 des nordrhein-westfälischen Gesetzes zum ersten Glücksspieländerungsvertrag vom 13.11.2012 (GlüÄndStV) ersetzt. Diese Vorschrift treffe eine gesetzliche Anschlussregelung für die Zeit nach dem 30.6.2021 nur für den Fall, dass sie nicht gleichzeitig durch eine andere Regelung ersetzt werde. Da die landesrechtliche Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 5 AG GlüStV NRW ausdrücklich an das Außerkrafttreten und nicht an die Geltungsdauer des Staatsvertrags anknüpfe, sei in Nordrhein-Westfalen der nach derzeit geltender Rechtslage maßgebliche (End-)Termin der 30.6.2021. Die gesetzlichen Regelungen über die Befristung begegneten keinen verfassungs- und unionsrechtlichen Bedenken. Dem rechtsstaatlichen Gebot des Vertrauensschutzes werde durch § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV hinreichend Rechnung getragen. Die Härtefallbefreiung stehe im Ermessen der Behörde und entbinde nicht von der Vorgabe zur Befristung.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsvorgänge der Beklagten (1 Ordner) sowie der als Beiakten geführten Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts zu den vormals unter den Aktenzeichen 3 K 6592/18, 3 K 6593/18, 3 K 6594/18, 3 K 6595/18 und 3 K 6596/18 geführten Verfahren Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe:
24Das von der Klägerin beantragte Ruhen des Verfahrens war schon deshalb nicht gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 251 Satz 1 ZPO anzuordnen, weil die Beklagte dem nicht zugestimmt hat.
25Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Klage ist jedenfalls unbegründet. Die Befristung der mit Bescheiden vom 9.7.2018 erteilten glücksspielrechtlichen Erlaubnisse ist nicht zu Lasten der Klägerin rechtswidrig und verletzt sie nicht in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO (dazu A.). Gleiches gilt für die von der Beklagten festgesetzten Gebühren (dazu B.).
26A. Die Befristung der für die Spielhalle 1 erteilten glücksspielrechtlichen Erlaubnis bis zum 30.6.2021 ist rechtmäßig, steht insbesondere mit höherrangigem Recht in Einklang (dazu I.). Die darüber hinaus in den Härtefallerlaubnissen für die Spielhallen 2 bis 6 der Klägerin gestaffelt, längstens bis zum 30.6.2021 enthaltenen Befristungen sind jedenfalls nicht zu Lasten der Klägerin rechtswidrig (dazu II.).
27I. Die Beklagte hat die Erlaubnis für den Betrieb der Spielhalle 1 der Klägerin zu Recht bis zum 30.6.2021 befristet. Aus der in § 35 Abs. 2 GlüStV eröffneten Möglichkeit der Fortgeltung des Staatsvertrags ergibt sich kein Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer unbefristeten, länger als bis zum 30.6.2021 befristeten oder aber einer „bis zum Außerkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags“ befristeten Erlaubnis.
28Nach § 24 Abs. 2 Satz 2 GlüStV ist die Erlaubnis für den Betrieb einer Spielhalle zu befristen. Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 5 AG GlüStV NRW darf eine glücksspielrechtliche Erlaubnis längstens bis zum Außerkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags nach § 35 GlüStV erteilt werden. Der Staatsvertrag tritt nach § 35 Abs. 2 GlüStV mit Ablauf des 30.6.2021 außer Kraft, sofern nicht die Ministerpräsidentenkonferenz mit mindestens 13 Stimmen das Fortgelten des Staatsvertrags beschließt. In diesem Fall gilt der Staatsvertrag unter den Ländern fort, die dem Beschluss zugestimmt haben.
29Wegen der lediglich möglichen Verlängerung des Staatsvertrags ist die Befristung bis zum 30.6.2021 nicht zu Lasten der Klägerin ermessensfehlerhaft, weil sie die Dauer zu deren Gunsten vollständig ausschöpft, die im geltenden Recht vorgesehen ist.
30Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 10.2.2021 – 4 A 968/20 –, juris, Rn. 9, vom 29.1.2021 – 4 A 967/20 –, juris, Rn. 9, und vom 28.9.2020 – 4 A 973/20 –, juris, Rn. 10.
31Im Übrigen stand nicht fest, welchen Inhalt die spielhallenbezogenen Regelungen im Fall der Verlängerung des Staatsvertrags haben würden. Auch aus heutiger Sicht trifft die Annahme der Klägerin voraussichtlich nicht zu, dass der Glücksspielstaatsvertrag mit einem unveränderten Bestand der Regelungen verlängert werde. Der mittlerweile vorliegende Entwurf zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland vom 29.10.2020 (Glücksspielstaatsvertrag 2021 – GlüStV 2021) sieht gerade keine Verlängerung des bestehenden Staatsvertrags vor. Die in diesem Entwurf, der dem Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen zur Entscheidung über die Zustimmung nach Art. 66 Satz 2 LV NRW vorliegt, vorgesehenen Regelungen sollen ausweislich der Erläuterungen durch die Einführung zusätzlicher Instrumente und Einrichtungen zu weiteren Verbesserungen bei der Unterbindung unerlaubter Glücksspielangebote führen und in Form weiterer Schutzmaßnahmen und Begrenzungen die mit erlaubten Glücksspielen einhergehenden Gefährdungen im Sinne der Ziele des Glücksspielstaatsvertrages minimieren.
