Beschluss vom Hamburgisches Oberverwaltungsgericht (4. Senat) - 4 Bs 226/18

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 6. November 2018 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

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Die Antragstellerin begehrt die Verpflichtung der Antragsgegnerin, den Betrieb ihrer beiden Spielhallen für die Dauer des erstinstanzlichen Klageverfahrens zu dulden.

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Die Antragstellerin betreibt am Standort W. Straße, in Hamburg, zwei Spielhallen („EG/links“ und „EG/rechts“). Der Spielhallenstandort besteht seit dem 16. Juni 1989.

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Mit Schreiben vom 28. November 2016 beantragte die Antragstellerin für die streitgegenständlichen Spielhallen die Erteilung einer Erlaubnis nach dem Hamburgischen Spielhallengesetz (HmbSpielhG). Mit Schreiben vom 9. März 2017 teilte ihr die Antragsgegnerin mit, die Spielhallen stünden in einem baulichen Verbund und befänden sich zudem in einem Abstand von 196,25 m zu der Bestandsspielhalle am Standort H. Straße, Hamburg. Dieser Standort bestehe seit dem 5. Dezember 1985. Dem Betreiber dieser Spielhalle erteilte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 24. August 2017 die Erlaubnis zum Betrieb ab dem 1. Juli 2017. Den Widerspruch der Antragstellerin wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2017 zurück.

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Mit Bescheiden vom 24. August 2017 lehnte die Antragsgegnerin die beantragten Erlaubnisse zum Weiterbetrieb der streitgegenständlichen Spielhallen der Antragstellerin ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Antragstellerin wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2017 zurück.

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Über die hiergegen von der Antragstellerin am 15. Januar 2018 erhobene Klage (17 K 350/18) ist noch nicht entschieden worden.

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Am 20. Dezember 2017 hat die Antragstellerin um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht und beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Fortbetrieb der streitgegenständlichen Spielhallen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Erlaubnisverfahrens zu dulden.

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Mit Beschluss vom 6. November 2018 hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt: Die Antragstellerin habe das Bestehen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht. Die Voraussetzungen für eine Versagung der nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG erforderlichen Spielhallenerlaubnis nach § 2 Abs. 5 Nr. 4 Alt. 1 HmbSpielhG dürften vorliegen. Die Spielhallen der Antragstellerin am Standort W. Straße unterschritten den im vorliegenden Gebiet geltenden Mindestabstand von 500 m zur 196,25 m entfernten Bestandsspielhalle H. Straße. Das Abstandsgebot in § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG dürfte verfassungsgemäß sein und nicht gegen unionsrechtliche Bestimmungen verstoßen. Nach der für konkurrierende Bestandsspielhallen geltenden und hier zur Anwendung kommenden Auswahlregelung des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG könne die Antragstellerin nicht den Weiterbetrieb ihrer Spielhalle beanspruchen. Diese Regelung dürfte hinreichend bestimmt und auch im Übrigen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sein. Hiervon ausgehend habe die Antragsgegnerin der Bestandsspielhalle H. Straße, an deren Standort seit dem 5. Dezember 1995 eine Spielhalle betrieben werde, zu Recht den Vorrang gegenüber den streitgegenständlichen Spielhallen gegeben, deren Standort erst seit dem 16. Juni 1989 bestehe. Die Anknüpfung an das Alter des Standorts und nicht an das der Spielhallenerlaubnis sei sachgerecht. Die Antragstellerin könne auch nicht deshalb die vorläufige Duldung ihrer beiden Spielhallen in der W. Straße begehren, weil ihr voraussichtlich eine Weiterbetriebserlaubnis nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG im Wege der Befreiung von der Einhaltung des Abstandsgebots nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG zu erteilen sein werde. Das Vorliegen einer „unbilligen Härte“ habe sie nicht glaubhaft gemacht. Den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen und ihrem Vortrag lasse sich nicht entnehmen, dass ihre finanzielle Gesamtsituation die Schlussfolgerung rechtfertige, ihr drohe bezogen auf den Standort der beiden Spielhallen oder wegen der Gesamtsituation des Unternehmens die Insolvenz.

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Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, der die Antragsgegnerin entgegentritt.

II.

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Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

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Das gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO den Umfang der Überprüfung durch den Senat beschränkende Vorbringen der Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründungsschrift ist auch unter Berücksichtigung derjenigen Ausführungen in ihren der Beschwerdebegründung nachfolgenden Schriftsätzen, die das fristgerechte Beschwerdevorbringen lediglich ergänzen, nicht geeignet, die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Ergebnis in Frage zu stellen.

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1. Zunächst legt die Antragstellerin dar, das Aufstellen und der Betrieb von Geldspielgeräten in Spielhallen fielen unter die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 AEUV. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union stehe fest, dass schon der Besuch von Spielhallen durch (einzelne) EU-ausländische Urlauber einen grenzüberschreitenden Sachverhalt erzeuge.

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Hiermit wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts schon deshalb nicht infrage gestellt, weil das Verwaltungsgericht selbst von der Anwendbarkeit des Unionsrechts ausgeht, soweit es festhält, dass das Abstandsgebot in § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG nicht gegen unionsrechtliche Bestimmungen verstoßen dürfte. Ob die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit bereits deshalb betroffen ist, weil zu den Kunden der streitgegenständlichen Spielhallen auch Unionsbürger gehören oder deshalb, weil in anderen Mitgliedstaaten ansässige Unternehmen die Absicht haben könnten, Spielhallen in Deutschland bzw. Hamburg zu eröffnen, kann dahinstehen.

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2. Weiter trägt die Antragstellerin vor, sowohl das Abstandsgebot als auch das Verbundverbot begründeten einen Eingriff in die unionsrechtlich geschützten Grundfreiheiten. Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten könnten zwar durch zwingende Gründe des allgemeinen Interesses wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein, die Beschränkungen müssten jedoch geeignet sein, das Erreichen des verfolgten Ziels zu gewährleisten und dürften nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich sei. Eine nationale Regelung sei unionsrechtlich zudem nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht würde, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (Kohärenzgebot). Das Abstandsgebot und das Verbundverbot genügten den unionsrechtlichen Rechtfertigungsanforderungen nicht. Das Unionsrecht verlange, dass die zur Rechtfertigung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit bemühten Gefahren tatsächlich anhand von genauen wissenschaftlichen, objektiv nachprüfbaren, statistischen oder sonstigen belastbaren Angaben belegt seien. Hierzu müsse eine entsprechende Untersuchung vorliegen. Ferner müssten sich aus diesen Angaben die Erforderlichkeit und Eignung des Verbots ableiten lassen. Es sei Aufgabe der zuständigen Behörde, die Rechtfertigungsgründe vorzubringen, die den Nachweis der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs begründeten. Diesen Beweis sei sie bisher schuldig geblieben. Es werde bestritten, dass eine entsprechende Untersuchung bzw. Zusammenstellung wissenschaftlicher Erkenntnisse vorliege, die belege, dass die Verringerung der „Griffnähe und Verfügbarkeit“ des Spiels an Geldspielgeräten in Spielhallen tatsächlich einen signifikanten Einfluss auf die Zahl pathologischer und problematischer Spieler habe. Wissenschaftliche Studien - insoweit zitiert die Antragstellerin verschiedene Quellen - kämen zu einem gegenteiligen Schluss und konstatierten, dass die Anzahl der Geldspielgeräte in einer Spielhalle für sich allein betrachtet von keiner wesentlichen Bedeutung für die Prävalenz eines problematischen oder pathologischen Spielverhaltens der Bevölkerung sei. Obwohl die Zahl der Spielhallenstandorte von 7.860 im Jahr 2006 auf 9.102 in 2016 gestiegen sei, habe sich das Ausmaß an problematischem und pathologischem Spielverhalten im Bereich des Glücksspiels an Geldspielgeräten im Zeitraum von 2007-2013 kaum verändert. Das rein flächendeckende Ausdünnen der Spielhallendichte stärke weder die Resilienz suchtgefährdeter junger Erwachsener noch verhindere es die tatsächliche Zugangsmöglichkeit von suchtgefährdeten Spielkonsumenten in die verbleibenden Spielhallenbetriebe.

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a) Diese Ausführungen geben keinen Anlass für eine Änderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Der Senat hat bereits mit Beschluss vom 9. Juli 2018 (4 Bs 12/18, ZfWG 2018, 449, juris Rn. 47 ff.) erkannt, dass das Abstandsgebot nicht gegen unionsrechtliche Bestimmungen verstößt. Hieran hält er auch angesichts der vorliegenden Beschwerdebegründung fest. Eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dürfte aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses - hier der Bekämpfung der Spielsucht - gerechtfertigt sein. Die Auffassung der Antragstellerin, hierfür fehle es an einer tragfähigen Begründung, weil das Unionsrecht verlange, dass die zur Rechtfertigung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit bemühten Gefahren tatsächlich anhand von genauen, objektiv nachprüfbaren, statistischen oder sonstigen belastbaren Angaben belegt seien, teilt der Senat nicht. Insbesondere ergibt sich das nicht aus den insoweit von der Antragstellerin angeführten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union.

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In dem von der Antragstellerin zur Begründung ihrer Rechtsansicht herangezogenen Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Oktober 2016 (C-148/15, NVwZ 2016, 1793, juris) ging es um die - dort verneinte - Vereinbarkeit einer Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln mit der Freiheit des Warenverkehrs (Art. 34 AEUV). Der Gerichtshof der Europäischen Union erkennt den Mitgliedstaaten einen Wertungsspielraum hinsichtlich des Niveaus, auf dem der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gewährleistet werden soll, und der Frage, wie dieses Niveau erreicht werden soll, zu und führt sodann aus, eine Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit lasse sich nur dann mit Erfolg rechtfertigen, wenn sie geeignet sei, die Verwirklichung des verfolgten legitimen Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgehe, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich sei. Den nationalen Behörden obliege es, die dafür erforderlichen Beweise in jedem Einzelfall beizubringen. Ein nationales Gericht müsse somit, wenn es eine nationale Regelung darauf prüfe, ob sie zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen nach Art. 36 AEUV gerechtfertigt sei, mit Hilfe statistischer Daten, auf einzelne Punkte beschränkter Daten oder anderer Mittel objektiv prüfen, ob die von dem betreffenden Mitgliedstaat vorgelegten Beweise bei verständiger Würdigung die Einschätzung erlaubten, dass die gewählten Mittel zur Verwirklichung der verfolgten Ziele geeignet seien und ob es möglich sei, diese Ziele durch Maßnahmen zu erreichen, die den freien Warenverkehr weniger einschränkten (EuGH, Urt. v. 9.10.2016, C-148/15, NVwZ 2016, 1793, juris Rn. 30 ff.).

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In dem weiteren von der Antragstellerin zitierten Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 14. Juni 2017 (C-685/15, NVwZ 2018, 479, juris) ging es um Fragen des nationalen Verfahrensrechts. In diesem Urteil äußert sich der Gerichtshof der Europäischen Union zur Dienstleistungsfreiheit und führt u.a. aus, das nationale Gericht müsse sich vergewissern, dass die nationale Regelung tatsächlich den von ihr verfolgten Zielen entspreche, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheit zum Spiel zu verringern, die Tätigkeit in diesem Bereich zu begrenzen und die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen; das nationale Gericht müsse eine Gesamtwürdigung der Umstände vornehmen, unter denen eine restriktive Regelung erlassen worden sei und durchgeführt werde, wobei die Entwicklung der Umstände nach dem Erlass der betreffenden Regelung berücksichtigt werden müssten (EuGH, Urt. v. 14.6.2017, C-685/15, NVwZ 2018, 479, juris Rn. 50 ff.).

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Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union legt im Streitfall eine fehlende Rechtfertigung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch das Abstandsgebot nicht nahe.

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Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Oktober 2016 (C-148/15, NVwZ 2016, 1793, juris) betrifft einen anderen Regelungskontext als den des Glücksspielrechts, für den in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union der besondere Charakter im Unterschied zu dem traditionellen Markt anerkannt ist (so auch OVG Saarlouis, Beschl. v. 13.12.2018, juris Rn. 34). So hat der Gerichtshof der Europäischen Union konkret in Bezug auf nationale Regelungen über den Betrieb von Geldspielautomaten in Spielhallen in seinem Urteil vom 22. Juni 2017 (C-49/16, juris Rn. 36 ff.) darauf hingewiesen, dass den Mitgliedstaaten grundsätzlich frei stehe, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und gegebenenfalls das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen, und dass festzustellen sei, dass die erklärten Ziele der im Ausgangsverfahren streitigen Rechtsvorschriften, nämlich der Schutz der Verbraucher vor Spielsucht und die Verhinderung von Kriminalität und Betrug im Zusammenhang mit dem Spielen, zwingende Gründe des Allgemeininteresses seien, die Beschränkungen von Glücksspieltätigkeiten rechtfertigen könnten. Er hat betont, dass eine Reihe von zwingenden Gründen des Allgemeininteresses Beschränkungen der Grundfreiheiten auf dem Gebiet des Glücksspiels rechtfertigen könnten, wie die Ziele des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung, der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen sowie die Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen, wobei die auferlegten Beschränkungen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen müssten und eine nationale Regelung nur dann geeignet sei, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn die eingesetzten Mittel kohärent und systematisch seien und das Transparenzgebot beachtet werde.

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Hier dürfte davon auszugehen sein, dass mit dem Abstandsgebot zwingende Gründe des Allgemeininteresses verfolgt werden, die eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen, insbesondere diese als verhältnismäßig erscheinen lassen. Dies ist bereits durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. März 2017 (1 BvR 1314/12 u.a., BVerfGE 145, 20, juris Rn. 131 ff.) geklärt, wonach u.a. das Abstandsgebot des insoweit mit dem Hamburgischen Spielhallengesetz vergleichbaren Spielhallenrechts des Saarlands mit der Vermeidung und Abwehr der vom Glücksspiel in Spielhallen ausgehenden Suchtgefahr und dem Schutz von Kindern und Jugendlichen einem besonders wichtigen Gemeinwohlziel dient, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen, ihre Familien und die Gemeinschaft führen kann. Zur Begründung hat das Bundesverfassungsgericht nach umfassender Prüfung und Würdigung einer Vielzahl von Stellungnahmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., BVerfGE 145, 20, juris Rn. 52) insbesondere ausgeführt, dass mit dem Abstandsgebot das Ziel der Spielsuchtbekämpfung durch eine Beschränkung des insgesamt verfügbaren Spielhallenangebots verfolgt werde. Zweck u.a. des Abstandsgebots zu anderen Spielhallen sei die Herbeiführung einer Begrenzung der Spielhallendichte und damit eine Beschränkung des Gesamtangebots an Spielhallen. Diese Einschätzungen der Gesetzgeber seien nicht offensichtlich fehlerhaft. Die Gesetzgeber hätten im Rahmen des ihnen zustehenden und nur in begrenztem Umfang überprüfbaren Einschätzungs- und Prognosespielraums auch davon ausgehen dürfen, dass das Verbundverbot und das Abstandsgebot geeignete und erforderliche Mittel zur Bekämpfung der Spielsucht darstellten. Das Verbundverbot und das Abstandsgebot seien auch angemessen. Das Abstandsgebot sei auch konsequent am Ziel der Spielsucht ausgerichtet (BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., BVerfGE 145, 20, juris Rn. 131 ff.). Dem ist der Senat bereits in seinem Beschluss vom 9. Juli 2018 gefolgt (OVG Hamburg, Beschl. v. 9.7.2018, 4 Bs 12/18, ZfWG 2018, 449, juris Rn. 44). Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Gesetzeszweck, der Bekämpfung der Spielsucht, zwar in erster Linie die Rechtfertigung des in dem Abstandsgebot liegenden Eingriffs in Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG begründet, es hat jedoch darüber hinaus festgestellt, dass die Regelungen auch den Anforderungen des Gerichtshofs der Europäischen Union an die staatliche Bekämpfung der Spielsucht im nicht monopolisierten Bereich gerecht würden (BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., BVerfGE 145, 20, juris Rn. 124).

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Angesichts des den Mitgliedstaaten im Glücksspielsektor durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (s.o.) zugebilligten Ermessens- bzw. Wertungsspielraums dürfte es daher keiner weitergehenden statistischen oder ähnlichen Erhebungen durch die Antragsgegnerin bzw. den Gesetzgeber bedürfen (so auch OVG Münster, Beschl. v. 16.8.2019, 4 B 659/18, juris Rn. 13, bestätigt durch Beschl. v. 10.3.2020, 4 B 362/19, juris Rn. 10; OVG Saarlouis, Beschl. v. 13.12.2018, 1 B 248/18, juris Rn. 34, bestätigt durch Beschl. v. 4.2.2020, 1 B 318/19, juris Rn. 9).

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b) Die Ausführungen der Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung zum erforderlichen Nachweis des Vorliegens der behaupteten Gefahren (Suchtgefahr) und zur Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Beschränkungen führen zu keiner anderen Betrachtung. Sofern die Antragstellerin aus einer Studie zitiert, wonach „die Anzahl der Geldspielgeräte in einer Spielhalle für sich allein betrachtet von keiner wesentlichen Bedeutung für die Prävalenz eines problematischen oder pathologischen Spielverhaltens in der Bevölkerung“ sei, ist schon nicht deutlich, inwiefern dies für das Abstandsgebot, bei dem es nicht um die Anzahl von Geldspielgeräten in einer Spielhalle geht, erheblich sein soll. Sofern die Antragstellerin auf die im Zeitraum von 2006-2016 gestiegene Zahl der Spielhallenstandorte und das gleichwohl kaum veränderte Ausmaß an problematischem und pathologischem Spielverhalten im Bereich des Glücksspiels an Geldspielgeräten hinweist, greift sie lediglich einen Aspekt, dessen Richtigkeit hier unterstellt werden soll, heraus, ohne damit zu belegen oder auch nur nahezulegen, dass - im Umkehrschluss - das Ausmaß an problematischem und pathologischem Spielverhalten auch bei einer nennenswerten Reduzierung der Zahl der Spielhallenstandorte (Angebotsverknappung) und der an einem Ort zulässigen Spielhallen unverändert bliebe. Unberücksichtigt bei ihrer Einlassung bleibt die Frage, ob die Erhöhung der Zahl der Spielhallenstandorte möglicherweise deshalb nicht zur Ausweitung des Ausmaßes pathologischen und problematischen Spielverhaltens geführt hat, weil bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine Marktsättigung eingetreten ist, sodass zusätzliche Standorte nicht zur Verschärfung der Problematik beitragen konnten. Abgesehen davon wird die Schlussfolgerung der Antragstellerin auch dadurch infrage gestellt, dass sie lediglich an ein prozentuales Verhältnis anknüpft, nicht jedoch an die absolute Zahl von Spielsucht betroffener Menschen. Insofern bleibt die in der Beschwerdebegründung nicht angesprochene Frage unbeantwortet, ob sich die Zahl der spielsüchtigen Menschen bei einer deutlichen Verknappung des Angebotes verringert.

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Da - wie noch auszuführen sein wird - der Beschluss des Verwaltungsgerichts in Bezug auf die Anwendung der Regelungen zum Abstandsgebot im konkreten Fall nicht ernstlich zweifelhaft ist, kommt es auf die - vom Bundesverfassungsgericht bejahte (BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., BVerfGE 145, 20, juris Rn. 124 ff.) - Frage der Unionsrechtsmäßigkeit des Verbundverbots nicht mehr an.

