Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 A 927/20
Tenor
Der Antrag des Klägers wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 35.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist dargelegt ist und vorliegt. Dabei bedeutet „darlegen“ i. S. v. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil fallbezogen zu erläutern, weshalb die Voraussetzungen des jeweils geltend gemachten Zulassungsgrundes im Streitfall vorliegen sollen. Der Senat soll allein aufgrund der Zulassungsbegründung die Zulassungsfrage beurteilen können, also keine weiteren aufwändigen Ermittlungen anstellen müssen.
4Hiervon ausgehend rechtfertigt das fristgerechte Zulassungsvorbringen des Klägers in dem Schriftsatz vom 14. April 2020 nicht die Zulassung der Berufung.
5Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe keinen Anspruch auf Wiederaufnahme des Verfahrens auf Gewährung von Unfallruhegehalt. Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 VwVfG lägen nicht vor. Die Beklagte habe in dem Bescheid über die Festsetzung einer einmaligen Entschädigung und einer Ausgleichszahlung vom 25. Juli 2007 – unanfechtbar – entschieden, dass dem Kläger aufgrund des am 29. September 2004 erlittenen Einsatzunfalls ein Unfallruhegehalt nach § 63d SVG nicht zustehe; die Rechtslage habe sich nach Erlass des Bescheides auch nicht im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG (entscheidungserheblich) zugunsten des Klägers geändert. Selbst die aktuelle Fassung des § 63d SVG vom 4. August 2019 weise im Vergleich zu der bei Erlass des Bescheides geltenden Fassung lediglich redaktionelle, aber keine inhaltlichen Änderungen auf. Der Gesetzgeber habe das Verhältnis zwischen Unfallruhegehalt nach § 63d SVG und Ausgleichszahlung für bestimmte Statusgruppen nach § 63f SVG weder im Gesetz zur Verbesserung der Versorgung bei besonderen Auslandsverwendungen vom 5. Dezember 2011 noch im Bundeswehr-Attraktivitätssteigerungsgesetzes vom 13. Mai 2015 geändert. Zwar habe der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgung bei besonderen Auslandsverwendungen gesehen, dass sich die Versorgungssituation von Soldatinnen und Soldaten auf Zeit systembedingt grundlegend von den Versorgungsansprüchen der Berufssoldatinnen und Berufssoldaten sowie der Beamtinnen und Beamten unterscheide und im Einzelfall hinter diesem Anspruchsniveau zurückbleibe; er habe deshalb weitere Schritte unternehmen wollen, um den im Einsatz versehrten Soldatinnen und Soldaten die bestmögliche soziale Absicherung und Vorsorge zu gewähren. Diese Schritte hätten jedoch lediglich darin bestanden, die damals seit acht Jahren unveränderten Beträge der einmaligen Unfallentschädigung, der einmaligen Entschädigung und der Ausgleichszahlung für Soldatinnen und Soldaten ohne Pensionsanspruch deutlich zu erhöhen.
6Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens im weiteren Sinne nach § 51 Abs. 5 in Verbindung mit § 48 Abs. 1 Satz 1, § 49 Abs. 1 VwVfG. Die Voraussetzungen des § 48 VwVfG lägen nicht vor, weil der Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2007 rechtmäßig sei; ein Widerruf nach § 49 Abs. 1 VwVfG komme nicht in Betracht, weil ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste. Der Kläger habe weder im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung einen Anspruch auf die Gewährung von Unfallruhegehalt nach § 63d SVG.
7Gemäß § 63d SVG werde einem Berufssoldaten, der einen Einsatzunfall im Sinne von § 63c Abs. 2 SVG erleide, Unfallruhegehalt nach § 27 SVG in Verbindung mit § 37 Abs. 1 BeamtVG gewährt, wenn er aufgrund dieses Einsatzunfalles dienstunfähig geworden und in den Ruhestand versetzt worden sei und er im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand infolge des Einsatzunfalls in seiner Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 Prozent beschränkt sei. § 63d SVG verlange, dass sich der Unfall zu einem Zeitpunkt ereignet habe, zu dem der Soldat bereits zum Berufssoldaten ernannt gewesen sei. Es reiche nicht aus, wenn er „lediglich“ in einem Dienstverhältnis als Soldat auf Zeit gestanden habe, auch wenn er später zum Berufssoldaten ernannt worden sei. Dies folge bereits aus dem Wortlaut, namentlich aus der gewählten Zeitform, und ferner aus dem Vergleich mit den sonstigen Regelungen der Einsatzunfallversorgung. Auch die Systematik des Gesetzes spreche dafür, im Falle des Unfallruhegehalts nach § 63d SVG dieselben Maßstäbe anzulegen, wie sie im Falle des Unfallruhegehalts nach § 27 SVG von der Rechtsprechung angenommen würden, zumal § 63d SVG auf das Unfallruhegehalt nach § 27 SVG verweise. Auch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgung bei besonderen Auslandsverwendungen habe diese Vorschrift nicht geändert. Die vom Kläger angeführten Regelungen der Einsatzunfallverordnung und der hierzu ergangenen Durchführungsbestimmung beträfen allein die Frage, unter welchen Umständen eine Kausalität zwischen einem erfolgten Einsatzunfall und einer erst später auftretenden posttraumatischen Belastungsstörung vermutet werde. Dass der Zeitpunkt des Einsatzunfalles verschoben würde, sei nicht ersichtlich.