32Vgl. Antrag der Landesregierung auf Zustimmung zum Glücksspielstaatsvertrag 2021 vom 3.11.2020, LT-Drs. 17/11683, S. 75 ff.
33Auf der Grundlage des geltenden Rechts und vor einer Entscheidung über einen neuen Staatsvertrag ist die Erteilung einer Erlaubnis mit einer Geltung über das aktuelle Ende der Geltungsdauer des Staatsvertrags am 30.6.2021 hinaus gesetzlich nicht vorgesehen. Der Betrieb der Spielhallen der Klägerin könnte möglicherweise ab dem 1.7.2021 wegen veränderter Regelungen des an die Stelle des derzeit gültigen Staatsvertrags tretenden neuen Staatsvertrags und des entsprechend geänderten Ausführungsgesetzes nicht mehr erlaubnisfähig sein, wenn etwa zusätzliche Qualitätsanforderungen an die Betreiber oder den Betrieb von Spielhallen, etwa ein Spielersperrsystem, gestellt werden.
34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.2.2021 – 4 A 968/20 –, juris, Rn. 13.
35Vor diesem Hintergrund kann die Forderung einer Erlaubnis, die die Laufzeit des Glücksspielstaatsvertrags überdauern soll, schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die die Berufsfreiheit der Klägerin einschränkende Regelung primär nicht in der Befristung, sondern in dem glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalt vorliegend in Kombination mit dem Verbundverbot liegt. Diese Regelungen schränken die Klägerin aber nur während der Laufzeit des Staatsvertrags ein und sind ihrerseits verfassungs- und unionsrechtskonform.
36Der Betrieb einer Spielhalle darf einem Erlaubnisvorbehalt unterstellt werden.
37Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.2016 – 8 C 6.15 –, BVerwGE 157, 126 = juris, Rn. 39, m. w. N.
38Die damit sowie insbesondere mit dem Verbundverbot einhergehenden Grundrechtseingriffe in die Rechte der Spielhallenbetreiber aus Art. 12 Abs. 1, 14 und 3 Abs. 1 GG sind verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wie das Bundesverfassungsgericht bereits mit seiner den Senat insoweit nach § 31 BVerfGG bindenden Entscheidung festgestellt hat. Sie erfüllen die Anforderungen der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes.
39Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.3.2017 ‒ 1 BvR 1314/12 u. a. ‒, BVerfGE 145, 20 = juris, Rn. 126 ff.; OVG NRW, Urteil vom 16.10.2017 – 4 A 1607/16 –, ZfWG 2018, 29 = juris, Rn. 43 ff., 51, und Beschluss vom 10.2.2021 – 4 A 969/20 –, juris, Rn. 8 f., m. w. N.
40Der Senat hat ebenso bereits mehrfach in umfangreicher Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entschieden, dass insbesondere das Erlaubniserfordernis und das Verbundverbot für Spielhallen nach dem Glücksspielstaatsvertrag unionsrechtlich zulässige, insbesondere auch im Lichte der konkreten Anwendungsmodalitäten kohärente, Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs im Glücksspielbereich darstellen.
41Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29.6.2020 – 4 B 665/19 –, juris, Rn. 25 ff., vom 6.5.2020 – 4 B 265/19 –, NVwZ-RR 2021, 155 = juris, Rn. 16 ff., vom 2.4.2020 – 4 B 1478/18 –, GewArch 2020, 332 (nur Leitsatz) = juris, Rn. 21 ff., vom 10.3.2020 – 4 B 362/19 –, ZfWG 2021, 119 (nur Leitsatz) = juris, Rn. 10 ff., und vom 16.8.2019 – 4 B 659/18 –, ZfWG 2019, 503 = juris, Rn. 9 ff., 17 f., m. w. N.
42Die Eignung der glücksspielrechtlichen Regelungen für Spielhallen zur Spielsuchtbekämpfung wird nicht dadurch aufgehoben, dass im Bereich des illegalen Angebots von Online-Casinos nach den Ausführungen der Klägerin ein Vollzugsdefizit vorliegen soll. Zunächst könnten dafür – anders als hier – nur normativ angelegte Hindernisse relevant sein, die Ausdruck eines strukturbedingt zu einer defizitären Praxis führenden Regelungsdefizits sind.
43Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.2016 – 8 C 6.15 –, BVerwGE 157, 126 = juris, Rn. 47, m. w. N.; EuGH, Urteil vom 8.9.2010 – C-316/07 u. a. –,ECLI:EU:C:2010:504, Markus Stoß u. a., Slg. 2010, I-8069 = juris, Rn. 83 ff.; vgl. zur Einhaltung des Kohärenzgebots für den Bereich des Verbots von Online-Casinospielen BVerwG, Urteil vom 26.10.2017 – 8 C 18.16 –, BVerwGE 160, 193 = juris, Rn. 38 ff.
44Im Übrigen entfiele die Eignung einer Regelung zur Bekämpfung von Spielsucht nicht ohne Weiteres schon deshalb, weil illegale Formen von Suchtgefahren insbesondere im Internet nicht vollständig ausgeschlossen und unterbunden werden können.
45Vgl. BVerfG, Urteil vom 28.3.2006 ‒ 1 BvR 1054/01 ‒, BVerfGE 115, 276 = juris, Rn. 114; BVerwG, Urteil vom 26.10.2017 – 8 C 18.16 –, BVerwGE 160, 193 = juris, Rn. 40; OVG NRW, Beschluss vom 29.6.2020 – 4 B 665/19 –, juris, Rn. 54 f., m. w. N.
46Dies gilt auch weiterhin mit Blick auf die auf dem Umlaufbeschluss der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder vom 8.9.2020 beruhenden gemeinsamen Leitlinien der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder darüber, in welchen Fällen die Vollzugsbehörden gegen unerlaubtes virtuelles Automatenspiel einschreiten sollen und in welchen nicht.
47vgl. Anlage zur LT-Vorlage 17/3960, S. 210 ff.
48Der Vollzug gegen virtuelle unerlaubte Glücksspielangebote soll demnach bis zum 30.6.2021 auf diejenigen Anbieter konzentriert werden, bei denen abzusehen ist, dass sie sich auch der voraussichtlichen zukünftigen Regulierung entziehen wollen.
49Diese das Eingriffsermessen der Vollzugsbehörden steuernde Vorgehensweise der Länder führt nicht zu einem normativ angelegten Vollzugsdefizit, sondern dient ausschließlich einer einheitlichen kapazitätswahrenden Vorgehensweise der Exekutive im Vorgriff auf eine erwartete Neuregulierung, bei der das bisher verbotene virtuelle Automatenspiel an spezifische Voraussetzungen geknüpft werden soll.
50Im Übrigen ist nicht aufgezeigt, dass hierdurch die Regulierung des Rechts der Spielhallen in einer Weise konterkariert würde, die ihre Eignung zur Erreichung der gesetzlichen Ziele aufheben würde.
51Ebenso Hamb. OVG, Beschluss vom 20.10.2020 – 4 Bs 226/18 –, ZfWG 2021, 81 = juris, Rn. 47 f.
52Die Länder gehen zu Recht davon aus, dass das stationäre Automatenspiel in Spielhallen einerseits und das virtuelle Automatenspiel im Internet andererseits trotz ähnlicher Spielmechaniken und Spielregeln eigenständige Spielformen darstellen.
53Vgl. Antrag der Landesregierung zur Zustimmung zum Glücksspielstaatsvertrag 2021 vom 3.11.2020, LT-Drs. 17/11683, S. 91
54Dafür spricht, dass sich allein schon der jeweilige Zugang zum Spiel, der Ort des Spiels und die Form der Gewinnausschüttung wesentlich voneinander unterscheiden.
55Die Regulierung dieser unterschiedlichen Spielformen erfordert auch nach dem Unionsrecht weder eine Uniformität der Regelungen noch eine Optimierung der Zielverwirklichung. Ungeachtet der Frage, ob das Suchtpotenzial des virtuellen Automatenspiels auch angesichts zuletzt deutlich zurückgegangener Marktanteile trotz seiner hohen Gefährlichkeit an dasjenige des stationären Automatenspiels heranreicht,
56vgl. Jahresreport 2019 der Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder, 26.11.2020, S. 13 ff., https://innen.hessen.de/sites/default/files/media/hmdis/jahresreport_2019.pdf; Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland, Ergebnisse des Surveys 2019 und Trends, Januar 2020, S. 89 ff., 91, 160 f., https://www.bzga.de/
57fileadmin/user_upload/PDF/studien/BZgA-Forschungsbericht_Gluecksspielsurvey_2019.pdf,
58ist die gesetzgeberische Einschätzung, dass eine Spielpause nach Verlassen einer Spielhalle eine Abkühlphase gewährleisten kann, in der Spieler die Fortsetzung ihres Spiels überdenken können, auch dann noch tragfähig, wenn der Spieler nach dem Verlassen der Spielhalle ohne notwendigen Ortswechsel auf das virtuelle Automatenspiel ausweichen könnte. Belastbare Erkenntnisse für ein solches Ausweichen sind weder substantiiert dargelegt noch angesichts des unterschiedlichen Gepräges der beiden Spielformen ersichtlich. Allein die Möglichkeit eines solchen Ausweichens ändert nichts daran, dass das Mindestabstandsgebot für Spielhallen dazu beiträgt, die Gelegenheit zum Spiel zu verringern, was sich auch im genannten Jahresreport 2019 abbildet.