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3. Sodann trägt die Antragstellerin vor, das Abstandsgebot und das Verbundverbot seien inkohärent. Das Kohärenzgebot verlange stimmige, widerspruchsfreie Maßnahmen in normativer und tatsächlicher Hinsicht. Erforderlich sei eine zwischen Bund und Ländern koordinierte, sektorenübergreifende, systematisch und widerspruchsfrei am Monopolziel der Suchtbekämpfung orientierte Glücksspielpolitik, die vergleichbare Gefährdungen gleichermaßen erfasse, weshalb auch die Auswirkungen einer gegenläufigen Regelung anderer Glücksspielsektoren mit in den Blick zu nehmen seien. Dem würden das Verbundverbot und die Abstandsregelung nicht gerecht. Denn der durch die Regelungen angeblich intendierte Spielerschutz laufe durch den abweichenden regulatorischen Rahmen und den mangelnden Gesetzesvollzug sowohl im Bereich des Automatenspiels als auch in anderen Glücksspielsektoren faktisch leer.

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Konterkariert werde die Politik der Begrenzung der Spielmöglichkeiten bereits durch die flächendeckende Erteilung von Erlaubnissen für Bestandsspielhallen im Wege sogenannter Härtefallbefreiungen in Bayern und Rheinland-Pfalz. In Rheinland-Pfalz würden in der Praxis flächendeckend Befreiungen vom Verbundverbot und vom Mindestabstand befristet bis zum 30. Juni 2021 erteilt. In Bayern fänden das Verbundverbot und die Abstandsregelung infolge einer extensiven Auslegung der Härtefallregelung flächendeckend keine Anwendung, sofern eine Maximalzahl von 48 Spielautomaten im baulichen Verbund nicht überschritten werde und die bereits bisher geltenden Anforderungen zur räumlichen und optischen Gestaltung beachtet würden. In Niedersachsen gestalte sich die Lage in Bezug auf die Mindestabstandsregelung ähnlich. Aufgrund einer Weisung des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums erteilten die Kommunen in Konkurrenzsituationen Erlaubnisse in allen Fällen, in denen eine Spielhalle zuvor in einem Losentscheid unterlegen gewesen sei. Die Erlaubnisse würden gerade bis zum 31. Dezember 2019 verlängert. Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des niedersächsischen Glücksspielgesetzes sehe zudem eine Regelung vor, wonach der Betrieb von bis zu zwei Altspielhallen, die in einem baulichen Verbund oder in Unterschreitung des Mindestabstands betrieben würden, auf Antrag unter Anrechnung bereits erteilter Erlaubnisse bis zum 30. Juni 2021 von den Anforderungen nach § 24 Abs. 2 sowie § 25 GlüStV befreit würden. Die unterschiedliche Rechtsanwendung sei auch nicht unerheblich. Das Unionsrecht erweise sich als blind für die innerstaatliche Kompetenzverteilung und Aufgliederung in Bundesländer. Der Gerichtshof der Europäischen Union habe es ausdrücklich für möglich gehalten, dass die Kohärenz der Glücksspielpolitik in den Bundesländern durch weniger strenge Regelungen in einem anderen Bundesland beeinträchtigt werden könne.

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Die inkohärente Regulierung werde bei einer sektorübergreifenden Betrachtung noch deutlicher. So sei insbesondere das weit gefährlichere Automatenspiel in den Spielbanken nicht konsequent am Ziel der Begrenzung der Spielleidenschaft und Bekämpfung pathologischen Spielverhaltens ausgerichtet, obwohl der Gesetzgeber gerade dort eigene fiskalische Interessen verfolge, indem er den Gewinn der staatlichen Spielbanken und ihrer Zweigspielbetriebe abschöpfe. Die Annahme des Bundesverfassungsgerichts, die vom „Kleinen Spiel“ an Spielautomaten in Spielbanken ausgehende Suchtproblematik sei viel geringer als beim Spiel an Geldspielgeräten in Spielhallen, sei überholt. Nach einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zum Glücksspielverhalten und zur Glücksspielsucht in Deutschland würden dem Automatenspiel in den Spielbanken die mit Abstand höchsten Risiken attestiert. Der Einwand, in den Spielbanken seien umfangreiche Schutzvorschriften vorgesehen, verfange damit nicht mehr, zumal das für Spielbanken gemäß § 8 GlüStV vorgesehene Spielersperrsystem erst nach Entstehen eines problematischen Spielverhaltens greife und keinerlei präventive Wirkung habe. Der Ausschluss von Spielern mit pathologischem Spielverhalten komme unter dem Aspekt der Suchtprävention zu spät, da die Spielersperre in Spielbanken in der Regel über sechs Jahre nach der ersten Erkenntnis, ein glücksspielbedingtes Problem zu haben, erfolge. Die Spielbanken profitierten massiv von der Regulierung der Spielhallen.

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Die Inkohärenz folge ferner aus der Ungleichbehandlung von Spielhallen mit Gaststätten, in denen Geldspielgeräte nach wie vor ubiquitär verfügbar seien, Abstandsvorgaben existierten nicht. Sie seien für Jugendliche frei zugänglich und würden in Reaktion auf die verschärften regulatorischen Rahmenbedingungen im Bereich der Spielhallen immer öfter allein zum Zwecke des gewerblichen Geldspiels aufgesucht. Dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 7. März 2017 die liberale Regelung im Bereich der Geldspielgeräte in Gaststätten als nicht offensichtlich fehlerhaft qualifiziert habe, da - anders als bei Spielbanken - keine gesteigerten fiskalischen Interessen auf Seiten der Länder erkennbar seien, widerspreche dem unionsrechtlichen Prüfungsmaßstab, wonach eine nationale Beschränkung nur dann geeignet sei, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht werde, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Der einzige Unterschied, ob ein Spieler an einem Geldspielgeräte in einer Gaststätte oder einer Spielhalle spiele, liege darin, dass sich in einer Spielhalle meist mehr Geldspielgeräte befänden, wohingegen in einer Gaststätte zusätzlich die Möglichkeit bestehe, Alkohol und Speisen zu konsumieren.

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Sogenannte Casino-Games würden im Internet rund um die Uhr und ohne jedwede Regulierung auf hunderten von Seiten angeboten. Sie seien dem großen Spiel der Spielbanken und den dort befindlichen Slotmaschines nachempfunden und im Internet in Deutschland - mit Ausnahme von Schleswig-Holstein - nicht erlaubnisfähig. Gleichwohl werde das Angebot seit Jahren ausgeweitet. Dass die Antragsgegnerin dagegen vorgehe, sei nicht bekannt. Solange dies nicht der Fall sei, könne von einer kohärenten Glücksspielpolitik keine Rede sein. Die strikte Regelung der Spielhallen laufe hierdurch faktisch leer und führe zur Abwanderung ins Internet. Die mit dem Abstandsgebot und dem Verbundverbot angeblich intendierte Spielsuchtbekämpfung sei zum Scheitern verurteilt.

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Die mangelnde Kohärenz sei schließlich auch ein Resultat der Politik im Sektor der Sportwetten, der seit den neunziger Jahren von einer stetigen Angebotsausweitung und einem „Wildwuchs“ privater Anbieter und Angebote geprägt sei. Sportwetten seien heute ubiquitär verfügbar. Anders als Spielhallen unterlägen Wettvermittlungsstellen keinerlei Abstandsvorgaben. Spielerschützende Einsatz- und Verlusthöhenbegrenzungen existierten im Bereich der terrestrischen Sportwettvermittlung nicht.

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Konterkariert werde die glücksspielrechtliche Regelung im Bereich der Spielhallen schließlich auch durch die anreizende und ermunternde Werbung der staatlichen Lotterieunternehmen, die seit Jahren ungehindert und massiv für die von ihnen vertriebenen Glücksspielprodukte würben. Ein besonders krasses Beispiel bilde die Werbung für den „Eurojackpot“, in der nicht nur in ausschließlicher und einseitiger Weise der Nutzen des Glücksspiels betont, sondern suggeriert werde, dass die Teilnahme an staatlichem Glücksspiel die finanzielle Situation verbessern, Problemen entgegenwirken und den eigenen sozialen Erfolg fördern könne. Solange sowohl im Internet als auch in den rund 27.000 gewerblichen Annahmestellen dergestalt anreizend und ermunternd für staatliche Glücksspiele geworben werde, könne keine Rede davon sein, dass das Verbundverbot und der Mindestabstand Ausdruck einer systematischen und kohärenten, auf die Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichteten Regulierung seien. Dies gelte umso mehr, als die Beschränkungen im Bereich der Spielhallen mit dem Ziel erfolgten, die fiskalisch motivierten staatlichen Ausschließlichkeitsrechte im Bereich der Lotterien zu legitimieren.

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Nichts anderes folge aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. März 2017, da das Unionsrecht in dem Verfahren nicht entscheidungserheblich gewesen sei. Das Bundesverfassungsgericht habe seine Prüfung in verfassungsrechtlicher Hinsicht auf eine reine Willkürkontrolle beschränkt und die Einschätzungen des Gesetzgebers zum Zwecke des Verbundverbots und des Abstandsgebots lediglich als nicht offensichtlich fehlerhaft qualifiziert. Dies genüge den unionsrechtlichen Anforderungen nicht. Auch aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2016 zum Berliner Spielhallengesetz (8 C 6.15, BVerwGE 157, 127, juris) folge in unionsrechtsrechtlicher Hinsicht nichts anderes, sie beruhe gleich in mehrfacher Hinsicht auf offenkundig falschen Annahmen. Wenn das Bundesverwaltungsgericht behaupte, der Gerichtshof der Europäischen Union habe das unionsrechtliche Kohärenzgebote für das Glücksspiel in seiner bisherigen Rechtsprechung lediglich im Bereich staatlicher Monopolregelungen für relevant gehalten (juris Rn. 85), sei dies unzutreffend. Die unionsrechtliche Anforderung, dass auf zwingende Erfordernisse des Gemeinwohls gestützte Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs systematisch und kohärent verfolgt werden müssten, gelte nach gefestigter Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auch außerhalb des Bereichs staatlicher Monopolregulierungen (so EuGH, Urt. v. 16.2.2012, C-72/10 und C-77/10, Rn. 63 f.). Die staatsvertraglichen Beschränkungen im Bereich der Spielhallen dienten primär dazu, die staatlichen Ausschließlichkeitsrechte im Bereich der Lotterien und Sportwetten unionsrechtlich zu legitimieren. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass die Länder mit diesen Ausschließlichkeitsrechten illegitime fiskalische Ziele verfolgt hätten und auch weiterhin verfolgten. Daher gelte der Vorwurf der Scheinheiligkeit auch für die Beschränkungen im Bereich der Spielhallen. Die vom Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung vorgenommene Folgenabschätzung negiere das vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellte Erfordernis der Gesamtkohärenz. Solle - wie hier - mittels einer Regelung problematisches und pathologisches Spielverhalten bekämpft werden, werde dieses Ziel schon dadurch konterkariert, dass in anderen Glücksspielsektoren eine andere Glücksspielpolitik betrieben werde, ohne dass es insoweit auf etwaige „Ausweichbewegungen“ ankomme. Im Übrigen hätten sich die Behörden und Gerichte im Lichte der jeweils konkreten Anwendungsmodalitäten aufgrund einer dynamischen Prüfung zu vergewissern, dass eine Beschränkung dringend erforderlich, verhältnismäßig sowie Ausdruck einer systematischen und kohärenten Regulierungs- und Behördenpraxis sei.

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Dieses Vorbringen lässt den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts nicht zweifelhaft erscheinen:

32

Die beanstandeten Regelungen des Verbundverbots und des Abstandsgebots entsprechen dem Anliegen des Gesetzgebers, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheit zum Spiel zu verringern (vgl. dazu EuGH, Urt. v. 30.6.2016, C-465/15, juris Rn. 33 ff.). Zwar haben die Mitgliedstaaten im nichtharmonisierten Bereich des Glücksspiels ein weites gesetzgeberisches Ermessen, die Ziele ihrer Politik festzulegen, das ihnen am geeignetsten erscheinende Niveau des Schutzes der Verbraucher und der Sozialordnung zu bestimmen und damit die Grundfreiheiten einzuschränken. Innerhalb dieses Schutzsystems müssen die Mitgliedstaaten ihr legitimes Regelungsziel aber kohärent und systematisch verfolgen (vgl. EuGH, Urt. v. 16.2.2012, C-72/10 u.a., Rn. 63; BVerwG, Urt. v. 20.6.2013, 8 C 10.12, juris Rn. 30 ff, jeweils m.w.N.). Das Kohärenzgebot fordert, dass der Mitgliedstaat mit Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs im Glücksspielbereich - auch soweit sie nicht in einem staatlichen Monopol bestehen - zum einen die damit bezweckten Gemeinwohlziele auch tatsächlich verfolgen muss und nicht in Wahrheit andere Ziele - namentlich solche finanzieller Art - anstreben darf sowie zum anderen, dass er sie nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkarieren darf, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt. Es verlangt - zumal in bundesstaatlich gegliederten Mitgliedstaaten wie Deutschland - weder eine Uniformität der Regelungen noch eine Optimierung der Zielverwirklichung (vgl. EuGH, Urt. v. 8.9.2010, C-46/08, NVwZ 2010, 1422, juris, Rn. 55, 64 ff., 68; Urt. v. 6.11.2003, C-243/01, NJW 2004, 139, juris, Rn. 66 f.; BVerwG, Urt. v. 20.6.2013, 8 C 10.12, BVerwGE 147, 47, juris Rn. 31 ff., m.w.N.; OVG Münster, Beschl. v. 16.8.2019, 4 B 659/18, juris Rn. 17 f.).

33

Davon ausgehend dürfte in Bezug auf das Abstandsgebot ein Verstoß gegen das Kohärenzgebot nicht vorliegen:

34

a) Zunächst steht der Rechtfertigung des Eingriffs in die Grundfreiheiten kein Verstoß gegen das Kohärenzerfordernis entgegen, soweit es die landesrechtlichen Vorschriften zur Befreiung von den Regelungen zum Mindestabstand und zum Verbundverbot bei Vorliegen einer unbilligen Härte in den verschiedenen Bundesländern und deren konkrete Handhabung durch die zuständigen Behörden betrifft. Nach Art. 25 Abs. 1, Abs. 2 GlüStV gilt in allen Bundesländern das Gebot, einen Mindestabstand zwischen Spielhallen einzuhalten bzw. der Ausschluss der Erteilung einer Erlaubnis für eine Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht. Nach Art. 29 Abs. 4 Sätze 4 und 5 GlüStV können hiervon Befreiungen für einen angemessenen Zeitraum zugelassen werden, wenn dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist, wobei das Nähere die Ausführungsbestimmungen der Länder regeln. Die unterschiedliche Ausgestaltung des Landesrechts in diesem Zusammenhang dürfte nicht zu beanstanden sein. Die Befreiungsvorschriften ermöglichen ohnehin nur ein vorübergehendes Absehen von der Umsetzung des Abstandsgebots und des Verbundverbots, sodass sich hieraus für einzelne Betreiber von Spielhallen ergebende Vor- oder Nachteile nur vorübergehender Natur sind (vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 7.2.2019, 3 B 398/18, juris Rn. 40). Zudem ergibt sich aus den Härtefallregelungen im Kern nur eine Abmilderung der - unionsrechtlich nicht zu beanstandenden (s.o.) - Beschränkung der Grundfreiheiten, sodass eine unterschiedliche Handhabung der Befreiungsmöglichkeit in den Bundesländern für sich genommen die Rechtfertigung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit nicht in Frage stellen kann (vgl. OVG Saarlouis, Beschl. v. 13.12.2018, 1 B 284/18, ZfWG 2019, 71, juris Rn. 38).

35

Diese Betrachtungsweise steht auch nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. In seinem von der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung zitierten glücksspielrechtlichen Urteil vom 12. Juni 2014 (C- 156/13, juris Rn. 33 ff.) hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass der Gesetzgeber der Bundesrepublik Deutschland die Auffassung vertreten dürfe, dass es im Interesse aller Betroffenen Sache der Länder und nicht des Bundes sei, bestimmte Vorschriften zu erlassen und dass die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Ländern nicht in Frage gestellt werde, da sie unter dem Schutz von Art. 4 Abs. 2 EUV stehe, nach dem die Union verpflichtet sei, die jeweilige nationale Identität der Mitgliedstaaten zu achten, die in ihren grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen einschließlich der lokalen und regionalen Selbstverwaltung zum Ausdruck komme. Der Gerichtshof der Europäischen Union schließt es zwar nicht aus, dass die Kohärenz glücksspielrechtlicher Regelungen möglicherweise durch die weniger strenge Regelung eines Bundeslandes beeinträchtigt werden kann, vertritt aber ausdrücklich nicht die Auffassung, dass die abweichende zeitlich begrenzte Rechtslage in einem Bundesland die Eignung der in den anderen Bundesländern geltenden Beschränkungen des Glücksspiels zur Erreichung der mit ihnen verfolgten legitimen Ziele des Allgemeinwohls erheblich beeinträchtigt (vgl. auch OVG Münster, Beschl. v. 2.4.2020, 4 B 1478/18, juris Rn. 29; OVG Bautzen, Beschl. v. 29.11.2019, 6 B 143/18, juris Rn. 70 f. m.w.N.). Die jeweilige Zuständigkeit der Länder einschließlich der der lokalen Selbstverwaltung verbleibenden Ermessensspielräume ist nach Art. 4 Abs. 2 EUV unionsrechtlich zu achten (vgl. EuGH, Urt. v. 12.6.2014, C-156/13, NVwZ 2014, 100, juris, Rn. 34; vgl. zu den Spielerschutzzwecken: BGH, Urt. v. 27.2.2020, 3 StR 327/19, juris Rn. 41).

36

b) Der Rechtfertigung des Eingriffs in die Grundfreiheiten steht ein Verstoß gegen das Ko-härenzerfordernis auch nicht entgegen, soweit es die Regelung des Automatenspiels in Spielbanken und Gaststätten sowie für Online-Angebote bzw. staatliche Lotterien sowie etwaige Vollzugsdefizite betrifft (so auch OVG Münster, Beschl. v. 10.3.2020, 4 B 362/19, juris Rn. 10; OVG Saarlouis, Beschl. v. 4.2.2020, 1 B 318/19, juris Rn. 10 ff., 13).

37

Im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 HmbSpielhG (Beschränkung der Zahl der Geldspielgeräte) hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 7. Februar 2018 (4 Bf 217/17, NVwZ-RR 2019, 28, juris) erkannt, dass die Regelung konsequent am Ziel der Spielsuchtbekämpfung ausgerichtet ist, auch wenn Spielhallen, Spielbanken und Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind, unterschiedlichen Regelungen unterworfen sind. Hinsichtlich des Abstandsgebots und des Verbundverbots gilt dies entsprechend. Das Bundesverfassungsgericht hat im Beschluss vom 7. März 2017 (1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 141-147) zum Vergleich mit Spielbanken ausgeführt:

38

„... Das Verbundverbot und die Abstandsgebote sind konsequent am Ziel der Spielsuchtbekämpfung ausgerichtet, auch wenn Spielhallen, Spielbanken und Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind, unterschiedlichen Regelungen unterworfen sind. Bei der Regulierung der Geldspielgeräte in Gaststätten sind keine gesteigerten fiskalischen Interessen auf Seiten der Länder erkennbar.