8Diese Auslegung des § 63d SVG verstoße nicht gegen Verfassungsrecht.
9Maßstab für die verfassungsrechtliche Beurteilung soldatenversorgungsrechtlicher Vorschriften sei in erster Linie Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 33 Abs. 5 GG. Bei der Umsetzung der aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierenden Pflicht zur amtsangemessenen und leistungsgerechten Alimentierung habe der Gesetzgeber einen weiten Entscheidungsspielraum. Dies gelte sowohl hinsichtlich der Struktur als auch hinsichtlich der Höhe der Besoldung. Innerhalb des ihm zukommenden Entscheidungsspielraums müsse der Gesetzgeber das Besoldungs- und Versorgungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anpassen. Es sei jedoch nicht Aufgabe des Gerichts zu prüfen, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste oder vernünftigste Lösung gewählt habe. Dem weiten Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers entspreche vielmehr eine zurückhaltende, auf den Maßstab evidenter Sachwidrigkeit beschränkte Kontrolle der einfachgesetzlichen Regelung. Im Ergebnis beschränke sich die materielle Kontrolle auf die Frage, ob die Bezüge oder die Versorgung der Beamten evident unzureichend sind.
10Dass die Versorgung eines Berufssoldaten, der im Status eines Soldaten auf Zeit einen Einsatzunfall erlitten habe, evident unzureichend wäre, sei nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht näher vorgetragen worden. Mit dem Institut des Einsatzunfalles habe der Gesetzgeber sowohl die versorgungsrechtliche Stellung der Berufssoldaten als auch der Soldaten auf Zeit weiter verbessert. Nicht zuletzt seien die jeweils auszuzahlenden Beträge der Einsatzunfallversorgung durch diverse Gesetzesänderungen angehoben und die zeitlichen Anwendungsbereiche der Vorschriften weiter ausgedehnt worden. Die besonderen Statusgruppen, zu denen auch Soldaten auf Zeit zählen, erhielten mangels eines Anspruchs auf Unfallruhegehalt die einmalige Ausgleichszahlung für bestimmte Statusgruppen nach § 63f SVG.
11Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liege nicht vor. Der Gesetzgeber habe bei den Systemen sozialer Sicherung einen weiten Spielraum. Er habe sich wegen der Wehrdienstbeschädigung grundsätzlich hinsichtlich aller Soldaten für eine Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes entschieden (§ 80 SVG). Aus dem Katalog der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge übernehme das Soldatenversorgungsgesetz für die Berufssoldaten das Unfallruhegehalt nach einem Dienstunfall. Im Rahmen der Einsatzunfallversorgung differenziere der Gesetzgeber – wie beim Unfallruhegehalt nach § 27 SVG – nur beim Unfallruhegehalt nach § 63d SVG, während den besonderen Statusgruppen mit dem Anspruch nach § 63f SVG ein Ausgleich gewährt werde. Es sei nicht willkürlich, wenn das Gesetz in dieser Weise die Lebenszeitstellung des Berufssoldaten im Zeitpunkt des Einsatzunfalles und die damit verbundene grundsätzliche Ruhegehaltsberechtigung besonders berücksichtige.
121. Die Berufung hiergegen ist zunächst nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
13Ernstliche Zweifel in diesem Sinne sind begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt. Der Rechtsmittelführer muss darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht unrichtig ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und konkret aufzeigen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen sie ernstlichen Zweifeln begegnen. Er muss insbesondere die konkreten Feststellungen tatsächlicher oder rechtlicher Art benennen, die er mit seiner Rüge angreifen will.
14Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 28. August 2018 – 1 A 249/16 –, juris, Rn. 2 ff.
15Das Zulassungsvorbringen zeigt keine solchen ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung auf.