59Gilt der danach zulässige Erlaubnisvorbehalt aber nur bis zum Ablauf des Staatsvertrags, kann die Klägerin denklogisch keine Erlaubnis verlangen, die diesen Erlaubnisvorbehalt überdauert. Demnach kann sie durch das Befristungserfordernis höchstens dann unverhältnismäßig belastet werden, wenn die Behörde eine kürzere Frist als die Laufzeit des Staatsvertrags festsetzt. Bezogen auf die Spielhalle 1 wurde keine kürze Frist festgesetzt, so dass auch die Anwendung der Vorschrift im Einzelfall unbedenklich ist.
60Ungeachtet dessen greifen die von der Klägerin unmittelbar gegen die Befristungsregelungen vorgebrachten Einwände nicht durch. Die einfachgesetzlichen Regelungen des § 24 Abs. 2 Satz 2 GlüStV i. V. m. § 16 Abs. 2 Satz 5 AG GlüStV NRW, § 35 Abs. 2 GlüStV über die Befristung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis für den Betrieb einer Spielhalle stehen mit höherrangigem Recht in Einklang. Die Vorschriften verletzen die Klägerin nicht in der von Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsfreiheit (dazu 1.). Auch das Eigentumsrecht aus Art. 14 GG ist nicht verletzt (dazu 2.). Die unionsrechtlich garantierte Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit stehen der Anwendung der Regelungen über die Befristung ebenfalls nicht entgegen (dazu 3.).
611. Der mit den Regelungen zur Befristung der Geltungsdauer der Erlaubnis bis zum 30.6.2021 verbundene Eingriff in die Berufsfreiheit der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
62Die Befristung ist zur Förderung des zentralen Anliegens des Glücksspielstaatsvertrags geeignet und erforderlich, Spiel- und Wettsucht und weitere negative Begleiterscheinungen des Spiel- und Wettbetriebs zu bekämpfen. Sie stärkt die Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten der Behörde bei der Genehmigung von Glücksspielangeboten. Denn durch die vor Ablauf der Befristung notwendige Neubeantragung einer Erlaubnis werden den Behörden umfassende Kontrollmöglichkeiten unter Berücksichtigung der Entwicklung des Betriebs und seines Umfelds sowie zwischenzeitlich etwa gewonnener neuer Erkenntnisse zur Spielsuchtprävention aus der Evaluation der geltenden Regelungen und unter Berücksichtigung der örtlichen Entwicklung seit Erteilung der Ersterlaubnis eröffnet.
63Neben der Stärkung der Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten bezogen auf den einzelnen Betreiber verfolgt die Befristungsregelung das ebenfalls an die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht anknüpfende Ziel, den Ländern im Rahmen der Beschlussfassung über den Staatsvertrag nach Ablauf der Erprobungsphase die Möglichkeit zu geben, auf Erfahrungen auch im Bereich der Spielhallen mit dem Vollzug des Glücksspielstaatsvertrags im Rahmen der auf dauerhafte Regelungen abzielenden Verlängerung bzw. Neuregelung der Staatsvertrags zu reagieren. Die zwingende Befristung von glücksspielrechtlichen Erlaubnissen fördert diesen Gesetzeszweck, weil hierdurch auf Grundlage des gegenwärtigen Staatsvertrags erteilte, bestandskräftige Erlaubnisse vermieden werden, die den Handlungsspielraum für Anpassungen der Regelungen des Staatsvertrags erschweren könnten.
64Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Beschlüsse vom 10.2.2021 – 4 A 968/20 –, juris, Rn. 11 ff., und vom 28.9.2020 ‒ 4 A 973/20 ‒, juris, Rn. 11 ff., m. w. N.
65Der durch die Befristung ausgelöste Eingriff in die Berufsfreiheit ist im Hinblick auf die verfolgten Ziele auch angemessen. Regelungen zur Vermeidung und Abwehr der vom Glücksspiel in Spielhallen ausgehenden Suchtgefahren dienen einem besonders wichtigen Gemeinwohlziel, weil Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen, ihre Familien und die Gemeinschaft führen kann.
66Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.3.2017 – 1 BvR 1314/12 –, BVerfGE 145, 20 = juris, Rn. 133, 137.