39

Mit dem in die Regelungen nicht einbezogenen Betrieb der Spielbanken sind allerdings gesteigerte fiskalische Interessen der Länder verbunden, weil ihnen nach Landesgesetz wesentliche Anteile an der Betreibergesellschaft gehören (vgl. § 5 Abs. 3 SpielbG-Saar) und sie Bruttospielertrag und Gewinn der Spielbanken abschöpfen (vgl. § 14 Abs. 1, § 15 SpielbG-Saar; § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 2 bis 5 SpBG Bln). Insofern ist nicht ausgeschlossen, dass das Verbundverbot und die weiteren Beschränkungen in den neuen Spielhallengesetzen indirekt auch fiskalische Interessen der Länder durch Verlagerung auf das Angebot der Spielbanken fördern. Insoweit besteht ein Konkurrenzverhältnis zwischen den - hier regulierten - Spielhallen und den - auch mit fiskalischen Interessen betriebenen - Spielbanken, die in Berlin und im Saarland Dependancen oder Zweigniederlassungen betreiben, in denen ausschließlich und losgelöst von den übrigen Glücksspielangeboten der Spielbanken vergleichbares Glücksspiel an Automaten beziehungsweise Geräten angeboten wird. Diese sind durch die ausdrückliche Ausnahme in § 33h Nr. 1 GewO von der Anwendbarkeit der spielhallenbezogenen Regelungen der Gewerbeordnung ausgenommen. Demgegenüber wird der Entstehung von Mehrfachspielhallen, die wegen des großflächigen Angebots und der größeren Zahl an verfügbaren Spielgeräten in die Nähe der Automatensäle von Spielbanken heranrücken, mit den angegriffenen Regelungen entgegengewirkt.

40

Dennoch liegt hierin keine Inkonsequenz in Bezug auf das von den Gesetzgebern verfolgte Ziel der Bekämpfung der Glücksspielsucht, da der Betrieb der Spielbanken und die Erlaubnis zur Aufstellung von Spielautomaten in eigener Weise an den in § 1 GlüStV benannten Zielen, insbesondere der Bekämpfung der Glücksspielsucht (§ 1 Nr. 1 GlüStV) und der Begrenzung und Kanalisierung des Spieltriebs (§ 1 Nr. 2 GlüStV), ausgerichtet sind. Für Spielbanken sind umfangreiche Spielerschutzvorschriften vorgesehen. (...) Dementsprechend sieht § 20 Abs. 1 GlüStV zur Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV eine Begrenzung der Anzahl der Spielbanken in den Ländern vor. Damit sind auch der Zulassung von Zweigniederlassungen beziehungsweise Dependancen Grenzen gesetzt. (...) So ist das Spiel in Spielbanken aufgrund der begrenzten Zahl der Standorte (...) aus dem Alltag herausgehoben, während das Spiel in Spielhallen schon aufgrund der großen Verfügbarkeit und der wesentlich zahlreicheren Standorte Bestandteil des alltäglichen Lebens ist. Dieser Unterschied wird auch bei einer Reduzierung des Bestands an Spielhallenstandorten aufgrund der Abstandsgebote nach Ablauf der Übergangsfristen grundsätzlich fortbestehen. Nach den vorliegenden Untersuchungen fällt die vom kleinen Spiel an Spielautomaten in Spielbanken ausgehende Suchtproblematik sehr viel geringer aus als beim Spiel an Geldspielgeräten in Spielhallen (vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland 2013, Ergebnisbericht, 2014, S. 189; Haß/Lang, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland. Ergebnisse des Surveys 2015 und Trends - Forschungsbericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 2016, S. 102; Meyer u.a., Pathologisches Glücksspielen und Epidemiologie: Entstehung, Komorbidität, Remission und Behandlung - Endbericht, S. 68). (...)

41

(...) Im Übrigen widerspricht das Angebot des Automatenspiels in Spielbanken in Berlin und im Saarland - soweit ersichtlich - auch in seiner tatsächlichen Ausgestaltung nicht den Zielen der Bekämpfung der Spielsucht und der Kanalisierung des Spieltriebs und orientiert sich nicht an fiskalischen Interessen der Länder. Die Zahl der Zweigniederlassungen ist in beiden Ländern leicht gesunken, während die Zahl der Spielhallen und gerade der Mehrfachspielhallen in den letzten zehn Jahren sprunghaft angestiegen ist. Auch bei Berücksichtigung der „Ausdünnung“ des Spielhallenmarktes durch Verbundverbot und Abstandsgebot nach Ablauf der Übergangsfristen zum 31. Juli 2016 beziehungsweise zum 30. Juni 2017 dürfte die absolute Zahl der Spielautomaten in Spielbanken erheblich geringer bleiben als die Zahl der Spielgeräte in Spielhallen.

42

Zur konsequenten Regulierung der Spielbanken und insbesondere des Automaten-spiels mit dem Ziel der Bekämpfung der Spielsucht haben die Landesbehörden jedoch auch in Zukunft dafür Sorge zu tragen, dass die Reduzierung der Zahl der Spielhallen nicht durch eine Ausweitung des Automatenspiels und eine Vermehrung der Standorte von Spielbanken und ihren Dependancen konterkariert wird.“

43

Diesem Verständnis der Reichweite des unions- und verfassungsrechtlich geprägten Kohärenzgebots schließt sich der Senat mit Blick auf die Bestimmungen des Hamburgischen Spielhallengesetzes und das hier streitige Abstandsgebot bzw. Verbundverbot vollumfänglich an. Die Beschwerdebegründung gibt im Ergebnis keinen Anlass zu einer abweichenden Betrachtung.

44

Soweit die Antragstellerin darauf hinweist, dass der vom Bundesverfassungsgericht zitierte Bericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Ergebnisse des Surveys 2015 und Trends - Forschungsbericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 2016, S. 102), wonach die vom „kleinen Spiel“ an Spielautomaten in Spielbanken ausgehende Suchtproblematik sehr viel geringer ausfällt als beim Spiel an Geldspielgeräten in Spielhallen, nicht mehr aktuell ist, trifft das zu. Eine derartige Abstufung ergibt sich aus dem aktuellen Bericht (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland - Ergebnisse des Surveys und Trends 2017, Forschungsbericht vom 15.2.2018) nicht. Darin wird nämlich festgehalten, dass sich, wenn die Nutzung verschiedener Glücksspielformen betrachtet wird, beim „kleinen Spiel“ in der Spielbank und bei Internet-Casino-Spielen die höchsten Risiken finden, was mit Angaben zum Verhältnis zwischen den als mindestens problematisch glücksspielend klassifizierten Befragten und den gesamten Nutzern belegt wird. Als mindestens problematisch glücksspielend klassifizierte Befragte finden sich (bei der kombinierten Betrachtung der Erhebungen 2015 und 2017) signifikant am häufigsten unter Personen, die in den letzten 12 Monaten das „kleine Spiel“ in der Spielbank (21,1 %), Internet-Casino-Spiele (18,4 %), Bingo (12,3 %), Geldspielautomaten (10,5 %), Oddset-Spielangebote (9,8 %) oder Keno (9,6 %) gespielt haben (Seite 15). Diese Feststellung, wonach sich prozentual deutlich mehr mindestens problematische Spieler beim „kleinen Spiel“ in Spielbanken als in Spielhallen finden, ist allerdings nur bedingt aussagekräftig. In dem Forschungsbericht heißt es insoweit ausdrücklich, dass empirisch nicht abschließend geklärt werden könne, ob es sich hierbei um einen kausalen Zusammenhang handele, der von dem analysierten Glücksspiel ausgehe (d.h. dass das Glücksspiel der „Verursacher“ des problematischen oder pathologischen Spielverhaltens ist), oder ob das analysierte Glücksspiel „nur“ zusätzlich für mindestens problematisch Glücksspielende besonders attraktiv sei (Seite 134). In dem Forschungsbericht wird allerdings weiter ausgeführt, dass sich nach den zusammengeführten Daten aus 2015 und 2017 einmal mehr Geldspielautomaten als risikoreich für das Auftreten von Problemspielverhalten erwiesen haben (vgl. dazu auch Meyer, GewArch 2019, 184 ff.). Auch wenn aktuelle Forschungsergebnisse nicht (mehr) belegen, dass die vom „kleinen Spiel“ an Spielautomaten in Spielbanken ausgehende Suchtproblematik geringer als beim Spiel an Geldspielgeräten in Spielhallen ist, bleibt es doch bei den auch vom Bundesverfassungsgericht in der oben zitierten Entscheidung betonten grundsätzlichen Unterschieden zwischen den Spielorten, sodass der Senat nach wie vor davon ausgeht, dass die Regelungen zum Abstandsgebot und zum Verbundverbot bei Spielhallen konsequent auf das Ziel der Suchtbekämpfung ausgerichtet sind. Auch die Hinweise in der Beschwerdebegründung auf den zeitlichen Abstand zwischen der Erkenntnis, dass ein Spieler ein glücksspielbedingtes Problem hat, und der Verfügung einer Spielsperre, und auf den Zuwachs beim Bruttospielertrag des Automatenspiels in Spielbanken sprechen nicht für eine inkohärente Glücksspielpolitik. Die Zugangsbeschränkung nach § 8 GlüStV mag in ihrer Wirkung begrenzt sein, gleichwohl kann ihr auch wegen des mit Blick auf die Möglichkeit der Selbstsperre präventiven Charakters eine spielerschützende und suchtpräventive Wirkung nicht abgesprochen werden (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 7.2.2018, 4 Bf 217/17, juris Rn. 134; OVG Bautzen; Beschl. v. 20.12.2019, 6 B 44/19, juris Rn. 11). Sie ist Teil der speziell für Spielbanken geltenden Regelungen, die deren Betrieb von dem der Spielhallen unterscheiden. Sofern, was die Antragstellerin behauptet, die Spielbanken beim Automatenspiel Ertragssteigerungen erzielen, ist nicht ersichtlich, inwieweit sich hieraus eine zur Inkohärenz führende Ungleichbehandlung ergeben soll. Insbesondere widerlegt dies nicht, dass die spielhallenrechtlichen Vorschriften konkret am Ziel der Suchtbekämpfung ausgerichtet sind und tatsächlich dem Anliegen gerecht werden, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen.

45

Auch im Vergleich mit Gaststätten, in denen Geldspielautomaten aufgestellt und betrieben werden, dürfte keine Inkohärenz vorliegen (so auch OVG Saarlouis, Beschl. v. 13.12.2018, 1 B 248/18, ZfWG 2019, 71, juris Rn. 42). Derartige Gaststätten sind nicht dem Abstandsgebot oder dem Verbundverbot unterworfen. Das Bundesverfassungsgericht hat vor dem Hintergrund von Art. 3 Abs. 1 GG entschieden, dass die insoweit bestehende Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich gerechtfertigt sei. Der Schwerpunkt der gewerblichen Tätigkeit von Gaststätten liege nicht im Aufstellen und Bereithalten von Spielgeräten, sondern im entgeltlichen Anbieten von Speisen und Getränken. Die Möglichkeiten und Anreize zu ununterbrochenem Spiel in Spielhallen seien daher typischerweise größer als in Gaststätten. Hinzu komme, dass gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV höchstens drei, ab dem 10. November 2019 nur noch zwei Geldspielgeräte je Gaststätte aufgestellt werden dürften (vgl. Art. 5 Nr. 1 Sechste Verordnung zur Reform der Spielverordnung vom 4. November 2014, BGBl I S. 1678, 1682). Das Gefährdungspotential in Gaststätten sei somit aufgrund der geringeren Verfügbarkeit des Glücksspiels deutlich geringer als in Spielhallen, und die Einbettung in den Gaststättenbetrieb ermögliche darüber hinaus eine größere soziale Kontrolle. Der Betrieb von „Spielcafés“ oder „Cafécasinos“ als Gaststätten mit höchstens drei Spielgeräten, die faktisch das Gepräge von kleinen Spielhallen hätten, ändere daran nichts, da solche Spielcafés als Spielhallen gelten würden und damit denselben Regeln unterworfen seien (BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., BVerfGE 145, 20, juris Rn. 175). Diesen Überlegungen zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung schließt sich der Senat an und hält sie gleichermaßen für geeignet, ein kohärentes Vorgehen des Gesetzgebers in Bezug auf die Beschränkung der Grundfreiheiten zu belegen (vgl. bereits Urt. v. 7.2.2018, 4 Bf 217/17, juris Rn. 137, 139). Der Hinweis der Antragstellerin auf das unionsrechtliche Gebot kohärenten und systematischen Vorgehens sowie die - nicht belegte - Zunahme an Geldspielgeräten in Gaststätten und die erzielten Umsatzsteigerungen vermögen dies nicht in Zweifel zu ziehen. Die Antragstellerin setzt sich nicht näher mit den Unterschieden der Betriebsmodelle von Gaststätten- und Spielhallenbetreibern auseinander.

46

Eine relevante Inkohärenz lässt sich weiter nicht im Hinblick auf die in der Beschwerdebegründung angeführten illegal betriebenen sog. Casino-Games feststellen. Dass derartige Angebote im Internet in den meisten Bundesländern nicht erlaubt, gleichwohl aber zugänglich sind, trifft zu. Das Verbot, öffentliche Glücksspiele im Internet zu veranstalten oder zu vermitteln, ergibt sich allerdings bereits aus § 4 Abs. 4 GlüStV. Anders als die Antragstellerin unterstellt, gehen die zuständigen Behörden sehr wohl gegen illegales Glücksspiel im Internet vor; dass gehäufte oder systematische Verstöße nicht konsequent geahndet und unterbunden werden, ist nicht ersichtlich. Ein eine Inkohärenz möglicherweise begründendes Vollzugsdefizit gibt es nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.10.2017, 8 C 18.16, BVerwGE 160, 193, juris Rn. 47; OVG Berlin, Beschl. v. 20.8.2019, OVG 1 N 46.18, juris Rn. 26 ff.; OVG Münster, Beschl. v. 16.8.2019, 4 B 659/18, juris Rn. 31 ff.; OVG Bautzen, Beschl. v. 20.12.2019, 4 B 44/19, juris Rn. 12). Angesichts der Vielfältigkeit und Unübersichtlichkeit des illegalen Angebots von Glücksspielen im Internet und der praktischen und personellen Möglichkeiten der zuständigen Behörden drängen sich auch dem Senat Bedenken, die Behörden könnten generell untätig sein, nicht auf (vgl. in diesem Sinne auch OVG Saarlouis, Beschl. v. 4.2.2020, 1 B 318/19, juris Rn. 30).

47

Selbst wenn ein normativ angelegtes Vollzugsdefizit festzustellen wäre, wäre nicht aufgezeigt, dass hierdurch die Regulierung des Rechts der Spielhallen in einer Weise konterkariert würde, die ihre Eignung zur Erreichung der gesetzlichen Ziele, das Angebot von Glücksspielen zu begrenzen, in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen, ausschließen würde. Die Eignung einer Regelung zur Bekämpfung von Spielsucht entfällt nicht ohne Weiteres schon deshalb, weil illegale Formen von Suchtgefahren insbesondere im Internet nicht vollständig ausgeschlossen und unterbunden werden können (vgl. auch OVG Münster, Beschl. v. 29.6.2020, 4 B 665/19, juris Rn. 54; Beschl. v. 10.3.2020, 4 B 362/19, juris, Rn. 16 ff., 20; VGH Kassel, Beschl. v. 16.9.2019, 8 B 1481/19, juris, Rn. 26; EuGH, Urt. v. 8.9.2010, C-316/07 u.a., juris, Rn. 86 f.).

48

Auch der Hinweis der Antragstellerin auf den Beschluss der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien vom 8. September 2020 begründet keine Inkohärenz des Abstandsgebots aus § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG. Zwar ergibt sich aus der Regelung, dass bei der Prüfung der Zuverlässigkeit von Sportwettenanbietern neben erlaubten Glücksspielen bestimmte Angebote von nach dem bisherigen GlüStV nicht erlaubten Online-Spielen (virtuelle Automatenspiele und Online-Poker) in der Übergangszeit zwischen der Erlaubniserteilung nach dem GlüStV und dem beabsichtigten Inkrafttreten des GlüStV 2021 (voraussichtlich zum 1. Juli 2021) unschädlich sein sollen (Ziff. 4 des Staatsräte-Beschlusses). Diese Grundsätze werden bei dem Vollzug unerlaubten Glücksspiels im Zeitraum bis zum 30. Juni 2021 im Rahmen des Ermessens der zuständigen Behörden, gegen welche Betriebe und Anbieter im Rahmen der zur Verfügung stehenden Kapazitäten vorgegangen werden soll, berücksichtigt (Ziff. 5 des Staatsräte-Beschlusses). Aus dem Inhalt der Regelung ergibt sich bereits, dass dies nicht „auf eine faktische Duldung von illegalen virtuellen Automatenspielen, Online-Poker und Online-Computerspielen hinausläuft“ (vgl. auch Ziff. 5 Abs. 2-4). Vielmehr werden ab 15. Oktober 2020 bis voraussichtlich 30. Juni 2020 allenfalls diejenigen Anbieter (von Sportwetten) begünstigt bzw. wird gegen diese nicht vorgegangen, die bereits zu diesem Zeitpunkt die hohen persönlichen, technischen und wirtschaftlichen Anforderungen an die Zuverlässigkeit des Betreibers, an das Anbieten von „Online-Games“ und an den Spielerschutz und die Spielsuchtbekämpfung erfüllen, die nach dem GlüStV 2021-Entwurf verpflichtend sind (vgl. dort §§ 4a-4d, 6a-6j GlüStV 2021-E), und nur die dann erlaubten Spiele und Wetten anbieten. Dies ändert nichts an dem grundsätzlichen Verbot von nach dem GlüStV nicht erlaubten (virtuellen) Glücks-, insbesondere Automatenspielen. Auch ist vor dem Hintergrund der verlangten wirtschaftlichen und technischen Anforderungen an die Betreiber und den Betrieb virtueller Glücksspiele nichts dafür ersichtlich, dass - wie die Antragstellerin meint - alle Anbieter, bei denen abzusehen sei, dass diese sich der zukünftigen Regelung ab Juli 2021 „nicht entziehen würden“, bereits jetzt unbehelligt virtuelle Glücksspiele anbieten können. Eine fehlende Kohärenz kann auch nicht damit begründet werden, dass (terrestrische) Automatenspiele in Spielhallen strengen Anforderungen wie dem Abstandsgebot unterworfen werden, während „dieselben Automatenspiele virtuell ubiquitär verfügbar sind“. Wie sich aus den oben dargestellten, nach dem GlüStV 2021-Entwurf vorgesehenen Anforderungen für eine mögliche übergangsweise Duldung bestimmter Angebote ergibt, unterliegen Betriebe und Anbieter in diesem Fall hohen Anforderungen im Hinblick auf den Spielerschutz. Die Zulassung virtueller Glücksspiele muss naturgemäß einem anderen Konzept zum Schutz der Spieler vor Spielsucht genügen als dies für „terrestrische“ spielhallenbezogene Angebote gilt. Da das Kohärenzgebot kein Uniformitätsgebot ist (vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 13.12.2018, 3 B 128/18, juris Rn. 51), muss und kann nicht jeder Glücksspielsektor mit den gleichen Maßnahmen reguliert werden. Die Maßnahmen, die für terrestrische Spielhallen zur Verhinderung der Entstehung von Glücksspielsucht ergriffen werden und insbesondere im Verbundverbot und Abstandsgebot Ausdruck finden, dürften aufgrund der Unterschiede in der Form der Wahrnehmung des Glücksspielangebotes voraussichtlich nicht auf den Online-Glücksspielsektor übertragen werden können. Da auch im Online - Glücksspielsektor eine Vielzahl an spielerschützenden Regeln geplant sind, die das Pendant zu spielerschützenden Maßnahmen im terrestrischen Geldspielgerätesektor darstellen sollen, ist gegenwärtig nicht ersichtlich, dass eine mögliche, übergangweise unter bestimmten strengen Anforderungen bereits in den Blick genommene Liberalisierung des Glücksspiels im Internet die mit dem Abstandsgebot und dem Verbundverbot verfolgten Ziele konterkariert. Solches macht die Antragstellerin im Übrigen auch nicht geltend.