16Der Kläger trägt vor, er vertrete weiterhin Auffassung, dass die Beklagte in dem Bescheid vom 25. Juli 2007 entweder gar nicht oder aber jedenfalls nicht endgültig über das Unfallruhegehalt entschieden habe mit der Folge, dass es auf das Vorliegen der tatbestandlichen Vorgaben für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens von vorneherein nicht ankomme. Für den Kläger als juristischen Laien und von dem Einsatzunfall auch psychisch Betroffenen hätten bei der Entscheidung vom 25. Juli 2007 primär die zugesprochenen Leistungen im Vordergrund gestanden. Er habe den Bescheid auch so verstehen können und dürfen, dass die Frage des Unfallruhegehalts nur zeitlich zurückgestellt worden sei.
17Ungeachtet dieser Frage und der weiteren Frage, ob die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 VwVfG gegeben seien, lägen jedenfalls die Voraussetzungen des § 51 Abs. 5 i. V. m. § 48 oder § 49 VwVfG vor. Der Wortlaut der Anspruchsgrundlage des § 63d SVG müsse anhand der Art. 3 Abs. 1 sowie 14 Abs. 1 Satz 1, 33 Abs. 5 GG auch unter Fürsorgegesichtspunkten der – durchaus möglichen – verfassungskonformen Auslegung zugeführt werden, dass dem Kläger Unfallruhegehalt zu gewähren sei. Die vom Verwaltungsgericht angeführte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 1997 zu § 27 SVG stehe dem nicht entgegen. Sie stamme aus einer Zeit, in der die Bundeswehr noch nicht an Kampfeinsätzen außerhalb Europas teilgenommen habe. Die späteren Novellierungen des Soldatenversorgungsgesetzes hätten auch gerade vor dem Hintergrund der „Neuen Aufgaben“ der Bundeswehr alle Soldatengruppen günstiger stellen wollen. Die Vorschrift des § 63d SVG solle Berufssoldaten gegenüber Zeitsoldaten hinsichtlich der Versorgungsansprüche bevorzugen. Nach dem Sinn und Zweck des § 63d SVG sei es unerheblich, dass ein Berufssoldat, der wegen eines Einsatzunfalls dienstunfähig geworden und (vorzeitig) in den Ruhestand versetzt worden sei, diesen Status im Zeitpunkt des Einsatzunfalls noch nicht innegehabt habe. Vorliegend sei die Folgeerkrankung „Posttraumatische Belastungsstörung“ zudem erst während des Berufssoldatenverhältnisses manifest geworden.
18Dieses Vorbringen greift nicht durch.
19a) Das Zulassungsvorbringen des Klägers stellt zunächst nicht die Einschätzung des Verwaltungsgerichts in Frage, die Beklagte habe bereits mit Festsetzungsbescheid vom 25. Juli 2007 unanfechtbar (auch) entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch auf Gewährung des Unfallruhegehalts nach § 63d SVG nicht zustehe, weshalb die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens im Sinne des § 51 Abs. 1 VwVfG oder des § 51 Abs. 5 i. V. m. §§ 48, 49 VwVfG erfüllt sein müssten. Anders als der Kläger – ohne entsprechende Anknüpfungspunkte im Inhalt des Bescheides zu benennen – behauptet, kann dem Bescheid nicht entnommen werden, dass die Frage des Unfallruhegehalts zurückgestellt worden wäre.
20Welchen Inhalt ein solcher Bescheid hat, ist aus der Sicht des Empfängerhorizonts analog §§ 133, 157 BGB nach dem objektiven Sinngehalt, wie er für den Adressaten unter Berücksichtigung aller Umstände erkennbar ist (objektiver Empfängerhorizont), zu ermitteln. Ohne Belang ist hier daher, dass für den Kläger subjektiv im Vordergrund stand, dass und welche Leistungen ihm gewährt wurden. Dieser primäre subjektive Fokus schließt nämlich ersichtlich nicht aus, dass der Kläger jedenfalls auf einen zweiten Blick auch erkennen konnte, welche Leistungen ihm nicht gewährt wurden. Dass ihm eine Beschäftigung mit dem weiteren Inhalt des Bescheides unmöglich gewesen wäre, weil er von dem Einsatzunfall auch psychisch betroffen war, hat der Kläger nicht im Ansatz dargelegt.