67Der Grundsatz des Vertrauensschutzes verleiht weder im Hinblick auf die vorherige Rechtslage noch auf die vorhandenen Betriebserlaubnisse gemäß § 33i GewO ein uneingeschränktes Recht auf Amortisierung getätigter Investitionen.
68Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.3.2017 – 1 BvR 1314/12 –, BVerfGE 145, 20 = juris, Rn. 189.
69Die Behörden in Nordrhein-Westfalen waren auch nicht gehalten, die Befristung auf eine noch gänzlich unsichere etwaige künftige Verlängerung des Staatsvertrags nach § 35 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 GlüStV auszurichten. Nach geltendem Recht haben die Interessen der Spielhallenbetreiber an einer längerfristigen Rechtssicherheit für hohe künftige Investitionsentscheidungen in der aktuellen Erprobungsphase zurückzustehen, in der sich der Gesetzgeber durch die Befristungsregelung nachvollziehbar Möglichkeiten offen gehalten hat, die rechtlichen Anforderungen an den künftigen Betrieb von Spielhallen ab dem 1.7.2021 neu zu bestimmen. Die Befristung ist bezogen auf die Spielhalle 1 auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil die streitgegenständliche Erlaubnis erst im Jahr 2018 erteilt worden ist. Die wesentlichen Investitionen der bereits seit März 2011 von der Klägerin betriebenen Verbundspielhalle sind nicht auf der Grundlage dieser Erlaubnis aufgewandt worden. Bezogen auf Neuinvestitionen obliegt es ihrem eigenen unternehmerischen Risiko, sich auf den Fristablauf und absehbare neue rechtliche Anforderungen an den Betrieb von Spielhallen ab dem 1.7.2021 einzustellen.
70In ‒ hier nicht gegebenen ‒ Fällen, in denen eine Erlaubnis einem Betreiber erst kurz vor Ablauf des Staatsvertrags erteilt wird, wäre das Gewicht des in einer kurz befristeten Erlaubnis liegenden Eingriffs, sofern dies verfassungsrechtlich geboten wäre, bei der gesetzlichen Neuregelung zu berücksichtigen.
712. Durch die Befristungsregelungen wird die Klägerin auch nicht in ihrem Eigentumsrecht aus Art. 14 GG verletzt. Das Eigentumsrecht verschafft vorliegend gegenüber der Berufsfreiheit keinen weitergehenden Schutz.
72Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.3.2017 ‒ 1 BvR 1314/12 u. a. ‒, BVerfGE 145, 10 = juris, Rn. 169.
733. Die Vorschriften über die Befristung verletzen auch nicht die unionsrechtlich garantiere Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit.
74Nach der gefestigten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit in Form von Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten nur dann unionsrechtlich gerechtfertigt werden, wenn die restriktive Maßnahme einem zwingenden Grund des Allgemeininteresses wie dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung (einschließlich der Bekämpfung der Spielsucht), der Betrugsvorbeugung oder der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen entspricht und geeignet ist, die Verwirklichung dieses Ziels dadurch zu gewährleisten, dass sie dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten im Glücksspiel in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.
75Vgl. EuGH, Urteile vom 21.10.1999, – C-67/98 –, EU:C:1999:514, Zenatti, Slg 1999, I-7289 = juris, Rn. 36, vom 6.11.2003 – C-243/01 –, EU:C:2003:597, Gambelli u. a., Slg 2003,I-13031 = juris, Rn. 67, vom 6.3.2007 – C-338/04 u. a. – EU:C:2007:133, Placanica u. a., Slg 2007, I-1891 = juris, Rn. 52 f., vom 8.9.2010 – C-46/08 –, EU:C:2010:505, Carmen Media, Slg 2010, I-8149 = juris, Rn. 55, 64 f., und vom 8.9.2010 – C-316/07 u. a. –, EU:C:2010:504, Markus Stoß u. a., Slg 2010, I-8069 = juris, Rn. 88.
76Gemessen daran sind die Befristungsregelungen auch nach unionsrechtlichen Maßstäben gerechtfertigt, weil sie mit dem verfolgten Ziel der Bekämpfung der Spielsucht einem zwingenden Grund des Allgemeininteresses dienen. Insoweit gilt bezogen auf das Befristungserfordernis nichts anderes als hinsichtlich des Erlaubnisvorbehalts selbst.
77Der nicht näher substantiierte Einwand, die Befristung sei auch nach der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG unzulässig, greift nicht durch. Diese Richtlinie ist auf Glücksspiele gemäß ihrem Art. 2 Abs. 2 h) nicht anwendbar.
78Es besteht mithin kein Anlass, die unionsrechtlich geklärten Fragen zur Rechtfertigung von Eingriffen in die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit im unionsrechtlich nicht harmonisierten Bereich der Spielhallen dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen.
79II. Die darüber hinaus in den Härtefallerlaubnissen für die Spielhallen 2 bis 6 der Klägerin gestaffelt, längstens bis zum 30.6.2021 enthaltenen Befristungen sind jedenfalls nicht zu Lasten der Klägerin rechtswidrig.