49

Auch die Öffnungsklausel für Spielhallen in § 29 Abs. 4 GlüStV 2021-Entwurf lässt nicht den Schluss zu, dass die geltenden Regelungen zum Abstandsgebot das Automatenspiel in Hamburg nicht mehr in kohärenter und systematischer Weise begrenzen. Anhaltspunkte dafür, dass der Landesgesetzgeber in der Freien und Hansestadt Hamburg zukünftig von der Möglichkeit Gebrauch machen wird, befristete Erlaubnisse für in einem baulichen Verbund liegende Spielhallen abweichend von § 25 Abs. 2 GlüStV und § 25 Abs. 2 GlüStV 2021-Entwurf unter bestimmten Voraussetzungen zuzulassen, sind von der Antragsgegnerin verneint worden und auch nicht ersichtlich.

50

Ein Verstoß gegen das Kohärenzerfordernis ergibt sich auch nicht bezogen auf den Sektor der Sportwetten. Von Sportwetten geht eine wesentlich geringere Gefahr aus als vom Automatenspiel in Spielhallen (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 16.8.2019, 4 B 659/18, juris, Rn. 22; Ergebnisse des Surveys 2015 und Trends - Forschungsbericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 2016, S. 15, worin Sportwetten im Zusammenhang mit signifikanten Suchtrisiken nicht genannt werden). Aus der Tatsache, dass es bisher nicht gelungen ist, für den Bereich der Sportwetten jenseits der Festlegung materiell-rechtlicher Schutzstandards ein unionsrechtskonformes Erlaubnisverfahren zu eröffnen, in dem Erlaubnisse auch tatsächlich erlangt werden können, lässt sich - auch mit Blick auf die tatsächlich deutlich geringere Spielsuchtrelevanz von Sportwetten - unionsrechtlich keine Rechtfertigung dafür ableiten, ein spielsuchtbegrenzendes unionsrechtskonformes Erlaubniserfordernis für den rechtlich hiervon zu unterscheidenden Bereich der Spielhallen außer Anwendung zu lassen (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 16.8.2019, 4 B 659/18, juris Rn. 27). Im Übrigen sieht § 8 Abs. 6 HmbGlüÄndStVAG ein Abstandsgebot für Wettvermittlungsstellen vor, das allerdings noch nicht umgesetzt werden konnte, weil das vom Land Hessen durchzuführende Konzessionsverfahren nach § 9a Abs. 2 Nr. 3 GlüStV noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist.

51

Schließlich dürfte sich Inkohärenz auch nicht im Hinblick auf die Werbung für staatliche Lotterieunternehmen feststellen lassen. Die auch von der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren dargestellte Werbepraxis des Deutschen Lotto- und Toto-Blocks stellt dies nicht in Frage. Zwar entspricht dem unionsrechtlich legitimen Ziel der Suchtbekämpfung und des Jugend- und Spielerschutzes nur eine Werbung, die maßvoll und strikt auf das begrenzt bleibt, was erforderlich ist, um die Verbraucher zum legalen Glücksspielangebot hinzulenken. Sie darf nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher dadurch zu fördern, dass sie zu aktiver Teilnahme am Spiel angeregt werden, etwa indem das Spiel verharmlost oder ihm ein positives Image verliehen wird, das daran anknüpft, dass die Einnahmen für Aktivitäten im Allgemeininteresse verwendet werden. Unzulässig ist es auch, die Anziehungskraft des Spiels durch zugkräftige Werbebotschaften zu erhöhen, die bedeutende Gewinne verführerisch in Aussicht stellen (vgl. EuGH, Urt. v. 8.9.2010, C-316/07 u.a.-, juris, Rn. 103 f.; OVG Lüneburg, Urt. v. 12.7.2018, 11 LC 400/17, ZfWG 2018, 465, juris Rn. 55; vgl. auch bereits OVG Hamburg, Beschl. v. 10.3.2014, 4 Bs 435/13, juris Rn. 52 zur Werbung für Spielbank). Die Werbung für staatliche Lotterien lässt jedoch nicht darauf schließen, dass die hier in Rede stehenden Beschränkungen für Spielhallen lediglich scheinheilig zur Suchtbekämpfung eingeführt worden sind, tatsächlich aber anderen - insbesondere fiskalischen - Zwecken dienen. Auch sonst lässt sich nicht feststellen, dass die genannte Werbung überhaupt Auswirkungen auf den hier in Rede stehenden regulierten Bereich der Spielhallen hat. Insoweit verlangt das Kohärenzgebot nur, dass der Zweck der jeweiligen Regelung nicht durch die mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen durchkreuzt werden darf. Es verlangt weder eine Uniformität der Regelungen noch eine Optimierung der Zielverwirklichung. Dass die mit der Regulierung der Spielhallen (Abstandsgebot und Verbundverbot) bezweckte Regelung durch die Werbepraxis vor allem für staatliche Lotterien konterkariert werden könnte, ist nicht ersichtlich (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 12.7.2018, 11 LC 400/17, ZfWG 2018, 465, juris Rn. 55; OVG Münster, Beschl. v. 29.6.2020, 4 B 665/19, juris Rn. 43 unter Verweis auf Beschl. v. 8.6.2017, 4 B 307/17, juris Rn. 36 ff.; OVG Bautzen, Beschl. v. 20.12.2019, 6 B 44/19, juris Rn. 10). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Personen mit mindestens problematischem Glücksspielverhalten - trotz seit Jahren offensiver Werbepraxis - relativ selten unter den Lotteriespielenden vertreten sind, während das Spiel an Geldspielautomaten weiterhin zu den Glücksspielformen mit den höchsten Risiken zählt (vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland - Ergebnisse des Surveys und Trends 2017, Forschungsbericht vom 15.2.2018, Seite 15). Insbesondere kann das mit der Regelung bezweckte Ziel, die Zahl der Spielhallen wegen der gerade von diesen ausgehenden besonderen Suchtgefahren zu reduzieren, weiterhin verfolgt werden, auch wenn in diesen anderen Bereichen unionsrechtswidrig geworben werden sollte. Die Eignung zur Zielerreichung im Bereich der Spielhallen wird hierdurch nicht aufgehoben (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 12.7.2018, 11 LC 400/17, ZfWG 2018, 465, juris Rn. 56; OVG Münster, Beschl. v. 8.6.2017, 4 B 307/17, juris Rn. 42).

52

4. Weiter macht die Antragstellerin geltend, jedenfalls dürfe § 9 Abs. 4 HmbSpielhG keine Anwendung finden, da diese Regelung verfassungswidrig sei und sie in ihrem Bewerberverfahrensanspruch verletze. Eine sachliche Rechtfertigung für eine Auswahlentscheidung allein anhand des Alters des Spielhallenstandorts existiere nicht. Die Auswahlentscheidung zwischen zwei Spielhallen sei an Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG zu messen (Anspruch auf gleiche Teilhabe an staatlichen Leistungen, auf Nutzung vorhandener Kapazitäten, auf sachgerechte Verteilungskriterien und auf ein faires Zuteilungsverfahren). Bei der Erlaubnis gemäß § 2 Abs. 1 HmbSpielhG handele es sich um eine staatliche Leistung. Technisch werde von einem „Grundrechtsschutz durch Verfahren“ gesprochen. Es dürfe nicht ein Teil der Betroffenen willkürlich und rechtswidrig von der staatlichen Zulassung ausgeschlossen werden. Für die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung gelte ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter Prüfungsmaßstab. Die gesetzlichen Vorgaben schlössen eine Neukonzessionierung von Spielhallen fast vollständig aus. § 9 Abs. 4 HmbSpielhG werde den Anforderungen nicht gerecht.

53

Dem Kriterium fehle es bereits an einer inneren Rechtfertigung. Das Standortalter weise keinerlei Bezug zu den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages und des Hamburgischen Spielhallengesetzes auf. Das Anciennitätsprinzip sei zur Bekämpfung der Spielsucht und des Spieler- und Jugendschutzes ungeeignet, weil es diese Ziele in keiner Weise fördern könne. Das Alter des Spielhallenstandortes bzw. die Nummer der Gewerbeanmeldung sage nichts darüber aus, ob und inwieweit der Weiterbetrieb mit den Zielen des Hamburgischen Spielhallengesetzes in Einklang stehe. Es ließen sich daraus auch keine Rückschlüsse auf eine besondere Expertise im Umgang mit Spielsüchtigen oder auf einen besseren Spieler- und Jugendschutz ziehen. Die Ziele erforderten eine Auswahlentscheidung anhand sachgerechter qualitativer Gesichtspunkte im Sinne einer personen- bzw. unternehmensbezogenen Bestenauslese. Auch die vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 7. März 2017 (Rn. 184 f.) erwähnten komplexen Abwägungsentscheidungen erforderten die Berücksichtigung subjektiver Faktoren und stünden einer rein formalen Auswahl entgegen. Der Einwand des Senats, es stünden ohnehin nur Bewerber zur Auswahl, die hinsichtlich der Eindämmung der für die Suchtgefahr relevanten Kriterien bereits auf einer Stufe stünden, überzeuge nicht, da es auch unterhalb der Stufe der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit massive Unterschiede bei der ordnungsgemäßen Betriebsführung gebe.

54

Auch die Komplexität der verschiedenen Konkurrenzbeziehungen vermöge eine Auswahl allein anhand des Standortalters sachlich nicht zu rechtfertigen. Es gehe um einen schweren Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit, bei dem die Verwaltungspraktikabilität niemals im Vordergrund stehe, sondern sachliche Auswahlkriterien allenfalls flankiere. Dies gelte umso mehr, als mit dem Kriterium der bestmöglichen Ausschöpfung der bei Einhaltung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität gleichfalls ein formales, aber weniger eingriffsintensives Kriterium zur Verfügung stehe.

55

Ein sachlicher Anknüpfungspunkt für die Zuerkennung eines vom Standortalter abhängenden besonderen Bestands- und Vertrauensschutzes bestehe gleichfalls nicht. Dem glücksspielrechtlichen Regulierungsmodell gehe es nicht um Bestandsschutzwahrung, sondern gerade um seine Relativierung. Wenn es, wie das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 7. März 2017 (Rn. 189 ff.) erkannt habe, bei Spielhallenbetreibern ohnehin an Anhaltspunkten für die Zubilligung eines schutzwürdigen Vertrauens in den Weiterbetrieb ihres Unternehmens fehle, sei nicht nachvollziehbar zu begründen, wieso dies unter Anciennitätsgesichtspunkten anders sein solle. Etwaigen Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen werde zudem durch die 5-jährige Übergangsregelung in Kombination mit der Härtefallregelung hinreichend Rechnung getragen. Nach Ablauf der Übergangsfrist sei jedweder Vertrauens- und Bestandsschutz erloschen. Dem Zufall des Losergebnisses entspreche bei der Auswahl anhand des Alters des Standorts der Zufall der örtlichen Lage der um die Erteilung einer Spielhallenerlaubnis konkurrierenden Unternehmen.

56

Auch das sich aus der Gesetzesbegründung zu § 9 Abs. 4 HmbSpielhG ergebende Motiv für das Abstellen auf den älteren Standort, nämlich der Schutz familiengeführter einzelkaufmännischer Spielhallenbetriebe, sei keine tragfähige Begründung für die Zuerkennung besonderen Vertrauensschutzes zugunsten solcher Betriebe. Es handele sich um eine bloße Fiktion, da solche Unternehmen keine relevante Gruppe von Normadressaten, sondern lediglich eine absolute Ausnahmeerscheinung darstellten. Der Einwand des Senats in seinem Beschluss vom 9. Juli 2018, es sei lediglich ein Nachteilsausgleich für inhabergeführte Familienbetriebe vorgesehen, verkenne, dass Spielhallenbetriebe heute nicht mehr von Einzelkaufleuten als Inhabern geführt würden. Ein Nachteilsausgleich sei dann nicht zu rechtfertigen. Unabhängig davon liege ein auszugleichender Nachteil nicht vor, da die Unterschiede in der Behandlung von natürlichen und juristischen Personen der zum Betrieb der Spielhalle gewählten Rechtsform geschuldet seien.

57

Es lasse sich auch nicht argumentieren, jüngere Spielhallen seien in höherem Maße als die älteren für das Anwachsen der Gefahren des Automatenspiels verantwortlich. Jeder legal betriebenen Spielhalle wohne unabhängig von ihrem Alter ein identisches abstraktes Gefährdungspotenzial inne.

58

§ 9 Abs. 4 HmbSpielhG benachteilige nicht nur die Betreiber von Spielhallen an jüngeren Standorten, sondern führe zu einer faktischen Marktabschottung, da ein erstmaliger Marktzugang für neue oder externe Bewerber infolge der glücksspielrechtlichen Abstandsvorgaben und der bauplanungsrechtlichen Restriktionen nahezu unmöglich sei. Eine derartige Marktabschottung werde der Forderung des Bundesverfassungsgerichts, Erlaubnisanträge neu in den Markt eintretender Bewerber in die Auswahlentscheidung einzubeziehen, nicht gerecht (Beschluss vom 7.3.2017, Rn. 185).

59

Das Anciennitätsprinzip kollidiere als alleiniges Auswahlkriterium darüber hinaus mit dem aus den grundrechtlich geschützten Positionen der Spielhallenbetreiber erwachsenden Anspruch auf die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität. Das Bundesverfassungsgericht habe diesen Optimierungsanspruch in seinem Beschluss vom 7. März 2017 ausdrücklich hervorgehoben. Dem werde § 9 Abs. 4 HmbSpielhG nicht gerecht. Bei bestimmten räumlichen Gegebenheiten könne eine Altspielhalle nach verschiedenen Seiten mehr an jüngeren Standorten betriebene Spielhallen verdrängen, als dies nach einem von der Abstandsregelung unter anderen sachlich gerechtfertigten Kriterien dominierten Auswahlverfahren der Fall wäre. Dies zeige sich auch und gerade in ihrem Cluster, in dem bei einer Auswahl unter dem Aspekt der bestmöglichen Ausschöpfung der Standortkapazität aller Voraussicht nach mehr Erlaubnisse hätten erteilt werden können. Der Einwand des Senats, es bedürfe zur Darlegung eines Verstoßes gegen das Optimierungsverbot (gemeint ist wohl Optimierungsgebot) eines auf alle relevanten Konkurrenzlagen in Hamburg bezogenen Nachweises, dass nach einer anderen, dem verfassungsrechtlichen Maßstab möglicherweise stärker Rechnung tragenden Auswahlmethode eine höhere Zahl von Bestandsspielhallen den Betrieb weiterführen könne als bei der Anwendung des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG, verfange nicht. Der Senat verkenne, dass es sich bei der bestmöglichen Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität um ein eigenständiges Auswahlkriterium handele. Nach der „Berliner Methode“ würden in einem ersten Schritt die persönlichen und sachlichen Erlaubnisvoraussetzungen geprüft und ungeeignete Spielhallen bzw. Betreiber ausgeschieden. Dann werde bei Unterschreitung der Mindestabstände zwischen Bestandsunternehmen eine Auswahl getroffen, die bei mehreren denkbaren Standortkombinationen die Variante mit der maximalen Anzahl von Standorten wähle und somit die Standortkapazität bestmöglich ausschöpfe (vgl. § 7 MindAbstUmsG BE). Da es denknotwendig ausgeschlossen sei, dass eine Auswahl anhand des Kriteriums der bestmöglichen Ausschöpfung der bei Einhaltung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität zu einer geringeren Anzahl von Erlaubnissen führe als das Kriterium „alt vor neu“, erhöhe sich bezogen auf alle relevanten Konkurrenzlagen in Hamburg die Gesamtzahl der Erlaubnisse bereits dann, wenn in einem einzigen Cluster anstelle einer Erlaubnis zwei Erlaubnisse erteilt werden könnten. Im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Übermaßgebot (gemeint ist wohl Übermaßverbot) sei es geboten, bei der Auswahl zwischen konkurrierenden Spielhallen Verfahren oder Kriterien zur Anwendung zu bringen, die es einer möglichst großen Zahl von Bestandsspielhallen ermögliche, ihren Betrieb fortzuführen.

60

Mit dieser Begründung ihrer Beschwerde dringt die Antragstellerin nicht durch.

61

Der Sache nach wendet sie sich damit gegen die Regelung des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG, wonach die länger bestehenden Spielhalle - hilfsweise die Spielhalle mit der älteren Gewerbeanmeldung - Vorrang hat, wenn der Mindestabstand nach § 2 Abs. 2 HmbSpielhG zwischen bestehenden Unternehmen nach § 1 Abs. 2 HmbSpielhG nicht eingehalten wird. Bei gleichem Alter der Gewerbeanmeldung entscheidet das Los. Diese Auswahlbestimmung steht der Erteilung einer Weiterbetriebserlaubnis für die Spielhallen der Antragstellerin entgegen. Zu der von der Antragstellerin mit der Beschwerde aufgeworfenen Frage hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 9. Juli 2018 (4 Bs 12/18, ZfWG 2018, 449, juris Rn. 66 ff.) entschieden, dass die Auswahlregelung des § 9 Abs. 4 SpielhG hinreichend bestimmt und auch im Übrigen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Hierzu hat der Senat ausgeführt:

62

„Die Regelung dürfte, soweit sie eine Differenzierung nach dem Alter des Standortes bzw. der Gewerbeanmeldung vornimmt, nach Art. 12 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein.

63

(1) Berufsregelungen müssen nicht nur den Anforderungen genügen, die sich unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG ergeben, sie müssen vielmehr auch sonst in jeder Hinsicht verfassungsgemäß sein und insbesondere den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachten. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.7.2010, 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07, BVerfGE 126, 400, juris Rn. 83; BVerfG, Beschl. v. 21.6.2011, 1 BvR 2035/07, BVerfGE 129, 49, juris Rn. 64). Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.6.2011, 1 BvR 2035/07, NVwZ 2011, S. 1316, juris Rn. 65 m.w.N.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich insbesondere aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.6.2011, a.a.O.). Denn dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sind umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten, zu denen auch die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte freie Berufsausübung zählt, nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.1.2012, 1 BvL 21/11, BVerfGE 130, 131, juris Rn. 41, Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07 u.a., BVerfGE 121, 317, juris Rn. 150 m.w.N.).