21Für die Annahme, die Beklagte habe die Frage, ob dem Kläger ein Unfallruhegehalt nach § 63d SVG zusteht, noch offen lassen wollen, bietet der Inhalt des Bescheides aus der objektiven Sicht eines juristischen Laien in der Situation des Klägers nicht den geringsten Anhalt. Schon der einleitende Satz „aufgrund Ihres am 29. September 2004 erlittenen Einsatzunfalls erteile ich Ihnen folgenden Bescheid“ spricht im Gegenteil dafür, dass eine umfassende Regelung der Folgen des Einsatzunfalls beabsichtigt ist. Dem entspricht es, dass der Bescheid sämtliche überhaupt in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen in den Blick nimmt. Das Unfallruhegehalt betreffend weist die Beklagte auf Seite 1 des Bescheides zunächst darauf hin, dass der Kläger mit Ablauf des 30. Juni 2007 in den Ruhestand versetzt worden und daher aktuell schon Empfänger einer „Normalversorgung“ sei. Dem schließt sich unmittelbar der Satz an: „Die Zahlung einer Unfallversorgung ist in Ihrem Fall nicht möglich, da Sie zur Zeit des erlittenen Einsatzunfalls noch den Status eines Soldaten auf Zeit hatten“. Diese Aussage kann gerade im gegebenen Kontext – auch in Verbindung mit den entsprechenden Ausführungen auf Seite 2 zu der Ausgleichszahlung nach § 63f SVG in Abgrenzung zum Unfallruhegehalt nach § 63d SVG – nur als abschließende negative Entscheidung zum (versorgungsrechtlichen) Anspruch auf Unfallruhegehalt verstanden werden.
22b) Der Kläger dringt ferner mit dem Zulassungsvortrag nicht durch, jedenfalls die Voraussetzungen des § 51 Abs. 5 i. V. m. §§ 48 und 49 VwVfG lägen vor. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Fehlen der Vorgaben des § 51 Abs. 1 VwVfG hat der Kläger nicht substantiiert angegriffen.
23Das Zulassungsvorbringen vermag die Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht zu entkräften, die Voraussetzungen des § 48 VwVfG lägen nicht vor, weil der Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2007 rechtmäßig sei, und ein Widerruf nach § 49 Abs. 1 VwVfG komme nicht in Betracht, weil der behauptete Anspruch weder im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bestehe noch im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung bestanden habe und daher ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste. Insbesondere bestehen auch im Lichte des Zulassungsvorbringens keine ernstlichen Zweifel an der Auffassung des Verwaltungsgerichts, § 63d SVG verstoße auch nicht deshalb gegen Verfassungsrecht, weil Sachverhalte wie der, der im Fall des Klägers vorliege (Einsatzunfall im Status eines Soldaten auf Zeit, unfallbedingte Zurruhesetzung im Status eines Berufssoldaten), nicht erfasst werden. Es kommt daher nicht darauf an, ob die vom Kläger gewünschte verfassungskonforme Auslegung möglich oder eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht erforderlich gewesen wäre.
24Der Kläger hat die vom Verwaltungsgericht angewandten verfassungsrechtlichen Maßstäbe zu Art. 14 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 33 Abs. 5 GG und Art. 3 Abs. 1 GG zu Recht nicht hinterfragt. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend zugrunde gelegt, dass dem Gesetzgeber bei der Umsetzung der aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierenden Pflicht zur amtsangemessenen und leistungsgerechten Alimentierung ein weiter Entscheidungsspielraum sowohl hinsichtlich der Struktur als auch hinsichtlich der Höhe der Besoldung zusteht und die gerichtliche Kontrolle der einfachgesetzlichen Regelung auf den Maßstab evidenter Sachwidrigkeit beschränkt ist. Auch im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG habe der Gesetzgeber bei den Systemen sozialer Sicherung einen weiten Spielraum.
25Vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 22. November 2011 – 15 ZB 04.547 –, juris, Rn. 5, zu § 27 SVG.
26Der Gleichheitssatz ist, dies vorausgesetzt, erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können.
27Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 2020 – 1 C 30.19 –, juris, Rn. 25, m. w. N.