80Zum einen kann über eine Härtefallbefreiung keine längere Erlaubnisdauer eingeräumt werden als sie für die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für den Betrieb einer Spielhalle möglich ist, mithin bis zum 30.6.2021. Zwar können nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV die für die Erteilung einer Erlaubnis zuständigen Behörden nach Ablauf des in § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV bestimmten Zeitraums eine Befreiung von der Erfüllung einzelner Anforderungen des § 24 Abs. 2 sowie § 25 GlüStV für einen angemessenen Zeitraum zulassen, wenn dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist. Damit ist dem Wortlaut nach zunächst auch das in § 24 Abs. 2 Satz 2 GlüStV genannte Befristungserfordernis erfasst. Daraus folgt gleichwohl nicht, dass Härtefallerlaubnisse nicht befristet werden dürften, zumal die landesspezifische Übergangsregelung in § 18 AG GlüStV NRW für bei Inkrafttreten des Gesetzes bestehende Spielhallen keine Befreiung von § 16 Abs. 2 Satz 5 AG GlüStV NRW vorsieht. Auch ist § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV gerade darauf angelegt, Befreiungen – wie hier vom Verbundverbot nach § 25 Abs. 2 GlüStV – lediglich für „einen angemessenen Zeitraum“ zuzulassen. Im Übrigen besteht für die Erteilung einer unbefristeten Härtefallerlaubnis oder jedenfalls einer solchen, die über das Außerkrafttreten am 30.6.2021 hinaus gültig wäre, auch aus den unter I. genannten Gründen im geltenden Recht keine Grundlage. Da wie ausgeführt der Erlaubnisvorbehalt nur bis zum Ablauf des Staatsvertrags gilt, kann die Klägerin denklogisch auch keine Härtefallerlaubnis beanspruchen, die diesen Erlaubnisvorbehalt überdauert.
81Dies gilt auch unter Berücksichtigung der aktuell für die Zeit nach dem 1.7.2021 angedachten staatsvertraglichen Neuregelung zur Glücksspielregulierung, wonach für am 1.1.2020 bestehende Spielhallen, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen stehen, auf gemeinsamen Antrag der Betreiber für bis zu drei Spielhallen je Gebäude oder Gebäudekomplex abweichend vom Verbundverbot eine Erlaubnis in Aussicht gestellt wird, wenn mindestens alle Spielhallen von einer akkreditierten Prüforganisation zertifiziert worden sind und die Zertifizierung in regelmäßigen Abständen, mindestens alle zwei Jahre, wiederholt wird, die Betreiber über einen aufgrund einer Unterrichtung mit Prüfung erworbenen Sachkundenachweis verfügen und das Personal der Spielhallen besonders geschult wird.
82Vgl. Antrag der Landesregierung zur Zustimmung zum Glücksspielstaatsvertrag 2021 vom 3.11.2020, LT-Drs. 17/11683, S. 51.
83Derartige Planungen des Gesetzgebers für zukünftiges Recht sind ungeachtet der Unsicherheiten über die noch ausstehende Ratifizierung der Neuregelung und darüber, ob auch in Nordrhein-Westfalen gegebenenfalls entsprechende Ausführungsbestimmungen tatsächlich in Kraft treten werden, für den auf der Grundlage des geltenden Rechts zu entscheidenden Rechtsstreit unerheblich. Deren Umsetzung ist von der Klägerin abzuwarten.
84Zum anderen sind die Befristungen der fünf Härtefallerlaubnisse, auch soweit sie für die Spielhalle 3 durch eine Befristung bis zum 31.12.2018, für die Spielhalle 4 bis zum 31.12.2019 und für die Spielhalle 5 bis zum 31.12.2020 die gesetzlich zulässige Höchstfrist nicht ausschöpfen, schon deshalb nicht zu Lasten der Klägerin ermessensfehlerhaft, weil die Beklagte damit lediglich ein mit der Klägerin vorab abgestimmtes Abschmelzungskonzept umgesetzt hat. Die Klägerin hat die Befristungen nach Verhandlungen mit der Beklagten ausdrücklich akzeptiert. Das Abschmelzungskonzept geht auf ihren eigenen Vorschlag zurück, den die Beklagte letztlich mit dem Einverständnis der Klägerin nur noch geringfügig modifiziert hat. Ihr Vorbehalt der Klageerhebung bezog sich allein auf den – wie dargelegt nicht durchgreifenden – Einwand der Verfassungs- oder Unionsrechtswidrigkeit der Befristungsregelungen sowie auf die Erwartung einer günstigeren Neuregelung.