64

Die Ungleichbehandlung muss sachlich gerechtfertigt sein. Erforderlich dafür ist ein hinreichend gewichtiger Grund für die Differenzierung. Zwar ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich oder ungleich ansehen will. Der Gesetzgeber muss allerdings eine Auswahl sachgerecht treffen. Der Gleichheitssatz ist im Hinblick auf die Auswahl der unter verschiedene Übergangsfristen fallenden Personengruppen oder Sachverhalte verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder anderweitig einleuchtender Grund für die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (vgl. zum Maßstab der Ungleichbehandlung: BVerfG, Beschl. v. 29.9.2010, 1 BvR 1789/10, juris 27 m.w.N; Urt. v. 30.7. 2008, 1 BvR 3262/07 u.a., BVerfGE 121, 317, juris Rn. 151).

65

Wie oben bereits ausgeführt, ist die Schwere des durch die Ungleichbehandlung von Bestandsspielhallen nach Ablauf der Übergangsfrist eintretenden Eingriffs in die Berufsfreiheit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits in zweifacher Hinsicht durch die fünfjährige Übergangsfrist und die Möglichkeit einer Härtefallbefreiung nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG abgemildert. Auch betrifft die Auswahl nur eine kleine Gruppe von Betreibern (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., Rn. 183).

66

Für die Frage, ob nach dem oben dargestellten Maßstab eine Ungleichbehandlung von Alt- bzw. Bestandsspielhallenbetrieben nach ihrem Alter sachlich gerechtfertigt ist, kommt es nicht (allein) auf die Erwägungen des Gesetzgebers an. Für die verfassungsrechtliche Prüfung ist nicht ausschlaggebend, ob die maßgeblichen Gründe für die gesetzliche Neuregelung im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich als solche genannt wurden oder gar den Gesetzesmaterialien zu entnehmen sind. Nicht die subjektive Willkür des Gesetzgebers führt zur Feststellung eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, sondern die objektive Unangemessenheit der Norm im Verhältnis zu der tatsächlichen Situation, die sie regeln soll (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.1.2012, 1 BvL 21/11, BVerfGE 130, 131, juris Rn. 47 m.w.N.).

67

(2) Nach diesem Maßstab fehlt es nicht an hinreichenden und nachvollziehbaren Gründen für eine Auswahl nach dem Alter des Spielhallenstandortes bzw. der Gewerbeanmeldung.

68

Es spricht nichts dagegen, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Auswahlentscheidung u.a. dem Motiv der Fortsetzung des Bestands- und Vertrauensschutzes den Vorzug gab. Bei diesem Kriterium handelt es sich nicht um ein sachwidriges Kriterium.

69

§ 9 Abs. 4 HmbSpielhG ist nach dem Willen des Gesetzgebers als Bestands- bzw. Vertrauensschutzregelung ausgestaltet, die in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht an § 9 Abs. 1 Sätze 1, 2 und 4 HmbSpielhG anknüpft. Dies ist nicht zu beanstanden. Es fehlt nicht an einer Konnexität zwischen dem GlüStV bzw. dem HmbSpielhG und dem Auswahlkriterium.

70

Nach § 9 Abs. 1 HmbSpielhG gelten Unternehmen nach § 1 Abs. 2, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehen und für die bis zum 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt worden ist, deren Geltungsdauer nicht vor dem 30. Juni 2017 endet, bis zum 30. Juni 2017 als mit diesem Gesetz vereinbar. Spielhallen, für die nach dem 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis erteilt worden ist, gelten bis zum Ablauf des 30. Juni 2013 als mit diesem Gesetz vereinbar. Die für die Erlaubniserteilung zuständige Behörde kann nach Ablauf des in § 9 Abs. 1 Satz 1 oder 2 HmbSpielhG bestimmten Zeitraums eine Befreiung von der Erfüllung einzelner Anforderungen dieses Gesetzes für einen angemessenen Zeitraum zulassen, soweit dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist; hierbei sind der Zeitpunkt der Erlaubnis gemäß § 33i GewO sowie der Schutzzweck dieses Gesetzes zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG).

71

Wie diese Regelung, die § 29 Abs. 4 Sätze 2-4 GlüStV ausgestaltet, sowohl nach ihrem Wortlaut als auch nach der Systematik und Zweckrichtung ausweist, hat der Gesetzgeber den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine dem Vertrauen der Betreiber in das Fortbestehen ihrer Rechtsposition im Hinblick auf die Restriktionen des neuen Spielhallenrechts gerecht werdende Regelung Rechnung getragen. Das gleiche Motiv gilt auch, soweit er für den Fall, dass Bestandsunternehmen nach Ablauf der Übergangsfristen ihren Betrieb wegen Verstoßes z.B. gegen die Abstandsregelung des HmbSpielhG nicht fortführen können, bei Vorliegen einer unbilligen Härte die Möglichkeit, eine Erlaubnis unter zeitweiser Befreiung von diesen gesetzlichen Bestimmungen zu erteilen, vorgesehen hat. Insoweit hat der Gesetzgeber die Bestimmung der Auswahlentscheidung, die bei Anwendung der Regelung des § 2 Abs. 2 HmbSpielhG nach Ablauf der Übergangsfrist in Konkurrenzsituationen notwendig wird, systematisch in die Vertrauens- und Bestandsschutzregelungen des § 9 Abs. 1 HmbSpielhG eingefügt.

72

Damit hat er nicht gegen die Grundsätze des GlüStV verstoßen. Die Vertrauens- und Bestandsschutzregelungen sowohl des GlüStV als auch des HmbSpielhG, an die das Auswahlkriterium anknüpft, sind nicht deshalb sachfremd, weil sie keine Gründe für den Fortbestand einer Spielhalle darstellen, die an § 1 GlüStV und damit an den Belangen der Spielsuchtprävention und des Spielerschutzes orientiert sind. Sie tragen der Tatsache Rechnung, dass die notwendige vollständige Anpassung aller Altbetriebe an die den Gemeinwohlzielen dienenden, deutlich strengeren Regelungen des neuen Spielhallenrechts zu massiven wirtschaftlichen Auswirkungen für diese Betriebe führen kann (vgl. Bü-Drs. 20/5877, S. 31). Diese Belange hatte der Gesetzgeber zur Gewährleistung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in das Berufsrecht abzuwägen und in einen Ausgleich zu bringen. Er hat deshalb u.a. Übergangsregelungen geschaffen. Dabei ergibt sich bereits aus der Systematik des GlüStV, dass diese dem Spannungsfeld zwischen dem Erreichen der Ziele des § 1 GlüStV, einerseits in erster Linie und schnellstmöglich den Jugend- und Spielerschutz zu fördern und die negativen Folgen des Glücksspiels zu kanalisieren, und andererseits den durch Art. 12 und Art. 14 GG geschützten Interessen der Betreiber von Alt-Spielhallen Rechnung tragen müssen. Zwar wendet die Antragstellerin zu Recht ein, dass sich § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV, soweit dieser das Alterskriterium nennt, lediglich auf die Entscheidung im Härtewege bezieht. Dies hindert den Gesetzgeber aber nicht, auch bei der Auswahlentscheidung zwischen konkurrierenden Bestandsspielhallen den Aspekten des Bestands- und Vertrauensschutzes Rechnung zu tragen, die ebenfalls Regelungsinhalt des GlüStV sind (vgl. zum Gestaltungsspielraum: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 137). Soweit die Antragstellerin einwendet, das Auswahlkriterium des Alters sei in den Zielen des § 1 GlüStV nicht erwähnt, trifft dies zu. Allerdings widerspricht § 9 Abs. 4 HmbSpielhG diesen Zielen auch nicht. Weder dem GlüStV noch dem HmbSpielhG lässt sich entnehmen, dass das Kriterium des Vertrauensschutzes mit dem Ablauf der Übergangsfristen am 30. Juni 2017 „verbraucht“ oder „verwirkt“ ist. Dagegen spricht bereits die (nachgelagerte) Härteregelung des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV, § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG. Eine generelle Regel des Inhalts, dass die Schutzwürdigkeit des Vertrauens auf den unveränderten Fortbestand einer Gestattung im Verlauf der Zeit eher ab- als zunimmt, lässt sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018 (7 C 26.16, 7 C 30/17, juris Rn. 41 ff. u.a. zu Übergangsfristen bei Verkehrsverboten für Fahrzeuge) nicht herleiten; zudem geht es hier nicht um die Bemessung von Übergangsfristen. Zudem widerspricht das Kriterium auch nicht deshalb den Grundsätzen des § 1 GlüStV, weil es den vom Gesetzgeber als mittelfristig zu ändernden Umstand der Häufung von Spielhallen konterkarieren würde. § 9 Abs. 4 HmbSpielhG kommt nur zur Anwendung, weil die den Zielen des § 1 GlüStV Rechnung tragenden strengen materiellen Spielerschutzvorschriften der §§ 25 und 26 GlüStV, § 2 Abs. 2 Sätze 1-3 HmbSpielhG für alle Betriebe gelten und daher an bestimmten Orten abstandsbedingte Konkurrenzlagen entstehen, die aufzulösen sind. Von der Regelung profitiert außerdem lediglich eine geringe Zahl von Bestandsspielhallen.

73

Dem Kriterium des Alters des Spielhallenstandortes steht auch nicht der sich aus der Gesetzesbegründung zu § 9 Abs. 4 HmbSpielhG ergebende Zweck entgegen. Wie oben dargestellt, ist nach der Gesetzesbegründung in erster Linie die Nutzung des Standortes und nicht das Alter der Erlaubnis maßgeblich, weil sonst hierdurch die als Einzelkaufmann geführten Familienbetriebe einen Nachteil hätten (vgl. Bü-Drs. 20/5877, S. 31). Diese Erwägungen weisen nicht aus, dass der Gesetzgeber einer nur „fiktiven“ Gruppe von Unternehmen besonderen Vertrauensschutz zu Lasten anderer Bestandsspielhallenbetreiber zuerkennen wollte:

74

Sollte der Gesetzgeber bei der Wahl des Differenzierungskriteriums von einem nicht zutreffenden Sachverhalt ausgegangen sein, weil er eine aus seiner Sicht schützenswerte und zu begünstigende Gruppe von Bestandsspielhallen in den Blick genommen hat, obwohl diese nicht existiert oder zahlenmäßig zu vernachlässigen ist, könnte dies möglicherweise zur Unzulässigkeit des Kriteriums führen. Dies ist hier indes nicht der Fall. Zwar dürften nach der in der sog. „Haufler-Liste“ (Bü-Drs. 20/3423, 20/9316) erfolgten Aufstellung der im Jahr 2012/2013 im Hamburg existierenden Spielhallenbetriebe nur wenige von Einzelkaufleuten betriebene („Familien-“) Betriebe existieren, da im Wesentlichen juristische Personen als Betreiber verzeichnet sind. Allerdings hat der Gesetzgeber, wie sich aus der Gesetzesbegrün-dung ergibt, den Bestandsschutz an sich als Auswahlkriterium und außerdem nicht eine Privilegierung von inhabergeführten Familienbetrieben angestrebt. Der weiteren Begründung lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der Anbindung an das Alter des Standortes (und nicht der Erlaubnis) einen Nachteilsausgleich für in-habergeführte Familienbetriebe vorgesehen hat, weil diese aufgrund der personenbezogenen Erlaubnisse nach § 33i GewO bei jedem Generationswechsel eine neue Erlaubnis einholen mussten, während bei juristischen Personen bei ansonsten unverändertem Betrieb keine neue Erlaubnis benötigt wird. Der Gesetzgeber wollte folglich keine Privilegierung von von Einzelkaufleuten geführten (Familien-) Spielhallenbetrieben erreichen, sondern durch das Kriterium des Alters des Standortes (statt der Erlaubnis) die Schlechterstellung einer möglicherweise nur kleinen Gruppe verhindern. Dieses Anliegen ist nachvollziehbar und hält sich im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums.

75

Die Wahl des Anciennitätskriteriums lässt auch nicht den Schluss zu, damit habe der Gesetzgeber der Sache nach an einen „baurechtlichen Bestandschutz“ angeknüpft, für den keine landesrechtliche Gesetzgebungskompetenz gegeben ist. Es besteht keine formelle Verfassungswidrigkeit des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG, weil das Bodenrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG der konkurrierenden Gesetzgebung unterliegt und bundesrechtlich geregelt ist. Das Kriterium wird nicht durch eine zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit bestehende formelle und materielle Baurechtmäßigkeit der Spielhalle und das darauf gegründete Vertrauen bestimmt, sondern durch die erstmalige (legale) Nutzung des Standortes als Spielhalle. Dieses Vertrauen in die gewerberechtliche Nutzbarkeit des Standortes soll unabhängig davon geschützt sein, ob zwischenzeitlich wegen Umbauten neue Baugenehmigungen erteilt wurden.

76

Im Übrigen ist die Frage, inwieweit von einer Regelung Betroffene auf eine bestehende Rechtslage oder bestandskräftige Rechtsposition vertrauen können und ob und welche Übergangsregelungen zur Vermeidung unverhältnismäßiger Eingriffe in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verfassungsrechtlich geboten sind, nicht allein baurechtlich determiniert, sondern ein durch Art. 20 Abs. 3 GG bestimmter allgemeiner verfassungsrechtlicher Grundsatz (vgl. dazu z.B. BVerwG, Urt. v. 28.6.2012, 2 C 13.11, BVerwGE 143, 230, juris Rn. 16 zum § 48 VwVfG/Rückford. Versorgungsbezüge; Urt. v. 16.11.2000, 2 C 23.99, DVBl. 2001, 735, juris Rn. 27 ff. zur beamtenrechtl. Versorgung; Urt. v. 17.1.1980, 3 C 116.79, BVerwGE 59, 284, juris Rn. 35 ff., Beschl. v. 18.5.1982, 1 B 44.82, juris Rn. 2 zum Ausländerrecht; BAG, Urt. v. 21.12.2017, 8 AZR 102/17, juris Rn. 16 ff. zur Verwirkung; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 3.5.2018, OVG 9 N 47.17 zum Beitragsrecht; VGH München, Beschl. v. 21.3.2018, 4 ZB 17.2082 zum Friedhofsrecht).

77

Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob die von der Antragsgegnerin benannte, zu §§ 34, 35 BBauG und dem Gebot der Rücksichtnahme ergangene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 10.12.1982, 4 C 28.81, Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 89, juris Rn. 14), wonach sich ein Eigentümer gegen eine später heranrückende, ihn störende Bebauung/Nutzung wenden kann, mit der hier zu beurteilenden Sachlage der über Jahre erfolgten Akkumulation von Spielhallen („Las-Vegas-Effekt“) vergleichbar ist.

78

Offen bleiben kann auch, ob sich das Alterskriterium damit begründen lässt, dass ein polizeirechtlicher oder glücksspielrechtlicher Grundsatz besteht, wonach der Betreiber mit dem jüngeren Standort als polizei- oder glücksspielrechtlicher Verhaltens- bzw. Zustandsstörer in stärkerem Maße zur jetzt unerwünschten Ballung von Spielhallen beigetragen hat und deshalb dem älteren weichen muss.

79

Die Anknüpfung an das Alter der Spielhalle und nicht an das Alter der Erlaubnis ist ebenfalls sachgerecht. Denn auch die Übergangsregelung des § 29 Abs. 4 GlüStV und § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HmbSpielhG als Vertrauensschutzbestimmungen sind nicht betreiber-, sondern spielhallenbezogen konzipiert. Bereits ihrem Wortlaut nach beziehen sich § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV, § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 5 i.V.m. § 1 Abs. 2 HmbSpielhG auf eine bestehende Spielhalle (oder ein ähnliches Unternehmen). Auch im Übrigen ergibt die systematische und teleologische Auslegung der Vorschriften, dass der Bestandsschutz sich objektiv auf die Spielhalle beziehen soll, nicht aber auf betreiberbezogene Voraussetzungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.4.2017, 8 C 16.16, GewArch 2017, 358, juris Rn. 42 ff.; vgl. zum Alter [der Erlaubnis] als Grundsatz des Vertrauensschutzes: OVG Bautzen, Beschl. v. 22.12.2017, 3 B 320/17, juris Rn. 13). Die Tatsache, dass Betreiber, die die Übergangsregelungen in Anspruch nehmen wollten, zugleich über eine vor dem 28. Oktober 2011 erlangte Erlaubnis verfügen mussten, weil es anderenfalls an einem legalen Betrieb fehlen würde, ändert daran nichts.

80

Auch im Übrigen begründet die Tatsache, dass der Gesetzgeber im HmbSpielhG für die Auswahlentscheidung auf das Alter des Standortes und nicht auf das in § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV genannte Kriterium des Alters der Erlaubnis abgestellt hat, keine Sachwidrigkeit. Der Gesetzgeber war nicht gehalten, allein wegen der Regelung in § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV oder sonstiger Wertungen des Glücksspielrechts bezogen auf Spielhallen auf den Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis als allein schutzwürdiges Kriterium zurückzugreifen. § 28 GlüStV ermöglicht es den Ländern, weitergehende Regelungen zu treffen. Mit § 9 Abs. 4 HmbSpielhG hat der Gesetzgeber eine eigenständige Auswahlregelung getroffen. Die Bewertung des Alters der Erlaubnis hat er der Entscheidung über eine Befreiung wegen unbilliger Härte nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG (vgl. auch § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV) vorbehalten.

81

Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber - wie dies der Sache nach auch die Stichtagsregelung und die Übergangsregelungen in § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HmbSpielhG ausweisen - davon ausgeht, dass der Betreiber einer Spielhalle, die seit langem zulässig betrieben wird, generell ein höheres Vertrauen in den Weiterbestand des Betriebes in Anspruch nehmen kann als der Inhaber einer Spielhalle, die erst kürzere Zeit betrieben wird. Sowohl im Hinblick auf wirtschaftliche als auch auf unternehmerische Entscheidungen ist es nicht zwingend oder allein sachlich geboten, auf den Zeitpunkt der dem Bestandsunternehmen zuletzt erteilten Erlaubnis als Auswahlkriterium abzustellen oder eher den „jüngeren“ Betrieb zu privilegieren, weil die Schutzbedürftigkeit mit dem Alter regelmäßig abnehme. Dies ergibt sich aus Folgendem:

82

Das Datum der letzten Erlaubniserteilung sagt über die generelle wirtschaftliche Schutzbedürftigkeit des Betreibers nichts aus. Bereits die Notwendigkeit der Erteilung einer gewerberechtlichen Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle war/ist von vielen unterschiedlichen betreiber- und standortbezogenen Kriterien abhängig. Dies können z.B. der Wechsel des Betreibers, die Änderung der Rechtsform des Betreibers, baurechtlich relevante räumliche Veränderungen der Spielhalle oder Änderungen des Zuschnitts des Angebots innerhalb der Spielhalle sein. Auch besagt das (gegenüber dem Alter des Standortes im Regelfall jüngere) Datum der Erlaubnis des aktuellen Betreibers nicht, dass generell eher schutzwürdige wirtschaftliche Investitionen in die Spielhalle erfolgt sind (die sich möglicherweise noch nicht amortisiert haben). Im Falle eines Unternehmenskaufs oder einer Neuanmietung hat der neue Betreiber typischerweise Investitionen in den Standort bzw. die einzelne Spielhalle getätigt. Gleichermaßen kann jedoch ein Betreiber einer Spielhalle mit einer seit Jahrzehnten geltenden Erlaubnis kurz vor dem Stichtag im Oktober 2011 umfangreiche Investitionen zur Modernisierung seiner Spielhalle oder zur Erhöhung der Attraktivität der Geldspielgeräte vorgenommen haben. Insoweit ist dieses Kriterium in gleicher Weise wie das Alter des Standortes von Zufälligkeiten abhängig und stellt für eine Auswahlentscheidung kein alternativloses, naheliegenderes oder wegen regelhafter Verhaltensweisen typisierbares Merkmal dar. Dass eine Auswahlentscheidung auch an Investitionen und/oder deren Amortisierbarkeit als taugliches Auswahlkriterium anknüpfen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 184), stellt dies nicht in Frage.