28Hieran gemessen bleibt der Vortrag des Klägers ohne Erfolg, die Regelung des § 63d SVG müsse auch mit Blick auf deren Sinn und Zweck einer versorgungsrechtlichen Besserstellung gerade der Berufssoldaten verfassungskonform auch auf Sachverhalte wie den vorliegenden ausgeweitet werden, nachdem sich die Aufgaben der Bundeswehr seit dem Ergehen der höchstrichterlichen, maßgeblich noch auf den Status im Zeitpunkt des Dienstunfalls abstellenden Entscheidung zu § 27 SVG im Jahr 1997
29– vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. April 1997 – 2 B 53.97 -, juris, Rn, 3 –
30mit den Kampfeinsätzen außerhalb des Verteidigungsfalls und außerhalb Europas geändert hätten. Der Kläger hat damit nicht im Ansatz dargelegt, dass der Gesetzgeber einem mit den beschriebenen Veränderungen ggf. einhergehenden höheren Risiko von Soldaten, einen schweren Einsatzunfall zu erleiden, versorgungsrechtlich ausschließlich mit der gewünschten – systemwidrigen – Ausweitung des Anspruchs von Berufssoldaten auf Unfallruhegehalt nach § 63d SVG begegnen durfte, weil alle anderen Reaktionen innerhalb der bestehenden Strukturen des Soldatenversorgungsgesetzes entweder evident unzureichend oder aber willkürlich wären. Das Vorliegen einer solchen Sachlage ist im Gegenteil angesichts der signifikanten Anhebung der Ausgleichzahlungen für bestimmte Statusgruppen nach § 63f SVG aufgrund Art. 1 Nr. 17 des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgung bei besonderen Auslandsverwendungen vom 5. Dezember 2011 nicht zu erkennen. Von dieser Besserstellung profitieren auch Berufssoldaten in der besonderen Situation des Klägers. So wurde dem Kläger mit Bescheid der Beklagten vom 10. August 2015 über den bereits aufgrund des Bescheides vom 25. Juli 2007 gezahlten Ausgleich in Höhe von 36.000,00 Euro hinaus ein weiterer Ausgleich in gleicher Höhe gewährt.
31Mit dem weiteren Hinweis, die einsatzunfallbedingte Folgeerkrankung (Posttraumatische Belastungsstörung) habe sich erst im Laufe seines Berufssoldatenverhältnisses manifestiert, setzt der Kläger sich ersichtlich nicht hinreichend mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts auseinander, dieser Umstand ändere weder etwas an dem Zeitpunkt des Einsatzunfalls noch an dem damaligen Status des Klägers als Soldat auf Zeit.
32Nach alledem kommt eine Zulassung der Berufung auch nicht wegen der noch geltend gemachten besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO in Betracht.
332. Die Berufung ist schließlich auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
34Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, wenn sich die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Rechtsfrage auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts nach allgemeinen Auslegungsregeln und auf der Grundlage der bereits vorliegenden Rechtsprechung ohne Weiteres beantworten lässt. Zur Darlegung des Zulassungsgrundes ist die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.
35Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. November 1989– 4 B 163.89 –, juris, Rn. 8; OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Februar 2018 – 1 A 2517/16 –, juris, Rn. 32, und vom 13. Oktober 2011 – 1 A 1925/09 –, juris, Rn. 31 f., m. w. N.
36In Anwendung dieser Grundsätze liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht vor. Die vom Kläger der Sache nach aufgeworfenen Fragen,
37- 38
1. ob die Vorschrift des § 63d SVG über ihren Wortlaut hinaus nach ihrem Sinn und Zweck, Berufssoldaten gegenüber Zeitsoldaten zu begünstigen, die Gewährung von Unfallruhegehalt auch an Berufssoldaten zulässt, die einen Einsatzunfall im Sinne von § 63c SVG (noch) im Status eines Zeitsoldaten erlitten haben,
oder
40- 41
2. ob eine entsprechend erweiterte verfassungskonforme Auslegung nach Art. 3 Abs. 1 GG (allgemeiner Gleichheitsgrundsatz) bzw. nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 33 Abs. 5 GG sogar rechtlich geboten ist,
oder
43- 44
3. ob Art. 63d SVG wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG bzw. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 33 Abs. 5 GG verfassungswidrig ist, mit der Folge, dass der Rechtstreit gemäß Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt werden muss,
lassen sich – wie oben dargelegt – ohne weiteres in Anwendung der vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung und der allgemeinen Auslegungsregeln beantworten.
46Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
47Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 40, 52 Abs. 1 GKG. Der Streitwert in Verfahren, die die Zahlung eines (erhöhten) Unfallruhegehalts zum Gegenstand haben, richtet sich nach den Grundsätzen zum beamtenrechtlichen Teilstatus. Er ist danach in Höhe des 24fachen Monatsbetrages festzusetzen, der sich hier aus der Differenz zwischen dem Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit infolge einer Wehrdienstbeschädigung und dem vom Soldaten eingeklagten erhöhten Unfallruhegehalt ergibt. Der monatliche Differenzbetrag belief sich nach der Mitteilung der Beklagten vom 13. Dezember 2019 seinerzeit auf 1.423,99 Euro und damit für 24 Monate auf 34.175,76 Euro. Angesichts einer allenfalls geringfügigen Erhöhung der maßgeblichen Ruhegehaltsbeträge bis zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der Stellung des Zulassungsantrags (16. März 2020) wird der Streitwert auch zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch in die festgesetzte Wertstufe fallen.
48Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Das angefochtene Urteil ist nunmehr rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.
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