85Unabhängig davon wäre eine längere Befristung der Härtefallerlaubnisse für die Spielhallen 3, 4 und 5 zumindest bis zum 30.6.2021 aber ohnehin nicht erforderlich, um unbillige Härten im Sinne des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV zu vermeiden. Jedenfalls hat die Beklagte die zeitlich gestaffelt eingeräumten Befreiungen vom Verbundverbot ermessensgerecht auf angemessene Zeiträume festgelegt.
86Mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der unbilligen Härte sollen (nur) atypische, vom Gesetzgeber nicht ausreichend berücksichtigte, besonders gelagerte Fallkonstellationen, in denen die Anwendung der gesetzlichen Vorgaben zu einer nicht intendierten Härte führen würden, einer die widerstreitenden Interessen abwägenden Einzelfallentscheidung zugeführt werden können. Härten, die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Tatbestands bewusst in Kauf genommen hat und die dem Gesetzeszweck entsprechen, können keinen Härtefall begründen, weil sonst die vom Gesetzgeber beabsichtigte Folge ‒ hier eine Verringerung von Anzahl und Dichte der Spielhallen ‒ in der Regel nicht eintreten würde.
87Deshalb sind an die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzung der „unbilligen Härte“ hohe Anforderungen zu stellen. Diese sind regelmäßig nicht bereits dann erfüllt, wenn mit der Schließung von Spielhallen wirtschaftliche Einbußen und sonstige Belastungen verbunden sind. Insbesondere können die Spielhallenbetreiber nicht die verlustfreie Abwicklung ihrer zu schließenden Spielhallen verlangen. Der Gesetzgeber wollte mit der fünfjährigen Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV die regelmäßig eintretenden wirtschaftlichen Nachteile bei den Betreibern von Spielhallen erfassen und diesen innerhalb der großzügig bemessenen Übergangsfrist einen schonenden Übergang zu den strengeren Regelungen des Staatsvertrags und die Entwicklung alternativer Geschäftsmodelle ermöglichen. Die Annahme einer unbilligen Härte muss daher auf wenige Ausnahmen in besonders atypischen Einzelfällen beschränkt bleiben.
88Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29.6.2020 – 4 B 665/19 –, juris, Rn. 66 ff., vom 3.6.2020 – 4 B 2/20 –, juris, Rn. 23 ff., und vom 8.5.2020 – 4 B 627/19 –, juris, Rn. 27 ff., jeweils m. w. N.
89Ein danach erforderlicher atypischer Einzelfall, in dem besondere unvermeidbare Belastungen gegeben sind, denen andere Betriebe von Bestandsspielhallen, die nach Ablauf von fünf Jahren geschlossen werden müssen, grundsätzlich nicht ausgesetzt sind, ist vorliegend nicht ersichtlich.
90Auch unter Berücksichtigung der Erwartungen der Klägerin im Zeitpunkt der Erlaubniserteilung, insbesondere zur länger angelegten Amortisierung von Vermögensdispositionen, der von ihr geltend gemachten fehlenden Umnutzungsmöglichkeiten für die noch bis Ende März 2023 gemieteten Räumlichkeiten ihrer Spielhallen sowie wirtschaftlichen Einbußen bis hin zur Insolvenz im Falle der Schließung hat sie nicht ausreichend unvermeidbare atypische Belastungen dargelegt. Hierzu hätte sie notwendig schlüssig geltend machen müssen, ob und wie sie die gesetzlich eingeräumte Übergangsfrist zu einer der neuen Rechtslage Rechnung tragenden Umstrukturierung ihres Geschäftsbetriebes genutzt hat und inwieweit trotzdem atypische Belastungen nicht hätten vermieden werden können. Daran fehlt es.
91Auch wenn die Klägerin trotz der Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2006 zum hohen Suchtpotential durch das Spiel an Geldspielgeräten, das bei einer damals anstehenden gesetzlichen Neuregelung zu berücksichtigen sein sollte,
92vgl. BVerfG, Urteil vom 28.3.2006 – 1 BvR 1054/01 –, BVerfGE 115, 276 = juris, Rn. 100, 149 ff., 157,
93bei Aufnahme des Betriebs ihrer Spielhallen im Jahr 2011 von einer sicheren Refinanzierbarkeit ihrer mit der Einrichtung von sechs Spielhallen verbundenen Investitionen ausgegangen sein mag, geht das Bundesverfassungsgericht für derartige Investitionen gerade in Mehrfachspielhallen von einer stark eingeschränkten Schutzwürdigkeit des Vertrauens in einen unbegrenzten Weiterbetrieb aus.
94Vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 7.3.2017 – 1 BvR 1314/12 –, BVerfGE 145, 20 = juris, Rn. 190 f.
95Spätestens, nachdem der Gesetzgeber im Glücksspielstaatsvertrag mit einer Übergangsfrist von fünf Jahren – von Härtefällen abgesehen – ein Verbundverbot bestimmt hatte, oblag es der Klägerin, die Übergangsfrist zu nutzen, um die voraussehbare Schließung von fünf ihrer sechs Spielhallen möglichst wirtschaftlich tragfähig vorzubereiten.
96Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16.2.2021 – 4 B 699/19 –, juris, Rn. 22, und vom 2.12.2020 – 4 B 1465/20 –, juris, Rn. 12.
97Dazu hätte etwa gehört, möglichst frühzeitig im Wege der üblichen Fluktuation die Gelegenheit zur Personalreduktion zu nutzen und Geräteverträge nach und nach auslaufen zu lassen, um die Betriebskosten frühzeitig zu reduzieren und Abfindungen zu vermeiden. Auch hätte sie Möglichkeiten nutzen können, ihre hohen Investitionskosten in kürzerer Zeit zu amortisieren als ursprünglich im Wege der Abschreibung geplant. Ferner hätte sie mit ihrem Vermieter über eine vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses verhandeln können. Eine entsprechende Verweigerung des Vermieters hat sie nur behauptet, aber nicht nachgewiesen. Eine derartige Verweigerung ist auch nicht schlüssig mit dem Einverständnis der Klägerin mit einem Abschmelzungskonzept in Einklang zu bringen. Anstatt die gesetzlich eingeräumte Übergangsfrist zu einer der neuen Rechtslage Rechnung tragenden Umstrukturierung ihres Geschäftsbetriebs zu nutzen, hat die Klägerin vielmehr durch Abschluss des Kreditvertrags vom 31.12.2015 sogar weitere Verbindlichkeiten in Höhe von 2,0 Mio. Euro aufgenommen.
98Letztlich kann dahinstehen, ob der Klägerin vor diesem Hintergrund überhaupt Härtefallerlaubnisse hätten erteilt werden müssen. Jedenfalls hat die Beklagte ihr durch § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV eingeräumtes Ermessen, Befreiungen vom Verbundverbot für einen angemessen Zeitraum zuzulassen, nicht zu Lasten der Klägerin fehlerhaft ausgeübt, als sie die Befristungen für die Härtefallerlaubnisse hinsichtlich der Spielhallen 3, 4, und 5 auf die Zeit bis Ende der Jahre 2018, 2019 bzw. 2020 festgesetzt hat. Die von der Beklagten gestaffelt gewährte Befristung räumt der Klägerin nicht zuletzt angesichts der schon lange bekannten gesetzlichen Regelung über das Verbundverbot auch für diese Spielhallen großzügig Zeit ein, um ihr die Abwicklung der laufenden Geschäfte insoweit zu ermöglichen.
99Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16.2.2021 – 4 B 699/19 –, juris, Rn. 28, und vom 2.12.2020 – 4 B 1465/20 –, juris, Rn. 18.
100B. Die auf Aufhebung der Festsetzung der Verwaltungsgebühren gerichtete Klage ist ebenfalls unbegründet.
101Die Festsetzung der Verwaltungsgebühren in den Gebührenbescheiden vom 9.7.2018 ist sowohl in Höhe von 3.000,00 Euro betreffend die Spielhalle 1 als auch in Höhe von jeweils 3.500,00 Euro betreffend die Spielhallen 2 bis 6 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
102Rechtsgrundlage für die Gebührenfestsetzung sind die §§ 2 und 9 Abs. 1 GebG NRW i. V. m. § 1 AVerwGebO NRW. Für die behördliche Entscheidung über die glücksspielrechtliche Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle sieht Tarifstelle 17.6 des Allgemeinen Gebührentarifs (AGT, Anlage zur AVerwGebO) einen Gebührenrahmen von 50,00 bis 5.000,00 Euro vor. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 GebG NRW sind bei vorgesehenen Rahmensätzen bei der Festsetzung der Gebühr im Einzelfall der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand, soweit Aufwendungen nicht als Auslagen gesondert berechnet werden, und die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder der sonstige Nutzen der Amtshandlung für den Gebührenschuldner sowie auf Antrag dessen wirtschaftliche Verhältnisse zu berücksichtigen. Die Behörde besitzt einen Ermessensspielraum bei der Festlegung der konkreten Höhe der Gebühr, der nach Maßgabe des § 114 VwGO nur begrenzt gerichtlich überprüft werden kann.
103Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8.12.2017 – 9 B 1216/17 –, juris, Rn. 17 ff.
104Gemessen daran sind Ermessensfehler bei der Festsetzung der angefochtenen Gebühren weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Sie bewegen sich innerhalb des durch die Tarifstelle 17.6 vorgegebenen Gebührenrahmens. Der für die Bearbeitung der Härtefallerlaubnisse erhobene Zuschlag von jeweils 500,00 Euro ist wegen des damit verbundenen erhöhten Prüfaufwands ebenfalls ermessensgerecht.
105Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
106Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.
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