83

Das Kriterium des Alters ist wegen seiner Vorhersehbarkeit und objektiven Messbarkeit ein sachgerechtes Kriterium. § 9 Abs. 4 HmbSpielhG ermöglicht der Verwaltung eine rechtssichere, zeitnah umsetzbare Auswahlentscheidung. Der Grundsatz der Rechtssicherheit stellt einen sachlichen Grund für das Auswahlkriterium dar. Zudem ist der Gesetzgeber nicht gehindert, aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität im Rahmen seines Gestaltungsspielraums ein sachgerechtes Auswahlkriterium vorzusehen, das der Verwaltung die Bewältigung von - hier vorliegenden - schwierigen Konkurrenzsituationen möglichst effektiv, zeitnah und anwendungssicher ermöglicht (vgl. zur Bewältigung von Konkurrenzlagen: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 185).

84

Die Auswahlparameter sind für die Betreiber von Bestandsspielhallen objektiv vorhersehbar und transparent. Ihnen ist es in der Regel für die unternehmerische Einschätzung, ob sie den Standort (nach Ablauf der Übergangsfristen) weiterbetreiben sollen, mit einfachen Mitteln möglich zu klären, ob sie in räumlicher Konkurrenz zu weiteren Spielhallen stehen. Die auf Grund einer parlamentarischen Anfrage des Abgeordneten Haufler erstellte „Haufler-Liste“, eine Aufstellung aller Spielhallenstandorte in Hamburg mit Informationen zu Entfernungen sowie zum Datum der ersten und aktuellen Erlaubniserteilung (Bü-Drs. 20/3423, 20/9316) ermöglicht eine mindestens ungefähre (zeitliche und räumliche) Einordnung des eigenen und - soweit noch existierend - konkurrierender Betriebe. Auch dürften die Bestandsspielhallenbetreiber in der Regel über Unterlagen verfügen oder ihnen dürften (über den Vermieter) Informationsquellen zur Verfügung stehen, um das Alter ihres eigenen Standortes zu ermitteln. Zwar dürfte ihnen nicht in jedem Einzelfall das genaue Alter konkurrierender Spielhallen bekannt sein. Allerdings konnten sich die Betreiber, denen das Auswahlkriterium bereits seit Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 2012 bekannt war, an die Antragsgegnerin wenden, um Auskünfte über das baurechtliche und gewerberechtliche Alter ihrer Spielhalle bzw. des Standortes und das Alter benachbarter Betriebe zu erhalten. Dahinstehen kann, ob den mehrheitlich in Interessenverbänden organisieren Betreibern zudem andere Informationsquellen zur Verfügung standen bzw. stehen. Jedenfalls hat die Antragsgegnerin alle eine Weiterbetriebserlaubnis begehrenden Betreiber von Bestandsspielhallen - wie auch die Antragstellerin -, für die eine Konkurrenzsituation im Sinne des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG besteht, im Verwaltungsverfahren über die Abstandsmessungen und die Ermittlungen zum Alter der eigenen und konkurrierender Spielhallen unterrichtet. Diese konnten die Messungen bzw. die Lage der Konkurrenzspielhallen überprüfen, Informationen zum Alter einholen und die eigenen Angaben ergänzen (vgl. § 3 HmbSpielhWeiterbetrErlVO).

85

(...) Es spricht auch nichts dagegen, dass der Gesetzgeber das Auswahlkriterium auch nach verfahrensökonomischen und Praktikabilitätsmerkmalen ausgewählt hat. Die Antragsgegnerin wurde im Dezember 2016 im Hinblick auf die zahlreichen Antrag-stellungen auch mit einer großen Zahl in der Auswahl konkurrierender Bewerber konfrontiert, die u.a. sehr unterschiedliche ökonomische Kennziffern aufwiesen. Gegenüber diesem komplexen Datenbestand ist das Abstellen auf lediglich ein Kriterium bei der Auswahl nicht „unterkomplex“ und daher sachwidrig. Soweit die einzelnen Betreiber unterschiedliche ökonomische Kennziffern bei Erträgen, der Zahl der Standorte, mietvertraglichen Ausgestaltungen, zur Amortisation/Abschreibung des Inventars sowie zur Zahl der Beschäftigten aufweisen, ist es nicht sachgerecht, auf diese Kriterien für die gesetzliche Regelung eines Auswahlkriteriums abzustellen. Dies gilt zunächst deshalb, weil - wie oben ausgeführt - nach dem Willen des Gesetzgebers die individuellen ökonomischen Folgen der Anpassung eines Bestandsbetriebs an die Restriktionen des neuen Spielhallenrechts für den einzelnen Betreiber nach § 9 Abs. 4 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG im Rahmen einer im Ermessen der Antragsgegnerin stehenden Einzelfallentscheidung zu bewerten sind und insoweit der Weiterbetrieb wegen einer unbilligen Härte erlaubt werden kann. Die Berücksichtigung der jeweiligen wirtschaftlichen Situation der konkurrierenden Spielhallen (z.B. Amortisation der Investitionen, rechtliche und wirtschaftliche Bindungen auf Grund von Verträgen) bei der Auswahl wäre zudem nach dem Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG kein vorrangig in Betracht zu ziehendes Unterscheidungskriterium, weil es geeignet wäre, zu einer strukturellen Benachteiligung lediglich regional tätiger kleinerer, eher wirtschaftlich schwächerer Spielhallenunternehmen zu führen. Wirtschaftlich stärkere Großunternehmen dürften generell zu höheren Investitionen in der Lage sein und könnten ggf. regional oder standortbezogen anfallende Verluste einfacher kompensieren.

86

Eine Differenzierung danach, in welchem qualitativen und quantitativen Umfang Spielhallen bzw. ihre Betreiber die normativen Vorgaben an die Bekämpfung/Vermeidung der Spielsucht oder an den Spielerschutz (überobligatorisch) erfüllen und damit den Anforderungen des § 1 GlüStV ggf. in größerem Maße als Konkurrenten Rechnung tragen, liegt als sachgerechtes Kriterium für eine gesetzliche Auswahlregelung ebenfalls nicht nahe. An der Tauglichkeit multipler Faktoren fehlt es zum einen deshalb, weil eine Differenzierung oder Gewichtung im Sinne einer „Bestenauslese“ die Gruppe der in räumlicher Konkurrenz zueinander stehenden, eine (Weiterbetriebs-) Erlaubnis begehrenden Bestandsspielhallen ohne sachlichen oder rechtlichen (s.u.) Grund schlechter stellen würde als die Gruppe anderer eine Erlaubnis begehrender Bestandsspielhallenbetreiber, die wegen ihrer Lage das Abstandsgebot (zufällig) einhalten, oder als Neuantragsteller. Zum anderen dürften diese Kriterien in vielen Fällen zu lediglich marginalen Abweichungen zwischen den konkurrierenden Betrieben führen und in viel stärkerem Maße als das Alter klärungsbedürftig und streitbefangen sein. Anstrengungen „zur Bekämpfung und Vermeidung der Spielsucht“ oder „... zur Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV“ als Kriterien stellen ausfüllungsbedürftige, unbestimmte Rechtsbegriffe dar, die anders als das Alterskriterium Raum für im Einzelnen kaum objektiv begründbare Wertungsentscheidungen lassen. Es dürfte zweifelhaft sein, nach welchem Maßstab sich diese über die Bestimmungen des HmbSpielhG hinausgehenden tatsächlichen Bemühungen bemessen könnten und wie der einzelne Spielhallenbetreiber im Verhältnis zu einem potentiellen Konkurrenten seine eigenen (überobligatorischen) personellen und spielhallenbezogenen Bemühungen bewerten und die des Konkurrenten erkennen und bemessen können soll.

87

Außerdem sprechen rechtliche Erwägungen dagegen, die Auswahl unter den das Abstandsgebot unterschreitenden Spielhallen danach zu treffen, ob diese sogenannte „materielle Kriterien“ der §§ 2, 4-6 HmbSpielhG in größerem Umfang oder besser als die Konkurrenten erfüllen, z.B. ob der Spielhallenunternehmer überobligatorischen Aufwand hinsichtlich des Spieler- und Jugendschutzes oder zur Reduzierung der individuellen Gefahr der einzelnen Spielhalle (z.B. Reduzierung der gesetzlich erlaubten Zahl der Geldspielgeräte, elektronische Zugangskontrollen, Erhöhung des Zugangsalters auf 21 Jahre, Teilnahme an einem Zertifizierungsverfahren; bessere Qualifizierung oder Entlohnung der Mitarbeiter) betreibt. Denn ein Spielhallenbetreiber, der in seiner Person die zahlreichen u.a. auf die Verhinderung von Glücksspielsucht ausgerichteten gewerbe- und glückspielrechtlichen Voraussetzungen erfüllt und der eine Spielhalle betreibt, die den spielhallenrechtlichen und z.B. baurechtlichen Anforderungen nach dem HmbSpielhG genügt, ist berechtigt, eine Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG zu erhalten. Das von der Antragstellerin geforderte Auswahlkriterium der „Eliminierung schwarzer Schafe“ ist allein deshalb nicht sachgerecht, weil alle Betreiber mit der Antragstellung nachweisen müssen, dass sie (mit Ausnahme z.B. des Abstandsgebots) die persönlichen und sachlichen Anforderungen an den Betrieb von Spielhallen erfüllen. Eine überobligatorische Erfüllung von einzelnen Anforderungen kann im Rahmen einer Auswahlentscheidung, in der ohnehin lediglich diejenigen Spielhallenbetreiber einzubeziehen sind, die die auch für Bestandsspielhallen geltenden gesetzlichen Anforderungen erfüllen und die damit „auf einer Stufe stehen“ (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, BVerwGE 157, 127, juris Rn. 55; OVG Bautzen, Beschl. v. 22.12.2017, 3 B 320/17, juris Rn. 18 unter Verweis auf StGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.6.2014, 1 VB 15/13, juris Rn. 339;), nicht verlangt werden. Denn der Spielhallenbetreiber hat, da diesbezügliche gesetzliche („Bonus“-) Bestimmungen im HmbSpielhG fehlen, u.a. das Recht, die gesetzlich zulässige Zahl an Geldspielgeräten voll auszuschöpfen. Die bevorzugte Auswahl zertifizierter Spielhallen kommt auch mangels staatlich anerkannter Zertifizierungsverfahren nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 55). Daraus folgt, dass es nicht sachwidrig ist, wenn bei der Auswahl diejenigen Spielhallen gleich behandelt werden, die die betreiber- bzw. spielhallenbezogenen gesetzlichen Voraussetzungen an den Betrieb erfüllen. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob solche Aspekte in den Fällen, in denen das jeweilige Landesrecht weder eine gesetzliche Regelung für eine Auswahlentscheidung noch für die Anforderungen an eine Fortführung des Betriebes wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte im Sinne des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV getroffen hat oder eine (Abwägungs-) Entscheidung (nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV) vorsieht, bei der Entscheidung über den Fortbetrieb berücksichtigt werden können oder müssen (vgl. dazu OVG Bautzen, Beschl. v. 3.1.2018, 3 B 315/18, juris Rn. 11 ff.; Beschl. v. 22.12.2017, 3 B 320/17, juris Rn. 13 f.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 4.9.2017, 11 ME 330/17, juris Rn. 16 ff.). Gleiches gilt, soweit die dortigen zuständigen Behörden im Rahmen von Verwaltungsvorschriften Auswahlkriterien im Rahmen eines „Punktesystems“ bewerten (vgl. zum „Wägungsschema“: VG Darmstadt, Beschl. v. 17.7.2017, 3 L 3491/17.DA, juris Rn.17).

88

Der Regelung des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG fehlt es auch nicht an einer hinreichenden Bestimmtheit oder an einer sachlichen Rechtfertigung, weil das Anciennitätskriterium im Wesentlichen wie ein Los vom Zufall bestimmt wird (vgl. zur fehlenden gesetzlichen Grundlage einer Auswahl durch Los: OVG Lüneburg, Beschl. v. 4.9.2017,11 ME 330/17, NVwZ 2017, 1552, juris Rn. 11 ff., 19). Dieses Kriterium kommt nach dem HmbSpielhG nur zwischen denjenigen Spielhallen bei der Auswahl zur Anwendung, die hinsichtlich der für die Eindämmung der Suchtgefahr relevanten inhaltlichen Kriterien bereits auf einer Stufe stehen und alle weiteren Aus-wahlmerkmale gleichermaßen erfüllen (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 55).

89

Das Anciennitätskriterium ist auch nicht deshalb mit einer Auslosung vergleichbar, weil die Spielhallenbetreiber nicht chancengleich am Verfahren teilnehmen, sondern aufgrund einer zufälligen Lage in Konkurrenz mit einer älteren Spielhalle stehen und daher von vornherein keine Chance auf eine erfolgreiche Teilnahme am Auswahlverfahren haben. Die Lage eines Spielhallenstandortes ist nicht vergleichbar einem Los rein zufällig oder gar willkürlich. Die Wahl eines Standortes für die Eröffnung eines Gewerbebetriebs dieser Art beruht in der Regel auf einer bewussten Entscheidung des (zukünftigen) Betreibers. Dieser wählt, soweit er - wie bei Spielhallen - auf den direkten Kontakt mit Kunden angewiesen ist und ein Angebot für eine Freizeitgestaltung vorhält, den Standort, will er den Betrieb gewinnorientiert betreiben, in der Regel auch nach der Kundennähe, nach Kundenströmen und nach den insoweit zu erwartenden (mittel- und langfristigen) wirtschaftlichen Aussichten aus. Für die Übernahme eines eingeführten Betriebs oder die Neueröffnung eines Betriebs dürfte daher regelmäßig relevant (gewesen) sein, ob der (baurechtlich zulässige) Standort eingeführt ist, von gewachsenen Spielhallen- oder Entertainmentstrukturen profitieren kann (Nähe zu anderen Sport- oder Vergnügungsangeboten) und/oder ob die städtebauliche Umgebung oder die Lage an bestimmten spezifischen Orten (Innenstadt, Nachbarschaft mit Vergnügungsbetrieben, Cafés, Restaurants, Nähe zu Arbeitsstätten oder Lage in Wohngebieten) Kunden erwarten lässt. Die Entscheidung für den Betrieb einer Spielhalle u.a. an einem eingeführten Standort oder in dessen Nähe dürfte sich daher im Falle eines Unternehmenskaufs oder einer Neuanmietung von Gewerberäumen u.a. auf den Kaufpreis oder die Höhe des Mietzinses auswirken.

90

Das Anciennitätskriterium ist auch nicht deshalb ungeeignet, weil es ähnlich einem Losverfahren mit dem Alter der Spielhalle an einen Sachverhalt anknüpft, der sich für den Betreiber als willkürlich und intransparent darstellt. Insoweit verweist das Verwaltungsgericht zwar zu Recht darauf, dass die Auswahl der Spielhallen nach dem Alter dazu führen kann, dass der „Altersunterschied“ lediglich wenige Monate oder auch nur Tage, bei dem Kriterium der Gewerbeanmeldung unter Umständen nur wenige Stunden betragen kann. Diese Tatsache ist einem „stichtagsgebundenen“ Kriterium vergleichbar und als „Härte“ nicht sachwidrig. Es ist dem Gesetzgeber nach Art. 12 Abs. 1 i.V.m. 3 Abs. 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage oder ähnliche Merkmale einzuführen. Er muss allerdings im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Tatsachen hinreichend würdigen und prüfen, ob sich die gewählte Lösung im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung rechtfertigen lässt und nicht willkürlich erscheint (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.3.1996, 7 C 28.95, BVerwGE 101, 39, juris Rn. 15). Dass mit einer Stich(tags)regelung unvermeidlich gewisse Härten einhergehen, wenn diese sachlich gerechtfertigt sind, begegnet im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG keinen Bedenken (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.1.2000, 1 BvR 1398/99, juris Rn. 25; BVerwG, Beschl. v. 24.4.2013, 8 B 81.12, juris Rn. 5). Diese Wertung lässt sich auf das Alter des Standortes als „begrenzendes“ Merkmal übertragen. Jeder zeitbezogenen Grenze oder Bildung von Gruppen ist ein gewisses Maß an Zufälligkeit immanent, das allein deshalb nicht zur Sachwidrigkeit führt. Gleiches würde im Übrigen auch für die von der Antragstellerin genannten Kriterien wie z.B. das Alter der Erlaubnis oder die Höhe der Investitionen gelten.

91

Das Auswahlkriterium des Alters ist auch nicht deshalb als Differenzierungsmerkmal sachwidrig, weil es dem verfassungsrechtlichen Anspruch der Spielhallenbetreiber auf die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität widerspricht. Wie oben bereits ausgeführt, hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 7. März 2017 (1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 185) bestimmt, es gebiete die ohnehin geforderte Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Position der Spielhallenbetreiber auch ohne ausdrückliche gesetzliche Bestimmung, dass die zuständigen Behörden sich eines Verteilmechanismus bedienten, der die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität in dem relevanten Gebiet ermögliche. Dahinstehen kann, ob das Verständnis der Antragsgegnerin zutrifft, bei diesen Ausführungen handele es sich lediglich um ein obiter dictum. Den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nicht entnehmen, welcher Verteilmechanismus die bestmögliche Ausschöpfung der Standortkapazität in dem relevanten Gebiet gewährleistet. Dass hier bei der Anwendung des in § 9 Abs. 4 HmbSpielhG genannten Kriteriums die verfassungsrechtlich gebotene Höchstzahl an Weiterbetriebserlaubnissen bei Beachtung der in § 2 Abs. 2 HmbSpielhG bestimmten Mindestabstände unterschritten wird und dass nach einer anderen, den verfassungsrechtlichen Maßstäben möglicherweise stärker Rechnung tragenden Auswahlmethode im Einzelfall oder bezogen auf vergleichbare Räume, in denen Konkurrenzlagen entstanden sind, voraussichtlich eine höhere Zahl von Bestandsspielhallen den Betrieb weiterführen könnte, trägt die Antragstellerin nicht vor. Auch nach Aktenlage ist dafür nichts ersichtlich. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob es - wie die Antragsgegnerin geltend macht - bereits den auf die Reduzierung von Anreizen zum Automatenglücksspiel ausgerichteten Zwecken der §§ 1, 25, 26, 28 und 29 GlüStV widerspricht, bei einer Auswahl zwischen konkurrierenden Spielhallen Verfahren oder Kriterien zur Anwendung zu bringen, die es einer möglichst großen Zahl von Bestandsspielhallen ermöglichen, ihren Betrieb fortzuführen.

