Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 14 A 272/21
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens auf Zulassung der Berufung.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Verfahren auf Zulassung der Berufung auf 15.000,- € festgesetzt.
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G r ü n d e :
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der von der Klägerin geltend gemachte Zulassungsgrund nicht vorliegt.
3Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Kein tragender Rechtssatz und keine erhebliche Tatsachenfeststellung des angegriffenen Urteils ist mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden.
4Dies gilt zunächst für das Vorbringen der Klägerin, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe die Schulleiterin Frau I. gemäß § 7 Abs. 3 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten (ErgThAPrV) nicht als Fachprüferin tätig werden dürfen. Dies ergebe sich aus dem Verweis auf § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ErgThAPrV. Die dort als Mitglieder des Prüfungsausschusses aufgeführten Fachprüfer würden gemäß § 3 Abs. 2 Satz 3 ErgThAPrV nach Anhörung der Schulleitung bestellt, woraus sich ergebe, dass die Schulleitung nicht zugleich Fachprüfer sein könne. Ein solcher Ausschluss lässt sich dem Wortlaut der vorgenannten Vorschrift jedoch nicht entnehmen. Sofern die Schulleitung über die nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ErgThAPrV erforderliche Qualifikation verfügt - was nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts hier der Fall war - kann sie von der zuständigen Behörde auch als Fachprüfer bestellt werden. Dass sie vor der Bestellung der Fachprüfer angehört werden muss, steht ihrer eigenen Bestellung nicht entgegen. Denn es ist denklogisch nicht ausgeschlossen, dass sie auch zu ihrer eigenen Bestellung angehört werden kann.
5Anhaltspunkte für eine Unvereinbarkeit der Tätigkeit der Schulleitung als Fachprüfer mit den ihr im Prüfungsverfahren obliegenden Aufgaben nach der einschlägigen Ausbildungs- und Prüfungsordnung sind nicht erkennbar. Der Schulleitung obliegen nur im Vorfeld der konkreten Prüfungen Aufgaben, die sie zu erfüllen hat. So ist sie vor der Bestellung der Fachprüfer und ihrer Vertreter anzuhören (§ 3 Abs. 2 Satz 3 ErgThAPrV). Bei der Festsetzung der Prüfungstermine hat sich der Prüfungsausschussvorsitzende mit der Schulleitung ins Benehmen zu setzen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 ErgThAPrV). Die Aufsichtsführenden in der schriftlichen Prüfung werden von der Schulleitung bestimmt (§ 5 Abs. 1 Satz 5 ErgThAPrV). Im Zusammenhang mit der Abnahme und Bewertung von Prüfungsleistungen hat die Schulleitung keine Aufgaben zu erfüllen, so dass ein Konflikt mit einer Fachprüfertätigkeit nicht entstehen kann. Maßgebend für die Befugnis, dass ein Schulleiter auch als Fachprüfer eingesetzt werden kann, ist alleine, dass er als Fachprüfer bestellt wird (§ 3 Abs. 2 Satz 1 ErgThAPrV) und dass er die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Buchst. b ErgThAPrV erfüllt, also an der Schule unterrichtet und die in der Vorschrift genannte Qualifikation hat.
6Ebenso für die Tätigkeit eines Schulleiters als Fachprüfer nach den vergleichbaren Regelungen der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter BVerwG, Urteil vom 28.10.2020 ‑ 6 C 8.19 ‑, juris, Rn. 28 ff.
7Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ergeben sich auch nicht aus dem Vorbringen der Klägerin, die Vorsitzende des Prüfungsausschusses, Frau E. . T. , habe an der streitgegenständlichen praktischen Prüfung nicht teilnehmen dürfen. Aus § 6 ErgThAPrV, der ein Beteiligungsrecht des Prüfungsausschussvorsitzenden bei der mündlichen Prüfung regele, ergebe sich in Ermangelung einer entsprechenden Regelung bei der praktischen Prüfung, dass der Prüfungsausschussvorsitzende bei dieser nicht anwesend sein dürfe. Dieser Einwand trifft nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr zutreffend festgestellt, dass aus der Regelung eines Beteiligungsrechts bei der mündlichen Prüfung in § 6 Abs. 3 Satz 2 ErgThAPrV und dem Fehlen eines solchen Rechts bei der praktischen Prüfung nicht folgt, dass der Prüfungsausschussvorsitzende bei der praktischen Prüfung nicht auch anwesend sein darf. Das Schweigen der Verordnung zu einem Beteiligungsrecht des Prüfungsausschussvorsitzenden bei der praktischen Prüfung besagt lediglich, dass er sich nicht an der praktischen Prüfung beteiligen und neben den bestellten Fachprüfern prüfen darf. Seine bloße Anwesenheit während der praktischen Prüfung ist hingegen nicht verboten. Soweit die Klägerin meint, die Anwesenheit des Prüfungsausschussvorsitzenden stelle eine unzulässige Beeinflussung des Prüflings und der Fachprüfer darf, ist dem nicht zu folgen. Der Prüfungsausschussvorsitzende ist Teil des Prüfungsausschusses und hat nach § 7 Abs. 3 Satz 2 ErgThAPrV im Benehmen mit den Fachprüfern die Prüfungsnote für den praktischen Teil zu bilden. Auch wenn diese Aufgabe nicht zwingend seine Anwesenheit während der praktischen Prüfung voraussetzt, ist seine Anwesenheit jedenfalls sachdienlich. Dass der Prüfling oder die Fachprüfer hierdurch in unzulässiger Weise beeinflusst werden könnten, ist nicht ersichtlich. Denn nach den dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses zugewiesenen Aufgaben ist es im Gegenteil seine Sache, auf die ordnungsgemäße Durchführung der Prüfung zu achten.
8Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung weckt auch nicht das Vorbringen der Klägerin, die Praxisanleiterin Frau T1. habe bei der praktischen Prüfung nicht anwesend sein dürfen. Denn diese sei weder Mitglied des Prüfungsausschusses gewesen noch habe ein Ermessen der Prüfungsausschussvorsitzenden bestanden, die Anwesenheit von Frau T1. zu gestatten. Diese Auffassung trifft nicht zu. Sofern die jeweilige Prüfungsordnung - so wie hier - die Anwesenheit weiterer Personen während der Prüfung nicht ausschließt, steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Prüfungsausschussvorsitzenden, inwiefern er weiteren Personen die Anwesenheit während der Prüfung gestattet.
9Vgl. hierzu: Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl., Rn. 452, OVG NRW, Beschluss vom 19.12.2016 - 6 A 1699/15 - juris, Rn. 8.
10Das Vorbringen der Klägerin weckt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Einschätzung, dass die Entscheidung der Prüfungsausschussvorsitzenden keine Ermessensfehler erkennen lässt. Selbst wenn die Anwesenheit der Praxisanleiterin - wie die Klägerin meint - nicht erforderlich gewesen sein sollte, um auf den Patienten beruhigend einzuwirken, so war sie jedenfalls sachdienlich, um Auffälligkeiten im Verhalten des Patienten prüfungsrechtlich richtig einordnen zu können.
11Mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen kommt es auf die Frage, ob die Klägerin die von ihr geltend gemachten Verfahrensfehler rechtzeitig gerügt hat, nicht mehr an.
12Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes.
13Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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Referenzen
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 124 1x
- ErgThAPrV § 7 Praktischer Teil der Prüfung 1x
- ErgThAPrV § 3 Prüfungsausschuß 3x
- ErgThAPrV § 6 Mündlicher Teil der Prüfung 2x
- 6 A 1699/15 1x (nicht zugeordnet)