92

Durch die praktizierte Erlaubniserteilung für Bestandsspielhallen wird auch nicht der Marktzugang für Neu- oder externe Bewerber ausgeschlossen. Neubewerber, die mit schutzwürdigen Bestandsbetrieben konkurrieren, können sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, so dass sie einen Erlaubnisanspruch - anders als Altbetreiber - nur haben, wenn die von ihnen gewählten Standorte u.a. den verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Mindestabstandserfordernissen des § 2 Abs. 2 und 3 HmbSpielhG genügen. Entsprechende Anträge können Neubewerber nach der hinreichend transparenten Gesetzeslage jederzeit stellen (vgl. dazu auch OVG Münster, Beschl. v. 8.6.2017, 4 B 307/17, NVwZ 2017, 431, juris Rn. 64). Erfüllt ein solcher Bewerber, der eine Erlaubnis aktuell begehrt, u.a. die Anforderungen des § 2 Abs. 2 HmbSpielhG, hat ihm die Antragsgegnerin eine Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG zu erteilen. Dass geeignete neue, baurechtlich zulässige Standorte im Bereich der Antragsgegnerin nicht existieren, ist nicht ersichtlich. Die Tatsache, dass zwischen Dezember 2012 und September 2013 keine neuen Erlaubnisse erteilt wurden, belegt die Behauptung der Antragstellerin nicht. Soweit Betreiber wegen der Änderungen des Spielhallenrechts oder aus wirtschaftlichen Gründen von Neueröffnungen absehen, ist dies eine gesetzlich intendierte Folge bzw. eine individuelle unternehmerische Entscheidung.“

93

An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch vor dem Hintergrund der Beschwerdebegründung fest.

94

Anders als die Antragstellerin meint, ist die Auswahlregel des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG im Hinblick auf Art. 12 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Es findet kein willkürlicher Ausschluss eines Betroffenen statt. Den von der Antragstellerin bei der Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung eingeforderten stufenlosen, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten Prüfungsmaßstab hat der Senat in der auch vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Entscheidung vom 9. Juli 2018 (4 Bs 12/18, ZfWG 2018, 449, juris Rn. 81) angewandt.

95

Mit dem Einwand der Antragstellerin, das Kriterium des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG weise keinen Bezug zu den Zielen des Glücksspielstaatsvertrags und des Hamburgischen Spielhallengesetzes auf, hat sich der Senat in der in Bezug genommenen Entscheidung bereits befasst und mit eingehender Begründung erkannt, dass es sich um ein sachgerechtes Kriterium handelt, und es nicht an einer Konnexität zwischen den glücksspielrechtlichen Regelungen und dem Auswahlkriterium fehlt (OVG Hamburg, Beschl. v. 9.7.2018, 4 Bs 12/18, ZfWG 2018, 449, juris Rn. 90 ff.). Eine Differenzierung im Sinne einer „Bestenauslese“ danach, in welchem Umfang Spielhallenbetreiber über die normativen Vorgaben hinaus die glücksspielrechtlichen Anforderungen des Jugend- und Spielerschutzes erfüllen, ist aus den in der vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Entscheidung dargelegten Gründen nicht allein sachgerecht (OVG Hamburg, Beschl. v. 9.7.2018, 4 Bs 12/18, ZfWG 2018, 449, juris Rn. 105, 106; so auch VGH Kassel, Beschl. v. 27.9.2018, 8 C 432/18, ZfWG 2018, 572, juris Rn. 42 ff.). Soweit das Oberverwaltungsgericht für das Saarland zur Begründung der Sachgerechtigkeit u.a. dieses Kriteriums annimmt, gerade die auch vom Bundesverfassungsgericht im Auswahlverfahren anerkannten Zielvorgaben des neuen Spielhallenrechts legitimierten die neue strengere Regulierung in ihrer Gesamtheit und es wäre demgemäß sogar systemwidrig, ihnen im Rahmen der Auswahlentscheidung jegliche Bedeutung abzusprechen, was in der praktischen Umsetzung nur bedeuten könne, dass sich die Bereitschaft zu gesetzeskonformem Verhalten als ein zulässiges Auswahlkriterium darstelle (Beschl. v. 20.12.2018, 1 B 231/18, juris Rn. 34), lassen sich die Erwägungen nicht auf die hier zur Anwendung kommende Regelung übertragen. Rechtliche Grundlage der im Saarland zu treffenden Auswahlentscheidung ist die entsprechend angewandte Härtefallregelung des § 12 Abs. 2 SSpielG, der das dortige Oberverwaltungsgericht das Verständnis entnimmt, dass sich die Mitwirkung der einzelnen Spielhallenbetreiber bei der Umsetzung der dort genannten Ziele des § 1 Abs. 1 GlüStV im Sinne einer Bereitschaft zu gesetzeskonformem Verhalten als ein im Rahmen der Auswahlentscheidung zwischen konkurrierenden Bestandsspielhallen berücksichtigungsfähiges Auswahlkriterium darstellt. Der hier zu treffenden Auswahl liegt eine andere gesetzgeberische Entscheidung zu Grunde. Diese schließt es nicht aus, dass Gesetzgeber oder Behörden anderer Bundesländer bei Auswahlentscheidungen auf andere Kriterien, wie z.B. die des § 1 GlüStV, abstellen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 9.7.2018, 4 Bs 12/18, juris Rn. 98, 106 a.E.).

96

Bei der Anwendung des Alterskriteriums steht, anders als die Antragstellerin zur Begründung ihrer Beschwerde ausführt, auch nicht allein die Verwaltungspraktikabilität im Vordergrund, wohl aber ist sie ein Belang, der zulässigerweise berücksichtigt werden kann. Dabei geht es nicht darum, die Entscheidung für die Verwaltung „möglichst einfach“ zu machen, sondern vielmehr darum, eine Entscheidung zu treffen, die sich an klaren, für die betroffenen Spielhallenbetreiber vorhersehbaren und in ihrer Anwendung nachvollziehbaren und - auch für das Verwaltungsgericht - überprüfbaren Vorgaben orientiert. Dass dies beim Alterskriterium wesentlich eher gelingt, als bei - wie auch immer definierten und auf den Einzelfall angewandten - materiellen bzw. qualitativen Kriterien, liegt auf der Hand (vgl. demgegenüber z.B. zu der Bestimmung des Merkmals „nicht gesetzeskonformes Verhalten“: OVG Saarlouis, Beschl. v. 20.12.2018, 1 B 231/18, juris Rn. 35). Insofern ist auch die Praktikabilität ein - wenn auch nicht das entscheidende - zulässiges Kriterium (OVG Hamburg, Beschl. v. 9.7.2018, 4 Bs 12/18, ZfWG 2018, 449, juris Rn. 101, 102).

97

Auch der Bestands- und Vertrauensschutz ist eine sachgerechte Rechtfertigung dafür, an das Kriterium des Alters der Spielhalle anzuknüpfen, er findet eine Stütze im Glücksspielstaatsvertrag (OVG Hamburg, Beschl. v. 9.7.2018, 4 Bs 12/18, ZfWG 2018, 449, juris Rn. 86 ff.; so auch OVG Münster, Beschl. v. 14.6.2019, 4 B 1488/18, ZfWG 2019, 383, juris Rn. 21 zu § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV). Dafür, dass der Vertrauens- und Bestandsschutz nach Ablauf der Übergangsfristen erloschen ist und deshalb nicht mehr als bei einer Auswahl von Bestandsspielhallen zu berücksichtigendes Kriterium herangezogen werden darf, findet sich keine überzeugende Begründung (OVG Hamburg, Beschl. v. 9.7.2018, 4 Bs 12/18, ZfWG 2018, 449, juris Rn. 90; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 24.7.2020, OVG 1 N 77.19, juris Rn. 5). Anders als die Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung verkürzt ausführt, hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 7. März 2017 (1 BvR 1630/12, BVerfGE 145, 20, juris Rn. 189) Spielhallenbetreibern auch nicht generell Vertrauensschutz versagt, sondern lediglich festgehalten, dass der Grundsatz des Vertrauensschutzes kein uneingeschränktes Recht auf Amortisation getätigter Investitionen verleiht. Dass Vertrauens- und Bestandsschutzaspekte bei der Auswahl konkurrierender Betriebe keine Rolle spielen dürfen, lässt sich den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts nicht entnehmen.

98

Dass es sich bei der Gesetzesbegründung zu § 9 Abs. 4 HmbSpielhG, wie die Antragstellerin meint, hinsichtlich des Schutzes familiengeführter einzelkaufmännischer Spielhallenbetriebe um eine „bloße Fiktion“ handelt, trifft nicht zu. Von Einzelkaufleuten betriebene Familienbetriebe mögen eine Ausnahme darstellen, ihre Existenz jedoch zu bestreiten, geht fehl. Im Hamburgischen Spielhallengesetz einen Nachteilsausgleich für die kleine Gruppe der von Einzelkaufleuten betriebenen Spielhallen zu regeln, hält der Senat für vom gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum gedeckt und im Ergebnis nicht für sachwidrig (so bereits OVG Hamburg, Beschl. v. 9.7.2018, 4 Bs 12/18, ZfWG 2018, 449, juris Rn. 92). Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es der Betreiber selbst in der Hand hat, welche Rechtsform er für den Betrieb seiner Spielhalle wählt.

99

Auch die Ausführungen der Antragstellerin zu den Kriterien für die Auswahlentscheidung im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. März 2017 (1 BvR 1314/12, u.a., BVerfGE 145, 20, juris Rn. 185, 186) und die anderer Obergerichte veranlassen den Senat nicht zu einer Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung. Weder hat das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung einen konkreten Verteilmechanismus vorgegeben, noch lässt sich den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts entnehmen, welcher Verteilmechanismus die „bestmögliche Ausschöpfung“ der „Standortkapazität in dem relevanten Gebiet“ gewährleistet und in welchem Umfang die Ausschöpfung zu erfolgen hat. Schon der Umstand, dass das Bundesverfassungsgericht formuliert, der Gesetzgeber könne die Bewältigung der vielgestaltigen Auswahlkonstellationen anhand sachgerechter Kriterien den zuständigen Behörden überlassen, der Vorbehalt des Gesetzes erfordere keine gesetzgeberische Festlegung der maßgeblichen Auswahlparameter, und es sei im Hinblick auf verschiedene Auswahlmöglichkeiten eine komplexe Abwägungsentscheidung vorzunehmen (Rn. 185; vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 27.2.2020, 3 StR 327/19, juris Rn. 29; zum Alter der Erlaubnis als Auswahlkriterium: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 24.7.2020, OVG 1 N 77.19, juris Rn. 6), legt es nicht nahe, dass nur ein bestimmtes Auswahlkriterium, ein qualitativ oder quantitativ bestimmbares Bündel an Auswahlkriterien oder ein bestimmter (mathematisch oder statistisch fassbarer) Auswahlmechanismus (im Sinne einer Verteil- oder Rechengröße) verfassungskonform sein könnte bzw. dass jeder Auswahlmechanismus, der nicht zwangsläufig zur theoretisch größtmöglichen Zahl von Erlaubnissen führt, verfassungswidrig wäre. Dass ein Abstellen auf nur ein Kriterium, z.B. das des Alters, zur Auflösung von Konkurrenzsituationen im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrig wäre, lässt sich den in Bezug genommenen Ausführungen nicht entnehmen. Die jeweiligen Landesgesetzgeber und Behörden verstehen die Anforderungen an die Verfassungsmäßigkeit der Auswahlregelungen und -entscheidungen unterschiedlich und gestalten diese verschieden aus. Dies wird bereits in der Vielzahl von verschiedenen, teilweise eine im Ermessen stehende Entscheidung ermöglichenden Rechtsgrundlagen und (teils gewichteten) Kriterienkombinationen, die die einzelnen Bundesländer ihren Auswahlentscheidungen zu Grunde legen, deutlich (vgl. z.B. OVG Münster, Beschl. v. 10.3.2020, 4 B 362/19, juris Rn. 24 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 24.7.2020, OVG 1 N 77.19, juris Rn. 6). Gleiches gilt für das Verständnis der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts (s.o.) zur Verhältnismäßigkeit der Auswahlentscheidung.

100

Die Verwendung des Begriffs „bestmögliche Ausschöpfung“ durch das Bundesverfassungsgericht lässt dem Wortlaut nach im Übrigen zu, dass bei der Auflösung von Konkurrenzsituationen unterschiedliche sachgerechte Kriterien herangezogen werden können, und dass es nicht allein maßgeblich ist, so viele Spielhallen wie unter Wahrung des Mindestabstandes irgend möglich zu erlauben. Angesichts der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zu den dem Gesetzgeber eröffneten Spielräumen zur Bewältigung der vielgestaltigen Auswahlkonstellationen und u.a. auch zur notwendigen Auslegung eines Fixpunktes zur Bemessung der Abstände ist davon auszugehen, dass zunächst die dem Gesetz zu entnehmenden oder aus diesem abgeleiteten Auswahlparameter und Konkurrenzverhältnisse zwischen den Spielhallen zu beachten sind. Müssen sich die Behörden des so zu bestimmenden Verteilmechanismus bedienen, kann nur Raum für eine Ausschöpfung der nach dem geltenden Recht verbliebenen Kapazität sein (vgl. OVG Saarlouis, Beschl. v. 28.7.2020, 1 B 66/20, juris Rn. 26 ff., 34; OVG Münster, Beschl. v. 16.3.2020, 4 B 977/18, juris Rn. 29 ff.). Ein weitergehendes Verständnis der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur bestmöglichen Ausschöpfung verbleibender Standortkapazitäten würde wohl auch den Zielen des neuen Spielhallenrechts zuwiderlaufen. Dessen als verfassungsrechtlich unbedenklich bewertete hohe Ziele der Spielsuchtprävention und des Gesundheitsschutzes (Beschl. v. 7.2.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., juris Rn. 158 f.) sind bei der Auslegung des Begriffs der „bestmöglichen Ausschöpfung der Standortkapazität“ zu berücksichtigen. Dass die zuständigen Behörden eine Auswahlentscheidung unter Hintanstellung des Gewichts der jeweiligen durch Art. 12 GG geschützten Belange der konkurrierenden Bewerber so zu treffen haben, dass möglichst viele Spielhallen von den Einschränkungen des jeweiligen neuen Spielhallenrechts nicht betroffen sind, liegt nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts nicht nahe (so auch OVG Saarlouis, Beschl. v. 28.7.2020, 1 B 66/20, juris Rn. 36).

101

Dass hier bei der Anwendung des in § 9 Abs. 4 HmbSpielhG genannten Kriteriums die verfassungsrechtlich gebotene Zahl von Weiterbetriebserlaubnissen bei Beachtung der in § 2 Abs. 2 HmbSpielhG bestimmten Mindestabstände unterschritten wird, und dass nach einer anderen, den verfassungsrechtlichen Maßstäben möglicherweise stärker Rechnung tragenden Auswahlmethode im Einzelfall oder bezogen auf vergleichbare Räume, in denen Konkurrenzlagen entstanden sind, voraussichtlich eine höhere Zahl von Bestandsspielhallen den Betrieb weiterführen könnte (vgl. dazu OVG Hamburg, Beschl. v. vom 9.7.2018, 4 Bs 12/18, a.a.O., juris Rn. 110), trägt die Antragstellerin im Übrigen nicht vor. Die Behauptung, die Auswahl des ältesten Spielhallenstandorts könne sehr wohl dazu führen, dass durch diese zufällige Auswahl räumliche Kapazitäten nicht ausgeschöpft würden, und der Senat verkenne, dass es sich bei der „bestmöglichen Ausschöpfung“ der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität um ein eigenständiges Auswahlkriterium handele, ist dafür nicht ausreichend. Wenn die Antragstellerin in der Beschwerdebegründung ausführt, es sei denknotwendig ausgeschlossen, dass eine Auswahl anhand des Kriteriums der „bestmöglichen Ausschöpfung“ der bei Einhaltung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität zu einer geringeren Anzahl von Erlaubnissen führe als das Kriterium „alt vor neu“, und dass sich daher bezogen auf alle relevanten Konkurrenzlagen in Hamburg die Gesamtzahl der Erlaubnisse bereits dann erhöhe, wenn in einem einzigen Cluster anstelle von einer Erlaubnis zwei Erlaubnisse erteilt werden könnten, berücksichtigt sie nicht, dass gerade nicht definiert ist, was unter „bestmögliche Ausschöpfung“ zu verstehen ist und dass - wie oben dargelegt - den Ländern nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein Spielraum bei der Wahl des Verteilmechanismus bzw. der Auswahlkriterien überlassen ist. Von diesem haben die Länder, wie oben ausgeführt, in unterschiedlicher Weise - meist unter Heranziehung der z.T. gestuft heranzuziehenden Kriterien für eine Härtefallentscheidung - Gebrauch gemacht.

102

Den Überlegungen der Antragstellerin ist nicht zu entnehmen, wie ein verfassungsmäßiger Verteilmechanismus nach ihrer Beurteilung auszusehen hat. Sie verweist zwar auf die Berliner Regelung in § 7 MindAbstUmsG, trägt im Hinblick auf das aus ihrer Sicht anzuwendende Auswahlkriterium aber widersprüchlich vor. Wenn die größtmögliche Ausschöpfung der Kapazität, also das Erreichen der Höchstzahl möglicher Weiterbetriebserlaubnisse, alleiniges Kriterium für Auswahl wäre, wäre z.B. für eine Auswahl anhand von - an den Zielen des Glücksspielstaatsvertrags bzw. des Hamburgischen Spielhallengesetzes orientierter - qualitativen Kriterien im Sinne der Bevorzugung vorbildlicher Betriebe („Bestenauslese“) oder solcher mit hohen Investitionen oder älteren Erlaubnissen nach § 33i GewO kein Raum. Die Berücksichtigung derartiger Kriterien fordert die Antragstellerin aber ebenso wie die „bestmögliche Ausschöpfung“, wenn sie etwa in ihrer Beschwerdebegründung formuliert, auch die vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 7. März 2017 (Rn. 184 f.) erwähnten komplexen Abwägungsentscheidungen erforderten die Berücksichtigung subjektiver Faktoren und stünden einer rein formalen Auswahl entgegen. Soweit die Antragstellerin aber die Auswahl nach einer „Bestenauslese" für sachgerecht hält, legt sie nicht dar, inwiefern dies zu einer besseren Ausschöpfung der Kapazität führen soll als dies beim Anciennitätskriterium der Fall ist. Inwieweit ein größtmögliches Ausschöpfen der Kapazität durch die Verteilung der Erlaubnisse auf die vorhandenen Bestandsspielhallen mehr Raum für neu in den Markt eintretende Bewerber, wie die Antragstellerin an anderer Stelle ihrer Beschwerdebegründung ebenfalls fordert, ermöglichen würde, erschließt sich dem Senat aus ihren Ausführungen nicht.

103

Dass der Antragstellerin insoweit eine Darlegungslast auferlegt wird, entspricht § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO und ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. In den vom Senat entschiedenen parallelen Verfahren 4 Bs 50/18 (juris) und 4 Bs 128/18 (n.v., betr. Anhörungsrügeverfahren und teilweise Korrektur) ging es ebenfalls um die Auflösung einer Konkurrenzsituation gemäß § 9 Abs. 4 HmbSpielhG. Der Senat hatte in seinem Beschluss vom 2. Juli 2018 (4 Bs 50/18, juris) unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. März 2017 (1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris) u.a. ausgeführt, das Auswahlkriterium des Alters sei auch nicht deshalb als Differenzierungsmerkmal sachwidrig, weil es den verfassungsrechtlichen Anspruch der Spielhallenbetreiber auf die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität widerspreche. Dem Vorbringen der Antragstellerin lasse sich nichts dafür entnehmen, dass bei der Anwendung des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG die denkbare Höchstzahl an Spielhallenerlaubnissen bei Anwendung des § 2 Abs. 2 HmbSpielhG innerhalb eines „Spielhallenclusters“ gegenüber einer Bemessung entsprechend der Berliner Methode unterschritten werde, und dass nach dieser (oder einer anderen) Auswahlmethode im Einzelfall oder bezogen auf vergleichbare (auch bezirksübergreifende) Räume, in denen Konkurrenzlagen entstanden seien, voraussichtlich eine höhere Zahl von Bestandsspielhallen den Betrieb weiterführen könne; ihre Behauptung, bei einer Auswahl gemessen am Maßstab des Bundesverfassungsgerichts sei im relevanten Bereich eine weitere Erlaubnis zu erteilen, werde durch nichts belegt (juris Rn. 96). In diesem Verfahren hatte die dortige Antragstellerin Verfassungsbeschwerde erhoben und eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG geltend gemacht. Zur Begründung hatte sie im Hinblick auf die behauptete Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG ausgeführt, der Senat hätte der Frage nachzugehen gehabt, ob bei einer Auswahl unter bestmöglicher Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität im relevanten Bereich eine weitere Erlaubnis zu erteilen gewesen wäre, da der Amtsermittlungsgrundsatz nach § 86 VwGO auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gelte. Er hätte sich mit dem vom Bundesverfassungsgericht formulierten Optimierungsgebot auseinandersetzen müssen. Der Senat hätte prüfen müssen, ob die Auswahl der Entscheidungsparameter anhand anderer Kriterien als denen im Berliner Mindestabstandsumsetzungsgesetz den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die bestmögliche Ausschöpfung der Standortkapazität entspreche. Die Vorgehensweise des Senats, den entsprechenden Vortrag der Beschwerdeführerin zu überantworten, sei mit den Anforderungen, die Art. 19 Abs. 4 GG an einen effektiven Eilrechtsschutz stelle, unvereinbar. Im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG hat die dortige Antragstellerin ihre Verfassungsbeschwerde damit begründet, dass § 9 Abs. 4 HmbSpielhG dieses Grundrecht unverhältnismäßig einschränke und dem Auswahlkriterium die innere Rechtfertigung fehle. Das Anciennitätsprinzip kollidiere als alleiniges Auswahlkriterium mit dem aus den grundrechtlich geschützten Positionen der Spielhallenbetreiber erwachsenden Anspruch auf die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität. Diese Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 25. Februar 2020 (1 BvR 2073/18) einstimmig nicht zur Entscheidung angenommen.

104

5. Sodann trägt die Antragstellerin vor, die Auswahlregelung des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG sei auch unionsrechtswidrig. Der Senat habe in seinem Beschluss vom 9. Juli 2017 (4 Bs 12/18) eine Auswahl nach dem Alter des Standorts bzw. der Gewerbeanmeldung mit dem Motiv der Fortsetzung des Bestands- und Vertrauensschutzes gerechtfertigt. Vertrauens- und Bestandsschutzaspekte könnten die durch § 9 Abs. 4 HmbSpielhG bewirkte Ungleichbehandlung und die mit der Auswahlentscheidung einhergehende Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit nicht rechtfertigen, derartige Erwägungen seien nämlich keine zwingenden Erfordernisse des Gemeinwohls, sondern beträfen wirtschaftliche Interessen des Einzelnen. Die Antragstellerin verweist insoweit auf die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 13. September 2007 (C-260/04, juris Rn. 35) und vom 16. Februar 2012 (C-72/10 und C-77/10, ZfWG 2012, 105, juris Rn. 55). Danach folge aus den Grundfreiheiten und dem unionsrechtlichen Gleichheitssatz das Erfordernis der Transparenz und der Publizität. Der Grundsatz der Gleichbehandlung verbiete es, vom Glücksspielanbieter die Einhaltung von Mindestabständen zu den schon länger tätigen Glücksspielanbietern zu verlangen. Wirtschaftliche Gründe wie Vertrauens- und Bestandsschutzaspekte könnten die Ungleichbehandlung von Glücksspielanbietern bei der Vergabe zahlenmäßig beschränkter Erlaubnisse/Konzessionen nicht rechtfertigen, da es sich nicht um zwingende Gründe des allgemeinen Interesses handele. Hiermit dringt die Antragstellerin nicht durch:

105

Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 13. September 2007 (C-260/04, Nr. C 269, 4, juris) lässt sich auf den Streitfall nicht übertragen. In dieser Entscheidung ging es um eine italienische Regelung, wonach die 329 bestehenden Konzessionen für die Annahme von Pferdewetten erneuert wurden, ohne Ausschreibungsverfahren durchzuführen, während für die zusätzlich vorgesehenen 671 neu zu vergebenden Konzessionen ein Ausschreibungsverfahren vorgesehen war. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat bemängelt, dass das völlige Fehlen von Ausschreibungen zur Vergabe von Konzessionen gegen Art. 43 und Art. 49 EG verstoße und die Öffnung dieser Konzessionen für den Wettbewerb und die Nachprüfung, ob die Vergabeverfahren unparteiisch durchgeführt worden seien, verhindere; eine Rechtfertigung von Ausnahmeregelungen sei aus Gründen des Verbraucherschutzes, der Verhütung und Bekämpfung von Betrügereien und zur Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen sowie die Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen anerkannt; wirtschaftliche Gründe könnten nicht als zwingende Gründe des allgemeinen Wohls anerkannt werden (EuGH, Urt. v. 13.9.2007, C-260/04, juris Rn. 25, 27, 35). Die Entscheidung betrifft also - anders als im Streitfall - schon nicht um die Auswahl zwischen bestehenden Betrieben, sondern die Erneuerung alter Erlaubnisse ohne Ausschreibung aus Gründen des Bestandsschutzes. Im vorliegenden Streitfall geht es wiederum nicht unmittelbar um den Zugang neuer Betriebe zum Markt. Für neue Betriebe ist die hier streitige Auswahl der Bestandsspielhallen nach dem Alterskriterium vielmehr unerheblich (vgl. auch OVG Münster, Beschl. v. 2.4.2020, 4 B 1478/18, juris Rn. 47). Insofern geht es auch nicht um die Gleichbehandlung bestehender Spielhallen und neuer Bewerber. Maßgeblich für die Möglichkeit, als neuer Bewerber einen Spielhallenbetrieb zu eröffnen, ist erkennbar nur das Abstandsgebot, nicht jedoch das für das Auflösen bestehender Konkurrenzsituationen maßgebliche Alterskriterium.

106

Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 16. Februar 2012 (C-72/10 und C-77/10, ZfWG 2012, 105, juris) ist ebenfalls nicht geeignet, Zweifel an der Unionsrechtswidrigkeit der Auswahlregelung zu begründen. Es bezieht sich ebenfalls auf die Einhaltung eines Mindestabstandes zu bereits vorhandenen Kommissionären, wodurch die von den bereits etablierten Betreibern erworbenen Geschäftspositionen zum Nachteil der neuen Konzessionäre geschützt würden und wobei die Mindestabstandsregelung ausschließlich für neue Kommissionäre, nicht jedoch für bereits etablierte Kommissionäre gelte (EuGH, Urt. v. 16.2.2012, C-72/10 und C-77/10, ZfWG 2012, 105, juris Rn. 58). Eine derartige Ungleichbehandlung ist im Streitfall, in dem der Mindestabstand sowohl für Bestandsspielhallen als auch für neu hinzukommende Spielhallen gilt, nicht festzustellen. Inwieweit sich das Alterskriterium zum Nachteil neuer Bewerber um eine Spielhallenerlaubnis, die eine Spielhalle an einem neuen Standort eröffnen wollen, auswirken kann, erschließt sich aus der Beschwerdebegründung nicht. Weder die Mindestabstandsregelung noch das Alterskriterium dienen im Übrigen dem Schutz der Geschäftspositionen der bestehenden Betreiber (so aber im Fall des EuGH, Urt. v. 16.2.2012, C-72/10 und C-77/10, ZfWG 2012, 105, juris Rn. 65). Die Schlussfolgerung der Antragstellerin, aus der Entscheidung des Gerichtshofs ergebe sich, dass wirtschaftliche Gründe wie Vertrauens- und Bestandsschutzaspekte die Ungleichbehandlung von Glücksspielanbietern nicht zu rechtfertigen vermöchten, geht auf die Unterschiede der jeweiligen Streitgegenstände nicht hinreichend ein.

107

6. Weiter legt die Antragstellerin dar, sie habe aufgrund der Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeit der Auswahlregelung das Recht, alle ihre antragsgegenständlichen Spielhallen vorläufig weiter zu betreiben. Es erscheine verfassungsrechtlich naheliegend, Betreiber von Verbundspielhallen mit allen im Verbund stehenden Spielhallen zum Auswahlverfahren zuzulassen, um eine stärkere Gewichtung von Standorten mit Verbundspielhallen zu bewirken. Verfassungsrechtliche Grundsätze, aus denen sich ergebe, dass zunächst zwingend je Verbundstandort eine Spielhalle auszuwählen und erst anschließend eine Auswahl zwischen den Standorten zu treffen sei, existierten nicht. Insbesondere liege hierin keine Ungleichbehandlung gegenüber Betreibern von Einfachspielhallen. Denn diese hätten regelmäßig entsprechend höhere Investitionen getätigt, womit es sachlich gerechtfertigt sei, die Auswahlentscheidung nicht standort-, sondern spielhallenbezogen zu treffen.

108

Dieses Vorbringen erschüttert die Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses ebenfalls nicht. Das Verwaltungsgericht ist - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats - davon ausgegangen, dass das in § 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 HmbSpielhG bestimmte Mindestabstandsgebot, das auch dem Betrieb von mehr als einer Spielhalle, die sich in einem Verbund mit mindestens einer anderen Spielhalle befindet, entgegensteht, ebenso wie das Alterskriterium verfassungs- und unionsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Dies hat die Antragstellerin, wie dargelegt, nicht erfolgreich in Zweifel gezogen. Weshalb sich gleichwohl ein Anspruch ergeben soll, trotz des Verbundverbots (§ 2 Abs. 2 Satz 3 HmbSpielhG) alle im Verbund stehenden Spielhallen zum Auswahlverfahren zuzulassen, um eine stärkere Gewichtung von Standorten mit Verbundspielhallen zu bewirken, erschließt sich dem Senat insbesondere vor dem Hintergrund des Gesetzeszwecks, u.a. die Spielsucht zu bekämpfen, nicht.

109

7. Schließlich führt die Antragstellerin aus, die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin wäre - erachte man § 9 Abs. 4 HmbSpielhG für anwendbar - fehlerhaft. Im Falle der konkurrierenden Spielhalle H. Straße könne von einer seit dem 5. Dezember 1985 bestehenden Spielhalle keine Rede sein. Ihr sei im Rahmen des Erlaubnisverfahrens ein vom 10. Oktober 1985 datierender Baugenehmigungsbescheid für diesen Standort nebst einem vom 4. November 1985 datierenden Ergänzungsbescheid übermittelt worden. In dem Ergänzungsbescheid seien insgesamt sechs Hallen mit einer Fläche von 10,73 m², 10,30 m², 13,20 m², 11,40 m², 11,97 m² und 12 m² eingezeichnet. Dass die Spielhalle mit Erteilung der Baugenehmigung unmittelbar in Betrieb genommen worden sei, sei nicht ersichtlich und werde bestritten. Ihr sei seitens der Antragsgegnerin bisher lediglich eine auf den 20. März 1992 datierte Erlaubnis gemäß § 33i GewO zur Kenntnis gebracht worden, die eine Grundfläche im Sinne von § 3 Abs. 2 SpielV von 60 m² beziffere. Ausgehend vom Datum dieser Erlaubnis spreche viel dafür, dass am Standort H. Straße erstmals im Jahre 1992 eine Spielhalle betrieben worden sei. Unabhängig davon entspreche die aktuell am Standort H. Straße befindliche Spielhalle jedenfalls nicht mehr in Größe und Zuschnitt der mit der Baugenehmigung ursprünglich genehmigten Spielhalle, womit es sich jedenfalls in glücksspielrechtlicher Hinsicht nicht mehr um eine Spielhalle im Sinne von § 9 Abs. 4 HmbSpielhG handele, da die dort aktuell genehmigte Spielhalle einen anderen Zuschnitt und eine wesentlich höhere Grundfläche aufweise.

110

Nach Einsicht in die Akte des Standortes H. Straße ergänzt die Antragstellerin, dass nicht ersichtlich sei, dass an dem dortigen Standort seit dem 5. Dezember 1985 legal eine Spielhalle betrieben werde. Der von der Antragsgegnerin zugrunde gelegte Besichtigungsbericht vom 2. Dezember 1985 gebe über das Vorhandensein einer Erlaubnis nach § 33i GewO keinerlei Auskunft. Dass in der Folgezeit eine Erlaubnis erteilt und die Spielhalle durchgehend aufgrund einer Erlaubnis betrieben worden sei, lasse sich dem Vorgang nicht entnehmen und werde bestritten. Der durchgängig legale Betrieb erscheine zweifelhaft, da die Betreiber offenbar mehrfach gewechselt hätten, ohne dass sich entsprechende Erlaubnisse nach § 33i GewO in der Sachakte fänden. Ein legaler Betrieb werde erstmals durch die der XY Unterhaltungsautomaten Betriebsgesellschaft mbH erteilte Erlaubnis vom 20. März 1992 dokumentiert, wohingegen der Standort der Antragstellerin seit 1989 existiere und durchgängig legal betrieben werde.

111

Auch insoweit legt die Antragstellerin nicht erfolgreich dar, dass das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss zu Unrecht angenommen hätte, dass ihr Spielhallenstandort erst seit dem 16. Juni 1989 bestehe, während am konkurrierenden Standort H. Straße bereits seit dem 5. Dezember 1985 eine Spielhalle betrieben werde.

112

Das angenommene Alter des eigenen Spielhallenstandortes stellt die Antragstellerin nicht in Abrede. Nach der Aktenlage unterliegt es keinen ernstlichen Zweifeln, dass am konkurrierenden Standort bereits seit Dezember 1985 eine Spielhalle betrieben wird. Hierfür wurde am 10. Oktober 1985 eine Baugenehmigung erteilt. Der Ergänzungsbescheid vom 4. November 1985 bezieht sich auf eine geänderte Grundrissaufteilung, wonach sechs Räume für die Nutzung zu Spielhallenzwecken vorgesehen sind, die insgesamt über eine Grundfläche von 69,60 m² verfügen. Für den 5. November 1985 wurde der Baubeginn für die Errichtung einer Spielhalle angezeigt. Ausweislich eines Berichts der Antragsgegnerin wurden die Räumlichkeiten am 2. Dezember 1985 im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach § 33i GewO besichtigt und es wurden die baurechtlich genehmigten Räumlichkeiten - mit gleicher Raumzahl und nur geringen Abweichungen bei den Angaben der Flächen - festgestellt. Anhaltspunkte dafür, dass ein Betriebsbeginn nicht am 2. Dezember 1985 oder zumindest in zeitlicher Nähe zu diesem Datum stattgefunden haben könnte, finden sich nicht. Dass sich aus dem Ergebnis der Besichtigung nicht zwingend auf die Aufnahme des Spielhallenbetriebes schließen lässt, trifft zu. Lebensnah und mangels gegenteiliger Anhaltspunkte, die gegen die zeitnahe Erteilung einer Gewerbeerlaubnis sprechen, kann aber von einer Betriebsaufnahme jedenfalls in zeitlicher Nähe zum Besichtigungstermin ausgegangen werden (vgl. zum Verhältnis von Baugenehmigung und Erlaubnis nach § 33i GewO: OVG Hamburg, Beschl. v. 6.11.2018, 4 Bs 37/18, juris Rn. 26, 40; vgl. auch Beschl. v. 17.9.2019, 4 Bs 223/18, n.v.). Hierfür spricht auch ein in der Sachakte befindliches Schreiben vom 3. März 1989, in dem ein Architekt für eine Bauherrin im Zusammenhang mit einem Antrag auf Genehmigung einer Spielhalle im 1. Stock des Hauses H. Straße (die nach Angaben der Antragsgegnerin genehmigt wurde, heute aber nicht mehr existiert) ausführt, es handele sich nicht um eine Erweiterung der am 10. Oktober 1985 genehmigten Spielhalle im Erdgeschoss des Hauses. Dies spricht dafür, dass dort jedenfalls im März 1989 eine Spielhalle betrieben wurde. Die Aufnahme des Betriebs der dortigen Spielhalle Ende 1985 bestreitet die Antragstellerin lediglich unsubstantiiert. Sie behauptet sodann lediglich, dass die aktuell am Standort H. Straße befindliche Spielhalle in Größe und Zuschnitt nicht mehr der ursprünglich genehmigten Spielhalle entspreche. Unabhängig von der Frage, inwieweit bauliche Veränderungen für die Annahme des durchgängigen Betriebs einer Spielhalle erheblich sind, trägt die Antragstellerin insoweit nichts substantiiert vor. Nach dem Besichtigungsbericht vom 2. Dezember 1985 betrug die für den Spielerbetrieb vorgesehene Fläche 72,40 m². Ausweislich der Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle H. Straße vom 20. März 1992 betrug die Fläche seinerzeit 72,50 m², die geringe Abweichung legt bauliche Veränderungen in der Zwischenzeit nicht nahe. Dass die Spielhalle zwischenzeitlich baulich erheblich verändert wurde, ist auch sonst nicht ersichtlich und wird von der Antragstellerin nicht substantiiert geltend gemacht. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die Spielhalle am Standort H. Straße zwischen 1985 und 1992 nicht dauerhaft legal betrieben wurde. Allein der Umstand, dass die Betreiber mehrfach gewechselt haben, besagt insoweit nichts. Die Antragsgegnerin bestreitet auch nur unsubstantiiert („mit Nichtwissen“), dass die Spielhalle durchgängig auf Grundlage einer Erlaubnis nach § 33i GewO betrieben worden ist. Insoweit verweist die Antragsgegnerin zu Recht auf § 5 der Verordnung zu Verfahren über die Erteilung von Erlaubnissen zum Weiterbetrieb von Bestandsunternehmen nach dem Hamburgischen Spielhallengesetz (vom 20.9.2016, SpielhWeiterbetrErlVO), wonach als Unterlagen, die zum Nachweis des Alters eines Spielhallenstandortes dienen können, neben der Betriebserlaubnis für die Spielhalle auch weitere, in der Verordnung nicht abschließend genannte Unterlagen in Betracht kommen. Allein die fehlende Verfügbarkeit einer Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle lässt wegen der von der Antragsgegnerin plausibel vorgetragenen Aktenführungspflichten und Vernichtungsfristen der einzelnen Ämter nicht darauf schließen, dass sie nicht legal oder gar nicht betrieben worden sein könnte.

III.

113

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 GKG. Nach dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Ziff. 54.1) ist für das Interesse der Antragstellerin ein Wert von 15.000,-- Euro pro Spielhalle im Hauptsacheverfahren anzunehmen. Der sich danach ergebende Wert von 30.000,-- Euro ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.

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